Das Ende des Regenbogens

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Axel B

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Das Ende des Regenbogens
Von Axel Baumgart

Es war Donnerstag und es regnete schon wieder. Genau wie am Tag davor und am Tag vor dem Tag davor. Und ausgerechnet in 2 Tagen, am Samstag, war Legaus Geburtstag. Da er im Juni Geburtstag hatte, wollte er mit allen seinen Freunden zusammen im Garten grillen. Aber jetzt regnete es die ganze Zeit.

„So ein Mist“, dachte Legau. Da kann man ja gar nicht in den Garten, und im Haus war nicht genug Platz, um dort mit allen zu grillen. Außerdem wäre das auch viel zu gefährlich. Ballspielen konnte man im Haus auch nicht. Selbst mit Wasserpistolen spielen wie im letzten Jahr würde nicht gehen. Legau war richtig ärgerlich auf das Wetter. Statt Sonne gab es nur Regen. Aber heute kam sein Opa, und dann würde es auch im Haus lustig werden.

Kurz vor drei Uhr kam sein Opa endlich und brachte, wie immer, etwas mit. Diesmal war es ein dickes Buch. Anfangs war Legau enttäuscht. Er hatte schon tollere Sachen mitgebracht. In dem Buch waren nur Photos von Bäumen, Feldern, im Sommer, im Winter, im Herbst, bei Sonne, bei Wolken, im Regen. Legau fand sie alle langweilig. Doch dann kam ein Bild, das Legau sehr interessierte, von dem Legau richtig begeistert war. So etwas hatte er noch nie gesehen. Im Grunde genommen war es nur ein großer Baum mit Blättern, der auf einem Feld stand. Soweit war das Bild genauso langweilig, wie die anderen. Was aus diesem Bild etwas Besonderes machte, war, dass es regnete und gleichzeitig die Sonne schien. Dadurch war über dem Baum in einem großen Halbkreis ein wunderschöner Regenbogen zu sehen. Er fing auf dem Boden an und hörte auch wieder auf dem Boden auf. Er schillerte und leuchtete in den wunderschönsten Farben. Legau hatte schon einmal einen Regenbogen in Wirklichkeit gesehen. Das war aber kein richtiger Bogen gewesen wie der auf dem Photo, vom Boden bis zum Boden. Was Legau gesehen hatte war, war ein Stück von einem Regenbogen, oder besser gesagt nur ein Stück von einem Stück. Legau saß mit offenem Mund vor dem Bild und brachte keinen Ton heraus, nicht einmal das kleinste „Piep“.

Der Opa sagte: “Toll, was?“ Legau nickte nur. „So ein Regenbogen“, fing der Opa an zu erzählen, „So ein Regenbogen ist etwas ganz Besonderes. So vollkommen wie hier auf dem Photo sieht man ihn nur ganz selten in seinem Leben, wenn überhaupt. Das kommt nur dann vor, wenn es regnet und gleichzeitig die Sonne in einem bestimmten Winkel auf die Regentropfen scheint. Die Regentropfen machen dann aus dem normalen Sonnenlicht ein Licht in ganz vielen verschiedenen Farben. Und weil die Sonne und die Erde rund sind, wird auch der Regenbogen ein Bogen. Alles muss ganz genau passen, aber das passiert sehr selten.“
„Und so ein richtiger Regenbogen fängt immer auf dem Boden an und hört auf dem Boden auf?“ fragte Legau.
„Wenn er vollkommen ist, ja:“
„Was ist denn am Anfang und was ist am Ende eines Regenbogens,“ wollte Legau wissen.
„Das ist eine gute, aber eine sehr schwere Frage. Solche Regenbögen sind so selten, dass es nicht viele Menschen gibt, die das je erlebt haben und davon erzählen können. Ich habe aber einmal gehört, dass noch nie jemand am Anfang eines Regenbogen war. Am Ende eines Regenbogens aber, so sagt man, soll ein Ort sein, an dem alle Wünsche in Erfüllung gehen.“
Legau atmete tief ein: „Warst Du schon einmal da?“
Der Opa legte eine Hand auf Legaus Kopf und sagte dann: „Nein, aber wenn Du Glück hast, wirst Du den Ort finden, wo Du ihn nicht suchst. Wenn Du ihn aber suchst, wirst Du dort nicht ankommen.“

Das fand Legau jetzt richtig spannend. Er hatte noch so viele Wünsche, angefangen bei einem neuen Fahrrad bis hin zu Sonnenschein, um im Garten grillen zu können. Ein Ort, an dem alle Wünsche in Erfüllung gehen sollten, ja, zu so einem Ort wollte er. Dieser Gedanke beschäftigte ihn den ganzen Abend, und sogar dann noch, als er schon im Bett lag. Am nächsten Morgen wurde er wach, und der Regenbogen und der Ort, an dem alle Wünsche in Erfüllung gehen sollten, war sein erster Gedanke. Was war das nur für eine tolle Vorstellung. Da wollte Legau unbedingt hin. Dort würde er endlich sein Fahrrad bekommen und alle Räuber Hotzenplotz Kassetten, die ihm noch fehlten. Auch sonst würde er alles bekommen, was das Christkind bei seinem letzten Besuch vergessen hatte.

Es war Zufall, dass ausgerechnet an diesem Tag die Sonne auf der einen Seite des Himmels strahlend schien, während es auf der anderen Seite regnete. Als Legau dies bemerkte, rannte er sofort ans Fenster und schaute raus. Kein Regenbogen. Er lief zum Wohnzimmerfenster: kein Regenbogen. Schon etwas enttäuscht machte er sich auf den Weg in die Küche. Er schaute kurz aus dem Fenster und wollte sich schon wieder umdrehen, als er ihn sah: Den großen, leuchtenden, bunten, perfekten Regenbogen. Beide Enden waren auf dem Boden. Einfach perfekt.

Jetzt galt es, keine Zeit zu verlieren. Man konnte ja nie wissen, wie lange er da sein würde. Legau zog seine Schuhe und seinen Anorak an, setzte seine Kappe auf und lief aus dem Haus. Besorgt schaute er nach vorne, aber der Regenbogen war noch da. Als er den Regenbogen so vor sich sah, merkte er, dass er gar nicht wusste, welche Seite der Anfang und welche das Ende war. Schnell musste sich Legau nun entscheiden, wählte ein Ende aus und lief los. Da er es nicht besser wusste, hatte er sich einfach für eine Seite entschieden und hoffte nun, dass es das Ende war, an dem alle Wünsche in Erfüllung gingen.

So schnell er nur konnte lief er auf das Ende des Regenbogens zu. Es dauerte gar nicht lange, da war Legau im Wald, wo er sonst immer seine Käfer beobachtete. Wegen der hohen Bäume konnte er den Regenbogen nun nicht mehr sehen. Er strengte sich noch mehr an, möglichst bald aus dem Wald heraus zu kommen. Er war noch nie so tief in den Wald hinein gegangen und ihm wurde ein wenig mulmig. Dennoch lief er weiter. Nach einer Weile sah er, dass es am Ende des Weges wieder heller wurde. Er kam aus dem Wald heraus. Er schaute sich um und bemerkte enttäuscht, dass er dem Ende des Regenbogens überhaupt nicht näher gekommen war. Er überlegte nur kurz und lief dann weiter.

Langsam wurde es dunkel und der Regenbogen wurde immer blasser. Bald war er gar nicht mehr zu sehen. Legau setzte sich an den Wegesrand und weinte bitterlich. Kalt war ihm auch. Es hatte die ganze Zeit über geregnet und Legau war bis auf die Haut nass geworden. Er fühlte sich sehr alleine und sehr traurig. „Wenn Du ihn aber suchst, wirst Du dort nicht ankommen.“, hörte er in Gedanken die Stimme seines Opas. Er stand auf und ging langsam den Weg zurück, den er gekommen war. Er war alleine, fror und es war dunkel. Er stand nun wieder vor dem Wald und wünschte sich, dass seine Mutter oder sein Vater bei ihm wären, damit er nicht allein durch den dunklen Wald gehen musste. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und ging los.

Schritt für Schritt ging er durch den Wald. Hin und wieder zuckte er zusammen, wenn er plötzlich aus der Finsternis des Waldes ein Geräusch hörte. Er lief dann schnell weiter. Legau glaubte schon, dass er sich im Wald verlaufen hatte. Er hätte schon längst das Haus seiner Eltern sehen müssen, so meinte er. Er fühlte, wie wieder Tränen in seine Augen stiegen. Er wollte nur noch nach Hause, wollte eine heiße Badewanne und einen warmen Kakao. Und er wollte, dass seine Eltern nicht mit ihm schimpften, weil er so lange weg gewesen war, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen. Wenn doch nur seine Mutter bei ihm wäre. Sonst wünschte er sich gar nichts mehr.

Aber was war das, hatte da nicht jemand seinen Namen gerufen? Aber wer sollte denn hier im Wald seinen Namen… Aber da war es wieder. Er war sich jetzt sicher. Jemand hatte „Legau“ gerufen. Und wieder, nun lauter: “Leeegau!“ „Hiii-iiier!“ rief Legau und rannte auf die Stimme zu. Es war seine Mutter, die ihn ganz fest in ihre Arme nahm. „Legau, mein lieber Legau, geht es Dir gut? Ist alles in Ordnung?“
„Mir ist so kalt. Ich friere so. Ich wollte doch nur zum Ende des Regenbogens gehen.“
Die Mutter überlegte kurz, erinnerte sich an die Geschichte, die Legau über das Ende des Regenbogens gehört hatte und lächelte.
Sie sagte: „Du hast das Ende aber nicht gefunden, oder?“ Legau schüttelte den Kopf.
„Na komm, wir gehen erst einmal nach Hause. Du bekommst eine heiße Badewanne, einen Kakao, etwas zu essen, und dann packen wir Dich ins warme Bett.“
Legau war so froh. Alles war gut und niemand schimpfte mit ihm. Als er später warm und zufrieden im Bett lag, dachte er noch lange über den Tag nach. Er hatte das Ende des Regenbogens gesucht, es aber nicht gefunden. Ein Fahrrad hatte er auch nicht bekommen. Aber im dunklen Wald war das auch gar nicht mehr wichtig gewesen, da wünschte er sich nur noch nach Hause, einen leckeren Kakao und eine heiße Badewanne. Diese Wünsche hatten sich alle erfüllt.

Am nächsten Tag war Legaus Geburtstag. Es war ein schöner und sonniger Tag und es würde eine Feier im Garten geben. Als Legau seinen Geburtstagstisch mit den Geschenken sah, konnte er seinen Augen kaum glauben. Da stand doch tatsächlich ein wunderschönes, blaues Fahrrad. Genau so ein Fahrrad hatte er sich gewünscht. Wieder hörte er im Kopf die Stimme seines Opas:

„Wenn Du Glück hast, wirst Du den Ort finden, wo Du ihn nicht suchst.“

Legau dachte an den dunklen Wald, schaute auf sein tolles Fahrrad und murmelte mit einem Lächeln im Gesicht:

„Hier ist es also, das Ende …“

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Bei dieser Geschichte handelt es sich um die zur Zeit letzte von insgesamt acht Legau Geschichten
 

anemone

Mitglied
Hallo Axel B.

Eine sehr schöne Geschichte hast du dir da einfallen lassen.
Besonders gefällt mir die schöne warme Badewanne als
Trost für etwas, was man nicht bekommen hat. Doch es gab
ja doch noch das Fahrrad! Das zum Inhalt.
Der Text ist kindgerecht geschrieben und in Ordnung.

liebe Grüße
 

Axel B

Mitglied
Hallo anemone,

vielen Dank für Dein positives Feedback. Das Thema Regenbogen hat mich immer schon interessiert. Vor etwa 19 Jahren habe ich meiner damaligen Freundin handschriftlich eine lange Geschichte / ein kurzes Buch geschrieben: "Die Farben des Regenbogens". Wenn ich Zeit habe und mich aufraffe, werde ich es vielleicht noch einmal aufarbeiten und hier oder auf meiner Homepage veröffentlichen.

Axel
 
Hallo Axel

deine Geschichte gefällt mir. Was mich jedoch stört, sind die vielen Wort-Wiederholungen. Einige Stellen habe ich dir blau bezeichnet. Dort könntest du noch einiges rausholen, wenn du dieses Sätze veränderst.Ich habe dir meine Vorschläge in Klammern gesetzt.

liebe Grüsse Claudia

Beispiele:


..Aber heute kam sein [blue]Opa[/blue], und dann würde es auch im Haus lustig werden.
Kurz vor drei Uhr kam sein [blue]Opa[/blue] (er)endlich und brachte, wie immer, etwas mit. Diesmal war es ein dickes Buch. Anfangs war Legau enttäuscht. Sein [blue]Opa (er)[/blue] hatte schon tollere Sachen mitgebracht.

Legau fand sie alle langweilig. Doch dann kam ein Bild, das [blue]Legau[/blue] (ihn)sehr interessierte, von dem [blue]Legau (er)[/blue] richtig begeistert war.

...leuchtenden, bunten, [blue]perfekten[/blue] Regenbogen. Beide Enden waren auf dem Boden. Einfach [blue]perfekt (wiederholung)[/blue].

Es dauerte gar nicht lange, da war Legau im [blue]Wald[/blue], wo er sonst immer seine Käfer beobachtete. Wegen der hohen Bäume konnte er den Regenbogen nun nicht mehr sehen. Er strengte sich noch mehr an, möglichst bald aus dem [blue]Wald[/blue] (ihm) heraus zu kommen. Er war noch nie so tief in den [blue]Wald[/blue] hinein gegangen und ihm wurde ein wenig mulmig.
Er kam aus dem [blue]Wald[/blue] (Als er wieder aus heraus kam, schaute er...)heraus. Er schaute sich um und bemerkte enttäuscht, dass er dem Ende des Regenbogens überhaupt nicht näher gekommen war.

...Er stand nun wieder vor dem Wald und wünschte sich, dass seine Mutter oder sein Vater bei ihm wären, damit er nicht allein durch (die Dunkelheit gehen musste)den [blue]dunklen Wald [/blue]gehen musste. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und ging los. Schritt für Schritt ging er (weiter.. Wald rausnehmen) durch den [blue]Wald[/blue]. Hin und wieder zuckte er zusammen, wenn er plötzlich aus der Finsternis des [blue]Waldes[/blue](Wald weglassen) ein Geräusch hörte. Er lief dann schnell weiter. Legau glaubte schon, dass er sich im [blue]Wald [/blue]verlaufen hatte.


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Bei dieser Geschichte handelt es sich um die zur Zeit letzte von insgesamt acht Legau Geschichten
[/B][/QUOTE]
 

Axel B

Mitglied
Vielen Dank für den Hinweis mit den Wiederholungen. Ich werde den Text daraufhin noch einmal überarbeiten.

Hinsichtlich der Gliederung: Beziehst Du Dich auf eine deutlichere inhaltliche Struktur oder eher auf verbesserte Gliederugn durch Absätze etc.? Das würde mir sehr helfen, an der richtigen Ecke anzusetzen.

Euch beiden vielen Dank für die konstruktiven und hilfreichen Kommentare.

Axel
 

Stern

Mitglied
Hei Axel,

das ist ja suuuuper! Ich bin hin und weg. Eine phantasievolle und dabei realitätsnahe Kindergeschichte, schön erzählt.

Nix zu meckern ausser ein paar Kleinigkeiten, die ich mich schon fast nicht zu erwähnen traue:

Da er im Juni Geburtstag hatte,...
"hat"- oder lebt er nicht mehr, der kleine Legau? ;)

Da kann man ja gar nicht in den Garten, und im Haus war nicht genug Platz, um dort mit allen zu grillen.
"konnte", weil der Erzähler sich ja nicht mehr in den Gedanken des Jungen befindet
...wäre das auch viel zu gefährlich gewesen
aus dem selben Grund

Aber ehrlich: später war ich dann viel zu sehr eingewickelt in die Geschichte, als dass ich sowas noch bemerkt hätte. Keine Ahnung, ob da noch was war.

Begeisterte Grüße,

Natalie *
 



 
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