Chefs

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Felidae

Mitglied
Donnerwetter Sommerwetter

Es war frustrierend. Den ganzen Tag hatte die Sonne geschienen. Gerade als ich mein Büro verließ, schob sich von Süden her eine dicke, dunkle, bedrohliche Wolkenfront heran. Nach wenigen meiner Schritte zuckten erste Blitze am Horizont, gefolgt von einem zunehmend lauter werdenden Donnergrollen. Das Gewitter hatte sich bei mir schon am Morgen angekündigt. Eine lange Narbe am Oberkörper hatte so sehr gezwickt, dass ich das Gefühl hatte, ich würde auf der Stelle platzen. Stattdessen platzten jetzt Regentropfen aufs Haupt wie kleine Katapulte aus einem Maschinengewehr. Ratzfatz war ich patschnass. Zu allem Überfluss wirbelte ein dicht vorbeifahrender Lastwagen eine riesige Portion schmutziges Pfützenwasser auf mich und mein weißes Leinenkleid. Blitze und Donner wechselten sich nun in atemberaubender Geschwindigkeit ab; schlugen in Frankfurts Hochhäusern ein; echoten zwischen engen Häuserschluchten. Wenigstens war der sommerliche Regen warm.

Natürlich - ich hätte zurück ins Büro gehen können; blöderweise gab es dort etwas, was weitaus schlimmer ist als ein Sommergewitter. Mein Chef. Er stank wie so oft wie ein toter nasser Büffel. Seit mittlerweile zwei Wochen hatte er denselben abgewetzten, schwarzgrauen Anzug an. Hochsommerliche Temperaturen hatten uns, in Ermangelung einer Klimaanlage in unseren überhitzten Büros in den letzten Wochen täglich kräftig ins Schwitzen gebracht. Sein mittlerweile völlig zerknitterter Anzug glänzte total speckig mit großflächig-graumelierten Dreckflecken, während sein ehemals weißes, nahezu durchsichtiges Hemd vor Schmutz strotzend an Kragen und Manschetten schwarze Ränder aufwies. Ein Knopf fehlte. Statt seiner leuchtete dort ein leicht rötlicher Fleck, der immer noch an die von der Kantine angebotene toskanische Tomatensuppe vom letzten Donnerstag erinnerte. Seine schwarzen rissigen Schuhe wirkten glanzlos; ihre Sohlen schief abgewetzt. Seine Fingernägel waren eigentlich viel zu kurz, um unter ihren Enden tiefschwarz zu sein. Finger und Kuppen waren leicht gelblich tabakbraun bis schwarz und mit kleinen blutig verschorften Rissen durchsetzt. Sein Haar stand fettig und wirr in alle Richtungen. Und erst sein Mund! Herpisierte aufgesprungene Lippen – meist klemmte eine Kippe dazwischen. Seine Augen schimmerten rötlich unterlaufen. Zu seinen vornehmsten Eigenarten gehörte es, einen Toilettenbesuch nach Geschäftsabschluss mit ungewaschenen Händen zu beenden. An den Besuchen durfte ich regelmäßig akustisch teilnehmen, da mein Büro vis-a-vis der Herrentoilette lag. Mit lautem, schnellem Getrampel hastete er stets durch den schmalen Gang zur Toilette. Tür auf, Tür zu, Stille, bevor die laut rauschende Klospülung verstummen konnte, erneut Tür auf, Tür zu und mit hastigen Schritten zurück ins Büro. Kein zusätzliches Wasserhahnrauschen, kein Handtuchautomat, der wie bei anderen Besuchern leise vor sich hin surrend ein benutztes Handtuch wieder aufsaugt. Ekelhaft – der Typ.

Kurz bevor ich den Feierabend einläuten wollte, lehnte er lasziv am Rahmen meiner Bürotür, textete mich dicht, während er sich völlig ungeniert mit seiner rechten Hand fortlaufend wie wild an seiner Poritze kratzte. Ich wusste nicht, ob ich vor lauter Peinlichkeit rot anlaufen oder vor Lachen vom Stuhl fallen sollte. Stattdessen starrte ich fassungslos in seine Richtung, hielt meine linke Hand vor meine bereits entglittenen Gesichtszüge, während ich es vermied, ihn direkt anzusehen. Zuhören konnte ich ihm sowieso nicht mehr. Nachdem er – wie durch ein Wunder - seinen Fauxpas - sichtlich unterstützt von einem rötlich anlaufenden Gesicht – bemerkt hatte, musste er sich sichtlich bemühen, nicht seinem Impuls zu folgen und sich weiter an der Ritze zu kratzen. Es war grotesk. Er fuhr nun vermeintlich unauffällig mit seiner rechten Hand Richtung Ritze und zuckte eruptionsartig gleich wieder zurück, so als habe er einen Tic.

Nein, zurück ins Büro wollte ich ganz bestimmt nicht. So lief ich durch prasselnden Regen Richtung Hauptwache. Im „Bärentreff“ kaufte ich mir zusammen mit einer blechernen Vorratskiste die „Saure Mischung“. Mittlerweile war das Gewitter am abziehen, das Donnergrollen kam schon aus weiter Ferne. Es fielen nur noch einzelne Regentropfen vom Himmel, der sich langsam wieder in ein strahlendes Blau verwandelte. Wiedererwachende Sonne kitzelte in Pfützen, die auf zuvor ausgetrockneten Straßen liegen geblieben waren. Entlang eilende Menschen schlossen ihre Regenschirme. Straßencafébesitzer befreiten hastig zusammengestellte Stühle und Tische vom Regenwasser. Fliegende Händler kamen aus dem Untergrund, um ihre mobilen Verkaufsstände auf der Zeil wieder zu besetzen. Mormonen warben laut singend mit debilem Grinsen um neue Jünger. Es roch nach Sommergewitter. Ich lief weiter durch belebte Straßen, überquerte mit raschen Schritten verstopfte Kreuzungen. Wärmende Sonnenstrahlen trockneten mich und mein Leinenkleid. In der Eckenheimer Landstraße setzte ich mich in ein Eiscafe, bestellte eine riesige Portion gemischtes Eis mit Sahne, während ich, in mich hinein schmunzelnd, auf mein weißes, grau gesprenkeltes Kleid sah. Ich war zufrieden.
 
L

Lotte Werther

Gast
An Felidae

Das ist ja fast wie im Märchen. Als brave Leserin habe ich die Symbolik natürlich gleich erkannt. Die gute, von Widrigkeiten geplagte Prot. im weißen Leinenkleid. Was muss sie alles über sich ergehen lassen. Das muss einem auf die Narbe schlagen. Wie Blitz und Donner in die Häuserfronten. Ja sag mal, da dürften doch die wenigsten der Häuserfronten stehen geblieben sein.

Dieser Chef ist ja widerlich. Da bleibt der armen Prot. aber auch gar nichts erspart. Zerknitterter Anzug, schmutziges Hemd. Das reicht natürlich nicht. Fehlender Knopf, Sauceflecken, Herpeslippen und rot unterlaufene Augen - das ganze Programm aus der Trickkiste der Schwarz-Weiß-Malerei.

Und noch eines weiß ich jetzt: Ich werde von meinem Chef ein Büro Nähe Klo einfordern. Denn hier habe ich erfahren, was mir bisher alles entgangen ist. Und wehe, wenn ich dann den Wasserhahn nicht rauschen höre.

Also, Felidae, es gibt für dich viel zu tun. Nicht nur der Erzählstrang ist einfältig, sondern auch die Sprache ist linkisch, ein erster Versuch eben.

Machs besser und lies weiter Kafka, wie aus deiner Signatur ersichtlich.

Lotte Werther
 

huwawa

Mitglied
hallo felidae

also ganz so schlimm wie lotte werther sehe ich es nicht! wahrscheinlich hast du im bemühen, dieses scheusal von chef noch zu überzeichnen, ein wenig übers ziel hinausgeschossen.
sprachlich gibt es zwar im detail sicher noch einiges zu verbessern, z. b. "und zuckte eruptionsartig gleich wieder zurück", "reflexartig" wäre wohl richtiger, gröbere fehler sind mir aber sonst nicht aufgefallen. Ich denke, wenn du engagiert weitermachst, kannst du dich sicher noch verbessern, lass dich nicht entmutigen!

liebe grüße
huwawa
 
Hallo Felidae

allen Übertreibungen zum Trotz habe ich mich köstlich amüsiert - Du hast einen flotten Stil . Wenn Du ein bisschen feilst – es mit dem "wie gesprochen" nicht übertreibst wie z.B. "Das Gewitter war am abziehen" und ein bisschen an Deinen Bildern arbeitest (z.B. "wie kleine Katapulte aus einem Maschinengewehr" – Katapult ist das, womit das Geschoss in die Luft gejagt wird), kann was draus werden.

Gruß
Susanne
 



 
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