Dämmerung

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Ironic

Mitglied
...

Hallo Ikarus,
ich finde, du hast paar schöne Bilder verwendet, aber der Rhytmus der zweiten Strophe kommt mir irgendwie holprig vor...vielleicht solltest du das "mir war" einfach weg lassen, da das ganze Gedicht ja sowieso mit Empfindungen verbunden ist, und man das vermutlich auch so nachvollziehen kann...
z.B.

Der Grillen muntrer Hymne sachte klingt,
Als flög´ des Alltags Last aus mir heraus.

...aber vielleicht findest du ja statt "sachte" noch ein anderes gutes Wort, was deine Gefühle beschreibt...

Liebe Grüße,
Marco
 

Jongleur

Mitglied
oh diese Sonnenuntergänge *schmelzdahin*

Hallo Ikarus,
ich dachte, Du müsstest mit mir, bei mir zur Sonne gesehen haben ... Sogar die Schwalben oberhalb meines Fensters ... Und das Kornfeld ... allerdings wird nicht geerntet, die Halme stehn zu niedrig, das Korn ist zu mager.
Nur Grillen - haben wir keine.
Da sieht man hundert Sonnenuntergänge, und jeder kommt mit eigner Wucht oder stillfließendem Abgang - man ist von hunderten ergriffen und hat doch nur begrenzte Worte, und immer ist es ... rot und rot und rot ... am Himmel. Weshalb man sucht und sucht und sucht. Burgunder. Apfelsine. Feuer. Kupfer. Gold. Gelb. Neon. Pink. Kardinal. Karmesin. Kirsch. Tomate. Hell. Grell. Glanz. Signal. Rosen. Zinnober ...

Die ersten zwei Zeilen find ich supersuperspitzenklasse!!
Letzte Zeile, erste Strophe wären mir letzte Wolken lieber, auch wenn es oftmals diese Schleier oder kleinen Geringel sind, macht es das Gedicht sonst mit der Verkleinerung kindlich (in meinen Augen).

Mehlschwalben kehren unter ihre Dächer,
Vom Roggenfelde Bauern in ihr Haus.


Das ist schon okay für mich, dennoch, ohne dass ich es erklären könnte, sträubt sich mir etwas gegen das gemeinsam verwendete Prädikat für so unterschiedliche Subjekte ... So einfach die fliegenden Vögel und die gehenden Menschen unterm kehren zu vereinnahmen.
Mir käme mehr etwas entgegen wie

Mehlschwalben kehren unter ihre Dächer,
Vom Roggenfeld geh'n Bauern in ihr Haus.


Tja, und die letzten beiden Zeilen, die nehme ich so hin, aber das ist mir stilistisch wie aus alter Zeit, das ist nicht so "meins". Den Genitiv mag ich wohl, verwende ihn auch gern, aber so massiert? Mit dem Genitiv beginnen - was schon sehr heut-ungewöhnlich, gestelzt klingt und dann im zweiten Teil noch mal eine vorausgehende Genitivstellung ... das behagt mir in einem zeitgenössischen Gedicht nicht sehr. Das "muntre" Lied, auch "sachte klingt" und dann dies typische "mir war, als (flög)..." - für mich Wendungen, denen man in Gedichten des vorvorigen Jahrhunderts und zu Beginn des letzten Jahrhunderts öfter begegnet ...
Aber das ist meine Vorliebe bzw. Abneigung, Geschmackssache also.

Hab mich sehr gefreut, Deinem Sonnenuntergangsgedicht zu begegnen!

Der Jongleur
 

Ikarus

Mitglied
dämmer

Hallo Marco,

gerne will ich mich zu deinem Kommentar äußern.
Dein Gefühl, das die Strophe holprig klingt, ist berechtigt.
Denn gegenüber der 1.Zeile endet die 3.Zeile mit einer männlichen Kadenz,
also betont.
Wollte ich „sachte“ ersatzweise nehmen, würde der letzte Satz nicht
Mehr passen, meiner Meinung nach.
Ich lasse es einfach mal so stehen, weil ich es mag,
wie sich die guten alten Dichter (Eichendorff) früher in Gedichten
ausdrücken konnten.

Danke, dass du dich gemeldet hast.

Liebe Grüße Ikarus


Hallo Jongleur,

ja, die Sonnenuntergänge faszinieren immer wieder. Man braucht nicht unbedingt die Karibik dazu, man kann sich auch hierzulande daran ergötzen.
Deine Ratschläge in deinem Kommentar habe ich andächtig verfolgt und sie für sinnvoll empfunden.
Mit „Wölkchen“ hatte ich von Anfang an meine Zweifel und
„vom Roggenfeld geh’n Bauern in ihr Haus“ wäre alternativ für
„kehren“ vollkommen in Ordnung.
Die letzte beiden Verse in der 2.Strophe klingen wie zu besten Eichendorffzeiten,
da hast du auch wieder Recht, aber...

...ich liebe diese Ausdrucksweise von damals, für mich ist das Poesie in seiner
romantischster Form, was Eichendorff zu Hauf mit seinen Gedichten bewies.
Da plagen mich die „Zeitgenossen des 21.Jhd.“ reichlich wenig.

Ich neige gerne dazu Zeitgenössisches mit Altverstaubtem zu vermischen,
was nicht heißt, dass es mir stets gelingt. Ausprobieren ist hier angesagt!!!
Konjunktive und Genitive in akzeptabler Menge.
Ich hatte mal ein
Amateurgedicht mit Unmengen von Genitive gelesen, was auch mir dann nicht mehr gefallen hat.

Ich freute mich über deinen wirklich lesenswerten und ausführlichen
Kommentar.

Liebe Grüße
Ikarus
 

Jongleur

Mitglied
Eichendorff und Co.

:)
Jongleur, nach dem nächsten Wahnsinnssonnenuntergang, so brennend und leuchtstark, noch zwischen den Scherenschnittzweigen der schwarzen Bäume glühend direkt ins Betrachterauge (und Herz)!
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Ikarus,
große Klasse dein Gedicht. Aber natürlich habe auch ich etwas zu meckern :) "Im Schatten stehn tiefschwarze Silberpappeln"......ich mag dieses stehn nicht. "Im Schatten stehen schwarze Silberpappeln" mag ich. Natürlich nur ich. Ansonsten......Danke!

lG Otto
 



 
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