Der um Betroffenheit im Leser bemühte Autor lässt kein Klischee aus, um "auf die Tube" zu drücken und sich damit "literarisch" in den Vordergrund zu spülen.
Wie so viele andere, absolut fantasielose "Schriftsteller" zieht er alle Register: Die Landpomeranze, die mit 15 geschwängert wurde und der "man" damals sagte, ihr Kind sei lebensunwert; die Ärzte und Schwestern hatten alle das Partei-Abzeichen auf dem Kittel aufgenäht, während sie die minderjährige heimlich kastrierten und das Mädchen war froh, dass es zuvor sein Kind an die losgeworden war (schreibt der Autor!).
Natürlich hat die guhte Volksschullehrerin ihr behindertes Kinderl nicht wegegeben, sondern opfert sich dafür auf, während der böhse alte Aushilfsleerer ein Zwillingsbruder vom Himmler Heinrich ist und dem braven Schöler 1975(!) eine sechs gibt, weil der die Nazis kritisiert. Wow!!
Eine "Oberschule" kann das nicht gewesen sein, aber auch in den Volksschulen mussten die Klassenarbeiten von den Eltern damals nicht mehr unterschrieben werden, auch nicht die, die vom Dritten Reich handelten und wo, so der Autor, KZ-Ärzte wie der Mengele Josef hochzujubeln gewesen wären.
Aber dann kommt ja die guhte Leererin ein Jahr später wieder und erzählt den staunenden Kindern, wie's wirklich war. Kino, Fernsehen, Radio, Zeitungen, Bücher, Eltern, die nahezu pausenlos "davon" erzählten, gab's 1975 ja noch nicht, jedenfalls da nicht, wo der Autor die Schulbank drückte; über den Eichmann-Prozess, der schon 1961 endete, berichtete man dort nicht. KZ-Gedenkstätten? Nie gehört, wos ins dös? Nur die guhte Frau Leererin, die hat was davon gewusst. Und natürlich die Tante und ihr braver, braver Neffe.
Dass arische Eltern umkamen, weil sie ihre 12jährigen Kinder bei Kriegsende vor den Nazis verbargen, hat @ali noch nie gehört. Wow! Das ist wirklich hart. Dass es darüber noch keinen Film gibt?
Sorry, aber dieser grottenschlecht gereimte, effekthascherisch zusammengerührte Emotionsbrei weckt beim Leser nicht die gewünschte Erschütterung und lässt den Autor keineswegs im Lichte eines mutigen, edlen Aufklärers glänzen. Er erzeugt vielmehr Brechreiz ob der dreisten Verklitterung aller "Zutaten", die sich der Autor für ein zünftiges Nazi-Rührstückerl da zurechtgelegt hat.
Es gibt Körperverletzungen nicht nur bei Lebenden, sondern auch bei den Toten. Wer Gräber nur öffnet, um sich damit wichtig zu machen und um die wahnwitzige Behauptung aufzustellen, "sowas" käme gerade wieder und müsse mit solchem Geschreibsel verhindert werden, betreibt schamlose Leichenschändung an den Opfern, die damals gelitten haben und umgekommen sind.
Schoah, Holocaust und Euthanasie sind keine Bauklötzchen, mit denen man dilettantisch herumspielen darf. Sie sind etwas sehr, sehr Ernstes. Die davon Betroffenen sind in @alis Augen heilig.
Über die plappert man nicht, so wie hier, sondern über die schreibt man. Wenn man es kann. Wer's nicht kann, sollte tunlichst die Finger davon lassen. Das täte den armen Seelen gut.
Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: @Ali weiß haargenau, wovon er spricht, hm?
Angeekelt
aligaga