Bitterböse Träume 4

Fredy Daxboeck

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Sie waren schäbig und zum Teil nur spärlich bekleidet, mit Fellüberhängen, schlecht gebundenen Hosen und manche sogar barfuss; so als wären sie überhastet aufgebrochen. Das war kein Spähtrupp, denen er in die Falle gelaufen war; das war eine zornige Meute, die ihn bestrafen wollte.
Zum Teufel mit ihnen. Douglas spuckte zum Zeichen seiner Verachtung vor ihnen aus und schüttelte drohend die linke Faust.
"Verdammte Hunde, seid ihr heute hier, um eine Tracht Prügel zu kassieren? Oder haben euch eure Frauen zum Teufel gejagt, he?"
"Hört, hört, der Vidumer hat noch etwas zu sagen, bevor wir ihn töten!"
"Wer will mich töten? Diese heruntergekommene Meute jaulender Hunde? Dass ich nicht lache! Ihr wart wohl auf Hasenjagd, he?" Douglas brüllte noch einige böse Worte, die sie aber nur hämisch grinsend quittierten. Er fluchte und ärgerte sich über seine eigene Ungeschicklichkeit. Wie konnte er sich nur derart übertölpeln lassen? Gleichzeitig begann er auch zu ahnen, dass dies vielleicht sein letzter Fehler auf dieser Welt gewesen war. Vor seinen stau-nenden Augen traten immer noch Krieger zwischen den Bäumen hervor und gesellten sich zu seinen Gegnern. Der Feind, der zuvor schon in der Überzahl war, schien ihn schier erdrücken zu wollen.
Douglas schüttelte ungläubig und mit offenem Mund den Kopf. Er überlegte wie viele er wohl mitnehmen konnte, hinüber ins Reich der Toten. Noch standen sie abwartend vor ihm. Starrten ihn an, erwiderten seine Beleidigungen und waren sich ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit wohl bewusst. Aber um ihn zu töten, mussten sie näher kommen. Und dann würden sie sehr schnell merken, mit wem sie es zu tun hatten. Ein wenig fühlte er sich fast geehrt, weil sie so viele Krieger aufgeboten hatten, ihn zu jagen.
Seine Muskeln spannten sich unwillkürlich und in seine Augen trat ein lauernder Ausdruck, als einer der Krieger den er noch nie zuvor gesehen hatte, einen Schritt nach vor trat. Der Kerl war riesig. Ein Hüne von Gestalt. Waren die Menschen der keltischen Stämme an sich schon groß und breitschultrig, ragte dieser auch unter ihnen deutlich hervor. Er war von fast riesenhaftem Wuchs, mit stämmigen Beinen, langen Armen und dem schwärzesten Bart den Douglas je gesehen hatte; und er sah aus als ob er Bärenkräfte hätte. Man sagte von ihm, dass er einmal in einem Kampf einen Gegner mit seiner Axt bis zur Hälfte gespalten hatte.
Er hob seine gewaltige Keule, die in seinen Händen wie ein Spielzeug für heranwachsende Jungen wirkte, und winkte herrisch. "Komm heraus, du Wicht! Oder muss ich dich holen?" rief er mit grollender Stimme, und Douglas konnte nicht die Spur von Unsicherheit darin erkennen. Der Krieger war sich seiner Größe und seines Eindrucks, den er auf seinen Feind machte, wohl sehr genau bewusst.
Douglas musterte mit wachsenden Zorn die mehr als drei Dutzend Männer, die sich im wei-ten Halbkreis um die Felsgruppe aufgebaut hatten. Sein Blick blieb kurz an verschiedenen Gesichtern hängen, die er von früheren Konfrontationen zu erkennen glaubte. Sie starrten hasserfüllt zurück und in ihren Mienen spiegelte sich das Wissen, dass es für ihn kein Entkommen geben würde. Sie standen abwartend, bereit loszustürmen, wie eine Meute Hunde, die nur auf das Kommando ihres Herrn wartete. Douglas ließ die flache Seite der Klinge seiner Streitaxt in die linke Hand klatschen und beugte sich breitbeinig nach vor.
"Kommt doch, ihr feigen Hunde! Mein Name ist Douglas, vom Stamm der Vidumer, und wenn ihr etwas von mir wollt, dann holt mich, wenn euch daran liegt!" brüllte er mit zornbebender Stimme zurück. Dies war kein Spiel mehr, bei dem es nur um ein paar Beulen oder eine gebrochene Nase ging. Seine Widersacher meinten es sehr ernst. Ein Ruck ging durch die Menge und da und dort wollten sich die Krieger auf Douglas stürzen, aber ein Wink des Hünen hielt sie im letzten Augenblick zurück.
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sieh hinter den Horizont und finde . . . mich
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