Das Ergebnis (überarbeitete Fassung)

Juli 1962

Das Gespräch mit dem Arzt sollte am nächsten Tag stattfinden. Sowohl Brigitte als auch Herbert hatten seit zwei Wochen alle Untersuchungen hinter sich, die notwendig waren, um dem Rätsel der ungewollten Kinderlosigkeit auf den Grund zu gehen. Brigitte wurde es flau im Magen, wenn sie an den morgigen Tag dachte. Sie hoffte inständig, dass der Arzt verkünden würde, dass sie und Herbert Kinder bekommen könnte, doch es ließ sich nicht vermeiden, dass sie sich das Gegenteil ausmalte.

Am nächsten Tag, pünktlich zum vereinbarten Termin um 16.00 Uhr, saßen Brigitte und Herbert dem Arzt gegenüber und Brigitte fühlte sich überhaupt nicht wohl. Herbert hatte kaum ein Wort geredet, seit er von der Arbeit heimgekommen war, obwohl er sich extra für den Termin den Nachmittag freigenommen hatte. Nun saß er anscheinend völlig entspannt auf seinem Stuhl, aber Brigitte war sicher, dass er sich ganz und gar nicht so fühlte.
"Schön, dass Sie pünktlich kommen konnten", eröffnete der Arzt das Gespräch und lächelte freundlich. Dann machte er eine Pause. Als weder von Herbert noch von Brigitte eine Antwort kam, redete er weiter.
"Ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein. Es tut mir sehr leid, aber ein gemeinsames Kind werden Sie nicht bekommen können."
Brigitte schlug die Hände vor das Gesicht und bemühte sich, die Tränen zurück zu halten.
Herbert beugte sich auf seinem Stuhl vor und fixierte den Arzt mit den Augen, als sei dieser höchstpersönlich an diesem Ergebnis schuld.
"Und woran liegt das?" fragte er schließlich mit rauer Stimme.
Der Arzt antwortete nicht sofort. Er blätterte in den Unterlagen, die vor ihm auf dem Tisch lagen.
"Bei den Untersuchungsergebnissen Ihrer Frau ist uns nichts Relevantes aufgefallen. Bei Ihren Untersuchungsergebnissen kamen wir - nach sorgfältigen Auswertungen - dann zu dem Schluss, dass die Qualität Ihrer Spermien leider zu schlecht ist" , gab er dann Auskunft. "An was das liegt, kann ich Ihnen leider nicht genau sagen, da können mehrere Faktoren zusammenkommen."
"Und was kann man tun?"
"Leider nichts, Herr Kender. Es tut mir wirklich leid. Aber ich möchte Ihnen beiden reinen Wein einschenken. Es würde Ihnen nichts bringen, wenn ich Ihnen jetzt eine Hoffnung machen würde, die sich nie erfüllen wird."
Brigitte hatte bis jetzt geschwiegen. Sie war froh, dass es ihr gelungen war, nicht vor dem Arzt in Tränen auszubrechen. Als sie nun die niederschmetternden Worte hörte, fühlte sie sich wie betäubt. Nicht nur, dass es ausgeschlossen war, ein Kind mit Herbert zu bekommen. Nein, es lag auch noch an Herbert! Das würde er nicht so ohne Weiteres verkraften.
"Besteht gar kein Zweifel?" fragte sie mit leiser Stimme.
Der Arzt schüttelte den Kopf. "Wie gesagt und so leid es mir tut, im Moment kann ich Ihnen nichts anderes sagen. Vielleicht ist die Medizin in einigen Jahren soweit, dass sich da etwas tun lässt. Im Moment sehe ich keine Möglichkeit."
Jetzt schluchzte Brigitte doch auf, während Herbert stocksteif auf seinem Stuhl sitzenblieb und keinerlei Regung unternahm, um seine Frau zu trösten.
Der Arzt räusperte sich.
"Ich kann verstehen, dass Sie das erstmal verarbeiten müssen. Ich weiß, dass das nicht leicht für Sie ist. Aber wenn Sie sich so sehr ein Kind wünschen, gibt es vielleicht doch eine andere Möglichkeit."
"Sie sagten doch gerade, dass sich da nichts tun lässt!" Brigitte tupfte sich die Tränen ab. Auf einmal war sie nicht mehr traurig, sondern wütend. Wollte der Arzt sich etwa über sie beide lustig machen?
"Für ein eigenes Kind lässt sich momentan nichts tun, das stimmt", erläuterte der Arzt, "aber es gibt auch die Möglichkeit, ein Kind zu adoptieren."
"Ein fremder Balg?" platzte Herbert so wütend heraus,, dass Brigitte neben ihm zusamnenzuckte.
"Ich denke ja nicht daran!"
"Herr Kender.....", der Arzt hob abwehrend die Hände, "es war nur ein Vorschlag. Vielleicht war er im Moment unangebracht. Aber überlegen Sie sich die ganze Sache einfach noch einmal in Ruhe. Vielen kinderlosen Paaren wurde so schon geholfen und nicht zuletzt auch den Waisen. Ich stehe im Kontakt mit dem hiesigen Waisenhaus und wenn Sie wollen, könnte ich mich mit der Oberin, die das Waisenhaus leitet, in Verbindung setzen."
Während der Arzt sprach, verfinsterte sich Herberts Miene immer mehr.
"Wollen wir nicht", sagte er nun knapp. "Brigitte, wir gehen."
Brigitte stand auf. Sie wusste, dass es vollkommen zwecklos war, Herbert zu widersprechen, wenn er in einer solchen Stimmung war.
Der Arzt erhob sich und schüttelte ihnen beiden zum Abschied die Hand.
"Wenn Sie es sich anders überlegen, Sie können jederzeit vorbeikommen."

Auf dem Weg zum Parkplatz schwiegen beide. Erst als sie im Auto saßen, sagte Brigitte: "Herbert, es tut mir so leid."
Herbert antwortete nicht.

Als sie vor ihrer Haustür waren, forderte Herbert sie auf, schon mal auszusteigen und ins Haus vorzugehen.
"Ich muss noch etwas erledigen", sagte er.
Dann wendete er den Wagen und fuhr davon.
Brigitte sah ihm hinterher und begriff, dass für Herbert gerade eine ganze Welt zusammengebrochen war.
 

ThomasQu

Mitglied
Servus Delfine,

für mich ist das eine Geschichte von Frau für Frau. Ich sag aber trotzdem was dazu: Es ist eine typische Silberne Delfine Geschichte.

Du hast es wie immer ein bisschen mit den Erklärungen …
Wie immer schön und flüssig geschrieben ...
Wie immer ein wenig zu ausführlich, manchen Halbsatz könntest du weglassen.
Ich glaube, dieses Fazit könnte man unter vielen deiner Geschichten schreiben.

Hier hast du gezeigt, wie drei Personen mit einer Diagnose umgehen. Handwerklich ist das schon gut gemacht, aber alles ist ein bisschen zu flach, zu blutleer für mich. Wahrscheinlich deswegen, weil ich selbst das Thema als nicht sehr spannend empfinde.
Der Schluss, na ja … Ich wüsste aber auch nix besseres.

Das Paar, das du dem Leser präsentierst, ist ein recht ungleiches. Überleg dir doch mal, ob du den Herbert etwas anders zeichnen könntest. Das mit dem “fremden Balg“ kommt nicht so gut, plötzlich mag man den Herbert nicht mehr. Vielleicht solltest du den Leser am Ende mehr mit Herbert mitleiden lassen. Wenn sich Herbert und Brigitte am Ende umarmen und zusammen weinen, dann weckst du ganz andere Emotionen, du hast ein bisschen mehr Herzschmerz im Text und vielleicht tut sich dann auch eine neue Möglichkeit für den Schluss auf.

Grüße,

Thomas
 
Hallo Thomas,

freut mich, dass du dich mit meiner Geschichte beschäftigt hast.

Wahrscheinlich kennst du aber die Vorgeschichte der Geschichte nicht :) ich hatte schon mal eine andere Fassung geschrieben, in der Brigitte und Herbert jeweils einen Brief mit dem Ergebnis bekommen. Damals wurde ich darauf hingewiesen, dass das in dem Fall nicht üblich sei und ich lieber das Gespräch mit dem Arzt beschreiben sollte. Das habe ich nun umgesetzt.

Es sollen in loser Folge Fortsetzungsgeschichten werden; Brigitte und Herbert sollen ein Kind adoptieren und Herbert ist von Anfang an dem Kind nicht gut gewogen. Der Leser soll Herbert ja gar nicht mögen, es soll hier schon durchklingen, dass es später Schwierigkeiten geben wird.

Eine typische Silberne Delfine-Geschichte - tja, jeder hat seinen Stil. :) Welchen Halbsatz könnte ich denn z. B. weglassen?

Danke für deinen Kommentar

LG SilberneDelfine
 

ThomasQu

Mitglied
Hier ist noch mal dein Text. Alles was jetzt fettgedruckt ist, hat meines Erachtens wenig bis gar keinen Informationsgehalt, der für die Geschichte wichtig wäre.

Juli 1962

Das Gespräch mit dem Arzt sollte am nächsten Tag stattfinden. Sowohl Brigitte als auch Herbert hatten seit zwei Wochen alle Untersuchungen hinter sich, die notwendig waren, um dem Rätsel der ungewollten Kinderlosigkeit auf den Grund zu gehen. Brigitte wurde es flau im Magen, wenn sie an den morgigen Tag dachte. Sie hoffte inständig, dass der Arzt verkünden würde, dass sie und Herbert Kinder bekommen könnte, doch es ließ sich nicht vermeiden, dass sie sich das Gegenteil ausmalte.

Am nächsten Tag, pünktlich zum vereinbarten Termin um 16.00 Uhr, saßen Brigitte und Herbert dem Arzt gegenüber und Brigitte fühlte sich überhaupt nicht wohl. Herbert hatte kaum ein Wort geredet, seit er von der Arbeit heimgekommen war, obwohl er sich extra für den Termin den Nachmittag freigenommen hatte. Nun saß er anscheinend völlig entspannt auf seinem Stuhl, aber Brigitte war sicher, dass er sich ganz und gar nicht so fühlte.
"Schön, dass Sie pünktlich kommen konnten", eröffnete der Arzt das Gespräch und lächelte freundlich. Dann machte er eine Pause. Als weder von Herbert noch von Brigitte eine Antwort kam, redete er weiter.
"Ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein. Es tut mir sehr leid, aber ein gemeinsames Kind werden Sie nicht bekommen können."
Brigitte schlug die Hände vor das Gesicht und bemühte sich, die Tränen zurück zu halten.
Herbert beugte sich auf seinem Stuhl vor und fixierte den Arzt mit den Augen, als sei dieser höchstpersönlich an diesem Ergebnis schuld.
"Und woran liegt das?" fragte er schließlich mit rauer Stimme.
Der Arzt antwortete nicht sofort. Er blätterte in den Unterlagen, die vor ihm auf dem Tisch lagen.
"Bei den Untersuchungsergebnissen Ihrer Frau ist uns nichts Relevantes aufgefallen. Bei Ihren Untersuchungsergebnissen kamen wir - nach sorgfältigen Auswertungen - dann zu dem Schluss, dass die Qualität Ihrer Spermien leider zu schlecht ist" , gab er dann Auskunft. "An was das liegt, kann ich Ihnen leider nicht genau sagen, da können mehrere Faktoren zusammenkommen."
"Und was kann man tun?"
"Leider nichts, Herr Kender. Es tut mir wirklich leid. Aber ich möchte Ihnen beiden reinen Wein einschenken. Es würde Ihnen nichts bringen, wenn ich Ihnen jetzt eine Hoffnung machen würde, die sich nie erfüllen wird."
Brigitte hatte bis jetzt geschwiegen. Sie war froh, dass es ihr gelungen war, nicht vor dem Arzt in Tränen auszubrechen. Als sie nun die niederschmetternden Worte hörte, fühlte sie sich wie betäubt. Nicht nur, dass es ausgeschlossen war, ein Kind mit Herbert zu bekommen. Nein, es lag auch noch an Herbert! Das würde er nicht so ohne Weiteres verkraften.
"Besteht gar kein Zweifel?" fragte sie mit leiser Stimme.
Der Arzt schüttelte den Kopf. "Wie gesagt und so leid es mir tut, im Moment kann ich Ihnen nichts anderes sagen. Vielleicht ist die Medizin in einigen Jahren soweit, dass sich da etwas tun lässt. Im Moment sehe ich keine Möglichkeit."
Jetzt schluchzte Brigitte doch auf, während Herbert stocksteif auf seinem Stuhl sitzenblieb und keinerlei Regung unternahm, um seine Frau zu trösten.
Der Arzt räusperte sich.
"Ich kann verstehen, dass Sie das erstmal verarbeiten müssen. Ich weiß, dass das nicht leicht für Sie ist. Aber wenn Sie sich so sehr ein Kind wünschen, gibt es vielleicht doch eine andere Möglichkeit."
"Sie sagten doch gerade, dass sich da nichts tun lässt!" Brigitte tupfte sich die Tränen ab. Auf einmal war sie nicht mehr traurig, sondern wütend. Wollte der Arzt sich etwa über sie beide lustig machen?
"Für ein eigenes Kind lässt sich momentan nichts tun, das stimmt", erläuterte der Arzt, "aber es gibt auch die Möglichkeit, ein Kind zu adoptieren."
"Ein fremder Balg?" platzte Herbert so wütend heraus„ dass Brigitte neben ihm zusamnenzuckte.
"Ich denke ja nicht daran!"
"Herr Kender.....", der Arzt hob abwehrend die Hände, "es war nur ein Vorschlag. Vielleicht war er im Moment unangebracht. Aber überlegen Sie sich die ganze Sache einfach noch einmal in Ruhe. Vielen kinderlosen Paaren wurde so schon geholfen und nicht zuletzt auch den Waisen. Ich stehe im Kontakt mit dem hiesigen Waisenhaus und wenn Sie wollen, könnte ich mich mit der Oberin, die das Waisenhaus leitet, in Verbindung setzen."
Während der Arzt sprach, verfinsterte sich Herberts Miene immer mehr.
"Wollen wir nicht", sagte er nun knapp. "Brigitte, wir gehen."
Brigitte stand auf. Sie wusste, dass es vollkommen zwecklos war, Herbert zu widersprechen, wenn er in einer solchen Stimmung war.
Der Arzt erhob sich und schüttelte ihnen beiden zum Abschied die Hand.
"Wenn Sie es sich anders überlegen, Sie können jederzeit vorbeikommen."

Auf dem Weg zum Parkplatz schwiegen beide. Erst als sie im Auto saßen, sagte Brigitte: "Herbert, es tut mir so leid."
Herbert antwortete nicht.

Als sie vor ihrer Haustür waren, forderte Herbert sie auf, schon mal auszusteigen und ins Haus vorzugehen.
"Ich muss noch etwas erledigen", sagte er.
Dann wendete er den Wagen und fuhr davon.
Brigitte sah ihm hinterher und begriff, dass für Herbert gerade eine ganze Welt zusammengebrochen war.
 
Hallo Thomas,

wow, hast du dir viel Arbeit gemacht, vielen Dank dafür.
In einigen - oder den meisten - Fällen hast du vermutlich recht, aber der Satz hier

Ich stehe im Kontakt mit dem hiesigen Waisenhaus und wenn Sie wollen, könnte
ist enorm wichtig für die weitere Geschichte, da Herbert und Brigitte ein Kind aus dem Waisenhaus adoptieren werden. Ich habe das im Hinblick auf die nächsten Teile erwähnt.

Ursprünglich wollte ich eine chronologische Fortsetzungsgeschichte schreiben und hatte den Versuch schon unter "lange Texte" gestartet. Aber dort bleiben Geschichten doch recht unbemerkt. So entschied ich mich, in loser Folge zu schreiben.

LG SilberneDelfine
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Silberne Delfine,

m.E. gibt es aber doch noch medizinische Möglichkeiten, wenn der Mann zeugungsunfähig ist. Die Möglichkeit der Adoption wird hier so präsentiert, als hätte das Paar noch nie davon gehört. Das ist leider unglaubwürdig. Auch der Kontakt mit einem Waisenhaus über den Arzt. Da hilft auch das Jugendamt weiter.

Also ich würde das Ganze noch realistischer gestalten. Thomas Q hat schon gute sprachliche Tipps gegeben.

Viele Grüße,

DS
 

molly

Mitglied
Doc,
medizinische Möglichkeiten? Die Geschichte handelt 1962.

S.Delfine
Die Verbesserungsvorschläge von Thomas finde ich gut. Sie verändern die Geschichte nicht, sie liest sich jedoch flüssiger. Behalte den Satz, der Dir wichtig ist.

Grüßle

molly
 
Hallo Doc Schneider,

ja, das konnte man. Ich kenne eine Frau, deren Tante und Onkel diesen Test in den 60ern gemacht haben. Ich hatte mich vorher informiert, weil ich zunächst auch dachte, solange gäbe es diesen Test noch nicht.

Hallo molly,

da hast du recht. Ich finde es toll, dass Thomas mir das an den vielen Beispielen gezeigt hat, damit kann ich viel anfangen.

LG SilberneDelfine
 



 
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