Bindungsangst

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JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Bindungsangst

Schleckt an den Keramik-Kronen
Schmeckt des andern Mundgeruch
Schlürft nur nach den Glückshormonen
Schlabbert ohne Unterbruch

Lippen: feucht und dennoch spröde
Abgestandnes Pfefferminz
Ihr Blick leer und seiner blöde
Sie Prinzessin, er ein Prinz

Geil und feucht sich Zungen winden
Gierig greifen Hände zu
Immer mehr die Sinne schwinden
Lippenstift verwischt im nu

Von der Münder schleimig Winkeln
Sich ein wohlig Grunzen löst
Vor dem Sex muss er zum Pinkeln
Ist danach gleich eingedöst

Sie liegt wach und fühlt die Leere
Fühlt den Schmutz, der Wecker tickt
Fragt sich, ob es Liebe wäre
Hätte er sie nicht gefickt​

(Neubearbeitung von "Der Kuss")
 

Inu

Mitglied
JoteS

Das gefällt mir nicht und ich möchte so einen Text eigentlich nicht lesen. So etwas darf/ dürfte es in keinem Leben geben. Und doch ist das Gedicht gut. Und doch ist die Aussage wahr und authentisch. Aber so negativ!
Das ist das Leben. Das kann das Leben sein.
Muss aber nicht, sag ich mit meinem ewigen Optimismus ;)

Gruß
Inu
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Inu

So ist das Leben aber meines zum Glück nicht. Ansonsten würde ich es ja auch nicht aushalten, mir so etwas zu vergegenwärtigen.

Die Entstehungsgeschichte des Gedichtes ist übrigens noch abstruser als das Gedicht selbst....

Freut mich, dass Du es für realitätsnah hältst. Freuen wir uns, nicht in dieser Lage zu sein.

Liebe Grüsse

Jürgen
 

NewDawnK

Mitglied
So ist das Leben aber meines zum Glück nicht.
Hallo JoteS,

wie kommt man denn dazu, etwas realitätsnah zu beschreiben, wenn man sich gar nicht auskennt damit? Ist das Empathie? Telepathie? Oder wie nennt sich das?
Ich staune wirklich, denn ich hätte nie für möglich gehalten, dass es Menschen mit so einer schäbigen, erbärmlichen, widerlichen Sichtweise auf die Menschheit gibt, wie Du sie uns hier vorführst.
Ich möchte mir diesen Text nicht ein zweites Mal antun, deshalb nur ein kleiner Hinweis: Das doppelte "Lutscht" im ersten Absatz sticht ins Auge und stört daher schon rein optisch.

Schönes Wochenende, NDK
 
S

Saurau

Gast
pfui!

pfui!

und noch einmal pfui!

also wirklich, JoteS, da hätte ich dich doch beinah für einen gutmenschen gehalten und jetzt sowas. wie kannst du uns und vor allem mir das antun?!?!

übrigens muss ich NewDawnK recht geben. der doppellutscher stört tatsächlich ein bissl.

lg vom schockierten daniel
 

ENachtigall

Mitglied
Lieber Jürgen,

mich stört an dem Gedicht, dass eine willkürliche Herausstellung von Häßlichkeiten hier in Zusammenhang gebracht wird, mit lieblosem Sex. Das ist in meinen Augen eine menschlich unzulässige Wertung.
Es freut mich selbstverständlich für Dich, dass Du in liebevoller "sauberer" Beziehung lebst. Aber gerade das gibt Dir noch kein Recht derart herablassend zu schreiben. Das Thema läßt sich in neutralerem Ton wirksamer vermitteln.
Mit Bindungsangst hat Dein Gedicht in meiner Lesart eher wenig zu tun.
Lutscht an den Keramik-Kronen
Schmeckt des andern Mundgeruch
Lutscht nur nach den Glückshormonen
Schlabbert ohne Unterbruch

Lippen: feucht und dennoch spröde
Abgestandnes Pfefferminz
Ihr Blick leer und seiner blöde
Sie Prinzessin, er ein Prinz

Geil und feucht sich Zungen winden
Gierig greifen Hände zu
Immer mehr die Sinne schwinden
Lippenstift verwischt im nu

Von der Münder schleimig Winkeln
Sich ein wohlig Grunzen löst
Vor dem Sex muss er zum Pinkeln
Ist danach gleich eingedöst

Sie liegt wach und fühlt die Leere
Fühlt den Schmutz, der Wecker tickt
Fragt sich, ob es Liebe wäre
Hätte er sie nicht gefickt
Herzliche Grüße

Elke
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo NDK, ENachtigall

Genau: Weil es mir gerade nicht so geht wohne ich in einem rosa Haus in Wolkenkuckucksheim.....
Diese Machwerk ist ausdruck meines herablassenden, zynischen Charakters.

Jetzt mal langsam:
Es gibt sie natürlich überhaupt nicht, die Menschen die Probleme mit ihrer Sexualität haben, die Menschen, die sich nicht gehen lassen und geniessen können. Die Menschen die, wenn sie sich mal gehen lassen, sich hinterher irgenwie schmutzig fühlen.
Es gibt sie natürlich überhaupt nicht, die Menschen die kein Vertauen zu anderen zulassen können, die sich von ihrer (Bindungs-)Angst fast zerstören lassen und dazu neigen, sich missbraucht zu fühlen.

Und diese Menschen, die es nicht gibt, die sind natürlich absolut nichts wert.

Dass das Gedicht ein Fast-Hapy-End hat ist euch wohl entgangen. Die Protagonistin könnte sich die Frage nicht stellen, wüsste sie nicht im Grunde um ihr Problem. Der Ausgang der Geschichte bleibt offen und selbst, ob der Sex lieblos war, ist nicht gesagt.

Was ihr als Zynismus des Autors lest ist die Perspektive der Protagonistin und sorry, aber es ist eurerseits höchst anmassend, ja gar beleidigend, was ihr mir da unterstellt.

Wovon ich weiss, was ich erlebt und mitgefühlt habe, davon könnt ihr nichts wissen und darüber könnt ihr euch kein Urteil bilden. Ebensowenig darüber, wie ich darüber denke.

Liebe Grüsse vom misantropischen Sternenstaub-Allergiker

Jürgen

P.S.: Immerhin löse ich auf diese Weise emotional mehr aus als zehn Zuckerguss-Scheisser.... :p
 

ENachtigall

Mitglied
Lieber Jürgen,

nun reg Dich nicht gleich so auf.
Du schreibst: "Perspektive der Protagonistin", im Text steht
Ihr Blick leer und seiner blöde
Das ist wohl höhere Mathematik, die ich nicht verstehe. Sorry, möchte ich auch nicht mehr. Du hast eine Treffsicherheit, Dinge so zu formulieren, wie Du sie dann nicht gemeint hast.

Ich werde mich zukünftig von Deinen Texten fern halten.

Gruß

Elke
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Aber Elke.....

In der letzten (Kata-)Strophe sollte eigentlich klar werden, dass es hier um die subjektive Bewertung geht.... um die Verarbeitung des Erlebten durch die Protagonistin.
Das ist durchaus auch in der dritten Person möglich....

Eben darum geht es ausdrücklich nicht um die Zurschaustellung von Gruseligkeiten, die nebenbei bemerkt gar keine sind. Die Herablassung findet beim Leser statt. Die Verse sind rein deskriptiv ( zumindest in ihrer Intention).

Gruss

Jürgen
 
S

Sandra

Gast
Nun, ich könnte wohl auch nicht über Dinge schreiben, die ich nicht selbst erlebt oder zumindest miterlebt habe. Ich verstehe allerdings auch nicht, warum es so verwerflich ist sich irgendwann mal in seinem Leben dreckig, billig, zweifelnd oder nichtsnutzig zu fühlen? Es gibt seelische und körperliche Abgründe in meinem Leben, mit denen ich sicherlich nicht angeben kann und die ich gerne vergessen würde. Es gab Momente, da hätte ich meine Seele für ein müdes Lächeln eines (von mir) geliebten Menschen verkauft. Aber - meine Güte -, that's life!
Das Gedicht ist durch die Hilfe von Elke mittlerweile 'ganz gut' gereimt, wobei der letzte Absatz der für mich stärkste ist. Der Inhalt jedoch ist wahr und gut.

Sandra
 

Höldereden

Mitglied
Hallo Jürgen,

also ich finde dein gedicht genial! (kenn aber auch nur die jetzige überarbeitete version)
Ich weiß nicht was die anderen haben, warum die ein happy end brauchen, somahl das ende ja offen bleibt wie du schon sagtest. Und es ist auch nicht negativ, es betrachtet und schildert richtig schön zynisch und nüchtern die verschiedenen liebesakte(Küssen, sex)!
Vorallem lassen sich die reime leicht lesen und wirken nicht konstruiert.
Besonders schön finde ich: "ihr blick ist leer und seiner blöde" und "schlabbert ohne unterbruch" passende wortschöpfung.

Liebe grüße,
Höldereden
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Höldereden

Die Version ist nur marginal überarbeitet. Die Aufregung rührt daher, dass ich nun mal ein etwas zynischer Zeitgenosse bin. Da wird mir eben auch gerne die eine oder andere Charaterschwäche unterstellt, insbesondere von jenen, die mal für ein (Mach-)Werk von mir kritisiert wurden.
Dabei ist ein wenig Zynismus doch gesund und zeugt nicht von Verachtung sondern lediglich von genauer Beobachtung aber darüber könnte man jetzt ein psychologisch/philosophisches Essay grösseren Kalibers schreiben....

Jedenfalls besten Dank für das Lob. :)

LG

Jürgen
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Sandra

Oh Gnädigste, ich bitte tausend mal um Verzeihung, Euer, mir gleichfalls sehr wertvolles, Lob nicht lobend erwähnt zu haben.
Liegt daran, dass es vor den vielen Pfuis kam... :S

GLG

Jürgen
 
S

Sandra

Gast
Es sei Euch gewährt, liebster Jürgen. Euer Zynismus ist gleich meiner Eitelkeit ein Ding, mit dem wir leben müssen, können, wollen.
Seid gewiss, es ist immer wieder unterhaltsam und kurzweilig bei Euch vorbeizuschauen.

Ebenfalls Grüße
 
L

label

Gast
Hallo Jote S

ich konnte sofort nachvollziehen warum du dein werk bindungsangst genannt hast.
Die bilder die du aufzeigst sind in der tat drastisch und in realität nach meiner beobachtung exakt.
Sexualität ist seiner art nach eine sehr intime angelegenheit, die ein geschehen zwischen vertrauten sein SOLLTE
Die nähe beim sex wird natürlich auch von sich unvertrauten wahrgenommen und kann leicht zum ausweg von nähe ohne bindung (vertrauen, vertrautem bis zu getrautem)genommen werden.

Die sehnsucht nach nähe ist in jedem menschen vorhanden, häufige wiederholung der unvertrauten-nähe löscht demnach nicht die sehnsucht danach, ergo das leere gefühl
Ihr Blick leer und seiner blöde
Fragt sich, ob es Liebe wäre
zuwendung zur person - verbindlich
Hätte er sie nicht gefickt
zuwendung zum körper - unpersönlich, unverbindlich

gibt das dilemma wieder in der sich die protagonistin befindet-

Mir gefällt dein werk ausgesprochen gut.
Es führt scharfsichtig vor augen was derzeit gesellschaftlich allgemein vorgeht - die vereinzelung der menschen, die angst vor gemeinschaft, da Bindung an andere dem einzelwohl die vorteile des vordergründigen profit nimmt
hugh
label
 



 
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