Cháron der Fährmann zur Unterwelt

4,00 Stern(e) 2 Bewertungen

Zarathustra

Mitglied
Cháron der Fährmann zur Unterwelt

Ich bin ein Textdieb, spezialisiert auf Wortraub.
Ein gemeiner Versklauer,
ein Nachmacher.
Besonders gerne bediene ich mich zur zeit bei Christoph Ransmayr.
Ich mache ihn zu meinem Cyrano de Bergerac.
Für mich verführt er Frauen.
Er weiß nichts davon.
Ich tue etwas Verbotenes und das mache ich heimlich!

Auf ihn bin ich furchtbar neidisch, ich wäre gerne so gut wie er. So erfolgreich und vor allem so überzeugend.

Darum mache ich aus der Not eine Tugend und stehle seine Worte; - schmücke mich mit seinen flammenden Versen, und singe meiner Geliebten Lieder, die ich nie zu dichten wagte.

Meine Geschichten sind voll von seinen Worten.
Sie sind von ihm. Sie sind aus seiner Hand.
Ob er die weißen Flecken merkt, die fehlenden Worte in seinen Geschichten?
Er wird sie bei mir suchen müssen, oder für immer darauf verzichten.

Denn nun gehören sie mir; mir ganz alleine:

Mein gehört nun sein schwarz schimmerndes Gras, das bei jedem Schritt leiser wird, wenn wir darüber schreiten, du und ich. Was bedeutet schon die frühsommerliche, zirpende Finsternis, die sich hinter dem Schimmer des Neumonds versteckt hat, und erst dann hervortritt und mit dem Zeigefinger mahnt, wenn ich meine Hand an deine Wange lege?
An deine gerötete Wange.

Nirgendwo, ein erleuchtetes Fenster das durch die blau - lackierte Nacht blinzelt. Nirgendwo ein Zeichen in deinen Augen, das ja sagt, oder nein. Überall scheint und schimmert dein Vielleicht so verführerisch wie ein fahles Irrlicht im Moor. So werden wir uns verirren, - du und ich.

Warum nur sind wir gezwungen, schattenhaft wie Scherenschnitte durch das Dunkel dieser Welt zu wandeln; - über das tiefe Wasser zu gehen – schaudernd vor Grauen,
zitternd und zaudernd; - sind gezwungen das Licht zu meiden.

Wer geht uns voran, durch nachtdunkles Land.
Wer geht uns voraus? Welche Stimme eilt in die Zukunft und ruft uns ihr zu folgen?
Höre doch - es gibt sie, diese Stimme, diesen leisen Gesang. Es gibt das verzweifelte Schreien in uns.

Manchmal eilen wir atemlos diesem kehligen Rufen nach, einer wortlosen Stimme, wortlos wie das Geräusch sich entfernender Schritte, gleich einem schmalen Schatten.
Nur wenige kennen diesen steinigen Weg, auf den uns diese Stimme ruft, kaum einer hat ihn je bei Neumond beschritten - in hoffnungsloser Angst,oder gar bei bleischwerer Dunkelheit!

Sind wir die ersten, die es wagen? Sind wir die Einzigen, du und ich?

Es war ein dünner, panischer und vor angstvoller Not zitternder Gesang, der uns begleitete auf unseren Weg durch die Zeit.
Als die Strasse anstieg, steil hinauf ins Gebirge, da wurde der Gesang, wurden die singenden Stimmen leiser, wurden schwächer, waren kaum mehr zu hören; - verschwanden vom Horizont.

Dann wurde es Tag.
Endlich strahlendes Licht.
In der Helle glaubten wir uns sicher.
Die Richtung war klar zu erkennen.
Aber welch ein Irrtum!

Wenn es hell ist, schreitet man immer durch das weite, breite Tor.
Schreitet über den lichten Weg.
Und betet zur Sonne und glaubt; - ja man glaubt ihr alles.

Aber als wir durch die Türe schlichen, die sich für uns beide auftat, es wurde dunkel, - ganz finster.
Wir gingen noch Hand in Hand.

Hinter der Pforte aber, vernahmen wir die Stimme wieder.
Die Worte, die sie rief waren nun ein Todesgeschrei.
Es war das Quietschen der Ratten, die in den stinkenden Latrinen purzelten; - übereinander krabbelten, weil es so viele waren.
Weil der Urin so stank.
So gelb, so klebrig, dem gehässigen Grinsen des bösen Nachtmonds so ähnlich.
Garstig war diese Nacht.
Diese Nacht die sich hinter der Türe auf uns stürzte wie ein Raubtier.

Warum wolltest du mir nicht mehr folgen; -
hinunter ins Labyrinth, durch das der Weg so mäandergleich ans andere Ufer führt?
Ans unerreichbare Ufer hinüber.
In das Reich der Toten hinein.

Nun sitze ich doch alleine im Boot, gleite einsam über tintenschwarzes Meer.
Lasse mich zum anderen Ufer tragen; alleine, ohne dich!
Charon der Fährmann winkt dir noch einmal,
doch winkt er vergebens.
Kein zaghaftes Blinzeln deiner wunderbaren Augen sagt das Ja, dein zuckersüsses Lächeln bleibt ein kaltes Nein. Keine Hand winkt zum Abschied.

Das schaukelnde Boot,
das schwarze, grundlose Meer,
die horizontlose Weite hier unten,
all das gab mir die Todesgewissheit:

Es war dir einfach zuviel Mühe, dein Leben zu geben für einen zaghaften und unerlaubten Kuss.
Du wusstest es also doch von Anfang an, dass ich ein Lügner war.

April 2005
© Hans Feil
 

Zarathustra

Mitglied
der schwarzlackierte Tag eines Lügners

Schön, dass es dir gefallen hat Sunny Rose.

Es sollte traurig sein.
Ja, weil ich selbst traurig bin.
Weil ich ein Dichter bin der lügt.
Und letztlich ganz alleine bleibe in meinem schwarzlackierten Tag.

(P.S. ich mag gerne traurig sein...)

Liebe Grüsse
Hans
 



 
Oben Unten