Bilanz

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Dorothea

Mitglied
Es schmerzt mich nicht,
dass ich nie in Australien war.
Mich kränkt nicht mehr,
dass kein Diplom
mein Arbeitszimmer schmückt.

Es kratzt mich nicht,
bleib ich im Blitzlicht unsichtbar,
und wiegt nicht schwer,
wenn mir in Rom
kein Papst die Hand je drückt.

Es plagt mich nicht,
wenn mein Erfolg kein Haus bewohnt,
und nicht zu sehr
trübt sich mein Sinn
an meinem welken Leib.

Ich glaube nicht,
dass Gott mich nach Tarif entlohnt,
noch dass sein Speer
mich obenhin
fällt - nur zum Zeitvertreib.
 
S

Stoffel

Gast
Bilanz und Endeffekt

Hallo Doro,

tja...irgendwann kommen wir dahin, dass es am Ende eh egal ist, wer wir waren, was wir gescheffelt,gemacht haben. Am Ende sind wir alle gleich.
Liegen in einer hölznern Kiste. Nur der Unterschied vielleicht das für einen Reichen die Kiste teurer ist.

Aber: Dennoch möchte ich Ziele haben. Für mich,nur für mich, etwas erreichen. Vielleicht weil es so viele Menschen gab, die mich hinderten, nie an mich glaubten. Aber DAS, das mache ich dann nur für MICH.

Ja, am Ende sind wir alle gleich. Wenn es eine Himmelspforte gibt, dann stehen davor alle nackt da und es zählen die Dinge, an die manche während ihres Leben nicht dachten.

War schön mal drüber nachzudenken.:)

lG
schönes Wochenende
Sanne
 

Dorothea

Mitglied
Liebe Stoffel,

vielen Dank für's Vorbeischauen und für den freundlichen Kommentar.
Darüber nachdenken statt die eigene Sterblichkeit stets zu verdrängen, das ist mir ein wichtiges Thema. In den veröffentlichten Strophen überwiegt die Darstellung dessen, was als nicht so wichtig erkannt werden kann. Schwieriger finde ich, ohne in Schablonen oder Seifenoperndarstellungen zu verfallen, zu beschreiben, was Bestand haben könnte und wertvoll ist. Dazu reicht meine Sprachfähigkeit noch nicht. Aber es ist ja schön, noch ein Ziel oder einen Traum zu haben.
Dir eine schöne Herbstzeit.
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Dorothea,

es ist beruhigend, wenn man mit Sicherheit weiß, was alles im Leben man nicht benötigt.

Die letzte Strophe formuliert dann, wenn auch negativ ausgedrückt, was Bedeutung hat: Von Gott angenommen zu sein gleichviel, wie das Leben verlaufen ist und aus seiner Liebe heraus in eine andere Welt gerufen zu werden.

Ich denke auch, dass es einfacher ist, ja sogar überzeugender, wenn man das vom verneinenden Blickpunkt her in Sprache bringt.

Ich habe Dich ja länger nicht mehr gelesen. Umso mehr freut es mich, diesen religionsphilosophischen unterkühlt angelegten Text hier von Dir zu finden.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 
S

Sandra

Gast
Hallo Dorothea,
ich freue mich, dich und deine Bilanz hier zu lesen ;)
Und der Text mit seiner Aussage ist stark und gut. Was bleibt sind nicht die Titel, die uns schmücken oder die großen Häuser, die wir um uns herum erbauen. Was bleibt und was im Miteinander zählt sind andere Dinge, die nicht explizit in deinem Gedicht genannt werden (und das ist gut so) doch beim Lesen klar werden.
LG
Sandra
 

Dorothea

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

verzeih, dass ich erst heute auf Deinen freundlichen Kommentar antworte. Es freut mich sehr, dass Du den Text angeschaut und etwas darin gesehen hast, das seine Existenz rechtfertigt.
Ich habe monatelang nichts geschrieben - auf der Suche nach einer neuen Sprache - aber ich habe nur die alte wieder gefunden. So muss ich wohl mit ihr zu leben lernen.

Dir einen schönen Abend.
 

Dorothea

Mitglied
Liebe Sandra,

herzlichen Dank für Deinen Zuspruch! Ja, ich denke auch, dass es nicht nur Hilflosigkeit ist, wenn ich das Positive nicht benenne, sonndern ein Versuch, es dem Leser nicht vorschreiben zu wollen, was das Wertvolle jenseits des materiellen Fetischismus sein könnte. Es bleibt natürlich dennoch ein Defizit, immer nur das Falsche, Fehlende, Negative bennennen zu können.
Einen schönen Abend wünscht Dir
 



 
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