Bier or not to Bier

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Beluga

Mitglied
Irgendwann verkündete Manfred: „Wir gehen jetzt ein Bier trinken.“

Sie gingen zu hause nur selten in ein Lokal, in Frankreich so gut wie gar nicht. Aber jetzt saßen sie vor einer Kneipe, auf Plastik-Stühlen an der Straße. Ohne Unterlass preschten Autos den sanften Hügel hoch, machten neben ihnen eine Vollbremsung, schlenkerten das Heck in die Kurve oder verschwanden über die Brücke. Junge Leute mit irre lärmenden Mofas ohne Auspuff grinsten sie frech an. Die Bedienung, eine freundliche graue Maus, wieselte zwischen Bar und Straße. Sie saßen unter Platanen, die der feste Wohnsitz eines Taubenschwarms war. Da konnte schon mal ein Häufchen auf dem Tisch landen. Sie tranken Schwarzbier, bière bruine, es war lecker. Sie nahmen mehrere. Das Lokal füllte sich. Eine rote Zora heulte ihren Freundinnen was vor und mehrere Taschentücher voll. Ein toller Gigolo drehte seine eleganten Runden mit einem weiß-blau-gestreiften MG-Cabrio. Der Mieter vom ersten Stock ging mit seinem altersschwachen Pudel Gassi, der konnte sein Pipi nur bis zu den Tischen halten. Sein Herrchen trug eine hochmodische, schwarze Dreiviertel-Hose. Darunter hervor lugte ein Bachstelzengleiches Stückchen Wade, aber nur bis zum Ansatz der weißen Tennissocken. Ein Bonvivant von gestern erschien in einem langen schwarzen Wollmantel bis zu den Knöcheln, Oberkörper nackt, Tarnkappen-Shorts, der Rest wieder nackt. Seine Mine so finster wie seine Füße schwarz.

Eine Dame erschien. Der ausgemergelte Körper eines Alt-Models im hauteng Getupften. Nicht zu überhören das Klimpern ihrer Armbänder. Hände beladen mit Steinen, so groß wie halb Frankreich. Augenumrahmung die ihrem Blick wohl den Charme einer Sirene verleihen sollte aber eher an einen Zombie erinnerte . Der Rest des Gesicht ein mobilitierter Madensack unter fleckiger Schminke. Sie vermittelte den Eindruck als hätte sie ständig eine Axt hinter ihrem Rücken versteckt.

Mehrere Rubensweiber schlängelten sich bauchfrei, nicht nabelfrei, denn den konnte man in den Speckfalten nicht mehr sehen, an ihnen vorbei. Auch die geschickteste Schneiderin konnte aus dem Ohr einer Sau kein seidenes Westchen nähen.
Sie hatten sich jedenfalls alle Mühe gegeben ordentlich in ihre Cellulitis-Rollen hinein zu wachsen.

„Nach dem nächsten Krieg“, warf Doris ein, „sind die Dicken dünn und die Dünnen tot. Sucht’s euch aus!“
Dann zählte sie zufrieden die vielen Citroen, die vorbeifuhren.

« Quarte bière bruine, s’il vous plait, Madame! »

Ein aufrechtgehendes Zotteltier mit leicht gebeugtem Rücken küsste sich durch alle anwesenden Teenies. Ein Dreizentner-Mann, dessen Moped-Sattel zwischen seinen Backen nicht mehr auszumachen war knatterte vorbei. Sein Kinn traf ohne Komplikationen seine Nase.
„Wenn der mit dem Kinn gegen eine Hauswand brummt, “ sagte Manfred, „dann haut’s mit absoluter Sicherheit nen Hohlblock raus.“
Auf den Schreck nahmen sie noch ne Runde. To Bier or not to Bier!
Jeder zweite Gast hatte ein Handy am Ohr. Aber das machte nichts, bei dem Krach rundherum konnte man sich eh nicht unterhalten.
Margreth schmunzelte, sie hatte ihrer Leber einen Duckungs-Befehl geschickt.

„Was die Leute nur daran finden auf der Straße zu sitzen und mitten in dem Krach und Gestank zu trinken oder gar zu essen, “ mokierte sich Manfred.

Ja, was wohl?
 
Verbesserungsvorschläge

Ich versuche mal zu beschreiben, warum ich dieses Stück nicht lustig finde, und wie man es verbessern kann:

Zuerst mal: an sich ist das Thema nicht schlecht, es bietet einige Stellen an Humor (jeder der schon mal in einem Café sass, und sich gern die vorbeischlendernden Passanten ansieht, wird diese Erfahrung gemacht haben). Immerhin treten einige Charaktere mit interessanten Eigenschaften auf. Die Ausschlachtung dieser Eigenschaftung und Deckung mit den eigenen Vorurteilen ist schon mal ein erster Start.

Allerdings ist es nicht damit getan, einfach nur abfällig über die Passanten zu sprechen. Das macht das ganze nicht humoristisch und wirkt einfach nur arrogant und macht den Erzähler beim Leser nicht sympathisch. Besser wäre es, wenn der Humor auf den Erzähler zurückfällt, sprich wenn die so sehr abfällig/angewidert/ausgelachten und bei den anderen beobachteten Eigenschaften und Charakterzüge beim Erzähler und seinen Freunden in noch stärkerer Form ausgeprägt sind. Wenn Du Dich über Aberglauben bei anderen lustig machst, dann mach den Erzähler noch abergläubischer. Wenn die anderen fett/versoffen/lautstark im Café sind, dann zeig, dass die Hauptperson/Erzähler noch schlimmer darin ist, oder in der Jugend noch wilder auf dem Moped herumgesprescht ist, und in der Jugenderinnerung darin schwelgt, aber hier nicht toleriert.

Nochmal zum Beginn: Die Beschreibung der Anfangsszene ist zu klischeehaft. Wenn Du das alles einfügen musst, um die Szene zu beschreiben, dann stimmt was nicht. Die Szene muss sich von alleine beschreiben können und den Leser gleich von Beginn an interessieren/fesseln.
Beginn z.B. mit einem Dialog zwischen den im Café sitzenden Hauptpersonen und beschreibe auf diese Weise langsam die Szene.

Auch der Schluss sieht mir dann zu banal und vorhersehbar aus.

Marius
 

Beluga

Mitglied
Hallo flammarion und Marius,
erst mal danke, dass ihr die Geschichte gelesen habt. Mit der niederschmetternden Kritik kämpfe ich ein bisschen.
Was hab ich gemacht?
Ich habe eine Szene erzählt, wie sie Manfred,Doris und ihren Freunden genau so passiert ist. Sie saßen auf der Straße und haben die anderen Gäste angeschaut. Es sollten eigentlich keine abfälligen Kommentare, sondern eher bissige werden. Diese Rubrik heißt ja auch >Satire<.
Anscheinend ist mir das nicht gut gelungen.
Sorry
Doris
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
siehste,

das habe ich mir gedacht. die geschichte ist authentisch. aber leider auch sehr trivial. als tagebucheintrag durchaus witzig, für diese rubrik aber zu schwach. sorry.
lg
 
Du könntest z.B. mehr aus den Tauben machen. Zuerst werden sie von den Protagonisten als Bestandteil einer Idylle bezeichnet (siehe auch die Tauben in Venedig), aber sobald sie das erste Mal etwas ins Bier fallen lassen, werden die Protagonisten zu Taubenhassern.

Die Dame mit den Klunkern und Schminke: die Beschreibung ist einfach nur abfällig und nicht lustig. Lass die Protagonisten ruhig darüber spotten, aber am Ende muss herauskommen, dass die Protagonisten sich irren oder bei weitem viel schlimmer darin sind, also unmöglich geschminkt, geliftet, mit Unpassendem behängt sind.

Die Moped- und Autofahrer: Was könnte man da nicht alles daraus machen. Wenn die Dorfjugend mit dem Moped wiederholt um den Dorfbrunnen heizt und die Hupe zum lebensnotwendigen Bestandteil eines Autos gehört.

Rubensweiber: die Protagonisten reiben sich vor Lachen die Bierbäuche, über denen die T-Shirts zu kurz sind und die Speckfalten raushängen.

Der Pudel: was für eine vergebene Chance.

Summa summarum, fie flammarion schon sagt: es ist einfach nur ein erzählter Reisebericht und zu real, aber da ist nichts satirisches aufgearbeitet.

Marius
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Beluga,

Du schreibst:"Ich habe eine Szene erzählt, wie sie Manfred,Doris und ihren Freunden genau so passiert ist. Sie saßen auf der Straße und haben die anderen Gäste angeschaut."

Dass diese Szene authentisch ist, daran habe ich gar keinen Zweifel. Es gibt unter den Lesern wahrscheinlich kaum jemanden, der etwas in dieser Art nicht schon erlebt hätte. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Interessant für den Leser wird es doch erst, wenn sich das Erzählte vom Selbsterlebten abhebt, zu etwas Besonderem wird. Und das vermisse ich übrigens genauso wie zumindest den Versuch, dem Text wenigstens eine minimale Handlung zu geben.

Gruß Ralph
 



 
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