Bildnis

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Mistralgitter

Mitglied
"Weißt du...", begann sie zögernd. Sie hatte ihre Vorstellungen. "Ich habe gewartet."
Sie erhob sich vom Stuhl und nahm den Pinsel wieder zur Hand.
Welches Braun brauche ich?
Sie tupfte den Pinsel in ihre Farbpalette und nahm Farbe auf.
Dunkelbraun wie die Erde und hellbraun wie Kartoffeln, überlegte sie.

Überall machten sie Kartoffelfeuer. Man roch es, man sah Rauch davonfliegen im Wind. Das welke Kraut brannte und zerfledderte zu Ascheflocken.
Und grün der Hintergrund, bröselig und stumpf..

Wie lange er so vor ihr saß, wussten hinterher beide nicht mehr. Er schwieg und horchte auf das trockene Pinselgeräusch auf dem Papier.

„Weißt du“, setzte sie erneut an, „warten muss man können."
Ein Hut muss ins Bild gesetzt werden, breitkrempig. Ein gelber Strohhut. Den kann man nehmen, dachte sie.
Sie entschloss sich schnell, schneller als er antworten konnte.
?
So ist es immer. Seit jeher. Nicht schon im Frühling wie in anderen Gegenden, sondern im Herbst sammelten sie die Knollen aus dem Boden und machten Feuer.

"Und schweigen muss man können", setzte sie nach, „vor allem, wenn es brenzlig ist."
Sie mochte diesen Geruch von draußen nicht.
"Lass es gut sein“, sagte sie.

Er bemühte sich nicht mehr, seine Hände auf der Stuhllehne ruhen zu lassen, sondern ließ sie hängen, ebenso wie die Schultern.

Waren sie schon immer so schmal, seine Hände, seine Lippen? Ich muss sie weiß lassen wie Marmor. Und seine Augen. Sie wärmten doch schon lange nicht mehr.
Unsinnig, alles unsinnig.


Als er auf seine Schuhe blickte, war es schon spät. Sehr spät. Viel zu lange hatte er die kalte Asche gerochen.

„Wir hätten uns Zeit lassen sollen", sagte sie, „Feuer hat seine Zeit."

Grau passt gut zu seinen Schuhen und seinem Gesicht. Schließlich war sein Weg staubig gewesen und weit.

„Besonders abends habe ich gewartet. Jeden Abend. So war es ausgemacht", sagte sie, „dass ich warte."

Jede Holzdiele unter seinen Füßen hatte ihr eigenes gewachsenes Muster. Ungerade liniert. Wie er selbst. Obwohl er sich nun aufrichtete, blieb er ein wenig krumm.

Wann habe ich ihn eigentlich schön gefunden?
„Nicht wahr, du erinnerst dich?", fuhr sie beharrlich fort.
Mit eiligen Pinselstrichen fieberte sie den Himmel gewitterschwarz. Ihr Bild war fertig.
„Der Preis! Wir haben noch nicht über den Preis gesprochen“, rief sie aufgeregt.

Er ließ alles stehen, wie es war.
„Zieh die Tür ins Schloss, falls du gehst", sagte sie.
Und dann schwieg sie.
Nur für einen kurzen Moment blieb sein Blick noch an ihrem Bild hängen.
Und dann ging er.
 

Vagant

Mitglied
Eine schöne kleine melancholische Szene. Gefällt mir richtig gut.
Malst du selbst?
Der Maler spricht nicht von Hell- oder Dunkelbraun. Beim Maler ist es Siena gebrannt oder Siena natur, Umbra gebrannt oder Umbra Natur, Van Dyck Braun zum Lasieren oder Grüne Erde zum Sonstwasmachen. Und kaum eine dieser Töne kommt pur auf den Malgrund. Es wird gemischt, was das Zeug hält. Nur Vorsicht beim Mischen mit Weiß; 's wird schnell blass und farblos und sieht dann aus wie Milchkaffee.

Gern gelesen, Vagant.
 

Mistralgitter

Mitglied
Hallo Vagant,
deine Farbgebungsvorschläge find ich sehr hilfreich. Ich glaube, dass das dem Text gut täte. Danke, auch für die Bewertung.
Ob ich male? Nein, schon sehr lange nicht mehr, könnte aber jederzeit wieder anfangen, wenn ich wollte.
Viele Grüße
Mistralgitter
 

Vagant

Mitglied
Mistralgitter,
die Frage war natürlich eher rethorisch gemeint. Man merkt da schon, dass du dir darüber erstmal keinen Kopf gemacht hast.
Aber: Schreib ich zum Beispiel eine Szene die in einer Autowerkstatt spielt, dann muss ich halt auch die Werkzeuge exakt benennen können. Das kauft mir sonst niemand ab. Es lässt sich sicher schnell eine Farbskala von einem der gängigen Farbenmischer herunterladen. Da hast du dann alles parat.

Vagant.
 

Mistralgitter

Mitglied
Ich hab alle Aquarell-Malkästen bzw. Pastellkreiden und Ölfarbtuben, obendrein Kohlestifte und jede Menge Pinsel aus vergangenen "Äonen" noch im Schrank - es gab in unserer Familie eine Person, die sich damit auskannte und sie benutzte. Sicherlich kann ich dann einen evtl. passenden Farbton auswählen, aber ich befürchte, dass die ganze Sache dann zu umständlichen Formulierungen führen wird.(??) Mal sehen...
 

Mistralgitter

Mitglied
"Weißt du...", begann sie zögernd. Sie hatte ihre Vorstellungen. "Ich habe gewartet."
Sie erhob sich vom Stuhl und nahm den Pinsel wieder zur Hand.
Welches Braun brauche ich?
Sie tupfte den Pinsel in ihre Farbpalette und nahm Farbe auf.
Ein dunkles wie die Erde, ein helleres wie die Kartoffeln, überlegte sie.

Überall machten sie Kartoffelfeuer. Man roch es, man sah Rauch davonfliegen im Wind. Das welke Kraut brannte und zerfledderte zu Ascheflocken.
Und etwas Grün für den Hintergrund, bröselig und stumpf.

Wie lange er schweigend vor ihr saß, wussten hinterher beide nicht mehr.

„Weißt du“, setzte sie erneut an, „warten muss man können."
Ein Hut muss ins Bild gesetzt werden, breitkrempig, gelb.
Den kann man nehmen, dachte sie.
Sie entschloss sich schnell, schneller als er antworten konnte.
?
So ist es immer. Seit jeher. Nicht schon im Frühling wie in anderen Gegenden, sondern im Herbst sammelten sie die Knollen aus dem Boden und machten Feuer.

"Und schweigen muss man können", setzte sie nach, „vor allem, wenn es brenzlig ist."
Sie mochte diesen Geruch von draußen nicht.
"Lass es gut sein“, sagte sie.

Er bemühte sich nicht mehr, seine Hände auf der Stuhllehne ruhen zu lassen, sondern ließ sie hängen, ebenso wie die Schultern.

Waren sie schon immer so schmal, seine Hände, seine Lippen? Ich muss sie weiß lassen wie Marmor. Und seine Augen. Sie wärmen doch schon lange nicht mehr.
Unsinnig, alles unsinnig.


Als er auf seine Schuhe blickte, war es schon spät. Sehr spät. Viel zu lange hatte er die kalte Asche gerochen.

„Wir hätten uns Zeit lassen sollen", sagte sie, „Feuer hat seine Zeit."

Grau passt gut zu seinen Schuhen und seinem Gesicht. Schließlich war sein Weg staubig gewesen und weit.

„Besonders abends habe ich gewartet. Jeden Abend. So war es ausgemacht", sagte sie, „dass ich warte."

Jede Holzdiele unter seinen Füßen hatte ihr eigenes gewachsenes Muster. Ungerade liniert. Wie er selbst. Obwohl er sich nun aufrichtete, blieb er ein wenig krumm.

Wann habe ich ihn eigentlich schön gefunden?
„Nicht wahr, du erinnerst dich?", fuhr sie beharrlich fort.
Mit eiligen Pinselstrichen fieberte sie den Himmel gewitterschwarz. Ihr Bild war fertig.
„Der Preis! Wir haben noch nicht über den Preis gesprochen“, rief sie aufgeregt.

Er ließ alles stehen, wie es war.
„Zieh die Tür ins Schloss, falls du gehst", sagte sie.
Und dann schwieg sie.
Nur für einen kurzen Moment blieb sein Blick noch an ihrem Bild hängen.
Und dann ging er.
 

Mistralgitter

Mitglied
Den braunen Farbton genau anzugeben, wäre zu mühselig. Schließlich werden die Farben so lange gemischt, bis es "richtig" ist. Eine solche Genauigkeit überfrachtet die Skizzenartigkeit des Textes. Ich hab aber dennoch eine neue Text-Variante eingestellt.
 

Vagant

Mitglied
Ist schon Okay.
War auch nur so eine Idee von mir. Das hat ja nun auch keine Relevanz für die Textaussage.
 

Mistralgitter

Mitglied
"Weißt du...", begann sie zögernd. Sie hatte ihre Vorstellungen. "Ich habe gewartet."
Sie erhob sich vom Stuhl und nahm den Pinsel wieder zur Hand.
Welches Braun brauche ich?
Sie tupfte den Pinsel in ihre Farbpalette und nahm Farbe auf.
Ein dunkles wie die Erde, ein helleres wie die Kartoffeln, überlegte sie.

Überall machten sie Kartoffelfeuer. Man roch es, man sah Rauch davonfliegen im Wind. Das welke Kraut brannte und zerfledderte zu Ascheflocken.
Und etwas Grün für den Hintergrund, bröselig und stumpf.

Wie lange er schweigend vor ihr saß, wussten hinterher beide nicht mehr.

„Weißt du“, setzte sie erneut an, „warten muss man können."
Ein Hut muss ins Bild gesetzt werden, breitkrempig, gelb. Den kann man nehmen, dachte sie.
Sie entschloss sich schnell, schneller als er antworten konnte.
?
So ist es immer. Seit jeher. Nicht schon im Frühling wie in anderen Gegenden, sondern im Herbst sammelten sie die Knollen aus dem Boden und machten Feuer.

"Und schweigen muss man können", setzte sie nach, „vor allem, wenn es brenzlig ist."
Sie mochte diesen Geruch von draußen nicht.
"Lass es gut sein“, sagte sie.

Er bemühte sich nicht mehr, seine Hände auf der Stuhllehne ruhen zu lassen, sondern ließ sie hängen, ebenso wie die Schultern.

Waren sie schon immer so schmal, seine Hände, seine Lippen? Ich muss sie weiß lassen wie Marmor. Und seine Augen. Sie wärmen doch schon lange nicht mehr.
Unsinnig, alles unsinnig.


Als er auf seine Schuhe blickte, war es schon spät. Sehr spät. Viel zu lange hatte er die kalte Asche gerochen.

„Wir hätten uns Zeit lassen sollen", sagte sie, „Feuer hat seine Zeit."

Grau passt gut zu seinen Schuhen und seinem Gesicht. Schließlich war sein Weg staubig gewesen und weit.

„Besonders abends habe ich gewartet. Jeden Abend. So war es ausgemacht", sagte sie, „dass ich warte."

Jede Holzdiele unter seinen Füßen hatte ihr eigenes gewachsenes Muster. Ungerade liniert. Wie er selbst. Obwohl er sich nun aufrichtete, blieb er ein wenig krumm.

Wann habe ich ihn eigentlich schön gefunden?

„Nicht wahr, du erinnerst dich?", fuhr sie beharrlich fort.
Mit eiligen Pinselstrichen fieberte sie den Himmel gewitterschwarz. Ihr Bild war fertig.
„Der Preis! Wir haben noch nicht über den Preis gesprochen“, rief sie aufgeregt.

Er ließ alles stehen, wie es war.
„Zieh die Tür ins Schloss, falls du gehst", sagte sie.
Und dann schwieg sie.
Nur für einen kurzen Moment blieb sein Blick noch an ihrem Bild hängen.
Und dann ging er.
 



 
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