Das Flöz - Folge 7 - Der Gehilfe

Der Professor hatte einen Gehilfen, einen stämmigen Burschen mit Bartstoppeln und einem gewinnverheißenden Lächeln. Er machte nicht nur die Drecksarbeit , sondern spielte auch Krankenschwester bei den astrophysischen Experimenten. Da war schon mal das ein oder andere angeschlagene Leptosom aus der Bahn zu holen. Ersatzspieler waren schnell gefunden und in die Zerstümmlungs-Arena eingeschleust. Die dafür nötigen Greifarme, musste Adept B, so wollen wir ihn nennen, bauen. Der konnte das auch gut. Und was die Magie dahinter betraf, da vertraute er ganz seinem Hexenmeistah, äh, pardon, seinem Herrn und weisst ja.....
*

Die thermonukleotide Wärmeumlagerung des gesamten Streckenverlaufs war durch Patent B 15 - 08, Erdwärme gesichert, für das der Professor vom europäischen Energieverbund EEC mit Preisgeldern überhäuft wurde. Die Fördermittel konnten sie wirklich gut gebrauchen.

Es waren noch zwei Monate bis zur Eröffnung. In einem behindernden Asbestanzug stand der Adept B fluchend vor einer riesigen, glühenden Ofenöffnung. Er musste eine Legierung aus drei verschiedenen Metallen herstellen, deren neuer gemeinsamer Schmelzpunkt oberhalb der thermischen Schmerzgrenze lag.

Der Professor trommelte nervös auf einen Stahlblock. Sebastian fragte unverfänglich: „Wie kommt es, dass die Erde nicht ganz wegschmilzt unter ihrer eigenen Hitze?“ Das Stöhnen des Adepten war die Antwort. Der Professor hatte die rettende Idee: Na, klar, an das Magnesium hatte er nicht gedacht. Eine Prise davon, und die roten Flammen würden endlich den in den Antrags-Papieren beschriebenen, ultravioletten ähneln. Mit spitzen Fingern griff er sich das Tütchen, das er immer für Notfälle bei sich hatte, und klopfte den Inhalt liebevoll auf eine elektronische Waage. Sein besorgter Blick jedoch galt der Temperaturanzeige im Hintergrund, die immer noch nicht hoch genug geschnellt war. Bei 2.498 Grad Reaumur war Schluß. Hmmmh----

Der Adept B. wollte sich den Schweiß abwischen, konnte jedoch nur die Frontscheibe seines Schutzhelmes reiben. Er träumte von einem klatschnassen, zischenden Kölsch.

Der Professor ging zur Tafel, wischte Ruß und Asche davon ab und beugte sich in die Dozentenhaltung. „Beim Absenken des Luftdruckes kann man die Körpertemperatur von 37 Grad auf den Siedepunkt treiben, mein Lieber. Dort oben“, er deutete hoch, „ist die Luft schnell sehr, sehr dünn, verstehst du? Da wird sie dünner als dünn, und der Druck fällt mächtig ab, und du wirst ganz heißblütig!“ Er zeichnete Sinuskurven wie kein Zweiter. Jetzt steigerte er sich noch: „Ist die Luftleere gut genug, wie wir Physiker sagen, dann verliert auch das Objekt keine Wärme mehr an die Außenluft.“

Sebastian war einen Schritt vor der heißen Blase zurückgewichen, die aus dem Ofen entwich. Er murmelte mehr für sich: „Logarithmischer Abfall der Dichte der Erdatmosphäre.“ „Richtig“ strahlte der Professor „Du sagst es. Und nun pass auf! Wir müssen diesen Raum hier luftleer kriegen!“ Sebastian : „Aber bitte erst, wenn ich draußen bin, ja?“

Der Professor war jetzt supergelaunt, stieg in seinen freudig vibrierenden Celestian und beschleunigte Richtung Kantine. Sebastian schaute ihm grinsend hinterher und holte aus der eingenähten thermoisolierten Seitentasche seines Overalls eine Flasche Kölsch, und warf sie dem verduzten Adepten zu. „Kannst Du mir mal bei der Cyber-Wand helfen. Ich krieg die alleine nicht ausgerichtet?“ Sie gingen zu einem Nachbarstollen und kamen ins Schwitzen. Eine fünf Meter hohe, schräg installierte Wand musste justiert werden, damit die Projektionen nicht unscharf wurden. Keuchen, unterdrücktes Fluchen....
Sebastian: Hast Du es jetzt?
Adept B: Gleich, Moment..... kannste noch?...(stöhnt)........ich muss nur diesen Bolzen.....
S, unwirsch: Das dauert.....
A, gelassen: Na, na. Dir liegen wohl auch die Nerven blank so zwei Wochen vor Eröffnung, was?
S: Jaoh eehj! Du sach´ssett! (stöhnt auch) Wir kriegen die pyrotechnischen Probleme nicht in den Griff!
A(hochkommend): Freust´e dich denn gar nicht über den Korsischen Felsen-Abschnitt? Der ist doch wohl voll italophil geworden, oder?
S (ziert sich, gekünstelter Künstler): Mercola wird ihre Freude daran haben. Ich hatte es mir ´nen Tic anders vorgestellt. Aber auf mich hört ja keiner.
A: Bravo. So gefällst du mir besser. (Fällt auch in einen theatralischen Gestus und fängt an ausländerdeutsch zu sprechen) Doch sag. Wat is mit Laddung von Muffen? Du versprochen...ich nix bekommen...ich schon kriegen Muffen....ich brauchen dringend....Deutschermann......
S: O.K. Danke, Mann. (schlagen sich in die Hände) Ich verstehe. Ich lauf zu schnell heiß. (Verpaßt sich selbst einen Schubs an den Kopf) Also, die Muffen liegen schon im Hof. Entschuldige, ich bin echt im Stress! Wie weit ist unser Professor eigentlich?
A: Oh, von ihm höre ich nur lobende Worte über dich. Er idolisiert dich wie seinen eigenen Sohn.
S : Ah, deshalb hat er sich in letzter Zeit immer so belehrend gegeben! Aber ich sag dir eins: Wenn er mir zu hochgestochen kommt, kriegt er von mir voll die Breitseite: Ich sage einfach nur vier Worte.
A: Na? Welche denn?
S: Ach, ja, ich verplaudere mich hier und du wartest auf die Worte. Nun, sobald ich Einstein-Rosen-Poldolski-Experiment sage, hab ich ihn in der Hand. Weißt Du, so wie in dem Film Zurück in die Zukunft niemand zu Marty: Du feige Sau sagen darf, sonst rastet der aus.
A: Oder in Tote tragen keine Karos: Niemand darf das Wort Cleaning-Women benutzen, sonst geht Steve Martin ihm an die Gurgel.
S: Genau so wirkt dieses ERP-Experiment auf ihn. Und ich spreche es immer auf dieselbe, tonlose Weise. Meine Stimme färbt sich dann blutrot vor Niederstreckungsgier. Und es bringt ihn immer zur Ordnung zurück. Na ja, fast immer!
A: Was heißt „fast immer“?
S: Neulich war er kurz davor, mich zu ohrfeigen.
A: Warum?
S: Du weißt ja, dass er sich ständig beschwert, dass unsere computergesteuerten Unterhaltungsmaschinen zuviel Elektrosmog absondern. Ich hatte bestimmte Abschnitte seiner Sicherheitszonen, von denen er zugegeben mehr als genug hat, nicht ausreichend dagegen geschützt. ‘Sorry, Mann. Tut mir leid. O.K.? Aber ich bin auch im Stress’ hab ich mich entschuldigt, und ihn dann gefragt, wo die chemischen Substanzen für die psycho-pheromonische Abteilung blieben, die wir dringend brauchten.
A: Wie hat er reagiert?
S: Er stockte kurz. Ich spürte, wie es in ihm arbeitete: Bis jetzt hatte es ja homöoakkustisch geheißen, und nun...tja, er versetzte darauf väterlich: ‘Ich sehe schon, du bist ja wirklich am Ende, mein lieber Junge. Pass auf. Wenn wir das alles hier hinter uns haben, dann fahren wir zusammen, sagen wir....ääh.. ich weiß ja nicht, was du magst. Mir ist es gleich, nur irgend so ein Atoll sollte es schon sein.’ Und: er hätte auch eine Unterwasserausrüstung dabei!
A: Echt?
S: Ja, aber nun war es an mir, sich jovial zu verhalten. Ich klopfte übertrieben kumpelhaft auf seine knochige Schulter. ‘Noch ist es nicht an der Zeit an Reisen zu denken’ Das Funkeln in seinen Augen gab mir die Gewissheit, dass wir es schaffen würden.
A: Na siehst Du. Also weitermachen Kumpel, und : Glück Auf!
 

herb

Mitglied
durchgehalten

He Doc,

ich bin kein Kritiker, aber ein Leser, der durchhalten kann.
Also, begann ich mit Folge 1 und hörte mit Folge 7 auf. Ich lag im Sessel, trank ein Bier und rauchte 5 Zigaretten. Ein leichtes Kopfweh haben das Lesen, das Trinken oder das Rauchen in mir erzeugt. Vielleicht auch die unordentliche Haltung im Sessel dazu beigetragen. Ein wenig habe ich das Gefühl, die Reihenfolge hätte ich gar nicht so einhalten müssen. Bisher dachte ich immer, man kann entweder sehr schlecht, schlecht, gut oder sehr gut schreiben. Nun weiß ich, man kann auch alles gleichzeitig, das habe ich noch nie erlebt. Ich werde weiterlesen, wenn du mir versprichst, dass in den nächsten drei Folgen, Sebastian endlich zu seinem Sex kommt, denn zum einen nehme ich erstaunt zur Kenntnis, hochgebildete Menschen haben damit ihre Probleme,
und zum anderen das Gefühl, dies ist der Sinn eigentlich dieser Folgen, vielleicht bin ich auch nur zu dumm

herzlich
 
Hallo Herb!
Eine der besten Kritiken, die ich je bekommen habe!

Ich kann dich trösten: in der übernächsten Folge schon wird es handgreiflich. Und daß der ganze überschwengliche Erzählaufwand betrieben wird, kann doch nur einen Grund haben: Er will Mercola ins Bett kriegen!
Das muß man sich mal klar machen. Als paranoider Humanoide!

Du bist mir voraus. Wie weit, weiß ich noch nicht, aber daß du alle meine Flöz-Folgen gelesen hast, find ich beeindruckend! Ich hab es bisher nur zu zwei Deiner Fortsetzungsgeschichte "Die dunkle Seite der Erde" geschafft.

Welche Erfahrungen hast Du denn gemacht mit deinen inzwischen 39? Folgen? (und wie sind sie entstanden? Tagebuchaufzeichnungen?) Bei der letzten Folge hast Du ja einen schönen Kommentar bekommen. Das wünsch ich mir auch, daß aus meinen Folgen immerhin noch ein oder zwei treue Leser dabei sind, die mir irgend etwas Relevantes - bitte - zu Folge soundsoviel sagen!

Dein Kommentar in sich ist schon literarisch: Also, begann ich mit Folge 1 und hörte mit Folge 7 auf. Ich lag im Sessel, trank ein Bier und rauchte 5 Zigaretten. Ein leichtes Kopfweh haben das Lesen, das Trinken oder das Rauchen in mir erzeugt. Vielleicht auch die unordentliche Haltung im Sessel dazu beigetragen. Ein wenig habe ich das Gefühl, die Reihenfolge hätte ich gar nicht so einhalten müssen. Bisher dachte ich immer, man kann entweder sehr schlecht, schlecht, gut oder sehr gut schreiben. Nun weiß ich, man kann auch alles gleichzeitig, das habe ich noch nie erlebt.
Das ist unglaublich "schreiberisch" verpackt, sowohl Lob als auch Tadel.
Und daß du zu dumm bist, ist ein kokettes Understatement.

Du gibst nur, wie Zefira und Visco auch, dem Gefühl Ausdruck, "eh, Alter, komm endlich zu Potte, mach hinne, erzähl mal, wie es weitergeht, und hör auf wie die Katze um den heißen Brei zu schleichen."

Dazu möchte ich sagen, daß ich vor zwei Monaten noch nicht geglaubt hätte, "Das Flöz" zu posten. Bis dato hatte ich imnmer nur Kurzgeschichten gesendet.
Zefira brachte mich auf die Idee, dieses opulente Opus doch vielleicht in "Erzählungen" unterzubringen. Es ist ein Text, der innerhalb eines halben Jahres "durchkam", und ich habe nur immer mitgeschrieben. Und dann später ein wenig in die Choreographie gebrüllt, man möge doch ein wenig Ordnung in den Ablauf bringen!

Nun, wie Du weißt, die nächsten Schritte sind dann, Folgen erstellen, korrigieren, "Vorschau" - und schließlich "ausführen".

Aber das mußte ich erstmal alles erkunden und bekomme so die wichtigen Tips, die ich von Freunden nie so recht annehmen wollte: "Du schreibst so umständlich", oder "Warum schreibst Du nicht wie alle anderen?" Hart war auch "Du kannst nicht richtig gut erzählen!"

So lerne ich, nicht zuletzt aufgrund von jovialen Anregungen wie von Dir, Seitensprünge zu wagen, ohne den Faden zu benagen, an dem wir alle hängen!

Außerdem verschreibt der Doktor allen Lesern Geduld.
Nur nicht zu sehr auf das Ergebnis schielen!
Ruhig auch mal Passagen einfach genießen!
 



 
Oben Unten