DAS LACHEN MEINER GROSSMUTTER

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jane-schubat

Mitglied
DAS LACHEN MEINER GROSSMUTTER

Irgendwie erinnerte mich ihre Augen an die meiner Großmutter.Dasselbe unendlich klare Blau,auf dessen Grund die unbeschwerte Heiteerkeit eines Kindes ruhte.Dabei hatte es meine Großmutter nicht leicht gehabt.Früh verwitwet mußte sie ihre sechs Kinder allein großziehen.Für eine Frau zu damaligen Zeiten ungewöhnlich arbeitete sie als Handlanger auf dem Bau.Ich liebte Großmutters Lachen.Es war nicht sonderlich laut,eher etwas verhalten und in sich zurückgezogen,trotzdem aber ungeheuer lebendig.Als Kind tat ich alles,nur um von ihr mit einem Lachen belohnt zu werden.Ich weiß noch genau,Großmutter hatte damals diesen Ganter bei sich auf dem Hof.Vor dem hatte ich eine Heidenangst,denn er war so furchtbar angriffslustig.Wenn der mit seinem ausgestreckten Hals und dem bedrohlichen Zischen auf mich loskam,heulte ich jedes mal und kletterte auf die Pumpe vor dem Schuppen.Aber Großmutter lachte nur und sagte mit ihrem immer noch hörbaren ostpreußischen Akzent: „Nu Marjell,du darfst ihm deine Angst nicht zeigen.“.Einmal bin ich mit einer Weidenrute bewaffnet auf ihn zugestürmt.Da ihn das aber überhaupt nicht zu beeindrucken schien,saß ich Sekunden später doch wieder auf der Pumpe.Nur dieses mal heulte ich nicht mehr.Mein klitzekleiner Anflug von Mut hatte mir Mut gemacht.Am schönsten waren die Abende,denn wenn langsam die Dämmerung heraufkroch,durfte ich Großmutter,die in ihrer Küche am Herd auf einer kleinen Holzbank saß,richtig auf den Pelz rücken.“Großmutter,erzähl mir von früher.“,bettelte ich dann.Und immer hat sie sich mir ins Herz erzählt an solchen Abenden.Sie nannte es „unsere Schummerstunde“,weil nirgendwo in dieser Zeit das Licht brannte im Haus.
Und nun war ich plötzlich ihr begegnet.Der alten Frau mit den kurzgeschnittenen fast schneeweißen Haaren,deren Augen mich so sehr an die meiner Großmutter erinnerten.Sie saß auf einer Bank bei uns im Park und schaute mir neugierig ins Gesicht als mein Blick sie eigentlich nur zufällig streifte.
Das Eigenartige war,ich hatte gerade mal wieder eine Menge Probleme und der Alltag mit all seinen Querelen hatte mich total überrannt.Die Stadt mit ihrem Lärm und den annonym aneinander vorrüberhastenden Menschen rief in mir das Bedürfnis nach irgendeiner Form von Verbundenheit hervor.Also hatte ich zu Hause mal wieder alles stehen und liegen gelassen und war in den Park gelaufen.
Ich habe mich nicht getraut,sie anzusprechen,die alte Frau,deren Blick so ungeheuer einladend wirkte.Aber ich war ihr so ungeheuer dankbar,daß sie dort saß.Klein,zierlich und fast etwas zerbrechlich wirkend,mit diesem friedfertigen Gesichtsausdruck.Mich berührte auch ihre unaufdringliche Neugierde,die an den offenen Blick eines Kindes erinnerte.In diesem Augenblick brach tief in mir innen etwas auf.Tränen kullerten mir über das Gesicht,befreiend und kraftvoll wie das Tauwasser des ostpreußischen Frühlings,dessen Bilder als Kind in meiner Phantasie entstanden waren,wenn Großmutter erzählte.Ich saß wieder auf der rostigen alten Pumpe,auf die ich mich als Kind vor dem giftigen Ganter gerettet hatte.Nur kam es mir dieses mal vor,als sei es das Leben selbst,vor dem ich in Panik irgendwohin hochgeklettert war.Es gab weit und breit keinen Weidenstock,mit dem ich mich hätte bewaffnen können.Aber ich lachte wieder.
Danke Großmutter,nickte ich der alten Frau zum Abschied wortlos zu.
Gott wohnt in der Natur,hatte sie mir oft gesagt.Und manchmal auch in den Menschen,die wir mitunter nur ganz am Rande wahrnehmen,flüster ich in das zarte Blau des sonnenumfluteten Himmels,der mir erst jetzt in mein Bewußtsein geraten war.
 

Andrea

Mitglied
4 von 10 Punkten

Auf mich wirkt der Text etwas ungeordnet; die Struktur fehlt. Das liegt m.E. daran, daß du mit vielen Erinnnerungen und Assoziationen beginnst, mit der Erzählsituation ("Das Eigenartige war" bis "und war in den Park gelaufen.") aber erst etwa in der Mitte einführst. Möglicherweise wäre es geschickter, in dieser Situation mit der Geschichte zu beginnen und die Erinnerungen oder vielleicht auch nur eine einzige, besonders prägnante Erinnerung wie den Ganter mit dem Anblick der alten Frau einfließen zu lassen. Oder du läßt die Beschreibung, daß das Ich überfordert durch die Park läuft, einfach weg bzw. reduzierst sie auf das Allernötigste.

Den Schluß finde ich sehr schön, wenn auch vielleicht eine Winzigkeit zu poetisch (der allerletzte Teilsatz).

Eine Bemerkung noch zum Layout: wenn du hinter jedes Satzzeichen ein Leerzeichen einfügst, sieht der Text nicht so gedrängt aus.
 

jane-schubat

Mitglied
Hallo Andrea,

Hallo Andrea,
danke für deine Nachricht.
Dies mit dem etwas zu poetischen Schluß ging mir selbst schon beim
Schreiben durch den Kopf.
Daß der Text zu ungeordnet auf einen Leser wirkt,ist interessant für
mich zu erfahren. Ich werde versuchen, ihn etwas umzustellen.
Danke nochmals.

Grüße jane
 

haljam

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Eher eine Erzählung

Hallo jane-schubat,

dieser Text ist allein schon auf Grund des langen Exkurses über die Großmutter zu Beginn keine Kurzgeschichte! Aber ein interessanter Anfang, vielleicht für eine Erzählung, vielleicht auch für einen Roman. Toller Einstieg in die Thematik!

Übrigens wird es wohl "Nu Marjellchen, du..." geheißen haben - ich habe ebenfalls ostpreußische Vorfahren!

schreibt dir

haljam
 

jane-schubat

Mitglied
Hallo haljam,

Hallo haljam,
Ich freue mich, daß Dich das Thema interessiert hat. Bin auch erfreut wegen der roots. Um ehrlich zu sein, ich weiß wirklich nicht mehr, wie das mit dem „Marjellchen ... „ genau war. Werde mal nachfragen. Na ja und mit den literarischen Formen habe ich so meine Not. Aber danke für den Hinweis.

Grüsse jane
 

jane-schubat

Mitglied
Hallo gox

Hallo Gox,
Vielen Dank für Deine Grüße. Ich habe an der Geschichte schon etwas herumgebastelt. Mit dem Ende weiß ich nun nicht so recht. Sind ja zwei verschiedene Anregungen.

Grüße jane
 



 
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