Chanson de Richard (Virenque)

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weghenkel

Mitglied
Chanson de Richard (Virenque)



Jenseits der Serpentinen / liegt winterlich das Land
Der kindlich heitren Mienen: / en jaune und unverwandt
Tritt er in die Pedalen, / ein Löwe - Roi Richard.
Ein Lächeln nach den Qualen. / Die Wahrheit ist nicht wahr.
Die Katastrophen kommen / hernach im Swimmingpool
Gemächlich angeschwommen: / Bikinis sind so cool!
Wir sind in Kiribati - / und Cäsar streut uns Sand
Genau ins Auge, Vati! / Das ist doch aller Hand!
Schleswig fiel ganz ins Koma, / als es zu Preußen kam.
Nein, keine Tjoste, Oma! / Henri le Deux geht lahm!
Der Vollmond ist ganz mager / und spielt Didgeridoo.
Perfekt sind die Versager: / Kuckuck am Mont Ventoux.
Siehst, Laura, du die Laube? / Und Harry Piel am Nil -
O Casablanca, glaube! - / wäscht weiter mit Persil.

5.-13.7. & 14.7.2003
 

Herr Müller

Mitglied
Unerschlossen

Dieses Werk bleibt für mich gänzlich unerschlossen und daher unbewertet. Das ganze kommt mir vor wie ein gut geschüttelter Erfrischungmixdrink, wo man aber nicht heraus schmeckt, was eigentlich wirklich drin ist. Sorry, ich warte auf die Meinungen der anderen.

"Herr Müller" aber herzlich
 
R

Ramona Linke

Gast
Hallo Weghenkel,

na denn ... dachte ich beim ersten
Lesen, und las es noch einmal...
Radtour zum Baggersee mit Kofferradio
oder Tiefschlaf am Strand von Mallorca ...
mit chaotischem Traum ...
sorry, aber es verwirrt mich arg und ich
kann es schwer einordnen.
Vielleicht hab ich ja etwas überlesen !?
Also ... na denn !
Herzlich RL ;)
 

weghenkel

Mitglied
Mein lieber Roland

O je, ist dieses Gedicht schlecht. Mein lieber Roland! Bitte total überarbeiten. Und nicht so viel Tour de France gucken. Der Autor war gedopt. Blutdoping. Nun kann er's auch nicht mehr ändern. Und wird's auch nicht mehr ändern.
Aber demnächst etwas dazu schreiben. Und über Erfahrungshorizonte/Wissenshorizonte als Voraussetzung für das Verständnis literarischer Texte auch?
 
V

vivien

Gast
Sorry weghenkel,

aber laß dich nicht entmutigen,
für deine Werke
forderst du nicht nur die Gefühle,
sondern knallhart auch den Kopf
und den sollten wir,
bei allen Widerfährnissen
der Bildungspolitik
(immer wieder Pisa?)
doch bitteschön nicht verhungern lassen,

Danke weghenkel für deine Geduld mit uns,
viv.
 

blaustrumpf

Mitglied
Hallo, weghenkel

Da hätte ich mal eine Frage in Sachen "Erfahrungshorizonte/Wissenshorizonte als Voraussetzung für das Verständnis literarischer Texte": Du weißt schon, dass "Kiribati" nicht so ausgesprochen wird, dass sich ein Reim mit "Vati" anbietet, ja? :box:

Schöne Grüße von blaustrumpf
 
R

Ramona Linke

Gast
nur noch kurz .....

zu diesem thema,
blauchen, du sprichst mir aus
dem herzen und aus dem kopf,
wobei letzterer bei keinem
von uns am verhungern ist :D
herzlich die RL *smile*
 

weghenkel

Mitglied
Richard Virenque im Keller

O Richard, mon amour! Jetzt haben drei nette Menschen schon gevotet - und dich in den Keller verfrachtet. Mit sage und schreibe 2,46 Punkten. Schlechter geht's nimmer. Nun wirst du die Tour de France nicht mehr gewinnen können. Aber du bist ja nur ein einfacher französischer Junge, du wirst das schon verkraften. Deshalb weißt du auch nicht, wie man Kiribati ausspricht. Das weiß nämlich nur die superschlaue Blaustrümpfin (und deshalb weiß es die Ramona auch)! Wenn du jetzt Deutsch lernen würdest und im Duden nachschlagen (21. Auflage Dudenverlag Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich), fändest du: Kiribati. Und das kann sich gar nicht auf Vati reimen, liebe Omi. Aber Richard, du mußt ja kein Deutsch lernen. Du mußt in die Pedalen treten, hörst du?
Ein persönliches Wort: Ich schätze euch beide noch immer sehr als Autorinnen und hab mich meinerseits immer um eine faire Bewertung bemüht.
Ich hoffe, euch auch wieder als Kritikerinnen schätzen zu lernen.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Weghenkel,

das mit Kiribati ist schon erstaunlich, hab ich auch nicht gewusst - aber macht dann tatsächlich den Reim kaputt.
Im französischen Chanson werden sonst verschluckte Endvokale gesprochen/gesungen, aber wie das bei Kiribati ist?
Der Text würde besser graphisch aufgemacht mehr wirken, trenne ihn vielleicht nach jedem Halbvers.
Komplexere Reimformen wirken im Blocksatz immer auch anders als im reinen Linksbund.

Prinz Jan wird ja nun doch wohl gewinnen.

cu
lap
 

weghenkel

Mitglied
Grünes Trikot

Danke euch beiden, Zeder und Lapismont, für eure sachdienlichen Anmerkungen zu meinem armen Richard. Bin dadurch einigermaßen versöhnt mit seinem Schicksal.
Dennoch würde ich nun an dieser Stelle gern noch etwas zum poetologischen Hintergrund posten (weil: es kommt ja nicht weg, oder? - auch wenn es sozusagen in der Versenkung dann stünde).
Weil ich deine Idee versuchsweise aufgreifen werde, Lapismont, vielleicht zunächst zur Form:
Geschrieben ist das Ganze in der Nibelungenstrophe. Ihr erinnert euch dunkel:
Uns ist in alten maeren wunders vil geseit
von helden lobebaren von grôzer arebeit.
Ja - und tatsächlich steht da nach dem Anvers optisch eine Lücke. So will ich es also halten. Daß dieser formale Aspekt natürlich auch eine inhaltliche Komponente hat, will ich hier nur am Rande erwähnen. Nämlich (und nicht nur das, sondern sehr vieles in diesem Pseudosonett mit seinen 14 Versen) als anzüglich ironischer Kommentar: deshalb stand es zu Recht in der entsprechenden Rubrik. Der Ausgangspunkt für ein CHANSON DE RICHARD ist natürlich der epische Hit des französischen Mittelalters: das CHANSON DE ROLAND, das Rolandslied. Da also schon der einfältig deutsche Blick - als stilistische Grundidee - auf das Geschehen: Nibelungenstrophe für ein neues Minirolandslied.
Dann der eigentliche Clou, den offenbar niemand von den Votern und Kommentatoren vor euch bemerkt hat: ROI RICHARD. Der dopingerprobte Richard Virenque, gebürtig in Casablanca, mit der Startnummer 119 (da noch ein Aufhänger, es ist das Sonett 119 meines auf 154 Sonette ausgelegten Zyklusses SONETTE AUS DEM SUMPF - wobei Sonett in diesem Fall sehr weit definiert ist: es hat immer 14 Verse und ansonsten spielt es mit allen möglichen Formen) genießt zwei Jahre nach der Verurteilung seines damaligen Teams durch ein ordentliches Gericht in Lille wieder solchen Kultstatus, daß er als eben Roi Richard nickmäßig verehrt wird.
Daher das mittelalterliche Flair, natürlich in ironischer Brechung, durch alle möglichen Dinge, auch durch Kiribatis Strände als Ort der Erholung für die Erfolgreichen (Aufhänger: Nationalfeiertag dort unten als Parallele zum Etappensieg Virenques, der selbst eine Zeitlang in einem Schloß gewohnt hat, in Morzine). Roi Richard nimmt seine beiden Kinder mit aufs Siegertreppchen - ein schönes Bild. Also hier der surreale Perspektivwechsel: mit den naiven Augen seiner Kinder wird sein naives Heldentum beleuchtet. Virenque hat immer betont, daß er, wenn er nicht Radprofi geworden wäre, wohl gar nichts Gescheites geworden wäre, da er nur die Grundschule besucht habe, zu mehr habe es nicht gereicht. Auch Roland als Vasall von Kaiser Charlemagne war so ein Rauhbein als Held, er ist in Roncesvalles gefallen, an einem Pyrenäenpaß. Vier Etappen der Tour de France führen durch die Pyrenäen. Und so weiter und so weiter ... Die poetische Methode, die vielen meiner Texte zugrundeliegt, ist konkreter Surrealismus (so mein Begriff dafür) - und ich bin froh, daß ich jetzt das wenigstens mal andeuten darf. Aber womöglich fühlen sich manche Leser schon wieder genervt dadurch. Wie aber will man sich einem Autor ästhetisch nähern, wenn er sich nicht zu seiner Ästhetik äußern kann? Und nur allen einen schönen Tag oder ein schönes Wochenende wünschen darf bzw. unheimlich viel Mitgefühl zeigen ob der ach so traurigen Inhalte mancher Gedichtlein. Dann bleibt nur, ihn abzuqualifizieren.
Nun noch mal zu Kiribati. Also die Aussagen von Duden und Yahoo widerspechen sich hier. Aber ich will gern annehmen, daß die Sachwalter der deutschen Sprache nicht informiert genug waren, als sie den neuen Duden für die Reform entwickelten. Dennoch denke ich, daß das Pseudosonett die falsche Aussprache (um diesen Binnenreim nicht preiszugeben) verkraften kann - denn, wie gesagt, hier ist Kindermund vermischt mit surreal gefilterter Weltgeschichte (vgl. Cäsär und Richard Löwenherz, mit dem Richard Virenque von seinen Fans auch schon mal verglichen wird - und den Französischen König Heinrich den Zweiten, der sterben mußte, weil er die mittelalterlichen Tjoste selbst praktizierte und vom Pferd gestoßen wurde - und wie ist das mit den Zweikämpfen der Pedalritter heute? - die Streckenkommentatoren berichteten von einem Toten vor noch nicht allzuvielen Jahren, Tod durch eine Überdosis Doping): da kann man eine falsche Aussprache auch so lesen.
Schleswig will ich jetzt nicht auch noch erklären. Ich glaube, es wird deutlich, was in dem Text drinsteckt. - Und das als (und da hatte ja Herr Müller mit seinem ersten Kommentar völlig recht) als gut geschüttelter Erfrischungsmix. So war es gedacht. Nur meinte er, nichts herausschmecken zu können. Wenn er jetzt noch einmal in den Thread sähe, würde es ihm vielleicht sogar Freude machen. Aber mit einer Wertung von 2,46 bleibt der arme Richard im Keller. Wenn er Glück hat, wird er bis Paris allerdings sein Grünes Trikot für den besten Bergfahrer behalten: und dann kommt sogar der große Sonettschreiber Petrarca (der zu seinen Zeiten als erster den Mont Ventoux bestiegen hatte, wo unser Richard im Jahre 2002 die erste große Etappe nach seiner Rückkehr als Dopingsünder gewann) zusammen mit seiner LAURA, um ihm zu gratulieren. Darauf ein Prosit und Lebewohl.
Euer Harry W.
P.S. Und schaut euch noch mal den Text an, optisch verändert mit Zäsur inmitten.
Nibelungenmäßig.
 
V

vivien

Gast
Entschuldigung,
aber ich muß es einfach noch einmal sagen:
das ist große Klasse
(jetzt natürlich noch verständlicher!),
Viv.
 

Herr Müller

Mitglied
Keine Chance

Was Du so alles weisst und vor allem, was wir so alles wissen sollten. Da steckt ja denn doch so einiges hinter diesem Gedicht. Du hast uns belehrt ohne uns zu beschämen. Das kann nicht jeder.
Viele große Denker verzweifeln am kopfnickenden Volk, das ihnen von den Lippen abliest und dennoch nichts versteht.

Aber muß ich erst diese geballte Ladung von Wissen haben, um ein Gedicht verstehen zu können?

Ich war zu schnell über Dein Gedicht hinweggehuscht.

Herr Müller im grünen Trikot des sprintbesten Leselupenlesers.
 



 
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