Bon voyage!

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Claus Thor

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Bon voyage!
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Claus Thor

Sie waren in Schöneberg im Sommergarten des Cafe Einstein. Er saß ihr gegenüber. Sie redete. Er dachte an die Zeit, die sie gemeinsam in Paris verbracht hatten; wie sie den Boulevard Saint - Michel entlang geschlendert waren, am Cluny vorbei, den Place Saint - Michel überquert hatten und in ihr Lieblingsrestaurant eingekehrt waren, wo sie Fisch aßen. Sie lachten und waren verliebt.
„... und dann dachte isch ruf disch mal an“, sagte sie. „Natürlisch `atte isch Angst, dass am anderen Ende der Strippe deine Frau dran sein könnte - aber, in diesem Fall `ätte isch - sakk- einfach aufgelegt.“
Er schwieg und sie sagte: „Paul - isch glaube du ´örst mir gar nischt zu.“
„Wie?“
„Schon gutt“, sagte sie schnell und nippte an ihrem Café au Lait.
„Ähm - entschuldige, aber ich war wirklich ganz im Gedanken.“ Sagte er, nach dem er aufgeblickt und das enttäuschte Gesicht gesehen hatte. „Es hat mich einfach umgehauen, deine Stimme zu hören.“
„Bon“, sagte sie. „Isch werde länger in Berlin bleiben. Wir könnten uns treffen und die alten Sseiten aufleben lassen. Was `ältst du davon.“
„Schön - aber ...“
„Deine Frau“, sagte sie, „sie könnte uns jeder Sseit über den Weg laufen!“
„Nein“, sagte er und seine linke buschige Braue zuckte. Er dachte: „Wie schön Marie doch ist. Ihr mädchenhaftes Gesicht, die Pagenfrisur, so schwarz wie der Flügel einer Krähe.“ Seine Unerschlossenheit dauerte entschieden zu lange und so sagte sie: „Stimmt etwas nischt mit deiner Frau? Weiß sie über uns bescheid?“
„Nein - ähm - quatsch.“
„Du bist ganz schön durch den Wind“, sagte sie. „Sagt man das so?“
Er winkte dem Kellner und bestellte sich einen Cointreau. Sie lehnte ab, als er sie fragte, ob er ihr auch einen Aperitif bestellen solle. Sie sagte: „Später vielleicht, wenn wir eine Kleinigkeit essen werden. Was war mit deiner Frau?“
„Ja, das ist so“, er fühlte sich sichtlich unwohl, sodass er ihr dabei nicht in die Augen sehen konnte. Er kippte den französischen Orangenlikör hinunter, verzog das Gesicht und sagte: „Nun - sie ist tot.“
„Oh - das wusste isch nischt. Entschuldige. Wie ist es passiert?“
„Vergiftet.“
„Verrgiftet?“ Sie hielt sich die Hand vor dem Mund und ihre Augen hatten einen ungläubigen Ausdruck angenommen. „Mon dieu! Wie konnte so was gesche`en?“
„Es war eine Art Lebensmittelvergiftung.“ Er bot ihr eine Zigarette an, die sie dankend annahm. Nach ein paar Zügen sagte er: „Ich hatten uns eine dieser Tiefkühlsuppen gemacht - Champignon Creme - leider muss eine der Päckchen nicht gut gewesen sein.“
„Und daran stirb man so schnell?“ sagte Marie und zog die Schultern fröstelnd hoch.
„Ich war, nachdem wir gegessen hatten, noch einmal weggefahren und kam erst spät in der Nacht nach Hause. Ich sah sie da liegen - hab` sofort einen Notarzt gerufen, aber es war zu spät. Es muss wohl ein sehr hochgiftiger Pilz aus Versehen verarbeitet worden sein. Mehr erfuhr ich auch nicht.“
„Gibt es denn so giftige Pilze“, fragte sie. „Isch kenne nur den ... den roten, mit den weißen Punkten drauf; wie `eißt der den nur ...“
„Fliegenpilz“, sagte er.
„Oui, so `eißt er“, sagte sie. Sie schüttelte sich angewidert.
„Es war ein Knollenblätterpilz“, sagte er. Nach einer kleinen Pause dann: „Lass uns jetzt zum Bamberger Reiter fahren, dort gibt es sehr schöne Fischgerichte und bekömmliche Weine.“
„Wie kannst du nur jetzt ans Essen denken, Paul“, sie drehte sich von ihm weg. Er stand auf und ging vor ihr in die Hocke. Dann zog er mit der rechten Hand ihr Gesicht sanft zu sich und küsste sie. Leise flüsterte er ihr zu: „Ich bin frei, und kann tun und lassen, was ich für richtig halte - unsere Liebe, hat nun eine neue Chance, nutzen wir sie.“
„Isch kann es nischt glauben“, sagte sie, „es `ört sisch bei dir an ... mon dieu … du ´ast sie getötet!“
„Ich. Getötet.“ Er richtete sich kerzengerade auf und eine steile Falte wurde zwischen seinen Augen sichtbar. „Wie kommst du auf so etwas?“
„Eh bien! Isch ssähle eins und eins ssusammen. Wollten wir nischt gemeinsam in Paris leben, und ´ast du nischt gesagt, du fährst ssurück nach Deutschland, um die Angelegen`eit aus dieser Welt zu schaffen? Und ... jetzt!“
„Sprich nicht so laut“, sagte er und setzte sich wieder auf seinen Platz. Dann beugte er sich vor und sagte: „Du hast ja recht, aber es musste sein. Wir wären nie und nimmer freigekommen; schließlich hätte ich Finanziell geblutet ohne Ende.“
„Du ´ast sie getötet! Ich wusste es doch.“ Sagte sie. Sie machte ein verächtliches Gesicht. „Wenn du meiner überdrüssig bist, wirst du misch dann auch töten, wie du es mit deiner Frau gemacht `ast?“
„Nein, natürlich nicht. Ich liebe dich doch. Ich habe das nur für uns getan.“
„Bon! Der Commissaire wird sisch über dein Geständnis serr freu`en. Ich `atte misch bei ihm gemeldet, als isch das von deiner Frau las. Und ... man `at misch verkabelt und jetzt kommen die `erren disch ab` olen. Es ist aus Paul. Sie werden disch ins Gefängnis werfen und dort wirst du für deine Tat büßen!“ Sagte sie und schaute zu den zwei Herren, die sich hinter dem verwirrt drein schauenden Mann gestellt hatten. „Bon voyage, Paul!“ sagte Marie und lächelte bitter. „Bon voyage!“
 



 
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