Blauer Nebel

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Schubie

Mitglied
Gift für die Seele und den Verstand ist der Zweifel. Zweifel an sich selbst. Man versinkt in einen tiefen, dunklen Wald. In der einen Hand die Axt, in der Anderen ein Taschentuch. Schweiß perlt die Stirn hinab. Das Tuch wischt ihn ab. Jeder einzelne Baum gleicht einer Synapse meines Hirns. Ein leichter Windhauch streift die Wipfel meines Verstandes. Den nächsten Baum suche ich mir wahllos aus. Der, neben dem ich in diesem Augenblick stehe, scheint mir der richtige zu sein. Die Axt erhebt sich wie von Geisterhand, schnellt nach vorn, einmal, zweimal, immer öfter. Die Vernunft sagt nein, doch die Hand ist nicht mehr meine. Sie ist mir fremd geworden, hört sie doch nicht mehr auf mich. Und sie hackt immer noch unentwegt auf den nächsten Nervenstrang ein. Der Baum weint. Harz rinnt langsam hinab. Holzsplitter fliegen durch die Luft, erst ganz kleine, dann immer größere. Der Blick schweift umher, die Lücken im Wald scheinen sich zu ganzen Lichtungen auszubreiten, geschaffen durch meine mir fremde Hand.
Klock, Klock hallt es durch die Luft. Der Stamm gibt nach, er fällt. Ich sah nicht hin und nun ist es zu spät, kein entrinnen mehr. Springen wollte ich, doch der durchschlagene Hirnstrang lähmte die Beine. Kein Krachen, kein Knirschen, völlig geräuschlos wird mein Körper begraben. Ein letzter Hauch. Blauer Nebel steigt auf, mein Atem. Alles wird schwarz, nur der blaue Dunst ist noch zu erhaschen. Langsam und kraftlos streckt sich mein Arm empor, dem blauen Etwas entgegen. Mein Leben, dort schwebt es über mir. Es bewegt sich weg von mir, langsam aber unaufhaltsam.
Halten will ich es, aber hast du schon mal versucht, den Nebel einzufangen?
 

Zefira

Mitglied
Hallo Schubie,

herzlich willkommen in der Leselupe :)

Dein Text ist durch die Verschiebung ins Prosaforum leider ein wenig verrutscht; ich hoffe, es werden auch noch andere auf ihn aufmerksam. Er liefert ein sehr eingängiges Bild, eine bildhafte Darstellung der Selbstvernichtung. Der Vergleich mit dem Baumfällen gefällt mir.

Ein wenig ausbauen könntest Du noch. Das "wahllose" Aussuchen des Baumes (wenn auch nicht bekannt, nach welchen Kriterien) spricht für ein planvolles Handeln, das auch schon eine Weile andauert (Lichtungen im Wald). Das Ich des Textes hackt schon eine ganze Weile, um im Bild zu bleiben. Ich kann mir das sehr gut vorstellen, bin aber im Zweifel, ob dieses Bild auf die innere Situation des "Selbstzweifels" paßt. Dafür scheint mir der Vorgang zu planvoll. Vielleicht ist es eher ein Abtöten der inneren Stimme, die Entfremdung vom eigenen Ich...?

Hm... vielleicht weiß noch jemand was dazu?

liebe Grüße einstweilen,
Zefira
 
A

Arno1808

Gast
Hallo Schubie,

auch ich heiße Dich herzlich willkommen im Kreise der Lupianer.

Du erzählst wirklich in eindrucksvollen und tiefsinnigen Bildern. Das finde ich sehr ansprechend.

Nur an den ersten beiden Sätzen stört mich irgendetwas, ohne dass ich Dir genau beschreiben könnte, was es eigentlich ist.

Gift für die Seele und den Verstand ist der Zweifel. Zweifel an sich selbst.
Es ist nur ein Gefühl.
Vielleicht auf einen Satz reduzieren und den 'Zweifel' weiter nach vorne schieben? Etwa:

Der Zweifel an sich selbst ist ein Gift, das die Gedanken der Seele verabreichen.

Ich wünsche Dir viel Spaß mit der 'Lupe'!

Gruß

Arno
 

Schubie

Mitglied
ich danke euch erstmal für eure mich weiterführenden kommentare.
für mich ist das alles noch neuland.

daher bin ich für jedwede kritik immer dankbar. :)
 



 
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