Das Blumenparadies

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anbas

Mitglied
Das Blumenparadies

Fassungslos starrte Schrader immer wieder durch die zugezogenen Stores nach draußen. Seine Mundwinkel und die Finger seiner rechten Hand zuckten fast pausenlos mit seinen leicht flimmernden Augenlidern um die Wette. Wie ein gefangener Panther durchkreiste er dann sein Wohnzimmer, blieb wieder am Fenster stehen, blickte nach draußen, verharrte einen Moment lang regungslos, bevor sich seine Gesichts- und Handmuskeln wieder verselbständigten.

Er hatte verloren. Schon wieder hatte er verloren. Die ganzen Mühen des letzten Jahres waren umsonst gewesen. Was hatte er nicht alles in Bewegung gesetzt, um es diesem widerlichen Kramer endlich einmal zu zeigen. Doch wie schon in den Jahren zuvor war es ihm auch dieses Mal nicht gelungen, ihm die Niederlage beizufügen, die er aus seiner Sicht schon lange verdient hatte.

- - - - -

Breit lächelnd saß Kramer in seinem Garten. Er wusste, dass Schrader ihn beobachtete. Er wusste, dass sein Nachbar kurz vor einem Schlaganfall stand. Er wusste, dass er es auch in diesem Jahr wieder geschafft hatte, Schrader zu schlagen. - Sein Garten würde, wie auch in all den Jahren zuvor, unangefochten das Blumenparadies der gesamten Siedlung sein.

Er rückte seinen Gartenstuhl zurecht. Schrader sollte auf jeden Fall sein zufriedenes Lächeln sehen. Er sollte sehen, wie ein wahrer Sieger aussah. Genussvoll reckte er sich, gähnte ausgiebig und zog aus der Kühltasche, die neben seinem Stuhl stand, eine Flasche Sekt hervor. In aller Ruhe öffnete er sie, goss sich ein Glas ein und prostete dann in Richtung Schraders Wohnzimmerfenster, bevor er mit spitzen Lippen und ausgestrecktem kleinen Finger einen Schluck zu sich nahm.

- - - - -

Schrader ging es schlecht. Seit Wochen hatte er kaum gegessen oder geschlafen. Es war ihm ein Rätsel, wie es dieser Kramer jedes Jahr erneut schaffte, seinen Garten in ein solch unnachahmliches Blumenparadies zu verwandeln. Jede Blume, jeder Busch, den Kramer pflanzte, gedieh wesentlich besser als in allen anderen umliegenden Gärten - und, was am Schlimmsten war, auch deutlich besser als in seinem eigenen Garten.

Seit acht Jahren ging das nun schon so. Damals war er gerade neu in das Haus gezogen. Dort wollte er nach der bevorstehenden Pensionierung in aller Gemütlichkeit seinen Lebensabend verbringen. Nachdem sein neues Heim weitgehend eingerichtet gewesen war, hatte er damit begonnen, sich um den Garten zu kümmern. Er hatte wochenlang neue Blumenbeete angelegt, zugewucherte Beete von Unkraut befreit, die Rasenkanten begradigt und einen Apfelbaum gepflanzt. Es war der erste Baum in seinem Leben gewesen, den er eigenhändig gepflanzt hatte. Voller Stolz hatte er dann an einem schönen Spätsommerabend seinen Garten betrachtet. Ein Lebenstraum war für ihn in Erfüllung gegangen.

Und genau an diesem Abend hatte er Kramer kennengelernt. Schrader war gerade dabei gewesen sich zu überlegen, wie er seinen Garten noch weiter ausgestalten könne und hatte dabei auch zu Kramers Garten hinüber geschaut. Dieser hatte seine Blicke gesehen und ihn angesprochen. Es hatte sich dann sehr schnell ein angeregtes Gespräch über die Siedlung, die anderen Nachbarn und die Gärten der Umgebung entwickelt. Immer wieder war Kramer dabei auf den Garten von Schrader zu sprechen gekommen und hatte mehrfach betont, wie viel man doch aus ihm noch machen könne, wenn man sich wirklich bemühen würde. Irgendwann waren Schrader diese Andeutungen zu viel geworden und er hatte Kramer sehr klar und deutlich gesagt, dass er mit seinem Garten insgesamt sehr zufrieden wäre. Daraufhin hatte Kramer ihn nur kurz angeschaut und mit leicht ironischem Unterton gefragt, warum er sich denn dann überhaupt ein Haus mit Garten gekauft hätte. So, wie es für ihn aussähe, hätte er nämlich im Grunde gar keine Ahnung von Gartenarbeit. Es wäre für Schrader wahrscheinlich besser gewesen, wenn er sich eine Eigentumswohnung mit Balkon gekauft hätte. Doch hätten seine Fähigkeiten wahrscheinlich noch nicht einmal dazu ausgereicht, einen Blumenkasten wirklich ansehnlich zu bepflanzen.

Eigentlich war Schrader immer ein Gemütsmensch gewesen. Doch das hatte sich in jenem Moment von einer Sekunde zur anderen geändert und das Gespräch hatte einen deutlich anderen Verlauf genommen. Damals hatte Schrader zum ersten Mal dieses leichte Zucken seiner Mundwinkel gespürt. Kramer dagegen hatte sich zunächst gemächlich zurückgelehnt und Schrader geraten, sich jetzt bloß nicht künstlich aufzuregen. Außerdem wäre er ja dazu bereit, ihm die Chance zu geben, noch etwas dazuzulernen. Er könne ihm in Zukunft ja gerne ab und zu mal bei der Gartenarbeit zur Hand gehen. Das war der Moment gewesen, in dem Schrader wirklich laut geworden war. Und er war es auch noch eine ganze zeitlang geblieben, während Kramer ihn spöttisch beobachtet hatte. Als er dann aber irgendwann gebrüllt hatte, Kramer würde sich aufführen, als wäre er der König seiner eigenen Gartenzwerge, was von seiner Größe ja wohl auch hinkäme, war Kramer der Kragen geplatzt. Es folgte der erste und bei weitem nicht letzte Besuch der zunächst noch freundlichen Beamten der nahegelegenen Revierwache ...

- - - - -

Kramer war inzwischen aufgestanden und hatte sich aus seinem Haus einen Fotoapparat geholt. Die späte Nachmittagssonne ließ die Farben seiner Blumen noch kräftiger leuchten als sie es ohnehin schon taten. Es würden wunderbare Bilder werden, die der Pracht seines Gartens auch angemessen waren. An seinem Gartenzaun - nahe der Grundstücksgrenze zu Schraders Garten - hatte er einen Schaukasten angebracht. Dort dokumentierte er anhand der Fotos die Entstehung und stetige Weiterentwicklung seines Gartens. Das Ausstellen von Vergleichsbildern aus Schraders Garten war ihm gerichtlich verboten worden.

- - - - -

Schrader bekam zunehmend Kopfschmerzen. Das Zucken seiner Gesichtsmuskeln und der Finger seiner rechten Hand hörten überhaupt nicht mehr auf. Selbst nach acht Jahren ärgerte er sich immer noch über diese Überheblichkeit, mit der ihm Kramer damals vorgeworfen hatte, dass er keine Ahnung von Gartenarbeit hätte. Am meisten aber ärgerte es ihn, dass Kramer mit dieser Bemerkung auch noch Recht gehabt hatte. Um das zu ändern, hatte er bald nach dem Streit damit begonnen, sich immer mehr Wissen und Fähigkeiten anzueignen. Er hatte sich von Experten beraten lassen, hatte unzählige Kurse an der Volkshochschule besucht, hatte ein kleines Vermögen für Fachliteratur und besonders kostbare Pflanzen ausgegeben und beschäftigte seit über zwei Jahren sogar einen eigenen Gärtner.

In den folgenden Jahren war sein Garten auch von Jahr zu Jahr schöner und prächtiger geworden. Doch das reichte ihm schon lange nicht mehr. Er wollte Kramer schlagen und den schönsten Garten der gesamten Siedlung erschaffen. Dieses Ziel jedoch verfehlte er jedes Jahr erneut. Kramers Garten blieb mit großem Abstand der schönste Garten der weiteren Umgebung.

Vor einem Jahr hatte Schrader dann seine Taktik geändert. Ihm war bewusst geworden, dass Kramer ein geheimes Wissen haben musste. Anders war es nicht zu erklären, was da in dessen Garten vor sich ging. Also lenkte er seine Bemühungen dahin, hinter Kramers Geheimnis zu kommen. Der Versuch, sich heimlich aus seinem Garten ein paar Bodenproben zu besorgen, hatte mit dem erneuten Besuch der inzwischen nicht mehr so freundlichen Beamten der nahegelegenen Revierwache geendet. Das Engagement eines Privatdetektivs war nach kurzer Zeit an den zu hohen Kosten gescheitert. Und der Einsatz von Kameras, mit denen er Kramers Garten überwacht hatte, war ihm vom Gericht verboten worden. Also hatte er sich wochenlang selber an Kramers Fersen geheftet. In den unterschiedlichsten Verkleidungen war er ihm durch Baumärkte, Garten-Center, auf Messebesuchen und zu den verschiedensten Fachvorträgen gefolgt.

Er hatte in den folgenden Monaten tatsächlich vieles erfahren können. So hatte er unter anderem auch beobachtet, dass Kramer immer mal wieder Leute einstellte, die ihm den Haushalt führten und einfache Gartenarbeiten für ihn übernahmen. Aber diese schienen es nicht lange bei ihm auszuhalten, so dass er sich immer wieder nach neuem Personal umschauen musste. Für einen Augenblick lang hatte Schrader überlegt, sich in Verkleidung selber bei Kramer um eine Stelle zu bewerben. Das kam ihm dann aber doch zu gewagt vor. Dank eines extra getarnten Beobachtungspostens in seinem Gartenschuppen hatte er dennoch den einen oder anderen Trick von Kramer abgucken können. Doch nun, ein Jahr später, musste er erkennen, dass er trotz all seiner Bemühungen erneut gescheitert war. Schrader wusste nicht mehr weiter. Er war nervlich und körperlich am Ende.

- - - - -

Kramer hatte inzwischen einen Karton aus dem Haus geholt, den er nun auspackte. Dabei achtete er sehr darauf, dass Schrader zunächst nicht sehen konnte, worum es sich bei dem Inhalt dieses Kartons handelte. Er wusste, dass er so am besten dessen Aufmerksamkeit gewinnen konnte. Nachdem er alles ausgepackt hatte stellte er den Inhalt in eines der Beete, ging zu seinem Stuhl zurück, setzte sich genüsslich grinsend hin und prostete Schrader noch einmal zu.

- - - - -

Schrader hatte alles genau beobachtet. Da er nicht genau erkenne konnte, was Kramer in seinem Garten trieb, war er ein Stockwerk höher ins Schlafzimmer gegangen und hatte sich von dort aus die Sache mit einem Fernglas genauer angesehen. Was er erblickte raubte ihm den Atem. Zwischen den Blumen stand ein neuer Gartenzwerg. Genauer gesagt waren es zwei. Der eine von beiden, der eine gewisse Ähnlichkeit mir Kramer hatte, stand in Siegerpose mit dem linken Fuß auf einem anderen vor ihm liegenden Gartenzwerg, der wiederum Schrader sehr ähnlich sah.

Schrader musste sich setzen. Das war zu viel. Fast regungslos saß er auf seinem Bett und starrte vor sich hin. Sein Herz pochte so, dass es in seinen Ohren dröhnte. Jetzt hatte es Kramer eindeutig übertrieben. Das war endgültig eine Kriegserklärung. Von nun an ging es nicht mehr um den schöneren Garten. Ab sofort ging es für ihn nur noch um eins: um Rache!

Bis zu der Auseinandersetzung mit Kramer war er stets der freundliche und zuvorkommende Herr Schrader gewesen. Doch die letzten Jahre hatten ihn verändert. Er war ein mürrischer und verhärteter Mensch geworden, sehr reizbar und jähzornig. Immer häufiger verlor er die Beherrschung und tat Dinge, die er früher nie getan hätte. So, wie diese Sache mit dem Gärtner am heutigen Vormittag, die er jetzt noch bereinigen musste, bevor er sich an die Planung seines Rachefeldzuges machen konnte:

Eigentlich hatte er ja seinen Gärtner nur zur Rede stellen wollen, warum es Kramer auch in diesem Jahr wieder geschafft hatte, ihn so deutlich zu schlagen. Diese Aussprache war ihm dann aber etwas außer Kontrolle geraten und nun lag der Mann im Keller neben der Treppe und musste irgendwie beseitigt werden. Schrader war sich nicht sicher, ob es der Schlag mit der kleinen Gartenhacke oder der anschließende Treppensturz in den Keller gewesen war, der ihn umgebracht hatte. Im Grunde war es ihm auch egal - die Leiche konnte da nicht liegen bleiben.

In der folgenden Nacht legte Schrader ein neues Beet an. Während des Grabens überlegte er, wie er in Zukunft Kramer das Leben zur Hölle machen konnte. Vielleicht würde dieser ihm ja sein Geheimnis doch noch preisgeben, wenn der Leidensdruck nur hoch genug war. Eines wusste er aber jetzt schon genau: Es würde für Kramer ein sehr langes und hartes Jahr werden.


Epilog:

Im folgenden Jahr entwickelte sich das neu angelegte Beet zum absoluten Blickfang in Schraders Garten. Die Blumen blühten in einer noch nie zuvor da gewesenen Farbenpracht und ließen das Herz eines jeden Betrachters höher schlagen. Von da an wurde sein Garten von Jahr zu Jahr immer prächtiger bis es irgendwann zwei Blumenparadiese in dem Viertel gab. Die übrigen Nachbarn stellten mit großem Erstaunen fest, wie sich Schrader und Kramer nach und nach annäherten und immer häufiger fachsimpelnd durch ihre Gärten gingen. Mit der Zeit wurde Schrader auch immer ruhiger und gelassener, seine Mundwinkel und die Finger seiner rechten Hand zuckten nicht mehr, und nur noch ein leichtes Flackern seiner Augenlider erinnerte manchmal an die schweren Jahre, die er hinter sich hatte. Genauso wie Kramer stellte er nun auch hin und wieder Leute ein, die sich um seinen Haushalt kümmerten und einfache Gartenarbeiten übernahmen. Allerdings schien er sehr anspruchsvoll zu sein, denn sein Personal hielt es nie lange bei ihm aus, so dass er immer wieder dazu gezwungen war, sich nach neuen Leuten umzuschauen.
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo anbas,

diesem skurrilen Humor kann ich mich nicht entziehen. Deine Geschichte ist wirklich verbreitungswürdig.

lieber Gruß

maerchenhexe
 
B

Burana

Gast
Ich schließe mich den Worten meiner Vorrednerin an.
Liebe Grüße, Burana
 

Haremsdame

Mitglied
Ganz schön makaber, Anbas!

Der Aufbau gefiel mir, das Schmunzeln kam von alleine... Erinnerte mich an so manche Diskussionen hier auf der Leselupe :D...

Der Schluss jedoch war etwas sehr heftig. Das "über Leichen gehen" mag ich einfach nicht!

Trotzdem muss ich gestehen, dass Deine Geschichte durchaus etwas hat.
 

anbas

Mitglied
Vielen Dank für die Rückmeldungen und auch für die Wertungen, die bisher abgegeben wurden. Ich freue mich wirklich sehr darüber!

Ach ja, der makabere Humor - ich mag ihn, habe aber bis jetzt kaum etwas in der Richtung geschrieben. Auch deswegen freue ich mich über diese Reaktionen, da sie Mut zu mehr machen. Mir ist aber auch klar, dass das nicht jedermanns Humor ist.

Liebe Grüße

Andreas
 
P

Pete

Gast
Hallo Anbas,

möchte mich nicht mit Dir anlegen, vor allem, weil ich so eine ganz andere Meinung von Deinem Werk vertreten muss. Ist also nicht persönlich, sondern sachbezogen.

Du verdienst meinen Feedback, weil Du sonst nur eine einseitige Sicht kennenlernen würdest. Bei all den Begeisterten kannst Du sicher mal einen vertragen, der das nicht ist.

Außerdem schwimme ich gerne gegen den Strom. :)

Prekär könnte es sein, weil das hier ein Wettbewerb ist. Sollte man aber nicht tierisch ernst nehmen, wir sind doch in der Textwerkstatt! ;)

Mir ist Dein Text zu lange, für den Inhalt. Ich mag es gerne etwas prägnanter, auch wenn Dein Stil - an sich - sehr mitreißend ist.
Beispielsweise die Passage:
Er wusste ... Er wusste ... Er wusste
Ist stilistisch sicher eine schöne Alliteration. Im Kontext wirkt das wie eingepeitscht. Diesen drastischen Effekt solltest Du Dir aufheben für eine Stelle, welche das auch dramaturgisch trägt. Ansonsten wirkt es, wie mit dem Holzhammer eingehämmert und verpufft ins Ärgerliche.

Du beschreibst sehr viel, ohne dass viel passiert (Infodump). Kann man machen, treibt mich aber nicht zur Euphorie. Besonders auffällig war es an der Passage:
Seit ... . Damals ... . Nachdem ... . Er hatte ... . Es war ... . Voller Stolz ...
Ich habe nur die Anfänge aufeinanderfolgender Sätze stehen gelassen, um das Problem deutlich zu machen. Erst bei "Voller Stolz" wird es stilistisch wieder interessant.

Im darauffolgenden Abschnitt verwendest Du - unnötig, wie ich meine - penetrant die Vorvergangenheit, erkennbar durch die vielen "hatte". Das stört den Lesefluss immens. Du kannst das bestimmt auch anders lösen.

Der Abschnitt
Schrader bekam zunehmend Kopfschmerzen. (...) seit über zwei Jahren sogar einen eigenen Gärtner.
erscheint mir, gelinde gesagt, als sehr gesprächig. Welche Information möchtest Du transportieren? Für eine Infodump-Charakterisierung des Protagonisten (geschwätzige Figur) stimmt die Perspektive nicht.

Auch mit den folgenden Absätzen textest Du mich förmlich zu, ohne dass etwas passiert. Ich sehe keinen Film, nur eine Art Bericht für die Akten, der sehr interpretativ und erläuternd ist. Lasse doch noch ein paar Rätsel offen, so wie es Stoffel in seiner Lavendelgeschichte tut!

Dein Werk verfügt über eine Pointe, die Du aber zu früh verrätst. Der letzte Satz
Allerdings schien er sehr anspruchsvoll zu sein, denn sein Personal hielt es nie lange bei ihm aus, so dass er immer wieder dazu gezwungen war, sich nach neuen Leuten umzuschauen.
wird so zu einer Pointe, hätte aber die Überhöhung sein können.

Dein Text benötigt aber eine auf den Punkt gebrachte Pointe. Selbst Burana, deren Pointe ausdrücklich eine schwache Pointe ist (Methode!), bringt diese genau auf den Punkt. Du kannst das doch sonst auch!

Vollends überrascht war ich vom Urteil Marius Speermanns, einem, auch von mir, anerkannten Kenner des Humors. Wenn er Dein Werk so gut findet, stimmt vielleicht etwas nicht mit meiner Wahrnehmung.

Konnte bitte mal jemand auf die Stelle zeigen, die er als lustig empfindet? Könnt ihr mir ruhig einbläuen!

Daher erhoffe ich mir einen ernsthaften und sachlichen Dialog an dieser Stelle.

Mit hoffnungsvollen Grüßen

Pete
 

anbas

Mitglied
Hallo Pete,

ich danke Dir für Deine Rückmeldung und vor allem für die Mühe, die Du Dir mit meinem Text gemacht hast.

Deine kritischen Anmerkungen enthalten mehrere Punkte, über die ich mir schon vor der Veröffentlichung Gedankem gemacht habe:

Die Länge: Ich habe schon gekürzt - mehr habe ich nicht über's Herz gebracht :D.

Die 'Vorvergangenheit': Ist nicht leicht gewesen, den Text so zu gestalten, dass dort nicht ständig nur 'hatte' stand. Ich empfand es mehr als Herausforderung, in dieser Zeit zu schreiben, sehe es aber auch so, dass noch mehr davon zu viel wäre. So, wie es jetzt ist, halte ich es aber noch für tragbar.

Infodump: Ist, zumindest zum Teil, mein Erzählstil. Hier sehe ich allerdings auch noch deutliche Entwicklungsmöglichkeiten bei mir. Häufig sehe ich das, was geschieht, vor meinem inneren Auge. Bei der Wiedergabe vernachlässige ich dann manchmal Geräusche, Gerüche oder Gefühle.

Insgesamt war ich selber sehr unsicher, wie diese Geschichte ankommen wird. Daher freue ich mich natürlich über diese überwiegend postiven Rückmeldungen. Hinsichtlich Stil und Humor gibt es nun mal unterschiedliche Geschmäcker. Damit kann ich leben und Du ja wohl auch ;).

Liebe Grüße

Andreas
 
B

Burana

Gast
Hallo anbas!
Wenn ich richtig sehe, hast Du die meisten Punkte, und damit gewonnen. Yipeeeeee!
Ich freue mich sehr für Dich, und schicke Dir außer meinen lieben Grüßen noch meinen herzlichsten Glückwunsch. Burana
 

anbas

Mitglied
Hallo Burana,

eigentlich wollte ich mit dem 'Danke sagen' warten, bis von 'offizieller' Seite das Ergebnis offiziell verkündet wurde. So aber schon mal ein fettes Dankeschön an Dich aber auch an alle, die meine Geschichte entsprechend bewertet und/oder kommentiert haben.

Liebe Grüße

Andreas
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo anbas,

die Punkte sagen es glasklar: the winner is...anbas. Auch von mir herzliche Glückwünsche und ganz liebe Grüße.

maerchenhexe
 

anbas

Mitglied
Hallo maerchenhexe,
herzlichen Dank auch für Deine Glückwünsche!
Liebe Grüße
Andreas
 
O

Orangekagebo

Gast
Toller Beitrag und zu Recht der Siegertext. Originell und gekonnt geschrieben. Mit den zu vielen "hatte" gebe ich Pete recht, aber das ist wirklich nur nebensächlich. Die Pointe ist gut und witzig. Über den Gartenzwerg in Siegerpose habe ich ordentlich gelacht. Kurzum: köstliche Unterhaltung!
 

anbas

Mitglied
Hallo Orangekagebo,

vielen Dank für Deine Anmerkungen und das Lob. Inzwischen ist der Beitrag ja auch von der Schreibaufgabe ins Humorforum verschoben worden.

Für eine geplante Anthologie, zu der ich diesen Text eingereicht habe, habe ich alles nochmal überarbeitet und einige 'hattes' herausgenommen.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Das Blumenparadies
(Überarbeitete Fassung)

Fassungslos starrte Schrader immer wieder durch die zugezogenen Stores nach draußen. Seine Mundwinkel und die Finger seiner rechten Hand zuckten fast pausenlos mit seinen leicht flimmernden Augenlidern um die Wette. Wie ein gefangener Panther durchkreiste er dann sein Wohnzimmer, blieb wieder am Fenster stehen, blickte nach draußen, verharrte einen Moment lang regungslos, bevor sich seine Gesichts- und Handmuskeln wieder verselbständigten.

Er hatte verloren. Schon wieder hatte er verloren. Die ganzen Mühen des letzten Jahres waren umsonst gewesen. Was hatte er nicht alles in Bewegung gesetzt, um es diesem widerlichen Kramer endlich einmal zu zeigen. Doch wie schon in den Jahren zuvor war es ihm auch dieses Mal nicht gelungen, ihm die Niederlage beizufügen, die er aus seiner Sicht schon lange verdient hatte.

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Breit lächelnd saß Kramer in seinem Garten. Er wusste, dass Schrader ihn beobachtete. Er wusste, dass sein Nachbar kurz vor einem Schlaganfall stand. Er wusste, dass er es auch in diesem Jahr wieder geschafft hatte, Schrader zu schlagen. - Sein Garten würde, wie auch in all den Jahren zuvor, unangefochten das Blumenparadies der gesamten Siedlung sein.

Er rückte seinen Gartenstuhl zurecht. Schrader sollte auf jeden Fall sein zufriedenes Lächeln sehen. Er sollte sehen, wie ein wahrer Sieger aussah. Genussvoll reckte er sich, gähnte ausgiebig und zog dann aus der Kühltasche, die neben seinem Stuhl stand, eine Flasche Sekt hervor. In aller Ruhe öffnete er sie, goss sich ein Glas ein und prostete dann in Richtung Schraders Wohnzimmerfenster, bevor er mit spitzen Lippen und ausgestrecktem kleinen Finger einen Schluck zu sich nahm.

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Schrader ging es schlecht. Seit Wochen hatte er kaum gegessen oder geschlafen. Es war ihm ein Rätsel, wie es dieser Kramer jedes Jahr erneut schaffte, seinen Garten in ein solch unnachahmliches Blumenparadies zu verwandeln. Jede Blume, jeder Busch, den Kramer pflanzte, gedieh wesentlich besser als in allen anderen umliegenden Gärten - und, was am Schlimmsten war, auch deutlich besser als in seinem eigenen Garten.

Seit acht Jahren ging das nun schon so. Damals war er gerade neu in das Haus gezogen. Dort wollte er nach der bevorstehenden Pensionierung in aller Gemütlichkeit seinen Lebensabend verbringen. Nachdem sein neues Heim weitgehend eingerichtet gewesen war, hatte er damit begonnen, sich um den Garten zu kümmern. Er hatte wochenlang neue Blumenbeete angelegt, zugewucherte Beete von Unkraut befreit, die Rasenkanten begradigt und einen Apfelbaum gepflanzt - der erste eigenhändig gepflanzte Baum seines Lebens. Voller Stolz hatte er dann an einem schönen Spätsommerabend seinen Garten betrachtet. Ein Lebenstraum war für ihn in Erfüllung gegangen.

Und genau an diesem Abend hatte er Kramer kennengelernt. Schrader war gerade dabei gewesen sich zu überlegen, wie er seinen Garten noch weiter ausgestalten könne und hatte dabei auch zu Kramers Garten hinüber geschaut. Diesem waren seine Blicke nicht entgangen und er hatte sogleich mit ihm ein angeregtes Gespräch über die Siedlung, die anderen Nachbarn und die Gärten der Umgebung begonnen. Immer wieder war Kramer dabei auf den Garten von Schrader zu sprechen gekommen und hatte mehrfach betont, wie viel man doch noch daraus noch machen könne, wenn man sich wirklich bemühen würde. Irgendwann waren Schrader diese Andeutungen zu viel geworden und er hatte Kramer sehr klar und deutlich gesagt, dass er mit seinem Garten insgesamt sehr zufrieden wäre. Daraufhin hatte Kramer ihn nur kurz angeschaut und mit leicht ironischem Unterton gefragt, warum er sich denn dann überhaupt ein Haus mit Garten gekauft hätte. So, wie es für ihn aussähe, hätte er nämlich im Grunde gar keine Ahnung von Gartenarbeit. Es wäre für Schrader wahrscheinlich besser gewesen, wenn er in eine Eigentumswohnung mit Balkon gezogen wäre. Doch hätten seine Fähigkeiten wahrscheinlich noch nicht einmal dazu ausgereicht, einen Blumenkasten wirklich ansehnlich zu bepflanzen.

Eigentlich war Schrader immer ein Gemütsmensch gewesen. Doch das hatte sich in jenem Moment von einer Sekunde zur anderen geändert, und das Gespräch hatte einen deutlich anderen Verlauf genommen. Damals war Schrader zum ersten Mal dieses leichte Zucken seiner Mundwinkel aufgefallen. Kramer dagegen hatte sich zunächst gemächlich zurückgelehnt und Schrader geraten, sich jetzt bloß nicht künstlich aufzuregen. Außerdem würde er ihm ja gerne die Chance geben, noch etwas dazuzulernen. Er könne ihm in Zukunft selbstverständlich ab und zu mal bei der Gartenarbeit zur Hand gehen.

Das war der Moment gewesen, in dem Schrader wirklich laut geworden war. Und er war es auch noch eine ganze zeitlang geblieben, während Kramer ihn spöttisch beobachtet hatte. Als er dann aber irgendwann außer sich vor Zorn gebrüllt hatte, Kramer würde sich aufführen, als wäre er der König seiner eigenen Gartenzwerge, was von der Größe ja wohl auch hinkäme, war Kramer der Kragen geplatzt. Kurz darauf war es dann zum ersten und bei weitem nicht letzten Besuch der zunächst noch freundlichen Beamten der nahegelegenen Revierwache gekommen ...

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Kramer war inzwischen aufgestanden und hatte sich aus seinem Haus einen Fotoapparat geholt. Die späte Nachmittagssonne ließ die Farben seiner Blumen noch kräftiger leuchten als sie es ohnehin schon taten. Es würden wunderbare Bilder werden, die der Pracht seines Gartens auch angemessen waren. An seinem Gartenzaun - nahe der Grundstücksgrenze zu Schraders Garten - hatte er einen Schaukasten angebracht. Dort dokumentierte er anhand der Fotos die Entstehung und stetige Weiterentwicklung seines Gartens. Das Ausstellen von Vergleichsbildern aus Schraders Garten war ihm gerichtlich verboten worden.

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Schrader bekam zunehmend Kopfschmerzen. Das Zucken seiner Gesichtsmuskeln und der Finger seiner rechten Hand hörten überhaupt nicht mehr auf. Selbst nach acht Jahren ärgerte er sich immer noch über diese Überheblichkeit, mit der ihm Kramer damals vorgeworfen hatte, dass er keine Ahnung von Gartenarbeit hätte. Am meisten aber ärgerte es ihn, dass Kramer mit dieser Bemerkung auch noch Recht gehabt hatte. Um das zu ändern, hatte er bald nach dem Streit damit begonnen, sich immer mehr Wissen und Fähigkeiten anzueignen. Er hatte sich von Experten beraten lassen, war in unzähligen Kursen der Volkshochschule gewesen, hatte ein kleines Vermögen für Fachliteratur und besonders kostbare Pflanzen ausgegeben und beschäftigte seit über zwei Jahren sogar einen eigenen Gärtner.

In den folgenden Jahren war sein Garten auch von Jahr zu Jahr schöner und prächtiger geworden. Doch das reichte ihm schon lange nicht mehr. Er wollte Kramer schlagen und den schönsten Garten der gesamten Siedlung erschaffen. Dieses Ziel verfehlte er jedoch jedes Jahr erneut. Kramers Garten blieb mit großem Abstand der schönste Garten der weiteren Umgebung.

Vor einem Jahr war Schrader dann zu einer anderen Taktik übergegangen. Ihm war bewusst geworden, dass Kramer ein geheimes Wissen haben musste. Anders war es nicht zu erklären gewesen, was da in dessen Garten vor sich ging. Also hatte er seine Bemühungen dahin gelenkt, hinter Kramers Geheimnis zu kommen. Der Versuch, sich heimlich aus seinem Garten ein paar Bodenproben zu besorgen, hatte mit dem erneuten Besuch der inzwischen nicht mehr so freundlichen Beamten der nahegelegenen Revierwache geendet. Das Engagement eines Privatdetektivs war nach kurzer Zeit an den zu hohen Kosten gescheitert. Und der Einsatz von Kameras, mit denen er Kramers Garten überwacht hatte, war ihm vom Gericht verboten worden. Also hatte er sich wochenlang selber an Kramers Fersen geheftet. In den unterschiedlichsten Verkleidungen war er ihm durch Baumärkte, Garten-Center, auf Messebesuchen und zu den verschiedensten Fachvorträgen gefolgt.

Er hatte in den folgenden Monaten tatsächlich vieles erfahren können. So hatte er unter anderem auch beobachtet, dass Kramer immer mal wieder Leute einstellte, die ihm den Haushalt führten und einfache Gartenarbeiten für ihn übernahmen. Aber diese schienen es nie lange bei ihm auszuhalten, so dass er sich immer wieder nach neuem Personal umschauen musste. Für einen Augenblick lang hatte Schrader überlegt, sich in Verkleidung selber bei Kramer um eine Stelle zu bewerben. Das kam ihm dann aber doch zu gewagt vor. Dank eines extra getarnten Beobachtungspostens in seinem Gartenschuppen war es ihm dennoch möglich gewesen, den einen oder anderen Trick von Kramer abzugucken. Doch nun, ein Jahr später, musste er erkennen, dass er trotz all seiner Bemühungen erneut gescheitert war. Schrader wusste nicht mehr weiter. Er war nervlich und körperlich am Ende.

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Kramer hatte in der Zwischenzweit einen Karton aus dem Haus geholt, den er nun auspackte. Dabei achtete er sehr darauf, dass Schrader zunächst nicht sehen konnte, worum es sich bei dem Inhalt dieses Kartons handelte. Er wusste, dass er so am besten die Aufmerksamkeit seines Nachbarn gewinnen konnte. Nachdem er alles ausgepackt hatte stellte er den Inhalt in eines der Beete, ging zu seinem Stuhl zurück, setzte sich genüsslich grinsend hin und prostete Schrader noch einmal zu.

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Schrader hatte alles genau beobachtet. Da er nicht genau erkenne konnte, was Kramer in seinem Garten trieb, war er ein Stockwerk höher ins Schlafzimmer gegangen und hatte sich von dort aus die Sache mit einem Fernglas genauer angesehen. Was er erblickte raubte ihm den Atem. Zwischen den Blumen stand ein neuer Gartenzwerg. Genauer gesagt waren es zwei. Der eine von beiden, der eine gewisse Ähnlichkeit mir Kramer hatte, stand in Siegerpose mit dem linken Fuß auf einem anderen vor ihm liegenden Gartenzwerg, der wiederum Schrader sehr ähnlich sah.

Schrader musste sich setzen. Das war zu viel. Fast regungslos saß er auf seinem Bett und starrte vor sich hin. Sein Herz pochte so, dass es in seinen Ohren dröhnte. Jetzt hatte es Kramer eindeutig übertrieben. Das war endgültig eine Kriegserklärung. Von nun an ging es nicht mehr um den schöneren Garten. Ab sofort ging es für ihn nur noch um eines: um Rache!

Bis zu der Auseinandersetzung mit Kramer war er stets der freundliche und zuvorkommende Herr Schrader gewesen. Doch die letzten Jahre hatten ihn verändert. Er war ein mürrischer und verhärteter Mensch geworden, sehr reizbar und jähzornig. Immer häufiger verlor er die Beherrschung und tat Dinge, die er früher nie getan hätte. So, wie diese Sache mit dem Gärtner am heutigen Vormittag, die er jetzt noch bereinigen musste, bevor er sich an die Planung seines Rachefeldzuges machen konnte:

Eigentlich hatte er ihn ja nur zur Rede stellen wollen, warum es Kramer auch in diesem Jahr wieder gelungen war, ihn so deutlich zu schlagen. Diese Aussprache war ihm dann aber etwas außer Kontrolle geraten und nun lag der Mann im Keller neben der Treppe und musste irgendwie beseitigt werden. Schrader war sich nicht sicher, ob es der Schlag mit der kleinen Gartenhacke oder der anschließende Treppensturz in den Keller gewesen war, der ihn umgebracht hatte. Im Grunde war es ihm auch egal - die Leiche konnte da nicht liegen bleiben.

In der folgenden Nacht legte Schrader ein neues Beet an. Während des Grabens überlegte er, wie er in Zukunft Kramer das Leben zur Hölle machen konnte. Vielleicht würde dieser ihm ja sein Geheimnis doch noch preisgeben, wenn der Leidensdruck nur hoch genug war. Eines wusste er aber jetzt schon genau: Es würde für Kramer ein sehr langes und hartes Jahr werden.


Epilog:

Im folgenden Jahr entwickelte sich das neu angelegte Beet zum absoluten Blickfang in Schraders Garten. Die Blumen blühten in einer noch nie zuvor da gewesenen Farbenpracht und ließen das Herz eines jeden Betrachters höher schlagen. Von da an wurde sein Garten von Jahr zu Jahr immer prächtiger bis es irgendwann zwei Blumenparadiese in dem Viertel gab. Die übrigen Nachbarn stellten mit großem Erstaunen fest, wie sich Schrader und Kramer nach und nach annäherten und immer häufiger fachsimpelnd durch ihre Gärten gingen. Mit der Zeit wurde Schrader auch immer ruhiger und gelassener, seine Mundwinkel und die Finger seiner rechten Hand zuckten nicht mehr, und nur noch ein leichtes Flackern seiner Augenlider erinnerte manchmal an die schweren Jahre, die er hinter sich hatte. Genauso wie Kramer stellte er nun auch hin und wieder Leute ein, die sich um seinen Haushalt kümmerten und einfache Gartenarbeiten übernahmen. Allerdings schien er sehr anspruchsvoll zu sein, denn sein Personal hielt es nie sehr lange bei ihm aus, so dass er immer wieder dazu gezwungen war, sich nach neuen Leuten umzuschauen.
 
Hallo Andreas,

immer habe ich mich vor diesem sehr langen Text gedrückt. Aber nun klickte ich doch. :)

Der Versuch, sich heimlich aus seinem Garten ein paar Bodenproben zu besorgen, hatte mit dem erneuten Besuch der inzwischen nicht mehr so freundlichen Beamten der nahegelegenen Revierwache geendet.
Nur ein winziger Ausschnitt, der mich laut lachen ließ. Dann der Gartenzwerg - und überhaupt. Was für eine humorige Geschichte. Dieser Gartenkrieg, immer besser sein wollen, als der andere es ist. Ich liebe auch das Makabre, wenn es im Rahmen bleibt. Ich kann dich nur beglückwünschen zu diesem Werk.

Lieben Gruß,
Estrella
 

Shihaya

Mitglied
Auch von mir absolutes Lob für diese Geschichte. Ich mag Geschichten mit einer gut gesetzten Pointe und selbst wenn sie mir hier etwas lang ist, ist sie subtil aber doch deutlich gesetzt.

Gruß

Shihaya
 

anbas

Mitglied
@ Estrella
Vielen Dank! Ich freue mich, dass der Humor bei Dir ankommt. Der Text ist damals hier in der LL im Rahmen einer Schreibaufgabe entstanden (immer mal wieder neue Herausforderungen sind in der Schreibwerkstatt zu finden ;)).

@ Shihaya
Auch Dir danke ich für die Rückmeldung. Ja, an der Länge habe ich viel gearbeitet. Kürzer und knackiger habe ich es nicht hinbekommen. Schön, dass es Dir trotzdem gefällt.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Wie denn? Wo denn? Was denn? ... Bin irritiert! Wo soll es das geworden sein???? Eigentlich kann das nur eine alte Nennung sein, da das Werk ja nun schon seit gut zwei Jahren in der LL steht. Trotzdem: Danke!
Verwirrter Gruß
von
Andreas
 
Lieber Andreas,

wenn man eine Benachrichtigung über das Werk des Monats wünscht, muss man es im Profil anklicken. :)

Leselupe.de - Werk des Monats September
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Viel Spaß beim Lesen wünscht,
Tim Rohrer
Leselupe.de


Das Blumenparadies
Veröffentlicht von anbas am 03. 09. 2008
http://www.leselupe.de/lw/titel-Das-Blumenparadies-82350.htm
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Das Blumenparadies
(Überarbeitete Fassung)

Fassungslos starrte Schrader immer wieder durch die zugezogenen Stores nach draußen. Seine Mundwinkel und die Finger seiner rechten Hand zuckten fast pausenlos mit seinen leicht flimmernden Augenlidern um die Wette. Wie ein gefangener Panther durchkreiste er dann sein Wohnzimmer, blieb wieder am Fenster stehen, blickte nach draußen, verharrte einen Moment lang regungslos, bevor sich seine Gesichts- und Handmuskeln wieder verselbständigten.

Er hatte verloren. Schon wieder hatte er verloren. Die ganzen Mühen des letzten Jahres waren umsonst gewesen. Was hatte er nicht alles in Bewegung gesetzt, um es diesem widerlichen Kramer endlich einmal zu zeigen. Doch wie schon in den Jahren zuvor war es ihm auch dieses Mal nicht gelungen, ihm die Niederlage beizufügen, die er aus seiner Sicht schon lange verdient hatte.

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Breit lächelnd saß Kramer in seinem Garten. Er wusste, dass Schrader ihn beobachtete. Er wusste, dass sein Nachbar kurz vor einem Schlaganfall stand. Er wusste, dass er es auch in diesem Jahr wieder geschafft hatte, Schrader zu schlagen. - Sein Garten würde, wie auch in all den Jahren zuvor, unangefochten das Blumenparadies der gesamten Siedlung sein.

Er rückte seinen Gartenstuhl zurecht. Schrader sollte auf jeden Fall sein zufriedenes Lächeln sehen. Er sollte sehen, wie ein wahrer Sieger aussah. Genussvoll reckte er sich, gähnte ausgiebig und zog dann aus der Kühltasche, die neben seinem Stuhl stand, eine Flasche Sekt hervor. In aller Ruhe öffnete er sie, goss sich ein Glas ein und prostete dann in Richtung Schraders Wohnzimmerfenster, bevor er mit spitzen Lippen und ausgestrecktem kleinen Finger einen Schluck zu sich nahm.

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Schrader ging es schlecht. Seit Wochen hatte er kaum gegessen oder geschlafen. Es war ihm ein Rätsel, wie es dieser Kramer jedes Jahr erneut schaffte, seinen Garten in ein solch unnachahmliches Blumenparadies zu verwandeln. Jede Blume, jeder Busch, den Kramer pflanzte, gedieh wesentlich besser als in allen anderen umliegenden Gärten - und, was am Schlimmsten war, auch deutlich besser als in seinem eigenen Garten.

Seit acht Jahren ging das nun schon so. Damals war er gerade neu in das Haus gezogen. Dort wollte er nach der bevorstehenden Pensionierung in aller Gemütlichkeit seinen Lebensabend verbringen. Nachdem sein neues Heim weitgehend eingerichtet gewesen war, hatte er damit begonnen, sich um den Garten zu kümmern. Er hatte wochenlang neue Blumenbeete angelegt, zugewucherte Beete von Unkraut befreit, die Rasenkanten begradigt und einen Apfelbaum gepflanzt - der erste eigenhändig gepflanzte Baum seines Lebens. Voller Stolz hatte er dann an einem schönen Spätsommerabend seinen Garten betrachtet. Ein Lebenstraum war für ihn in Erfüllung gegangen.

Und genau an diesem Abend hatte er Kramer kennengelernt. Schrader war gerade dabei gewesen sich zu überlegen, wie er seinen Garten noch weiter ausgestalten könne und hatte dabei auch zu Kramers Garten hinüber geschaut. Diesem waren seine Blicke nicht entgangen und er hatte sogleich mit ihm ein angeregtes Gespräch über die Siedlung, die anderen Nachbarn und die Gärten der Umgebung begonnen. Immer wieder war Kramer dabei auf den Garten von Schrader zu sprechen gekommen und hatte mehrfach betont, wie viel man doch noch daraus noch machen könne, wenn man sich wirklich bemühen würde. Irgendwann waren Schrader diese Andeutungen zu viel geworden und er hatte Kramer sehr klar und deutlich gesagt, dass er mit seinem Garten insgesamt sehr zufrieden wäre. Daraufhin hatte Kramer ihn nur kurz angeschaut und mit leicht ironischem Unterton gefragt, warum er sich denn dann überhaupt ein Haus mit Garten gekauft hätte. So, wie es für ihn aussähe, hätte er nämlich im Grunde gar keine Ahnung von Gartenarbeit. Es wäre für Schrader wahrscheinlich besser gewesen, wenn er in eine Eigentumswohnung mit Balkon gezogen wäre. Doch hätten seine Fähigkeiten wahrscheinlich noch nicht einmal dazu ausgereicht, einen Blumenkasten wirklich ansehnlich zu bepflanzen.

Eigentlich war Schrader immer ein Gemütsmensch gewesen. Doch das hatte sich in jenem Moment von einer Sekunde zur anderen geändert, und das Gespräch hatte einen deutlich anderen Verlauf genommen. Damals war Schrader zum ersten Mal dieses leichte Zucken seiner Mundwinkel aufgefallen. Kramer dagegen hatte sich zunächst gemächlich zurückgelehnt und Schrader geraten, sich jetzt bloß nicht künstlich aufzuregen. Außerdem würde er ihm ja gerne die Chance geben, noch etwas dazuzulernen. Er könne ihm in Zukunft selbstverständlich ab und zu mal bei der Gartenarbeit zur Hand gehen.

Das war der Moment gewesen, in dem Schrader wirklich laut geworden war. Und er war es auch noch eine ganze zeitlang geblieben, während Kramer ihn spöttisch beobachtet hatte. Als er dann aber irgendwann außer sich vor Zorn gebrüllt hatte, Kramer würde sich aufführen, als wäre er der König seiner eigenen Gartenzwerge, was von der Größe ja wohl auch hinkäme, war Kramer der Kragen geplatzt. Kurz darauf war es dann zum ersten und bei weitem nicht letzten Besuch der zunächst noch freundlichen Beamten der nahegelegenen Revierwache gekommen ...

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Kramer war inzwischen aufgestanden und hatte sich aus seinem Haus einen Fotoapparat geholt. Die späte Nachmittagssonne ließ die Farben seiner Blumen noch kräftiger leuchten als sie es ohnehin schon taten. Es würden wunderbare Bilder werden, die der Pracht seines Gartens auch angemessen waren. An seinem Gartenzaun - nahe der Grundstücksgrenze zu Schraders Garten - hatte er einen Schaukasten angebracht. Dort dokumentierte er anhand der Fotos die Entstehung und stetige Weiterentwicklung seines Gartens. Das Ausstellen von Vergleichsbildern aus Schraders Garten war ihm gerichtlich verboten worden.

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Schrader bekam zunehmend Kopfschmerzen. Das Zucken seiner Gesichtsmuskeln und der Finger seiner rechten Hand hörten überhaupt nicht mehr auf. Selbst nach acht Jahren ärgerte er sich immer noch über diese Überheblichkeit, mit der ihm Kramer damals vorgeworfen hatte, dass er keine Ahnung von Gartenarbeit hätte. Am meisten aber ärgerte es ihn, dass Kramer mit dieser Bemerkung auch noch Recht gehabt hatte. Um das zu ändern, hatte er bald nach dem Streit damit begonnen, sich immer mehr Wissen und Fähigkeiten anzueignen. Er hatte sich von Experten beraten lassen, war in unzähligen Kursen der Volkshochschule gewesen, hatte ein kleines Vermögen für Fachliteratur und besonders kostbare Pflanzen ausgegeben und beschäftigte seit über zwei Jahren sogar einen eigenen Gärtner.

In den folgenden Jahren war sein Garten auch von Jahr zu Jahr schöner und prächtiger geworden. Doch das reichte ihm schon lange nicht mehr. Er wollte Kramer schlagen und den schönsten Garten der gesamten Siedlung erschaffen. Dieses Ziel verfehlte er jedoch jedes Jahr erneut. Kramers Garten blieb mit großem Abstand der schönste Garten der weiteren Umgebung.

Vor einem Jahr war Schrader dann zu einer anderen Taktik übergegangen. Ihm war bewusst geworden, dass Kramer ein geheimes Wissen haben musste. Anders war es nicht zu erklären gewesen, was da in dessen Garten vor sich ging. Also hatte er seine Bemühungen dahin gelenkt, hinter Kramers Geheimnis zu kommen. Der Versuch, sich heimlich aus seinem Garten ein paar Bodenproben zu besorgen, hatte mit dem erneuten Besuch der inzwischen nicht mehr so freundlichen Beamten der nahegelegenen Revierwache geendet. Das Engagement eines Privatdetektivs war nach kurzer Zeit an den zu hohen Kosten gescheitert. Und der Einsatz von Kameras, mit denen er Kramers Garten überwacht hatte, war ihm vom Gericht verboten worden. Also hatte er sich wochenlang selber an Kramers Fersen geheftet. In den unterschiedlichsten Verkleidungen war er ihm durch Baumärkte, Garten-Center, auf Messebesuchen und zu den verschiedensten Fachvorträgen gefolgt.

Er hatte in den folgenden Monaten tatsächlich vieles erfahren können. So hatte er unter anderem auch beobachtet, dass Kramer immer mal wieder Leute einstellte, die ihm den Haushalt führten und einfache Gartenarbeiten für ihn übernahmen. Aber diese schienen es nie lange bei ihm auszuhalten, so dass er sich immer wieder nach neuem Personal umschauen musste. Für einen Augenblick lang hatte Schrader überlegt, sich in Verkleidung selber bei Kramer um eine Stelle zu bewerben. Das kam ihm dann aber doch zu gewagt vor. Dank eines extra getarnten Beobachtungspostens in seinem Gartenschuppen war es ihm dennoch möglich gewesen, den einen oder anderen Trick von Kramer abzugucken. Doch nun, ein Jahr später, musste er erkennen, dass er trotz all seiner Bemühungen erneut gescheitert war. Schrader wusste nicht mehr weiter. Er war nervlich und körperlich am Ende.

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Kramer hatte in der Zwischenzweit einen Karton aus dem Haus geholt, den er nun auspackte. Dabei achtete er sehr darauf, dass Schrader zunächst nicht sehen konnte, worum es sich bei dem Inhalt dieses Kartons handelte. Er wusste, dass er so am besten die Aufmerksamkeit seines Nachbarn gewinnen konnte. Nachdem er alles ausgepackt hatte stellte er den Inhalt in eines der Beete, ging zu seinem Stuhl zurück, setzte sich genüsslich grinsend hin und prostete Schrader noch einmal zu.

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Schrader hatte alles genau beobachtet. Da er nicht genau erkenne konnte, was Kramer in seinem Garten trieb, war er ein Stockwerk höher ins Schlafzimmer gegangen und hatte sich von dort aus die Sache mit einem Fernglas genauer angesehen. Was er erblickte raubte ihm den Atem. Zwischen den Blumen stand ein neuer Gartenzwerg. Genauer gesagt waren es zwei. Der eine von beiden, der eine gewisse Ähnlichkeit mir Kramer hatte, stand in Siegerpose mit dem linken Fuß auf einem anderen vor ihm liegenden Gartenzwerg, der wiederum Schrader sehr ähnlich sah.

Schrader musste sich setzen. Das war zu viel. Fast regungslos saß er auf seinem Bett und starrte vor sich hin. Sein Herz pochte so, dass es in seinen Ohren dröhnte. Jetzt hatte es Kramer eindeutig übertrieben. Das war endgültig eine Kriegserklärung. Von nun an ging es nicht mehr um den schöneren Garten. Ab sofort ging es für ihn nur noch um eines: um Rache!

Bis zu der Auseinandersetzung mit Kramer war er stets der freundliche und zuvorkommende Herr Schrader gewesen. Doch die letzten Jahre hatten ihn verändert. Er war ein mürrischer und verhärteter Mensch geworden, sehr reizbar und jähzornig. Immer häufiger verlor er die Beherrschung und tat Dinge, die er früher nie getan hätte. So, wie diese Sache mit dem Gärtner am heutigen Vormittag, die er jetzt noch bereinigen musste, bevor er sich an die Planung seines Rachefeldzuges machen konnte:

Eigentlich hatte er ihn ja nur zur Rede stellen wollen, warum es Kramer auch in diesem Jahr wieder gelungen war, ihn so deutlich zu schlagen. Diese Aussprache war ihm dann aber etwas außer Kontrolle geraten und nun lag der Mann im Keller neben der Treppe und musste irgendwie beseitigt werden. Schrader war sich nicht sicher, ob es der Schlag mit der kleinen Gartenhacke oder der anschließende Treppensturz in den Keller gewesen war, der ihn umgebracht hatte. Im Grunde war es ihm auch egal - die Leiche konnte da nicht liegen bleiben.

In der folgenden Nacht legte Schrader ein neues Beet an. Während des Grabens überlegte er, wie er in Zukunft Kramer das Leben zur Hölle machen konnte. Vielleicht würde dieser ihm ja sein Geheimnis doch noch preisgeben, wenn der Leidensdruck nur hoch genug war. Eines wusste er aber jetzt schon genau: Es würde für Kramer ein sehr langes und hartes Jahr werden.


Epilog:

Im folgenden Jahr entwickelte sich das neu angelegte Beet zum absoluten Blickfang in Schraders Garten. Die Blumen blühten in einer noch nie zuvor da gewesenen Farbenpracht und ließen das Herz eines jeden Betrachters höher schlagen. Von da an wurde sein Garten von Jahr zu Jahr immer prächtiger bis es irgendwann zwei Blumenparadiese in dem Viertel gab. Die übrigen Nachbarn stellten mit großem Erstaunen fest, wie sich Schrader und Kramer nach und nach annäherten und immer häufiger fachsimpelnd durch ihre Gärten gingen. Mit der Zeit wurde Schrader auch immer ruhiger und gelassener, seine Mundwinkel und die Finger seiner rechten Hand zuckten nicht mehr, und nur noch ein leichtes Flackern seiner Augenlider erinnerte manchmal an die schweren Jahre, die er hinter sich hatte. Genauso wie Kramer stellte er nun auch hin und wieder Leute ein, die sich um seinen Haushalt kümmerten und einfache Gartenarbeiten übernahmen. Allerdings schien er sehr anspruchsvoll zu sein, denn sein Personal hielt es nie sehr lange bei ihm aus, so dass er immer wieder dazu gezwungen war, sich nach neuen Leuten umzuschauen.


Hier finden Sie das Werk auf dem Forum:
http://www.leselupe.de/lw/titel-Das-Blumenparadies-82350.htm
 



 
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