ScarlettMirro
Mitglied
Vor Jahren hatten Sophia und Karl von Klingenstein bereits davon geträumt, an ihrem fünfundzwanzigsten Hochzeitstag nicht in ihrem alten Herrenhaus Gäste zu empfangen. Diesen Tag wollten die beiden zusammen allein verbringen, sich an all die vielen Stunden der Aufregung und des Wartens erinnern. Die Wahl fiel auf Amsterdam, dort feierte das gereifte Ehepaar. Wie sie letztlich auf Amsterdam stießen, wussten sie nicht mehr, doch als das Stichwort gefallen war, wussten beide, dass sie genau in diese bewegte und lebendige Stadt wollten.
Sophia von Klingenstein saß in der luxuriös ausgestatteten Suite des Hotels Pulitzer und starrte einen Druck des Konstruktivisten Kasimir Malewitsch an.
Als sie sich auf die Reise begaben, hatte sie insgeheim gehofft, aus ihrer Lebensstarre heraus zu finden. Sie hatte trotz all ihrer Bedenken die Feldstaffelei, spitze Bleistifte und einen jungfräulichen Zeichenblock in die große Reisetasche geräumt. Alles lag tief unter ihrer Spitzenunterwäsche. Manchmal zitterten bereits ihre Finger etwas, und dennoch wartete sie heimlich darauf, dass sie sich zu einer wirklichen Künstlerin entwickeln könnte, dass sie ein Genie in sich entdecken könnte. Noch während sie dort saß, auf diesem teuren Luxussofa, fühlte sie in sich diesen Bewegungsunmut stärker werden als ihre Hoffnung.
"Willst du nicht auspacken?" Karl von Klingenstein hatte sich ein frisches Sakko aus dem Kleiderkoffer genommen, Sein Eau de Toilette hing wie eine Fahne in der Luft; er steckte sich ein Tuch in die Brusttasche.
"Später", sagte sie tonlos.
"Oh nein, nicht schon wieder, liebe Sophia. Willst du nun den ganzen Tag eine Wand anstarren? Sophia, hatten wir das nicht anders vereinbart? Wenigstens hier?" er blickte zur Wand und sah dieses schwarze Quadrat, runzelte die Stirn und wand sich ab.
"Ich weiß, Liebling." Tränen stürzten in dünnen klaren Rinnsälen über ihre Wangen, sie schlug die Hände schluchzend vors Gesicht. "Es geht nicht. Sie lassen sich nicht zurück halten!"
"Wegen so eines schlechten Bildes musst du doch nicht verzweifeln, Sophia. Allerdings, ich hätte diesem Hotel schon mehr Geschmack zugetraut. Soll ich dem Portier ...?", er ließ den Rest des Satzes in sich verhallen, denn seine Frau blickte kopfschüttelnd starr auf das Bild.
"Dann willst du also die ganze Zeit so sitzen?" In seiner Stimme lag all der Groll, den er immer wieder gegen seine Frau hegte, wenn sie in diese Stimmungen verfiel. Er blickte sie fragend an und blieb anklagend stumm. Sie verstand diesen Ausdruck als Frage, was sie nun tun wollte.
"Nichts, natürlich!", jammerte sie weiter, "ich dachte bloß ..."
"Ja, du dachtest bloß, lass das doch sein, dann brauchst du sicher auch keine Tränen vergießen!" Verständnis fehlte ihm schon seit langer Zeit. Es fehlte ihm, seit sie ihn sich vom Leibe hielt wie eine stinkende Krankheit. Nur wirft man nicht ein Kilo Äpfel weg, wenn drei oder fünf davon madig geworden waren. Er hoffte ungeduldig auf die nächsten guten Äpfel zu stoßen.
Viel hatte er sich von diesem Urlaub erträumt; seine Wünsche verschwanden scheinbar in diesem schwarzen Quadrat an der Wand wie in einem schwarzen Loch.
"Ich werde mich bemühen!", Sophia trocknete mit einem Spitzentaschentuch ihre Augen und setzte sich wieder aufrecht hin, ein verzerrtes Lächeln glimmte kurz auf wie eine entstellte Fratze, erstarb jedoch, als sie wieder zum Bild sah.
"Ich werde spazieren gehen, sehe mir Amsterdam an, vielleicht kann ich dir Tulpen besorgen!", auch er lächelte tapfer und verließ schnellen Schrittes die Suite.
Sie saß allein in der Suite, hatte kaum die Kraft sich ein Glas Wasser zu holen. Mit feuchten Wangen sah sie auf die Wand. Ein hässlicher Druck hing dort. Noch immer. Konstruktivismus. Die Kunstrichtung nach dem Kubismus. Sie selbst hätte sicher etwas Wärmeres aufgehängt, nicht in diese düstere Farbe und so kalt geometrisch. Sie schalt sich selbst eine dumme arrogante Gans, schließlich gelang es ihr nicht einmal, einen einzigen Strich auf ein leeres Papier zu setzen. Aber dennoch hätte sie sicher eher eine Kugel gemalt, kein eckiges Gebilde, keine Linien senkrecht und waagerecht.
Wie oft hatte sie schon vor dem Blatt gesessen und sich überlegt, in welcher Ecke sie beginnen sollte und dann doch aufgegeben! Sie erhob sich und kramte zumindest all ihre Malutensilien hervor und breitete sie ordentlich wie Henkerswerkszeuge vor sich aus.
Karl ging während dessen durch die Strassen. Im Foyer hatte er sich mit einer Stadtkarte ausgerüstet und war nun unterwegs nach Haarlem. Die Neugier und die Lust waren zwei starke Antriebsfedern. Er wollte nicht wieder Sophias Animositäten aushalten, diesmal waren sie in Amsterdam. Er sog die Luft der Hafenstadt tief ein. Ein frischer Wind zog durch die Strassen.
Bevor sie sich wieder setzte, nahm sie das Bild mit den Fingerspitzen vorsichtig von der Wand und stellte es hinter das Sofa, damit sie es nicht mehr ansehen musste.
"Oh, ursprünglich waren die Wände gar nicht cremefarben gestrichen gewesen!", sie lachte über ihre Entdeckung. Deutlich war zu sehen, wo zuvor das Bild gehangen hatte. Später würde sie es wieder dort positionieren, aber für den Moment waren ihre Augen von der Qual befreit.
Karl von Klingenstein war inzwischen beim "Casa Rosso Oudezijds" im Milieu angekommen, mühsam hatte er sich durchgefragt. Er spürte die sanfte Erregung der Erwartung in sich auflodern, denn bislang war er noch nie zu einer Professionellen gegangen. Aber was hätte er tun sollen? Sophia verwies ihn schon lange des Bettes. Er tauchte in eine andere Welt ein, als er die Bar betrat. Seine Augen gewöhnten sich nur mühsam an das fahle rötliche Licht.
Sophia stand wieder auf, befühlte die Wand an der Stelle, an der der Rahmen gehangen hatte. Sie lächelte.
Karl entschied sich für die Rothaarige mit den üppigen Proportionen. Sie war in ihrer gesamten Ausprägung das ganze Gegenteil von Sophia. Die Professionelle kaute lässig einen Kaugummi, sah ihn an und fragte: "Deutsch?" Karl nickte und die Frau zog einen bunten Strauß Präservative aus ihrem einladenden Dekolleté. Dann klebte sie ihren Kaugummi unter den Tisch.
"Was soll ich für dich machen?", fragte sie ihn mit einem schweren Akzent. Scheinbar gehörten lang gedehnte Wörter auch zum Geschäft.
"Alles!", dann beugte sich Karl leicht vor und fügte hinzu "Wenn das geht?"
"Natürlich Schätzchen. Wenn du das bezahlst!", sie lachte ihn an, "zuerst Striptease?" Karl nickte, wobei er versuchte, seine Form als Adliger zu wahren.
Sophia griff zu einem weichen Bleistift, befühlte die Spitze und rieb sich etwas von dem Graphit auf die Fingerkuppe. Die ersten Striche zögerte sie noch ein wenig. Noch wusste sie, dass sie streng genommen wegen Sachbeschädigung eine Anzeige erwarten konnte, doch mit jedem Zug der Hand stieg ihre Erregung. Sie horchte zwischen den Strichen in den Flur hinein. Stille. Ihr Herz klopfte laut. Sie spürte die Schläge an der Halsschlagader. Es prickelte.
Die rothaarige Kurtisane entkleidete sich langsam, bis sie in roter Spitzenunterwäsche lüstern vor ihn trat und ihm die Hose trotz langer Fingernagelattrappen mühelos öffnete. Noch bevor Karl bemerkte, was mit ihm geschah, hatte sie seinen blaublütigen Schwanz aus der gestärkten Wäsche befreit und motivierte ihn nun, die Lust seines Herrn zu dispensieren.
Sophia spürte das Blut in ihren Adern schneller fließen und spürte, wie ihre Wangen erröteten. Sie malte den Stamm einer schmalen noch jungen Birke, die jugendlich ihre Zweige zu den Seiten neigte und sich in all ihren unzähligen kleinen Blättern verlor.
Ihre warme Hand umschloss fest Karls pulsierenden Lustkörper und umspielte ihn sanft saugend mit ihren roten Lippen. Er legte sich ins Hohlkreuz und lauschte nach innen, während ihre Hände sanft seinen faltigen Hodensack umfassten.
Hörte Sophia dort Schritte? Sie hielt wieder inne. Lauschte
Sie griff zu blauer Kreide. Diese würde gut zur nikotinfarbenen Wand passen, dachte die Künstlerin. Dabei dachte sie an die silberne Birke, die im Juli im Sommerwind wogte und raschelte.
Karl fühlte, wie sich die Hitze und die Glut seiner Erregung in seinem Schwanz zentrierten, wie in seinem Innern sich die Explosion lang gehüteter Leidenschaft vorbereitete. Als er dann zu ungeahnten Wonnen kam, fing er an zu lachen und nannte die Frau mit den roten kurzen Haaren Sophia.
Sophia dachte in dem Moment, als sie mit einigem Abstand die Birke betrachtete, wie schön ihr diese auf der rauen Tapete wirkte. Leider wird sie sie hüten müssen wie ein böses Geheimnis aus Kindertagen. Niemand wird ihr dafür Anerkennung zollen können.
Dann besann Karl sich, wo er war und hob seine Hose von dem dreckigen abgelatschten Teppich auf.
Die Professionelle wischte sich den Mund ab und zählte das Geld auf den Tisch, nickte zufrieden und ging ins Bad.
Als die Birke in ihrem pastellfarbenen Blau vor ihr stand, jungfräulich und zart, signierte sie das Bild mit Datum.
Karl zog sich eilig an und verschwand. Er rief sich ein Taxi, um schnell wieder bei Sophia zu sein. Vielleicht war doch alles nur ein Traum gewesen.
Sophia hängte das schwarze Quadrat wehmütig zurück an seinen Platz. Nichts deutete an, dass sich darunter eine schöne blaue Birke verbarg.
Sie räumte ihre Malutensilien wieder in die Tasche und starrte lächelnd auf den hässlichen Druck, also könne sie durch ihn hindurch sehen.
Dann ging die Tür auf und Karl von Klingenstein stand in der Suite.
"Na, hast du dir diesen Druck schön gestarrt?", fragte er sie hässlich. Er fand ihr Lächeln so irrsinnig, fühlte sich selbst schal.
Doch sie ignorierte großzügig seinen Tonfall, wollte nicht weiter auf das Bild eingehen wollen und stand leichtfüßig auf und ging ihm mit geröteten Wangen entgegen. Er wunderte sich über ihr Temperament.
"Wie anders du nach diesem Spaziergang aussiehst!", verklärt sah sie ihn an. Entsetzen stieg in seinen Augen auf, er sagte nichts. Sie legte ihm behutsam einen Finger an die Lippen und schob ihn sanft und bestimmend zum Bett.
Sophia von Klingenstein saß in der luxuriös ausgestatteten Suite des Hotels Pulitzer und starrte einen Druck des Konstruktivisten Kasimir Malewitsch an.
Als sie sich auf die Reise begaben, hatte sie insgeheim gehofft, aus ihrer Lebensstarre heraus zu finden. Sie hatte trotz all ihrer Bedenken die Feldstaffelei, spitze Bleistifte und einen jungfräulichen Zeichenblock in die große Reisetasche geräumt. Alles lag tief unter ihrer Spitzenunterwäsche. Manchmal zitterten bereits ihre Finger etwas, und dennoch wartete sie heimlich darauf, dass sie sich zu einer wirklichen Künstlerin entwickeln könnte, dass sie ein Genie in sich entdecken könnte. Noch während sie dort saß, auf diesem teuren Luxussofa, fühlte sie in sich diesen Bewegungsunmut stärker werden als ihre Hoffnung.
"Willst du nicht auspacken?" Karl von Klingenstein hatte sich ein frisches Sakko aus dem Kleiderkoffer genommen, Sein Eau de Toilette hing wie eine Fahne in der Luft; er steckte sich ein Tuch in die Brusttasche.
"Später", sagte sie tonlos.
"Oh nein, nicht schon wieder, liebe Sophia. Willst du nun den ganzen Tag eine Wand anstarren? Sophia, hatten wir das nicht anders vereinbart? Wenigstens hier?" er blickte zur Wand und sah dieses schwarze Quadrat, runzelte die Stirn und wand sich ab.
"Ich weiß, Liebling." Tränen stürzten in dünnen klaren Rinnsälen über ihre Wangen, sie schlug die Hände schluchzend vors Gesicht. "Es geht nicht. Sie lassen sich nicht zurück halten!"
"Wegen so eines schlechten Bildes musst du doch nicht verzweifeln, Sophia. Allerdings, ich hätte diesem Hotel schon mehr Geschmack zugetraut. Soll ich dem Portier ...?", er ließ den Rest des Satzes in sich verhallen, denn seine Frau blickte kopfschüttelnd starr auf das Bild.
"Dann willst du also die ganze Zeit so sitzen?" In seiner Stimme lag all der Groll, den er immer wieder gegen seine Frau hegte, wenn sie in diese Stimmungen verfiel. Er blickte sie fragend an und blieb anklagend stumm. Sie verstand diesen Ausdruck als Frage, was sie nun tun wollte.
"Nichts, natürlich!", jammerte sie weiter, "ich dachte bloß ..."
"Ja, du dachtest bloß, lass das doch sein, dann brauchst du sicher auch keine Tränen vergießen!" Verständnis fehlte ihm schon seit langer Zeit. Es fehlte ihm, seit sie ihn sich vom Leibe hielt wie eine stinkende Krankheit. Nur wirft man nicht ein Kilo Äpfel weg, wenn drei oder fünf davon madig geworden waren. Er hoffte ungeduldig auf die nächsten guten Äpfel zu stoßen.
Viel hatte er sich von diesem Urlaub erträumt; seine Wünsche verschwanden scheinbar in diesem schwarzen Quadrat an der Wand wie in einem schwarzen Loch.
"Ich werde mich bemühen!", Sophia trocknete mit einem Spitzentaschentuch ihre Augen und setzte sich wieder aufrecht hin, ein verzerrtes Lächeln glimmte kurz auf wie eine entstellte Fratze, erstarb jedoch, als sie wieder zum Bild sah.
"Ich werde spazieren gehen, sehe mir Amsterdam an, vielleicht kann ich dir Tulpen besorgen!", auch er lächelte tapfer und verließ schnellen Schrittes die Suite.
Sie saß allein in der Suite, hatte kaum die Kraft sich ein Glas Wasser zu holen. Mit feuchten Wangen sah sie auf die Wand. Ein hässlicher Druck hing dort. Noch immer. Konstruktivismus. Die Kunstrichtung nach dem Kubismus. Sie selbst hätte sicher etwas Wärmeres aufgehängt, nicht in diese düstere Farbe und so kalt geometrisch. Sie schalt sich selbst eine dumme arrogante Gans, schließlich gelang es ihr nicht einmal, einen einzigen Strich auf ein leeres Papier zu setzen. Aber dennoch hätte sie sicher eher eine Kugel gemalt, kein eckiges Gebilde, keine Linien senkrecht und waagerecht.
Wie oft hatte sie schon vor dem Blatt gesessen und sich überlegt, in welcher Ecke sie beginnen sollte und dann doch aufgegeben! Sie erhob sich und kramte zumindest all ihre Malutensilien hervor und breitete sie ordentlich wie Henkerswerkszeuge vor sich aus.
Karl ging während dessen durch die Strassen. Im Foyer hatte er sich mit einer Stadtkarte ausgerüstet und war nun unterwegs nach Haarlem. Die Neugier und die Lust waren zwei starke Antriebsfedern. Er wollte nicht wieder Sophias Animositäten aushalten, diesmal waren sie in Amsterdam. Er sog die Luft der Hafenstadt tief ein. Ein frischer Wind zog durch die Strassen.
Bevor sie sich wieder setzte, nahm sie das Bild mit den Fingerspitzen vorsichtig von der Wand und stellte es hinter das Sofa, damit sie es nicht mehr ansehen musste.
"Oh, ursprünglich waren die Wände gar nicht cremefarben gestrichen gewesen!", sie lachte über ihre Entdeckung. Deutlich war zu sehen, wo zuvor das Bild gehangen hatte. Später würde sie es wieder dort positionieren, aber für den Moment waren ihre Augen von der Qual befreit.
Karl von Klingenstein war inzwischen beim "Casa Rosso Oudezijds" im Milieu angekommen, mühsam hatte er sich durchgefragt. Er spürte die sanfte Erregung der Erwartung in sich auflodern, denn bislang war er noch nie zu einer Professionellen gegangen. Aber was hätte er tun sollen? Sophia verwies ihn schon lange des Bettes. Er tauchte in eine andere Welt ein, als er die Bar betrat. Seine Augen gewöhnten sich nur mühsam an das fahle rötliche Licht.
Sophia stand wieder auf, befühlte die Wand an der Stelle, an der der Rahmen gehangen hatte. Sie lächelte.
Karl entschied sich für die Rothaarige mit den üppigen Proportionen. Sie war in ihrer gesamten Ausprägung das ganze Gegenteil von Sophia. Die Professionelle kaute lässig einen Kaugummi, sah ihn an und fragte: "Deutsch?" Karl nickte und die Frau zog einen bunten Strauß Präservative aus ihrem einladenden Dekolleté. Dann klebte sie ihren Kaugummi unter den Tisch.
"Was soll ich für dich machen?", fragte sie ihn mit einem schweren Akzent. Scheinbar gehörten lang gedehnte Wörter auch zum Geschäft.
"Alles!", dann beugte sich Karl leicht vor und fügte hinzu "Wenn das geht?"
"Natürlich Schätzchen. Wenn du das bezahlst!", sie lachte ihn an, "zuerst Striptease?" Karl nickte, wobei er versuchte, seine Form als Adliger zu wahren.
Sophia griff zu einem weichen Bleistift, befühlte die Spitze und rieb sich etwas von dem Graphit auf die Fingerkuppe. Die ersten Striche zögerte sie noch ein wenig. Noch wusste sie, dass sie streng genommen wegen Sachbeschädigung eine Anzeige erwarten konnte, doch mit jedem Zug der Hand stieg ihre Erregung. Sie horchte zwischen den Strichen in den Flur hinein. Stille. Ihr Herz klopfte laut. Sie spürte die Schläge an der Halsschlagader. Es prickelte.
Die rothaarige Kurtisane entkleidete sich langsam, bis sie in roter Spitzenunterwäsche lüstern vor ihn trat und ihm die Hose trotz langer Fingernagelattrappen mühelos öffnete. Noch bevor Karl bemerkte, was mit ihm geschah, hatte sie seinen blaublütigen Schwanz aus der gestärkten Wäsche befreit und motivierte ihn nun, die Lust seines Herrn zu dispensieren.
Sophia spürte das Blut in ihren Adern schneller fließen und spürte, wie ihre Wangen erröteten. Sie malte den Stamm einer schmalen noch jungen Birke, die jugendlich ihre Zweige zu den Seiten neigte und sich in all ihren unzähligen kleinen Blättern verlor.
Ihre warme Hand umschloss fest Karls pulsierenden Lustkörper und umspielte ihn sanft saugend mit ihren roten Lippen. Er legte sich ins Hohlkreuz und lauschte nach innen, während ihre Hände sanft seinen faltigen Hodensack umfassten.
Hörte Sophia dort Schritte? Sie hielt wieder inne. Lauschte
Sie griff zu blauer Kreide. Diese würde gut zur nikotinfarbenen Wand passen, dachte die Künstlerin. Dabei dachte sie an die silberne Birke, die im Juli im Sommerwind wogte und raschelte.
Karl fühlte, wie sich die Hitze und die Glut seiner Erregung in seinem Schwanz zentrierten, wie in seinem Innern sich die Explosion lang gehüteter Leidenschaft vorbereitete. Als er dann zu ungeahnten Wonnen kam, fing er an zu lachen und nannte die Frau mit den roten kurzen Haaren Sophia.
Sophia dachte in dem Moment, als sie mit einigem Abstand die Birke betrachtete, wie schön ihr diese auf der rauen Tapete wirkte. Leider wird sie sie hüten müssen wie ein böses Geheimnis aus Kindertagen. Niemand wird ihr dafür Anerkennung zollen können.
Dann besann Karl sich, wo er war und hob seine Hose von dem dreckigen abgelatschten Teppich auf.
Die Professionelle wischte sich den Mund ab und zählte das Geld auf den Tisch, nickte zufrieden und ging ins Bad.
Als die Birke in ihrem pastellfarbenen Blau vor ihr stand, jungfräulich und zart, signierte sie das Bild mit Datum.
Karl zog sich eilig an und verschwand. Er rief sich ein Taxi, um schnell wieder bei Sophia zu sein. Vielleicht war doch alles nur ein Traum gewesen.
Sophia hängte das schwarze Quadrat wehmütig zurück an seinen Platz. Nichts deutete an, dass sich darunter eine schöne blaue Birke verbarg.
Sie räumte ihre Malutensilien wieder in die Tasche und starrte lächelnd auf den hässlichen Druck, also könne sie durch ihn hindurch sehen.
Dann ging die Tür auf und Karl von Klingenstein stand in der Suite.
"Na, hast du dir diesen Druck schön gestarrt?", fragte er sie hässlich. Er fand ihr Lächeln so irrsinnig, fühlte sich selbst schal.
Doch sie ignorierte großzügig seinen Tonfall, wollte nicht weiter auf das Bild eingehen wollen und stand leichtfüßig auf und ging ihm mit geröteten Wangen entgegen. Er wunderte sich über ihr Temperament.
"Wie anders du nach diesem Spaziergang aussiehst!", verklärt sah sie ihn an. Entsetzen stieg in seinen Augen auf, er sagte nichts. Sie legte ihm behutsam einen Finger an die Lippen und schob ihn sanft und bestimmend zum Bett.