Charly Schneemanns Abenteuer

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Katjuscha

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Kai und Sascha haben einen Schneemann gebaut. Die beiden betrachten nun stolz ihr Kunstwerk. "Charly" hat eine dicke rote Möhrennase und zwei große Knopfaugen. Kais alter Schal ist um seinen Hals gebunden und seinen Kopf schmückt eine von Löchern übersäte Pudelmütze. Wie gesagt, ist Charly ein richtiges Kunstwerk. Da ruft die Mutter der beiden Jungen plötzlich zum Abendbrot.

Der Schneemann steht nun mutterseelenallein auf dem Hof. Nanu, hat sich nicht eben seine Nase bewegt? Da schnieft doch jemand. "Hatschi!" Eine kleine Schneewolke wirbelt durch die Luft. Da, jetzt wackelt er mit dem Kopf. Nun hebt er beide Arme und macht einen mächtigen Satz nach vorn. "Hatschi!" Charlys Möhrennase bebt und seine Knopfaugen rollen. Nun trippelt er mit seinen kleinen Schneefüßen los. Charly zieht seine Stirn kraus. (Soweit ein Schneemann das überhaupt kann.). Warum haben die Jungen ihm nur nicht größere Füße gemacht.

Nun ist er zum Haus gewatschelt und reckt neugierig seinen Hals zum Fenster. Da sitzen Kai und Sascha mit ihren Eltern beim Essen. Auch ins nächste Fenster schaut er. Da sieht er einen kleinen Baum, der mit vielen Kugeln und anderen Sachen geschmückt ist. Charly wundert sich, warum die Leute das machen. Der Baum sieht ja ganz hübsch aus, aber ihm würde es draußen sicher besser gefallen. Nachdenklich stiefelt er weiter. Er hat sich in den Kopf gesetzt, die Welt zu erforschen und ist neugierig auf die Welt hinter dem Gartenzaun. Ihr müsst wissen, dass Schneemänner sehr neugierig und tatendurstig sind. Das gilt übrigens auch für Schneefrauen und -kinder. Sie entschließen sich schnell zu irgendwelchen Unternehmen, deshalb muss man höllisch aufpassen, dass er einem nicht davon läuft und nicht wieder kommt. Doch leider wussten das diese beiden Jungen nicht, und so wandert Charly nun entschlossen die Straße entlang. Da hört er plötzlich Schritte. Schnell stellt er sich an den Wegrand und bleibt starr stehen. Eine alte Frau kommt mit ihrem Hund die Straße entlang. Der Hund schnüffelt an seinen Füßen und hebt sein Bein. Ärgerlich versetzt er dem Tier einen leichten Tritt. Entsetzt rennt der Kleine jaulend hinter seinem Frauchen her. "Frechheit" denkt Charly und schüttelt seinen gelblich tropfenden Fuß.

Er setzt seinen Weg fort. Nach einer Weile Fußmarsch landet er im Stadtpark. Es ist Abend, deshalb sind die Wege menschenleer. Da sieht er ein kleines Kaninchen über den Rasen hoppeln. Charly winkt ihm zu. Neugierig setzt es sich vor ihn und beäugt seine Nase. Verunsichert starrt der Schneemann abwechselnd auf die Möhre und auf das Kaninchen, dass sich hungrig das Schnäuzchen leckt. Hin und her gerissen zwischen Eitelkeit und Mitleid mit dem Kleinen schielt er auf seine Nase. Schweren Herzens nimmt Charly seine Möhrennase und zerbricht sie. Die eine Hälfte gibt er dem hungrigen Kaninchen und die andere steckt er sich wieder ins Gesicht. Nun hat er eine richtige Stupsnase. Der Kleine hebt dankbar sein Pfötchen und hoppelt mit der Möhre im Maul davon. Charly ist müde. Er möchte zurück zu dem Garten, in dem er geboren wurde. Träumend stapft er los.

Als er gerade den Park verlassen hat, tippt ihm plötzlich jemand auf die Schulter. Erschreckt dreht er sich um. Vor ihm steht eine wunderschöne Schneefrau. "Hallo, wer bist denn Du?" fragt sie ihn. "Ich heiße Charly. Und du?" "Ich habe keinen Namen, die Kinder, die mich gebaut haben, sind von ein paar größeren vertrieben worden. Ich habe mich schnell aus dem Staub gemacht, bevor sie mich kaputt machen konnten." Mitleidig schaut er die Schöne an. "Möchtest Du mit zu meinen Kindern kommen. Sie würden sich sicher freuen." Sie war einverstanden. Doch bevor sie sich auf den Heimweg machen, wandern sie noch bis zur Dämmerung durch die Straßen. Sie erzählt ihm auch, was es mit den geschmückten Bäumchen auf sich hatte. Die Menschen hatten vor einiger Zeit Weihnachten gefeiert.

Ohne eine Menschenseele zu treffen, erreichen sie den Garten. Sie stellen sich an den Platz, wo Charly gebaut wurde. Die beiden Jungen staunen nicht schlecht, als sie am Morgen plötzlich zwei Schneemänner dastehen sehen.

Von nun an machen die beiden Schneemänner jede Nacht einen Ausflug, doch sie kommen jeden Morgen zurück.

Wenn du dich abends ganz leise hinter dem Fenster versteckst und in deinem Zimmer das Licht ausknipst, vielleicht kannst du dann sehen, wie auch dein Schneemann sich auf Ausflüge begibt.
 



 
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