Claus Thor
Mitglied
Das Dreieck
Von
Claus Thor
„Inmitten der Wildnis hast du ´ne Hütte gekauft?“ sagte Carmen und betrachtete die öde Gegend, an der sie vorbei fuhren.
„Was heißt hier Wildnis!“ brüskierte sich Kevin, kratzte sein Kinn und sah flüchtig in den Rückspiegel. Jan, Silvie und Clive saßen im Fond gequetscht und zuckten mit den Schultern.
„Berlin ist nur achtzig Kilometer entfernt“, gab Kevin zu bedenken.
„Oh ja!“, rief Silvie begeistert, „lass uns eine Nacht nach Berlin fahren!“
„Genau“, gab Clive ihr Recht. Er war sowieso immer ihrer Meinung. „Was für eine tolle Idee. Party machen in der nächtlichen Hauptstadt.“
Jan sah Clive böse funkelnd an, aber er machte den Mund nicht auf. Dieser Inselaffe, dachte er, nur weil sein Vater ein Tommy ist, der eine von uns geschwängert hat, als sie als Au-pair in London verweilte, bildet der sich ein unwiderstehlich zu sein.
Zwei Stunden und einen fast unbefahrbaren Waldweg später hielten sie vor dem Haus. Die Blockhütte war größer als alle sich dachten.
„Das ist es“, sagte Kevin stolz. „Hundertdreißig Quadratmeter …“
„Hey, Leute!“, rief Silvie. „Kevin hat sogar ein Boot vor Anker!“
Jeder bekam sein eigenes Zimmer. Jan, Silvie und Clive oben. Carmen und Kevin unten.
Clive spielte Gitarre. Silvie sang dazu. Jan grölte mit. Der flackernde Schein des Lagerfeuers tanzte auf ihren Gesichtern. Kevin und Carmen schäkerten. Ein Wind ließ Silvies langes Haar flattern. Verstohlen betrachtete sie Clive. Sie mochte ihn sehr. Konnte daraus mehr werden?
Es gab genug zu trinken. Jan hielt sich an den Whiskey, während die anderen Bier oder Sekt bevorzugt verkonsumierten. Es dauerte nicht lang und Jan begann, mit Clive zu pöbeln: Er soll endlich die Finger von Silvie lassen. Er wäre sowieso zu alt für sie. Und ob er nicht sähe, dass es Silvie unangenehm war, wie er sie bedrängte.
„Jetzt hör bloß auf, Jan!“, empörte Silvie sich. „Clive und ich funktionieren auf einer Ebene, die du dir wohl nicht vorstellen kannst. Und es hat nichts mit Sex zu tun, verdammt!“
Wie zur Bestätigung grollte es laut am Himmel. Der Wind wurde stärker und Blitze zuckten herab. Alle rannten ins Haus.
Irgendwo bellte ein Hund. Dann krachte es gewaltig und das Haus erzitterte bis in die Grundfeste. Clive schlug die Augen auf. Sie schmerzten. Er sah dunkle Punkte und bunte Schlieren tanzten.
„Ist ein Blitz eingeschlagen?“, hörte Clive gleich mehrere Stimmen Fragen, als er aus seinem Zimmer trat, und: „Da draußen brennt es!“
Sie standen vor einem qualmenden Loch im Waldboden und sahen ein glühendes Etwas.
„Ist das ein Meteor?“, fragte Clive. Der Wind riss ihm die Worte von den Lippen. Kevin und Jan nickten. Dann hörten sie ein Winseln. Im Unterholz, nur wenige Schritte entfernt, lag ein brauner Hund.
„Na du.“ Silvie streichelte über das Fell des Tiers und spürte ein zittern, dann sah sie aus dem Hinterlauf eine metallene Spitze glänzen. „Wir helfen dir, Kleiner.“
Jan und Clive trugen den Setter ins Haus und legten ihn behutsam auf den Küchentisch. Kevin holte Verbandszeug.
„Was ist das“, fragte Carmen auf das Metall blickend.
„Ist ´n Dreieck“, stellte Jan lakonisch fest.
„Das sehen wir auch“, gab Silvie gereizt zurück.
„Es ist warm und vibriert“, sagte Kevin und legte es auf den Tisch. „Was sind das für Zeichen darauf?“
„Bestimmt nicht von dieser Welt!“, orakelte Jan.
Als ob es nur dieser Worte bedurfte, begann das Dreieck mit sirrendem Ton mitten im Raum zu schweben.
Der Hund knurrte. Hinter den Lefzen entblößte er sein gefährliches Gebiss. Und als er Kevin ansprang, sauste das spitze Metalldreieck wie ein Miniufo über die sich duckenden Köpfe hinweg. Porzellan klirrte. Vorhänge zerrissen. Kevin drehte sich wie ein Kreisel. Der Hund am rechten Arm. Carmen schrie. Das Fenster barst mit lautem Knall und das Dreieck flog nach draußen. Der Sturm heulte ins Haus und ließ Papier und sonstige Dinge wild umherflattern. Dann hörten sie einen hässlichen Knack, und das Genick des Tieres brach sich an einem Stützbalken der Empore.
„Bis du verrückt! Was war das denn jetzt!“ schrie Clive.
Silvie und Clive verbanden Kevin, der apathisch dasaß und auf den Kadaver stierte.
„Die fetten Adern auf der Stirn des Hundes sehen seltsam aus?“, sagte Jan und wischte über einen Kratzer an seinem Arm. Dort hatte ihn das Dreieck gestreift. Er beachtete nicht weiter den silbrigen Schimmer am Wundrand, während Blut aus der Verletzung quoll und bis zum Ellbogen floss. Das Silberne schien sich ebenfalls zu bewegen, kaum bemerkbar, in entgegengesetzter Richtung.
„War wohl tollwütig, oder so“, meinte Carmen. Sie schloss die Läden des kaputten Fensters. „Hoffentlich ist keiner … oh …“
Alle sahen Kevin an.
Seine Augen starrten in die Unendlichkeit.
„Es ist besser so“, sagte Jan, als sie Kevin in sein Zimmer trugen. Carmen heulte. Clives Lippen schienen blutleer. Silvie saß bei ihr und hielt sie im Arm.
Sie hatten alles versucht. Mobiltelefone bekamen kein Netz, die Telefonleitung war gestört und ein umgestürzter Baum versperrte die Zufahrt …
„Wir hängen fürs Erste hier fest“, meinte Clive. „Ist besser, wenn wir alle auf unsere Zimmer gehen.“
„Ja. Und vergesst nicht hinter euch abzuschließen!“, meinte Jan sarkastisch und kratzte sein Arm über dem Verband. Er hatte überhaupt das Bedürfnis sich am ganzen Körper zu kratzen. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, als ob sich tausend Miniarmeisen unter seiner Haut befanden. „Man kann ja nie wissen …“
Clive konnte nicht schlafen. Das Geschehene wühlte ihn zu sehr auf. Vermutlich erging es den anderen ebenso, dachte er, während er in das Dunkel des Zimmers starrte. Draußen heulte der Sturm.
Er hörte ein laut polterndes Geräusch im Haus und verließ das Zimmer. Eine kleine Taschenlampe leuchtete ihm den Weg nach unten. Kevins Tür war abgeschlossen und der Schlüssel steckte von außen. Clive dachte kurz darüber nach ins Zimmer zu gehen, aber dann fragte er sich wozu, dort drinnen würde er doch nur die Leiche sehen. Wer wollte das schon? Er schlich weiter auf Socken und trat in etwas Feuchtem. Beinahe wäre er ausgerutscht. Verdammt dachte er. Die Lampe war ihm aus den Fingern geglitten und lag nun auf den Boden und beleuchtete das Etwas, was wie Blut aussah. Er hob die Lampe auf und vermied es mit dem Blut in Berührung zu kommen. Clive hatte da so ein Bauchgefühl, irgendwas geschah im Blut oder auch im ganzen Körper. Das Dreieck hatte etwas in seine Opfer transportier und diese gaben es weiter.
Er folgte der Blutspur und stand schließlich vor der Vorratskammer. Als Clive sie öffnete, durchzuckte es ihn eiskalt. Er sah in das bleiche Gesicht von Carmen. Er fühlte nach ihrem Puls. Sie war tot.
„Mörder!“, hörte er eine Stimme hinter sich. „Warum hast du das getan? Bist du vielleicht verseucht … wie dieser Köter es sicher war?“
Clive drehte sich um und sah in Jans fiebernden Augen und sagte: „Bestimmt nicht. Aber ich vermute, dass du es vielleicht warst!“
Jan kam Clive bedrohend nah: „Immer das letzte Wort wie … ich … ich dreh dir den Hals um … du Laffe!“
„Wie bei Carmen? Die konntest du ja auch nicht leiden!“
Licht sprang beide an.
„Hört' beide damit auf euch anzukeifen!“, fuhr Silvie dazwischen. Sie hatte das Licht angeknipst und hielt einen Schürhaken mit beiden Händen vor sich. Sie schaute zu der Toten und sagte: „Jeder von euch könnte es gewesen sein. So sehe ich das.“
„Das mag sein“, sagte Clive, „aber hast du ihn mal genauer angeschaut? Na, wenn der nicht verseucht ist!“
Jan bedachte Clive mit einem vernichtenden Blick. Die Adern auf seiner Stirn traten hervor. Im selben Augenblick sprang er ihn an und riss ihn zu Boden. Er würgte ihn. Clive versuchte seine Finger zwischen die Pranken von Jan zu bekommen, aber es fehlte ihm die Kraft dazu. Die Luft wurde knapp.
„Lass ihn los! Jan! Hör auf damit!“, schrie Silvie verzweifelt. Doch dann tat sie das Einzige, was ihr blieb. Sie schlug mit dem Schürhaken zu.
Jan brüllte wie ein Stier und versuchte sich aufzurichten, aber ein zweiter Hieb ließ ihn in sich zusammensacken.
Silvie ließ den Schürhaken fallen und sank auf die Knie. Ihre Augen füllten sie mit Tränen. Und es schüttele sie.
Ein leises Sirren lenkte die Aufmerksamkeit zu Carmens Leiche. Ihre Lippen zitterten, als wollten sie sich öffnen und etwas sagen. Dann öffneten sie sich wirklich.
Clive stockte der Atem.
Silvie vergaß zu flennen und schniefte nur noch. Doch dann kreischte sie vor Endsetzen.
Carmens Mund öffnete sich unnatürlich weit. Etwas Silbernes erschien. Das gezackte Metall riss der Toten den halben Kopf vom Rumpf und sauste, begleitet von Silvies kreischen, laut sirrend aus dem Haus.
Der Sturm hatte sich gelegt. Jan hatten sie gut verschnürt und nun ruderten Silvie und Clive mit dem Boot zum Dorf hinüber. Das Erste, was sie sahen, war eine enorme Verwüstung: Bäume waren abrasiert, geknickt und entwurzelt. Häuser waren abgedeckt, zerstört oder völlig dem Erdboden gleichgemacht.
„Mein Gott“, stöhnte Silvie.
Clive sagte nichts und nahm Silvie in die Arme.
Am Ende der Schneise der Zerstörung ragte ein gigantisches metallenes Konstrukt aus der Erde heraus. Wie wilde Hornissen schwirrten kleine und größere Metallstücke über die Köpfe gallertartiger Wesen, welche sich auf die beiden Menschen zu bewegten, die am Ufer in einem kleinen Boot saßen und sich umklammert hielten.
Von
Claus Thor
„Inmitten der Wildnis hast du ´ne Hütte gekauft?“ sagte Carmen und betrachtete die öde Gegend, an der sie vorbei fuhren.
„Was heißt hier Wildnis!“ brüskierte sich Kevin, kratzte sein Kinn und sah flüchtig in den Rückspiegel. Jan, Silvie und Clive saßen im Fond gequetscht und zuckten mit den Schultern.
„Berlin ist nur achtzig Kilometer entfernt“, gab Kevin zu bedenken.
„Oh ja!“, rief Silvie begeistert, „lass uns eine Nacht nach Berlin fahren!“
„Genau“, gab Clive ihr Recht. Er war sowieso immer ihrer Meinung. „Was für eine tolle Idee. Party machen in der nächtlichen Hauptstadt.“
Jan sah Clive böse funkelnd an, aber er machte den Mund nicht auf. Dieser Inselaffe, dachte er, nur weil sein Vater ein Tommy ist, der eine von uns geschwängert hat, als sie als Au-pair in London verweilte, bildet der sich ein unwiderstehlich zu sein.
Zwei Stunden und einen fast unbefahrbaren Waldweg später hielten sie vor dem Haus. Die Blockhütte war größer als alle sich dachten.
„Das ist es“, sagte Kevin stolz. „Hundertdreißig Quadratmeter …“
„Hey, Leute!“, rief Silvie. „Kevin hat sogar ein Boot vor Anker!“
Jeder bekam sein eigenes Zimmer. Jan, Silvie und Clive oben. Carmen und Kevin unten.
Clive spielte Gitarre. Silvie sang dazu. Jan grölte mit. Der flackernde Schein des Lagerfeuers tanzte auf ihren Gesichtern. Kevin und Carmen schäkerten. Ein Wind ließ Silvies langes Haar flattern. Verstohlen betrachtete sie Clive. Sie mochte ihn sehr. Konnte daraus mehr werden?
Es gab genug zu trinken. Jan hielt sich an den Whiskey, während die anderen Bier oder Sekt bevorzugt verkonsumierten. Es dauerte nicht lang und Jan begann, mit Clive zu pöbeln: Er soll endlich die Finger von Silvie lassen. Er wäre sowieso zu alt für sie. Und ob er nicht sähe, dass es Silvie unangenehm war, wie er sie bedrängte.
„Jetzt hör bloß auf, Jan!“, empörte Silvie sich. „Clive und ich funktionieren auf einer Ebene, die du dir wohl nicht vorstellen kannst. Und es hat nichts mit Sex zu tun, verdammt!“
Wie zur Bestätigung grollte es laut am Himmel. Der Wind wurde stärker und Blitze zuckten herab. Alle rannten ins Haus.
Irgendwo bellte ein Hund. Dann krachte es gewaltig und das Haus erzitterte bis in die Grundfeste. Clive schlug die Augen auf. Sie schmerzten. Er sah dunkle Punkte und bunte Schlieren tanzten.
„Ist ein Blitz eingeschlagen?“, hörte Clive gleich mehrere Stimmen Fragen, als er aus seinem Zimmer trat, und: „Da draußen brennt es!“
Sie standen vor einem qualmenden Loch im Waldboden und sahen ein glühendes Etwas.
„Ist das ein Meteor?“, fragte Clive. Der Wind riss ihm die Worte von den Lippen. Kevin und Jan nickten. Dann hörten sie ein Winseln. Im Unterholz, nur wenige Schritte entfernt, lag ein brauner Hund.
„Na du.“ Silvie streichelte über das Fell des Tiers und spürte ein zittern, dann sah sie aus dem Hinterlauf eine metallene Spitze glänzen. „Wir helfen dir, Kleiner.“
Jan und Clive trugen den Setter ins Haus und legten ihn behutsam auf den Küchentisch. Kevin holte Verbandszeug.
„Was ist das“, fragte Carmen auf das Metall blickend.
„Ist ´n Dreieck“, stellte Jan lakonisch fest.
„Das sehen wir auch“, gab Silvie gereizt zurück.
„Es ist warm und vibriert“, sagte Kevin und legte es auf den Tisch. „Was sind das für Zeichen darauf?“
„Bestimmt nicht von dieser Welt!“, orakelte Jan.
Als ob es nur dieser Worte bedurfte, begann das Dreieck mit sirrendem Ton mitten im Raum zu schweben.
Der Hund knurrte. Hinter den Lefzen entblößte er sein gefährliches Gebiss. Und als er Kevin ansprang, sauste das spitze Metalldreieck wie ein Miniufo über die sich duckenden Köpfe hinweg. Porzellan klirrte. Vorhänge zerrissen. Kevin drehte sich wie ein Kreisel. Der Hund am rechten Arm. Carmen schrie. Das Fenster barst mit lautem Knall und das Dreieck flog nach draußen. Der Sturm heulte ins Haus und ließ Papier und sonstige Dinge wild umherflattern. Dann hörten sie einen hässlichen Knack, und das Genick des Tieres brach sich an einem Stützbalken der Empore.
„Bis du verrückt! Was war das denn jetzt!“ schrie Clive.
Silvie und Clive verbanden Kevin, der apathisch dasaß und auf den Kadaver stierte.
„Die fetten Adern auf der Stirn des Hundes sehen seltsam aus?“, sagte Jan und wischte über einen Kratzer an seinem Arm. Dort hatte ihn das Dreieck gestreift. Er beachtete nicht weiter den silbrigen Schimmer am Wundrand, während Blut aus der Verletzung quoll und bis zum Ellbogen floss. Das Silberne schien sich ebenfalls zu bewegen, kaum bemerkbar, in entgegengesetzter Richtung.
„War wohl tollwütig, oder so“, meinte Carmen. Sie schloss die Läden des kaputten Fensters. „Hoffentlich ist keiner … oh …“
Alle sahen Kevin an.
Seine Augen starrten in die Unendlichkeit.
„Es ist besser so“, sagte Jan, als sie Kevin in sein Zimmer trugen. Carmen heulte. Clives Lippen schienen blutleer. Silvie saß bei ihr und hielt sie im Arm.
Sie hatten alles versucht. Mobiltelefone bekamen kein Netz, die Telefonleitung war gestört und ein umgestürzter Baum versperrte die Zufahrt …
„Wir hängen fürs Erste hier fest“, meinte Clive. „Ist besser, wenn wir alle auf unsere Zimmer gehen.“
„Ja. Und vergesst nicht hinter euch abzuschließen!“, meinte Jan sarkastisch und kratzte sein Arm über dem Verband. Er hatte überhaupt das Bedürfnis sich am ganzen Körper zu kratzen. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, als ob sich tausend Miniarmeisen unter seiner Haut befanden. „Man kann ja nie wissen …“
Clive konnte nicht schlafen. Das Geschehene wühlte ihn zu sehr auf. Vermutlich erging es den anderen ebenso, dachte er, während er in das Dunkel des Zimmers starrte. Draußen heulte der Sturm.
Er hörte ein laut polterndes Geräusch im Haus und verließ das Zimmer. Eine kleine Taschenlampe leuchtete ihm den Weg nach unten. Kevins Tür war abgeschlossen und der Schlüssel steckte von außen. Clive dachte kurz darüber nach ins Zimmer zu gehen, aber dann fragte er sich wozu, dort drinnen würde er doch nur die Leiche sehen. Wer wollte das schon? Er schlich weiter auf Socken und trat in etwas Feuchtem. Beinahe wäre er ausgerutscht. Verdammt dachte er. Die Lampe war ihm aus den Fingern geglitten und lag nun auf den Boden und beleuchtete das Etwas, was wie Blut aussah. Er hob die Lampe auf und vermied es mit dem Blut in Berührung zu kommen. Clive hatte da so ein Bauchgefühl, irgendwas geschah im Blut oder auch im ganzen Körper. Das Dreieck hatte etwas in seine Opfer transportier und diese gaben es weiter.
Er folgte der Blutspur und stand schließlich vor der Vorratskammer. Als Clive sie öffnete, durchzuckte es ihn eiskalt. Er sah in das bleiche Gesicht von Carmen. Er fühlte nach ihrem Puls. Sie war tot.
„Mörder!“, hörte er eine Stimme hinter sich. „Warum hast du das getan? Bist du vielleicht verseucht … wie dieser Köter es sicher war?“
Clive drehte sich um und sah in Jans fiebernden Augen und sagte: „Bestimmt nicht. Aber ich vermute, dass du es vielleicht warst!“
Jan kam Clive bedrohend nah: „Immer das letzte Wort wie … ich … ich dreh dir den Hals um … du Laffe!“
„Wie bei Carmen? Die konntest du ja auch nicht leiden!“
Licht sprang beide an.
„Hört' beide damit auf euch anzukeifen!“, fuhr Silvie dazwischen. Sie hatte das Licht angeknipst und hielt einen Schürhaken mit beiden Händen vor sich. Sie schaute zu der Toten und sagte: „Jeder von euch könnte es gewesen sein. So sehe ich das.“
„Das mag sein“, sagte Clive, „aber hast du ihn mal genauer angeschaut? Na, wenn der nicht verseucht ist!“
Jan bedachte Clive mit einem vernichtenden Blick. Die Adern auf seiner Stirn traten hervor. Im selben Augenblick sprang er ihn an und riss ihn zu Boden. Er würgte ihn. Clive versuchte seine Finger zwischen die Pranken von Jan zu bekommen, aber es fehlte ihm die Kraft dazu. Die Luft wurde knapp.
„Lass ihn los! Jan! Hör auf damit!“, schrie Silvie verzweifelt. Doch dann tat sie das Einzige, was ihr blieb. Sie schlug mit dem Schürhaken zu.
Jan brüllte wie ein Stier und versuchte sich aufzurichten, aber ein zweiter Hieb ließ ihn in sich zusammensacken.
Silvie ließ den Schürhaken fallen und sank auf die Knie. Ihre Augen füllten sie mit Tränen. Und es schüttele sie.
Ein leises Sirren lenkte die Aufmerksamkeit zu Carmens Leiche. Ihre Lippen zitterten, als wollten sie sich öffnen und etwas sagen. Dann öffneten sie sich wirklich.
Clive stockte der Atem.
Silvie vergaß zu flennen und schniefte nur noch. Doch dann kreischte sie vor Endsetzen.
Carmens Mund öffnete sich unnatürlich weit. Etwas Silbernes erschien. Das gezackte Metall riss der Toten den halben Kopf vom Rumpf und sauste, begleitet von Silvies kreischen, laut sirrend aus dem Haus.
Der Sturm hatte sich gelegt. Jan hatten sie gut verschnürt und nun ruderten Silvie und Clive mit dem Boot zum Dorf hinüber. Das Erste, was sie sahen, war eine enorme Verwüstung: Bäume waren abrasiert, geknickt und entwurzelt. Häuser waren abgedeckt, zerstört oder völlig dem Erdboden gleichgemacht.
„Mein Gott“, stöhnte Silvie.
Clive sagte nichts und nahm Silvie in die Arme.
Am Ende der Schneise der Zerstörung ragte ein gigantisches metallenes Konstrukt aus der Erde heraus. Wie wilde Hornissen schwirrten kleine und größere Metallstücke über die Köpfe gallertartiger Wesen, welche sich auf die beiden Menschen zu bewegten, die am Ufer in einem kleinen Boot saßen und sich umklammert hielten.