Brief nach Hause II

dunkle Flocken wirft der Himmel
und ich werf die Asche
schwarze Tränke ruft den Schimmel
heißt ihn trinken

früh erwachte dunkelbahn
traumverlorne Dunkelhaft
Dunkelkammer dunkler Wahn
dunkler Fluss und dunkle Kraft
dunkle Demut dunkle Pflicht
kleine Wolke Dunkellicht

dunkle Zeit und dunkler Ort
dunkelstilles Dunkelwort
dunkles Teilen dunkler Ton
Dunkelmutter dunkler Mohn

Hallo wüstenrose

hatte hier eine dunkle Erinnerung an Das Dunkel von Gernhardt

Gerade der erste Teil liest sich so in etwa wie eine satirische Veralberung hermetisch unerschließbarer Lyrik, der Rest wohl ebenso, der sich somit erklärt.

Und überhaupt - gut gemacht!

LG
Tula

Hallo Tula,
danke fürs Kommentieren und den Verweis auf Das Dunkel von Gernhardt - das kannte ich tatsächlich nicht. Bumm bumm bumm, dunkle Hammerschläge ...

lg wüstenrose

Hallo, Wüstenrose.
Mir gefallen die hell/dunkel Gegensätze gut, z.B. dass der Schimmel aus dunkler Tränke trinkt, oder auch das Dunkellicht.
Leider lässt mich dein Gedicht aber in der Frage, worum es genau geht, etwas im dunkeln...

Hallo Schreibfan,
vielen Dank für deine Rückmeldung!
Worum geht es?
Hier tue ich mich schwer mit einer Antwort.
Tula brachte den Begriff der Hermetischen Lyrik ins Spiel. Mir war der Begriff als solcher gar nicht geläufig. Aber Tula hat das fein erspürt, der zweite Teil geht stark in Richtung 'Hermetische Lyrik' und der erste Teil versucht aus diesem Undurchlässigen, quasi Festgezurrten, Den-Zugriff-blockenden auszubrechen, indem er (satirische) Schlupflöcher markiert.
Vielleicht gelingt der Ausbruch nicht wirklich, denn dem zweiten - hermetischeren - Teil gehört das letzte Wort.
Ich weiß: Das klingt schrecklich abstrakt oder hochgestochen.
Worum geht es?
Lass das Gedicht auf dich wirken, lies es mehrmals, lass dich damit treiben ...

Es wird LeserInnen geben, die werden sagen: Null Resonanz. Und es wird (so wünsche ich es mir jedenfalls) andere geben, die etwas hören, sehen, spüren ...

lg wüstenrose