Das Jahr der Blender

Vagant

Mitglied
DAS JAHR DER BLENDER

An solch kalten Frühjahrstagen hatte der Saunagarten noch nicht viel zu bieten. Zwei schmucklose Mauern zur Straße hin, ein wenig gelbstruppiges Gras, welches dort bräsig überwintert hatte, mittig die achteckige Konstruktion der Blockhaussauna, daneben Freiluftdusche kalt, ein Rauchertisch samt Hocker und Mülleimer und etwas abseits, nahe einer hohen Hecke, die aussah als sei sie aus Bambus gemacht, ein paar Liegen.
Sieht aus wie Bambus, klingt bei Wind wie Bambus, also ist es Bambus, entschied er, legte sich auf eine der Liegen, zog den Bademantelkragen enger und kramte nach seinen Zigarillos.
Ein Pausoholiker sei er, ein Pausoholiker, wie er im Buche steht. Er schmunzelte kurz über diesen Gedanken und begann, diese, wie er meinte, treffliche Selbsteinschätzung durch entspanntes Rauchen und Lesen zu untermauern. Er nahm seine Mappe und begann mit den letzten Feinheiten an seiner neusten Storie für das Stadtmagazin zu arbeiten.‘Ohne Popcorn im Pornokino’ – klasse Titel schon mal, da war er sich sicher; ein paar Streichungen hier, einige Dialogstraffungen dort, und das Ding sei im Kasten.

?Nach wenigen Minuten hörte er eine Stimme neben sich.
„'?tschuldigung?“, klang es – und es klang so, wie Tiramisu schmeckt.
?Er hob den Kopf. ?Heilige Scheiße. Zwei makellos enthaarte Beine die in einem nackten Frauenschoß endeten.? Er ?wollte sich nun aber nicht die Blöße dieses verräterischen Moments geben, wollte seinen Blick nicht länger als nötig dort ruhen lassen und sah nach oben. Heilige Scheiße, noch mal. Er? ?schätzte sie so auf Mitte bis Ende Vierzig,? ?konnte sich aber da auch irren.? Es gibt Frauen, die kann man einfach nicht schätzen, und diese hier gehörte zweifelsfrei dazu. Sie war an verschiedenen Stellen dezent tätowiert, an den Schlüsselstellen dezent gepierct und ?trug dezent die alte Frisur der Minelli auf, die ihr gut stand. Alles in allem wirkte sie auf ihn ein wenig übertrainiert, so, als versprühe sie selbst frisch geduscht den Geruch von Gymnastikanzug und Pilatesmatte. ?
„?Ent–schul–di-gung?!“?,? ?sagte sie nun noch mal etwas lauter und zeigte auf die Packung Zigarillos,? “?dürfte ich mir mal eine schnorren?? ?Ich hab’s zwar schon vor’n paar Jahren aufgegeben,? ?aber wenn ich das Zeug rieche? ?werd?' ?ich schwach.”?
“?Sicher”,? ?sagte er.?
“?Ich hol?’ ?mir nur mal schnell? ‘?n Handtuch.?”
Das ist d?ie alte Augenklappe von Mosche Dajan,? dachte er, als sie wieder vor ihm stand, denn das Tuch um ihre Hüften taugte gerade mal dazu, zwei, drei ihrere Piercings vor der kalten Märzluft zu schützen, sodass er froh war?,? ?als sie sich endlich setzte.?
„?Was liest’n da eigentlich die ganze Zeit??“?,? ?fragte sie und deutete auf die Blätter in seiner Hand.?
„Eine Storie. Ich m?uss da noch?'?n bisschen dran arbeiten.?“
„?Selbst geschrieben??“
„?Ich versuch's.?“
„?Darf ich mal reinlesen??“?,? ?fragte sie,? “?hast Glück,? ?ich hab’ nämlich mal was mit Kunst studiert.?"
„Ach w?ie niedlich?“, sagte er.
„?Hat aber nichts gebracht. Das langt heut?' ?grad mal für'n Halbtagsjob in der Stadtbücherei.?“
„Na ja, w?er kann,? ?der kann?”?,? ?sagte er, reichte ihr die Zigarillos und ein Blatt aus der Mitte von ‘Ohne Popcorn im Pornokino’.?
?Sie fingerte ein Zigarillo aus der Box.?
Er gab ihr Feuer.
Sie nahm einen tiefen Zug,? ?lehnte sie sich zurück und blies den Rauch aus,? ?als wüsste sie mordsmässig Bescheid.? ?Dann begann sie zu lesen. ?
?
?Hinter der Mauer zur Straße fuhren ein paar Autos?; ?irgendwer ist wohl immer gerade auf dem Weg zu irgendwem, dachte er und begann damit, seinem Protagonisten mit ein paar Bleistiftnotizen ein bisschen mehr Profil zu geben.
Nach einigen Minuten sagte er: ?“Hör mal zu”, wie findest’n das hier ... ‘mit nem breitbeiniger Blick, der kaum verholen traurig in die Welt blickt, weil er weiß, wie es um seine Möglichkeiten bestellt ist’...was hällts’n davon? Kann man so schreiben, oder?”
?“Ein Blick der blickt, das würde ich anders schreiben”, sagte sie.
?“Na dann, dann... dann schaut er halt, der Typ.”
„Also, d?er Stil ist ja recht flüssig, aber irgendwie ist das so’n White-Trash.”
?Sie zog nochmal kräftig am Zigarillo und redete sofort weiter: “?Und dann der Protagonist! Ich meine, das gibt’s doch in keinem Russenfilm,? '?n Dödel hoch zehn ist das.? ?Der Kerl müsste mal ‘n bisschen aus’m Knick kommen,? ?wenn er irgenwann noch mal bei der Schnitte landen will.?“
Sie zog nochmal kräftig ?
„?Na warte doch?“?,? ?sagte er.?
"?Auf wen denn, kommt da noch einer??”
„Nein, aber '?s kommt ja noch was.? ?Der Bursche is?' ?halt irgendwie gehemmt...? ?irgendwie desillusioniert...? ?und im Grunde ist er nich?' ?wirklich ein Macher...? ?nich?' ?wirklich ein Draufgänger,? ?er ist eher so'n verdruckster Wichsertyp,? ?verstehste??"
„Verstehe, das Ganze ist also eher ?autobiographisch angelegt.?”
?Pause.
Sie schnippte die Asche in Richtung Wiese und las weiter; und wie sie das machte, das hatte Klasse.
„V?eröffentlichst Du denn irgendwo??“?,? ?fragte sie nach einiger Zeit.?
„?Ich hab?’ ?da eins,? ?zwei Seiten in? ei?ner kleinen Stadtzeitung?“?,? ?sagte er,? „die ?kommt so alle? ?acht ?Wochen,? ?je nachdem,? ?ob die Typen gerade was auf Tasche haben.? ?Na ja,? ?und ich kenn?' ?den Redakteur ganz gut, er sagt,? ?er wolle genau so'n Zeug, und ich könne ihm alles bringen,? ?sagt er,? nur keine? versteckten Botschaften,? keine ?Bekennerschreiben,? keine ?Erbauungstexte,? ?et cetera.? ?Sein Leute wollen unterhalten werden,? ?nich?' ?mehr,? ?nich?' ?weniger,? ?sagt er jedenfalls,? ?und ich denk?'?,? ?ich hab's drauf,? ?ihm genau so'n Zeug zu bringen.?“
„Dann b?ist also so etwas wie? '?ne Storienutte??“?,? ?sagte sie.?
„?Bingo.”?
?So lagen sie noch eine Weile in der kalten Märzluft, bliesen weiße Rauchfahnen in den grauen Himmel und er hatte den Eindruck, dass die Chemie zwischen ihnen nicht besser sein könnte. Irgendwann sagte er, sie könnten ja noch irgendwo irgendetwas trinken gehen – und sie gingen noch irgendwo irgendetwas trinken.?

?Dann kam der Sommer.? ?Anfang Juni stand sie morgens um? sieben ?mit zwei Taschen an seiner Tür,? ?strahlte ihn an,? ?schmiss die Taschen in den Flur und sagte:? „?Ich muss eins klarstellen, ist? ?nur,? ?weil's so praktischer ist.?“
„?Kein Ding?“?,? ?sagte er,? „ Du ?kennst dich hier ja schon ein bisschen aus.?“
?Morgens ging sie zur Arbeit in die Stadtbibliothek,? ?nachmittags half sie ihm seine Sachen ins Reine zu tippen, abernd tranken sie und in den Nächten vögelten sie,? ?was das Zeug hielt.?
?Seine Stories wurden nun immer besser und ?die Leute vom Maganzin fragten sich, wie ihm nur immer wieder so ein abgefahrenes Zeug einfallen könne. D?ie Typen machten von nun an ein kleines Vermögen mit seinen Sachen.?

?Nach dem matten,? ?resigniertem Grün des späten Sommers kam der Herbst mit seinen klatschnassen Tage .? ?Er saß nun oft einfach so rum, wusste nur wenig mit sich anzufangen und starrte lustlos und uninspiriert in die Nebel,? die sich draußen breitmachten.
?S?ie wirkte nun zunehmend tragisch,? ?übellaunig und genervt?; ?aber vorwiegend tragisch.?
?Eines Tages sagte sie,? ?dass da ein stadtbekannter Lyriker alle paar Tage zu ihr in die Bibliothek komme. Man könne? ?fast meinen,? ?der Bursche mache mir den Hof, so sie, worauf er meinte, dass er es dem Typen ja nicht mal verübeln könne.?
„Ein ?angemhmer Typ,? '?n bisschen älter zwar,? ?aber hat richtig was los”, sagte sie.?
„?So'n langer,? ?drahtiger??“?,? ?fragte er,? „ausgedünnter, ?grauer Zopf,? und ?sieht so aus,? ?als übertreibe er's ein bisschen mit'm Tempranillo??“
“Wieso fragst Du? ?Kennst Du ihn??“
„Ich denke schon”, sagte er, “i?s?' wohl ?der Schüttelreimsepp. Irgendwas mit Sebastian.? ?Hängt immer im? '?Gangbang?' ?ab,? ?starrt den Mädchen auf's Höschen und versucht seine schwulen Verse an'n Mann zu bringen.?“
?Sie schaute ihn an: „?Weißt Du, dieser Scheißhumor hängt mir langsam zum Hals raus. ? Und ob Du’s glaubst oder nicht, der kann wenigstens was, jedenfalls kann er anständig schreiben; Gedichte, Gedanken, Schönes – und nichts so’n unterirdischen Magazinscheiß.
?Sie zog einen kleinen,? ?zerknitterten Zettel aus der Hosentasche,? ?strich ihn glatt und legte ihn auf den Küchentisch.?
?Er las kurz drüber?; ?irgendwas über ein? ‘?Lagerhaus der Erinnerungen?’?,? ?und es hatte einen guten Punch,? ?soviel musste er dem Sepp zugestehen. Am besten gefiel ihm die dritte Strophe.
?"?bin zum lied des nebelhorns
auf blutigen schiffen gefahren?;
?für’n strahl vom mondlicht
und? ‘?nen seesack voller tang?”
?,? ?las er,? ?musste grinsen und pinnte das Ding an die Kühlschranktür.?
„?Mal ehrlich?“?,? ?sagte er,? „?Du wirst doch nicht ernsthaft auf diesen alten Zausel reinfallen?? ?Der hat doch das letzte mal einen hoch bekommen? ?da war Acker Schröter noch Kanzler.?“
„Ach f?ick dich doch selbst?! Du h?ast auch nur eins im Kopf,? ?zu mehr reicht's wahrscheinlich nicht??"
?Von diesem Tag an wirkte sie nur noch übellaunig. ?

?Mit dem Beginn des Winters kam der erste Schnee.? ?Nur ein paar kleine Flocken,? ?die schmalbrüstig auf dem Fenstersims lagen und gegen das Verwehen ankämpften.?
Es war ruhig und still als er am Fenster stand und auf die Straße blickte um nach Spuren des vergangenen Sommers zu suchen – doch die Welt unter ihm war wie in Zinn gegossen;? ?keine Spuren,? ?nirgens und überall nur tristes Grau. ?
?Er ging in die Küche. Neben der Kaffeemaschine lag der Schlüssel, ?den er ihr einmal gegeben hatte und gleich? ?daneben ein kleiner Notizzettel.?
?ups,? ?wohne erstmal bei sebastian?
(?der mit den gedichten?)?.?
?ruf mich mal besser nicht an? !!!!
ich ?melde mich,? ?wenn ich mit der sache durch bin.?
?ps.? ?war aber irgendwie trotzdem? ’?ne schöne zeit. ?
?salü.?

?Er? ?legte den Zettel zur Seite und schluckte trocken?; ?zu mehr war gerade nicht fähig.? Als er sich umschaute blieb sein Blick an der Kühlschranktür hängen, dort, wo ihn die krakelige Handschrift vom Schüttelreimsepp seit Wochen an bessere Zeiten erinnerte.
“bin zum lied ?des nebelhorns
auf blutigen schiffen gefahren
für’n strahl vom mondlicht
und? ‘?nen seesack voller tang?”? ?

?So ein Arschloch, dachte er, Lagerhaus der Erinnerungen, dass ich nicht lache.
Er kannte diese Zeilen seit Ewigkeiten,? ?da war er sich sicher. Sie stammten von einem längst vergessenen, Tango-und-Wodka-beseelten, finnischen Poeten,? der irgendwann ein mal? in einem Wochenendmagazin veröffentlicht wurden, welches es nun auch schon Jahrzehnte nicht mehr gab.? Damals war er stolzer Besitzer einer dieser seltenen Ausgaben, aber d?er Schüttelreimsepp hatte sie ihm, als er einmal knappe bei Kasse war, für ein paar Gramm Shit abgeschwatzt.?
?Er nahm den Zettel von der Kühlschranktür,? ?schmiss ihn in den Müll und dachte,? ?dass ihm der Sepp in Sachen? ‘?Blender?’ ?nun aber wirklich das Wasser reichen konnte.? ?Aber wirklich?!?
 
A

aligaga

Gast
@Ali liest das nicht als Satire, und richtig zum Lachen findet er's auch nicht. Wär's etwas Essbares, würde er sagen, die Bissen enthielten Bitterstoffe, die erst im allerletzten Moment etwas anderes schmecken ließen, einen winzigen süßen Abgang, wie ihn schwarze Schokolade hat (da es nicht um G'schichterln geht, sondern um Stories, sagt wohl am besten "tasting bittersweet").

Wer je Textpröbchen oder gar Reime an halbnackte EndvierzigerInnen gewendet hat, weiß, wie enttäuschend deren Reaktionen oft sind, ganz gleich, ob die Lührik geformt ist oder nur Brei. Es kommt den Mädelz nicht so sehr darauf an, eher auf die Stimme des Typs, sein Aussehen, seine Hände und das, was er direkt zu sagen hat. Und seine Kohle, natürlich. Wegen ein paar Zeilen gehen sie nicht mit, da muss schon mehr kommen.

Die Frau, die uns als eine vorgestellt wird, die vor Jahren vom Weg abgekommen ist, ihre Illusionen verloren hat und wohl eigentlich auf der Suche nach so etwas sein sollte wie einem Freier, lässt sich ein wenig zu glatt mit dem verkrachten Schriftsteller ein. Wir wissen doch beide, dass man mit "Stories" in kleinen Stadtzeitungen weniger verdient als die ZeitungsausträgerIn. Die Stadtzeitungen leben nicht von den Stories, die sie zwischen die Anzeigen pressen, sondern von den Anzeigen eo ipso.

Es sollte deshalb ein bisschen plausibler werden, was den weiblichen hobo dazu bringt, bei dem armen Poeten unterzuschlüpfen. Denn, wie schon gesagt, mit "nem breitbeinigen Blick, der kaum verholen traurig in die Welt blickt, weil er weiß, wie es um seine Möglichkeiten bestellt ist" allein läuft da garantiert nichts. Das ist Fantasy wie der später postulierte Goldregen, der sich mit schwülen Stories erzielen ließe. Sei @ali nicht böse, wenn er dir sagt, dass er da wirklich gelacht hat.

Der Schluss ist genial gemacht, leidet aber dennoch am gleichen Mangel wie dem obigen - das Mädel, das "zum lied ?des nebelhorns auf blutigen schiffen mitfährt, nur für’n strahl vom mondlicht und? ‘?nen seesack voller tang?”, das muss erst noch zur Welt kommen. Immerhin hat der zweite Beschützer wenigstens seine grauen Haare zu einem Zopf gebunden und ist hager (es gibt Frauen, die stehen auf sowas), aber er scheint ebenso mittellos zu sein wie der Erzähler und soll saufen.



TTIp: Nach einer Komponente suchen, mit der die Anhänglichkeit der schnodderigen "Schönen" plausible würde. Lass doch den Erzähler ein Cabrio und Verlagsanteile besitzen und den Nebenbuhler Harleyfahrer sein.


Und schon wär alles geritzt.


Gruß


aligaga ?
 

Vagant

Mitglied
Hallo @aigaga,

also wenn hier auf jemanden Verlass ist, dann ist es auf Dich.
Gut so, denn das gibt mir die Gelegenheit diesem Text ein paar nötige Erklärungen anzuhängen.

Vor wenigen Tagen wurde mein LL-Autorenname hier in einer Laudatio, sowie in der dazu gehörenden Dankesrede erwähnt, was mich spontan fragen ließ: Wer zum Teufel war eigentlich dieser Vagant? Was hat er jemals hier geliefert, um im Rahmen einer Preisverleihung namentlich erwähnt zu werden? Geht es um diesen Vagant, der hier in den letzten Monaten mit nicht mehr, als mit ein bisschen autobiografisch gefärbter Schnellschusslyrik aufgefallen ist?
Hat der überhaupt noch was auf der Pfanne? Wenn ja, warum tut er‘s dann nicht?
Eine Menge Fragen, wenig Antworten.

Gut, das Geschichtchen weiß da auch keine Antworten drauf.
Der Plotaufhänger (Stadtzeitung – Ruhm und Reichtum) ist natürlich grotesk, ein ausgemachter Schmarrn, um es mal mit deinen Worten zu sagen. Die agierenden Personen sind durch die Bank weg Pappkameraden – klischeehafte Archetypen einer kleinstädtischen Kulturbeflissenheit, wie man sie wahrscheinlich allerorts antreffen könnte, und das Ganze ist am Ende wohl auch mehr als eine leicht ironisch gemeinte Nabelschau des Autoren zu betrachten, der an Ende aber selbst nicht schlau draus wurde;-)
Hinter welcher Figur versteckt sich nun Alter-Ego des Autors? Hinter der, der lyrisch bewegten Rotweinnase? Hinter dem profanen Storyteller, oder hinter der Bibliothekarin, die da zwischen den Polen hin und her triftet?
Um da mal ehrlich zu sein; der Text bringt mich da momentan selbst nicht viel weiter.

Nun hätte der Text wahrscheinlich verschiedene Verwendungswege gehen können:

A) ab in den Papierkorb, wo er schon zweimal gewesen ist. Aber das Ding ist schon randvoll mit dem Mist, den ich in den letzten Monaten so verzapft habe.

B) als Replik in den anfangs erwähnten Thread. Dafür war er meiner Meinung nach dann doch zu lang, zu kryptisch, zu eigenständig.

Oder C) ab in eine der möglichen Rubriken. Tagebuch, Kurzgeschichte, Humor-Satire. Am Ende ist es egal, er versendet sich ja ohnehin nach wenigen Tagen.

Bleibt immer noch die Frage: Wer zum Teufel war eigentlich dieser Vagant?
Ich denke, ich sollte da mal eine Kurzgeschichte drüber schreiben. Vielleicht was Seriöses, was mit Schweiß, Liebe, Tränen, irgendwas, was schon mal auf blutigen Schiffen unterwegs gewesen ist. Ich denke, das sollte ich mal tun.

Lg Vagant.
 
A

aligaga

Gast
Hinter welcher Figur versteckt sich nun Alter-Ego des Autors?
Wenn du so direkt fragst, mein Lieber, und versprichst, nicht beleidigt zu sein - @ali sieht den Autor in einem kleinen, unaufgeräumten Zimmerchen mit Blick auf den Hinterhof an einem Perfekten Bleistift kauend von kleinen GermanistInnen troimen, die ihm ans Gemächt wollen, weil er so tolle Sätze weiß.

@Ali findet, wie schon gesagt, deinen plot nicht schlecht, rät dir aber zu ein wenig mehr Blingbling. Der Porsche darf geleast, das Konto im Minus und die Harley so alt sein, dass sie nicht mal eine Hinterradschwinge hat - aber ein bisschen Männerparfum solltest du schon versprühen, @Vagant.

Nota bene: In der analogen Welt lesen fast nur Frauen solche G'schichterln. Wenn du sie nicht an der richtigen Haltestelle abholst, bleibt dein Shuttle leer. Für Uschi Obermaier war Mick Jagger nur ein Kasper. Die stand voll auf Keith Richards, denn der hat nicht bloß gebrabbelt und ist herumgehopst wie wie Mick, sondern hat gerochen und ist dagestanden wie ein Mann.

Sehr heiter

aligaga
 

Vagant

Mitglied
@ali sieht den Autor in einem kleinen, unaufgeräumten Zimmerchen mit Blick auf den Hinterhof an einem Perfekten Bleistift kauend von kleinen GermanistInnen troimen, die ihm ans Gemächt wollen, weil er so tolle Sätze weiß.

... ach, ich hab schon schlechter geträumt.

vagant.
 
A

aligaga

Gast
Du scheinst mit dem Perfekten Bleistift nichts anfangen zu können, mein Lieber. Er ist ein Schlüsselbegriff. Geh doch mal Guhgeln ...

Heiter

aligaga
 

Ji Rina

Mitglied
Ich sach ma so:

Wenn sie schon diesen brutalen Satz sagt:

“?Und dann der Protagonist! Ich meine, das gibt’s doch in keinem Russenfilm,? '?n Dödel hoch zehn ist das.? ?Der Kerl müsste mal ‘n bisschen aus’m Knick kommen,? ?wenn er irgenwann noch mal bei der Schnitte landen will.?“

Dann ist es mit ihrer Bewunderung wohl auch schon vorbei.

Aber wie Du die beiden gezeichnet hast, recht akribisch, wie ich finde, hat mich echt gut unterhalten!
Ich werd mal bei Dir stöbern.:p

Eine kleine Frage: Storie? Oder Story?
Gruss,
Ji
 

Vagant

Mitglied
Hallo Ji.

Erstmal Danke für Vorbeischauen.

Ja, der zitierten Satz ist ja nur ein Urteil über den Protagonisten der Geschichte, von der wir ja eigentlich nur wissen, dass sie einen saublöden Titel hat. Wahrscheinlich waren da noch ein paar andere Sachen für ihr Zusammenkommen verantwortlich;-)

Story oder Storie, das war hier die Frage.
Also, und da muss ich mich gleich mal selbst korigieren; es ist dann wohl die STORY.
Ich hielt dies immer für ein eingedeutschtes Wort, denn in einigen editierten Gesammtauflagen amerikanischer 'Shortstory'-Schreiber, die ich in den letzten Jahren so erworben habe, heißt es im Anhang: in der Storie Soundso findet ...usw., die Storie Soundso wurde im... usw.
Teilweise tragen ganze Bände das falche 'Storie' im Titel:
Frank Schäfer - Kleinstadtblues - 10 Stories / von 2007.
Dagegen: Jochen Rausch - Trieb - 13 Storys / von 2011. Da soll mal einer draus schlau werden.
Ab 1996 gibt es wohl die Pluralbildung auf 'ie' im englischen nicht mehr; die Stories wurden zu Storys; also kann es da auch kein Singular mit 'ie' geben.
Ich werde dann wohl wieder zum guten, alten Wort 'Kurzgeschichte' greifen müssen, oder meine 'Storie' zur 'Story' machen. Schade eigentlich, mir hat Storie immer ganz gut gefallen.
Vielen Dank für diesen Hinweis.

Lg Vagant.
 

Ji Rina

Mitglied
Hallo Vagant!

Ich sehe, Du bist richtig gut informiert!
Ich kannte bisher nur:
The story
The Stories
Aber Deinem Kommentar nach, ist das längst passé (olé).
Na denn...Kann Dir und mir egal sein.

Eins wollte ich doch noch erwähnen, wenn ich darf:

Wahrscheinlich waren da noch ein paar andere Sachen für ihr Zusammenkommen verantwortlich;-)
Also bei mir war es so, dass mir die Geschichte hauptsächlich deshalb gefallen hat, weil Du die Situationen und die Protas sehr detailliert beschrieben hast, und ich die Storie (!) somit sehr aufmerksam gelesen habe.
Die Gründe die die beiden dann zu einem "zusammenleben" führten fand ich ein bisschen dünn. Da die Frau ja nun nicht gerade sehr beeindruckt von ihm war (war sie es überhaupt?). Somit könnte die Geschichte (meiner Meinung nach) sehr viel gewinnen, wenn Du diese Sachen, die für ihr zusammenkommen verantwortlich waren, verdeutlichen - oder gar einarbeiten würdest. Mein Eindruck war, es fehlte ein bisschen etwas (positiv) bindendes zwischen den beiden.
 

Vagant

Mitglied
Ji, noch einmal,

...wenn ich darf !?
Sicher darfst Du. Wenn etwas gepostet ist, darf jeder alles dazu sagen. Da muss man dann durch.
Ich verstehe, was Du meinst. Was sie nun dazu bewegt, nach wenigen Wochen bei ihm einzuziehen, wird nicht plausibel erklärt.
Es sollte ja ein Reigen durch das Jahr werden: Frühling, Sommer; Herbst und Winter. Nun ist mir der Frühling ohnehin schon zu lang geworden. Beim Sommer hätte ich wahrscheinlich noch ein bisschen nachlegen können. Aber alles kann auf dem engen Raum am Ende ohnehin nicht erzählt werden. Es werden immer mal Dinge einfach so im Raum stehen, und Protagonisten sind einfach so da, ohne dass wir wissen; woher, wohin.
Manchmal verliere ich mich auch einfach im Dialog (fällt mir am leichtesten, deshalb wohl), oder versuche lieber die Szene detailliert zu schreiben, vergesse dann aber die eigentlichen Dinge zu erzählen.
Vielleicht ist das aber auch so eine Geschlechtersache. Wenn ich einem Mann sage, dass die zwei nun zusammen sind, dann sagt er: "Na ja, wenn's denn passt." Bei einer Frau ist die Reaktion eine andere. "Was, die sind zusammen? Komm, erzähl mal! Nun spann mich doch nicht so auf die Folter!"
Na ja, ich schau es mir einfach noch mal an, vielleicht kann man ja da noch ein paar positive 'Vibes' unterbringen.

Lg Vagant.
 

Ji Rina

Mitglied
Hallo Vagant!

Vielleicht ist das aber auch so eine Geschlechtersache. Wenn ich einem Mann sage, dass die zwei nun zusammen sind, dann sagt er: "Na ja, wenn's denn passt." Bei einer Frau ist die Reaktion eine andere. "Was, die sind zusammen? Komm, erzähl mal! Nun spann mich doch nicht so auf die Folter!"
Da hast Du natürlich recht! ;)
 

Vagant

Mitglied
DAS JAHR DER BLENDER

An solch kalten Frühjahrstagen hatte der Saunagarten noch nicht viel zu bieten. Zwei schmucklose Mauern zur Straße hin, ein wenig gelbstruppiges Gras, welches dort bräsig überwintert hatte, mittig die achteckige Konstruktion der Blockhaussauna, daneben Freiluftdusche kalt, ein Rauchertisch samt Hocker und Mülleimer und etwas abseits, nahe einer hohen Hecke, die aussah als sei sie aus Bambus gemacht, ein paar Liegen.
Sieht aus wie Bambus, klingt bei Wind wie Bambus, also ist es Bambus, entschied er, legte sich auf eine der Liegen, zog den Bademantelkragen enger und kramte nach seinen Zigarillos.
Ein Pausoholiker sei er, ein Pausoholiker, wie er im Buche steht. Er schmunzelte kurz über diesen Gedanken und begann, diese, wie er meinte, treffliche Selbsteinschätzung durch entspanntes Rauchen und Lesen zu untermauern. Er nahm seine Mappe und begann mit den letzten Feinheiten an seiner neusten Story für das Stadtmagazin zu arbeiten.‘Ohne Popcorn im Pornokino’ – klasse Titel schon mal, da war er sich sicher; ein paar Streichungen hier, einige Dialogstraffungen dort, und das Ding sei im Kasten.

?Nach wenigen Minuten hörte er eine Stimme neben sich.
„'?tschuldigung?“, klang es – und es klang so, wie Tiramisu schmeckt.
?Er hob den Kopf. ?Heilige Scheiße. Zwei makellos enthaarte Beine die in einem nackten Frauenschoß endeten.? Er ?wollte sich nun aber nicht die Blöße dieses verräterischen Moments geben, wollte seinen Blick nicht länger als nötig dort ruhen lassen und sah nach oben. Heilige Scheiße, noch mal. Er? ?schätzte sie so auf Mitte bis Ende Vierzig,? ?konnte sich aber da auch irren.? Es gibt Frauen, die kann man einfach nicht schätzen, und diese hier gehörte zweifelsfrei dazu. Sie war an verschiedenen Stellen dezent tätowiert, an den Schlüsselstellen dezent gepierct und ?trug dezent die alte Frisur der Minelli auf, die ihr gut stand. Alles in allem wirkte sie auf ihn ein wenig übertrainiert, so, als versprühe sie selbst frisch geduscht den Geruch von Gymnastikanzug und Pilatesmatte. ?
„?Ent–schul–di-gung?!“?,? ?sagte sie nun noch mal etwas lauter und zeigte auf die Packung Zigarillos,? “?dürfte ich mir mal eine schnorren?? ?Ich hab’s zwar schon vor’n paar Jahren aufgegeben,? ?aber wenn ich das Zeug rieche? ?werd?' ?ich schwach.”?
“?Sicher”,? ?sagte er.?
“?Ich hol?’ ?mir nur mal schnell? ‘?n Handtuch.?”
Das ist d?ie alte Augenklappe von Mosche Dajan,? dachte er, als sie wieder vor ihm stand, denn das Tuch um ihre Hüften taugte gerade mal dazu, zwei, drei ihrere Piercings vor der kalten Märzluft zu schützen, sodass er froh war?,? ?als sie sich endlich setzte.?
„?Was liest’n da eigentlich die ganze Zeit??“?,? ?fragte sie und deutete auf die Blätter in seiner Hand.?
„Eine Story. Ich m?uss da noch?'?n bisschen dran arbeiten.?“
„?Selbst geschrieben??“
„?Ich versuch's.?“
„?Darf ich mal reinlesen??“?,? ?fragte sie,? “?hast Glück,? ?ich hab’ nämlich mal was mit Kunst studiert.?"
„Ach w?ie niedlich?“, sagte er.
„?Hat aber nichts gebracht. Das langt heut?' ?grad mal für'n Halbtagsjob in der Stadtbücherei.?“
„Na ja, w?er kann,? ?der kann?”?,? ?sagte er, reichte ihr die Zigarillos und ein Blatt aus der Mitte von ‘Ohne Popcorn im Pornokino’.?
?Sie fingerte ein Zigarillo aus der Box.?
Er gab ihr Feuer.
Sie nahm einen tiefen Zug,? ?lehnte sie sich zurück und blies den Rauch aus,? ?als wüsste sie mordsmässig Bescheid.? ?Dann begann sie zu lesen. ?
?
?Hinter der Mauer zur Straße fuhren ein paar Autos?; ?irgendwer ist wohl immer gerade auf dem Weg zu irgendwem, dachte er und begann damit, seinem Protagonisten mit ein paar Bleistiftnotizen ein bisschen mehr Profil zu geben.
Nach einigen Minuten sagte er: ?“Hör mal zu”, wie findest’n das hier ... ‘mit nem breitbeiniger Blick, der kaum verhohlen traurig in die Welt blickt, weil er weiß, wie es um seine Möglichkeiten bestellt ist’...was hällts’n davon? Kann man so schreiben, oder?”
?“Ein Blick der blickt, das würde ich anders schreiben”, sagte sie.
?“Na dann, dann... dann schaut er halt, der Typ.”
„Also, d?er Stil ist ja recht flüssig, aber irgendwie ist das so’n White-Trash.”
?Sie zog nochmal kräftig am Zigarillo und redete sofort weiter: “?Und dann der Protagonist! Ich meine, das gibt’s doch in keinem Russenfilm,? '?n Dödel hoch zehn ist das.? ?Der Kerl müsste mal ‘n bisschen aus’m Knick kommen,? ?wenn er irgendwann noch mal bei der Schnitte landen will.?“
Sie zog nochmal kräftig ?
„?Na warte doch?“?,? ?sagte er.?
"?Auf wen denn, kommt da noch einer??”
„Nein, aber '?s kommt ja noch was.? ?Der Bursche is?' ?halt irgendwie gehemmt...? ?irgendwie desillusioniert...? ?und im Grunde ist er nich?' ?wirklich ein Macher...? ?nich?' ?wirklich ein Draufgänger,? ?er ist eher so'n verdruckster Wichsertyp,? ?verstehste??"
„Verstehe, das Ganze ist also eher ?autobiographisch angelegt.?”
?Pause.
Sie schnippte die Asche in Richtung Wiese und las weiter; und wie sie das machte, das hatte Klasse.
„V?eröffentlichst Du denn irgendwo??“?,? ?fragte sie nach einiger Zeit.?
„?Ich hab?’ ?da eins,? ?zwei Seiten in? ei?ner kleinen Stadtzeitung?“?,? ?sagte er,? „die ?kommt so alle? ?acht ?Wochen,? ?je nachdem,? ?ob die Typen gerade was auf Tasche haben.? ?Na ja,? ?und ich kenn?' ?den Redakteur ganz gut, er sagt,? ?er wolle genau so'n Zeug, und ich könne ihm alles bringen,? ?sagt er,? nur keine? versteckten Botschaften,? keine ?Bekennerschreiben,? keine ?Erbauungstexte,? ?et cetera.? ?Sein Leute wollen unterhalten werden,? ?nich?' ?mehr,? ?nich?' ?weniger,? ?sagt er jedenfalls,? ?und ich denk?'?,? ?ich hab's drauf,? ?ihm genau so'n Zeug zu bringen.?“
„Dann b?ist also so etwas wie? '?ne Storienutte??“?,? ?sagte sie.?
„?Bingo.”?
?So lagen sie noch eine Weile in der kalten Märzluft, bliesen weiße Rauchfahnen in den grauen Himmel und er hatte den Eindruck, dass die Chemie zwischen ihnen nicht besser sein könnte. Irgendwann sagte er, sie könnten ja noch irgendwo irgendetwas trinken gehen – und sie gingen noch irgendwo irgendetwas trinken.?

?Dann kam der Sommer.? ?Anfang Juni stand sie morgens um? sieben ?mit zwei Taschen an seiner Tür,? ?strahlte ihn an,? ?schmiss die Taschen in den Flur und sagte:? „?Ich muss eins klarstellen, ist? ?nur,? ?weil's so praktischer ist.?“
„?Kein Ding?“?,? ?sagte er,? „ Du ?kennst dich hier ja schon ein bisschen aus.?“
?Morgens ging sie zur Arbeit in die Stadtbibliothek,? ?nachmittags half sie ihm seine Sachen ins Reine zu tippen, abernd tranken sie und in den Nächten vögelten sie,? ?was das Zeug hielt.?
?Seine Storys wurden nun immer besser und ?die Leute vom Magazin fragten sich, wie ihm nur immer wieder so ein abgefahrenes Zeug einfallen könne. D?ie Typen machten von nun an ein kleines Vermögen mit seinen Sachen.?

?Nach dem matten,? ?resigniertem Grün des späten Sommers kam der Herbst mit seinen klatschnassen Tage .? ?Er saß nun oft einfach so rum, wusste nur wenig mit sich anzufangen und starrte lustlos und uninspiriert in die Nebel,? die sich draußen breitmachten.
?S?ie wirkte nun zunehmend tragisch,? ?übellaunig und genervt?; ?aber vorwiegend tragisch.?
?Eines Tages sagte sie,? ?dass da ein stadtbekannter Lyriker alle paar Tage zu ihr in die Bibliothek komme. Man könne? ?fast meinen,? ?der Bursche mache mir den Hof, so sie, worauf er meinte, dass er es dem Typen ja nicht mal verübeln könne.?
„Ein ?angenehmer Typ,? '?n bisschen älter zwar,? ?aber hat richtig was los”, sagte sie.?
„?So'n langer,? ?drahtiger??“?,? ?fragte er,? „ausgedünnter, ?grauer Zopf,? und ?sieht so aus,? ?als übertreibe er's ein bisschen mit'm Tempranillo??“
“Wieso fragst Du? ?Kennst Du ihn??“
„Ich denke schon”, sagte er, “i?s?' wohl ?der Schüttelreimsepp. Irgendwas mit Sebastian.? ?Hängt immer im? '?Gangbang?' ?ab,? ?starrt den Mädchen auf's Höschen und versucht seine schwulen Verse an'n Mann zu bringen.?“
?Sie schaute ihn an: „?Weißt Du, dieser Scheißhumor hängt mir langsam zum Hals raus. ? Und ob Du’s glaubst oder nicht, der kann wenigstens was, jedenfalls kann er anständig schreiben; Gedichte, Gedanken, Schönes – und nichts so’n unterirdischen Magazinscheiß.
?Sie zog einen kleinen,? ?zerknitterten Zettel aus der Hosentasche,? ?strich ihn glatt und legte ihn auf den Küchentisch.?
?Er las kurz drüber?; ?irgendwas über ein? ‘?Lagerhaus der Erinnerungen?’?,? ?und es hatte einen guten Punch,? ?soviel musste er dem Sepp zugestehen. Am besten gefiel ihm die dritte Strophe.
?"?bin zum lied des nebelhorns
auf blutigen schiffen gefahren?;
?für’n strahl vom mondlicht
und? ‘?nen seesack voller tang?”
?,? ?las er,? ?musste grinsen und pinnte das Ding an die Kühlschranktür.?
„?Mal ehrlich?“?,? ?sagte er,? „?Du wirst doch nicht ernsthaft auf diesen alten Zausel reinfallen?? ?Der hat doch das letzte mal einen hoch bekommen? ?da war Acker Schröter noch Kanzler.?“
„Ach f?ick dich doch selbst?! Du h?ast auch nur eins im Kopf,? ?zu mehr reicht's wahrscheinlich nicht??"
?Von diesem Tag an wirkte sie nur noch übellaunig. ?

?Mit dem Beginn des Winters kam der erste Schnee.? ?Nur ein paar kleine Flocken,? ?die schmalbrüstig auf dem Fenstersims lagen und gegen das Verwehen ankämpften.?
Es war ruhig und still als er am Fenster stand und auf die Straße blickte um nach Spuren des vergangenen Sommers zu suchen – doch die Welt unter ihm war wie in Zinn gegossen;? ?keine Spuren,? ?nirgends und überall nur tristes Grau. ?
?Er ging in die Küche. Neben der Kaffeemaschine lag der Schlüssel, ?den er ihr einmal gegeben hatte und gleich? ?daneben ein kleiner Notizzettel.?
?ups,? ?wohne erstmal bei sebastian?
(?der mit den gedichten?)?.?
?ruf mich mal besser nicht an? !!!!
ich ?melde mich,? ?wenn ich mit der sache durch bin.?
?ps.? ?war aber irgendwie trotzdem? ’?ne schöne zeit. ?
?salü.?

?Er? ?legte den Zettel zur Seite und schluckte trocken?; ?zu mehr war gerade nicht fähig.? Als er sich umschaute blieb sein Blick an der Kühlschranktür hängen, dort, wo ihn die krakelige Handschrift vom Schüttelreimsepp seit Wochen an bessere Zeiten erinnerte.
“bin zum lied ?des nebelhorns
auf blutigen schiffen gefahren
für’n strahl vom mondlicht
und? ‘?nen seesack voller tang?”? ?

?So ein Arschloch, dachte er, Lagerhaus der Erinnerungen, dass ich nicht lache.
Er kannte diese Zeilen seit Ewigkeiten,? ?da war er sich sicher. Sie stammten von einem längst vergessenen, Tango-und-Wodka-beseelten, finnischen Poeten,? der irgendwann ein mal? in einem Wochenendmagazin veröffentlicht wurden, welches es nun auch schon Jahrzehnte nicht mehr gab.? Damals war er stolzer Besitzer einer dieser seltenen Ausgaben, aber d?er Schüttelreimsepp hatte sie ihm, als er einmal knappe bei Kasse war, für ein paar Gramm Shit abgeschwatzt.?
?Er nahm den Zettel von der Kühlschranktür,? ?schmiss ihn in den Müll und dachte,? ?dass ihm der Sepp in Sachen? ‘?Blender?’ ?nun aber wirklich das Wasser reichen konnte.? ?Aber wirklich?!?
 

Rob Kenius

Mitglied
Text-Korrektur

Sorry, Vagant und Aligaga,
wenn ich mal euren Dialog stören darf. Vagant du solltest die kleinen Fehler, meistens fehlende "e" oder "te" am Ende von Wörtern beseitigen. Auf den Casus achten! Ich habe nicht die Zeit dazu, du musst das selber noch mal ganz langsam durchlesen. Ist ja nicht schlecht geschrieben und reizt dazu, bis zum Ende zu lesen. Aber, wenn ich 5 Fehler finde, sind mindestens 15 drin; denn Fehlersuche ist nicht meine Stärke. Ein wenig Perfektionismus würde dir nicht schaden. Das kommt selbst in einer Stadtzeitung gut an und du beschreibst ja selber, wie ein Fetzen Coolibri nach Jahren noch eine Story hergibt.
Und schöne, bunte Ostereier wünscht
Rob
 

Vagant

Mitglied
rob, sorry, ich bin's noch mal.

ein kleiner nachtrag: ich bin immer für hinweise und korrekturen dankbar, denn es ist genau dieser von dir angesprochene perfektionismus, der mir fehlt.
aus erfahrungen mit einigen anderen geschichten weiß ich, dass die ewigen überarbeitungen bei mir oft kein ende genommen haben. ich brauchte für lächerliche 2000 wörter mal vorneweg 3000 in der der erstfassung. nach erster lesung sind dann ganze absätze dem rotstift zum opfer gefallen. beim zweiten mal wurde die grammatik immer wieder hin und her geschoben, bis ich meinte, dass es nun so passt; hat aber nie gepasst, sodass ich, wenn ich meinte nun alles unter dach und fach zu haben, damit anfing die erzählsituation neu zu definieren. aus einem personalen-er-erzähler wurde ein ich-erzähler, aus präteritum wurde präsens, absätze wurden hin und her verschoben, silben gingen verloren. und so ging das oft tagelang.
den geschichten schadet so ein aufwand meist nicht. sie werden besser, soviel ist mir klar; aber mir fehlt da momentan einfach der 'lange atem' für diesen aufwand, und wenn etwas nicht nach 2 tagen im kasten ist, dann verliere ich schnell die lust daran.

deshalb; danke für deinen aufwand, aber nimm bitte diese geschichtchen hier nicht gar so ernst.
sie wird nun langsam durchgereicht, und wenn es erstmal von der startseite verschwunden ist, kräht kein hahn mehr danach; gut so.

vagant.
 

Rob Kenius

Mitglied
Korrekturen

Vagant,
wenn sich dein Posting auf mich bezieht, dann hast du mich falsch verstanden. Es ging mit nur um sprachliche Tipp- Flüchtigkeits- oder Grammatik-Fehler. In deinen Plot will ich mich nicht einmischen, die Story war für mich okay. So sind sie halt die Frauen in dem Alter und die jungen, tapsigen Männer. Natürlich könntest du auch am Stil etwas feilen, aber sei vorsichtig, das ist keine hochsensible Geschichte und sollte es auch nicht werden.
Rob
 

Vagant

Mitglied
hallo rob,

es ist ja genau dieses 'nur-'n-bisschen-dran-feilen', welches mir dann immer in die reinste steinbrucharbeit ausgeartet ist;-)

aber du hast natürlich recht; ohne all das, die steinbrucharbeit sowie den feinschliff, geht es natürlich nicht – bei mir jedenfalls.

vagant.
 



 
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