Das Kindefest

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raineru

Mitglied
Das Kinderfest

Es kam mit der Morgenpost: Ein ganz normal aussehendes Paket in braunem Packpapier und verschnürt mit derber Schnur. Es unterschied sich in nichts von den tausenden anderer Pakete, wie sie die Postboten tagtäglich austragen. Mit diesem aber, hatte es eine besondere Bewandtnis – eine ganz besondere.

»Buenas dias.« sagte der Mann. Er war unrasiert und hatte schmutzige Fingernägel. Er glich eher einem Landarbeiter als einem Briefträger. »Ist das der Lieferanteneingang? Ich habe ein Päckchen für Carolina Antonia Buennoche.« Paola war siebzehn und als Kindermädchen in der Stadtvilla des kolumbianischen Oberstaatsanwalts Alberto Emilio Buennoche. Sie hatte verschlafen, kam gerade erst zum Dienst. Normalerweise war es die Aufgabe der Sicherheitsleute, die Türen zu öffnen, doch die waren wohl mit Luftschlangen beschäftigt. Sie nahm das Paket entgegen.

Heute war Kindergeburtstag. Carolina wurde sieben Jahre und hatte all ihre Freundinnen und Freunde eingeladen. Ein ausgelassenes, lustiges Treiben lief auf vollen Touren. Die Wände und Fußböden waren voll von knallbunten Luftballons und Luftschlangen. Laut schreiende Kinder wimmelten, lachend mit ihren leuchtenden Äuglein, wie kleine Glückskäferchen umher. Der Palast aus der Zeit der Eroberer glich einem Kelch voller Knallerbsen. »Ist das ein Geschenk für mich?«, fragte Carolina. In ihrem weißen Kleidchen und den mit Spitzen besetzten Söckchen sah sie entzückend aus. »Ja mein Schatz,« sagte Paola. »Bring es zum Geschenketisch!« Carolina nahm das Paket und hüpfte damit unbekümmert in das Gewusel von spielenden Kindern.
Das Haustelefon klingelte. Paola nahm den Hörer. »Du hast verpennt! Das klären wir später.« Die Dame des Hauses war am Apparat. »Das gesamte Personal weiß es und jetzt sage ich es dir. Es ist Alarmstufe ROT. Wir haben eine Bombendrohung vom Kartell. Es ist ernst. Alles, was verdächtig ist, wird sofort der Sicherheit oder meinem Mann gemeldet ...Verstanden?« Paola erstarrte. »Ja... Aber da war... Das Pak...!« Sra. Buonnoche hatte aufgelegt. Blitzschnell hatte Paola begriffen, dass der Mann mit den schmutzigen Händen nicht das Geringste mit einem Postboten zu tun hatte.

»Caarroolliinaa!?!« Sie hätte ebenso in die Meeresbrandung schreien können. Voller Angst, mit zusammengekniffenen Augen, suchte sie im Getümmel nach dem weißen Kleidchen, nach dem braunen Paket. Nichts. Sie spürte, wie eine kalte Lähmung in ihr aufstieg. Was sollte sie nur tun? Das Paket ... Schnell das Paket ... Aus dem Fenster werfen oder sonst wohin. Wenn? Oh Gott, überall Blut und Fetzen von ...’ dachte sie. Nur weg von den Kindern. Sie musste es an sich nehmen. Schnell... »Was ist mit Ihnen?« Sr. Buennoche stand plötzlich hinter ihr.

»Stimmt etwas nicht?«
"Dios mio. Senor ... Carolina!. Die Bombe Carol hat das Paket mit der BBbo...!“ stotterte sie. »Was sagen Sie? Was ist mit meiner Tochter?« Alberto Buennoche verstand sofort. Mit einem Mal stand Carolina stolz und strahlend am Tisch mit den Geschenken mittendrin, in der Menge ihrer kleinen Gäste, die johlend das Auspacken forderten. Das braune Paket war nicht zu sehen.
»CAROLINA!«
Er schrie aus voller Kehle »Warte, ich komme zu dir!« Er versuchte, sich seine Anspannung nicht anmerken zu lassen und stürzte auf den Tisch zu. Carlos, der Nachbarjunge, der beste Freund Carolinas, hielt das Päckchen plötzlich in den Händen. Das Papier war schon angerissen und die Schnur hing nur noch lose daran.
»Hier, das gehört dir auch«, lachte er.
Wie einen Ball warf er es dem Mädchen zu, das in diesem Augenblick nicht damit gerechnet hatte.
»NEEIIINN!« Buennoche war noch einen Schritt vor seiner Tochter. Sie wollte es auffangen, stolperte über einen Luftballon und konnte es gerade noch schnappen, bevor es auf den Boden knallte.

Buennoche riss es ihr aus den Händen, krallte es an sich, rannte zum Fenster. Er verhedderte sich in Luftschlangen, strauchelte, fiel. Das Paket entglitt seinen Händen und krachte auf den Steinboden. Paola stockte der Atem. Es war durch das Fallen aufgegangen und eine bunte Geschenktüte kullerte hervor.
»Das ist das Geschenk von mir. Don Alberto«, sagte Carlos »Ein Kuschelhase für Carolina. Was ist damit? Es sollte heute mit der Post zu uns geschickt werden. Unser neuer Gärtner hat es bestimmt gut gemeint und rüber gebracht.«
 

raineru

Mitglied
Das Kinderfest

Bogota 13. März. 1989

»Buenas dias.« sagte der Mann. Er war unrasiert und hatte schmutzige Fingernägel. Er glich eher einem Landarbeiter als einem Briefträger. »Ist das der Lieferanteneingang? Ich habe ein Päckchen für Carolina Antonia Buennoche.« Paola war siebzehn und als Kindermädchen in der Stadtvilla des kolumbianischen Oberstaatsanwalts Alberto Emilio Buennoche. Sie hatte verschlafen, kam gerade erst zum Dienst. Normalerweise war es die Aufgabe der Sicherheitsleute, die Türen zu öffnen, doch die waren wohl mit Luftschlangen beschäftigt. Sie nahm das Paket entgegen.

Heute war Kindergeburtstag. Carolina wurde sieben Jahre und hatte all ihre Freundinnen und Freunde eingeladen. Ein ausgelassenes, lustiges Treiben lief auf vollen Touren. Die Wände und Fußböden waren voll von knallbunten Luftballons und Luftschlangen. Laut schreiende Kinder wimmelten, lachend mit ihren leuchtenden Äuglein, wie kleine Glückskäferchen umher. Der Palast aus der Zeit der Eroberer glich einem Kelch voller Knallerbsen. »Ist das ein Geschenk für mich?«, fragte Carolina. In ihrem weißen Kleidchen und den mit Spitzen besetzten Söckchen sah sie entzückend aus. »Ja mein Schatz,« sagte Paola. »Bring es zum Geschenketisch!« Carolina nahm das Paket und hüpfte damit unbekümmert in das Gewusel von spielenden Kindern.
Das Haustelefon klingelte. Paola nahm den Hörer. »Du hast verpennt! Das klären wir später.« Die Dame des Hauses war am Apparat. »Das gesamte Personal weiß es und jetzt sage ich es dir. Es ist Alarmstufe ROT. Wir haben eine Bombendrohung vom Kartell. Es ist ernst. Alles, was verdächtig ist, wird sofort der Sicherheit oder meinem Mann gemeldet ...Verstanden?« Paola erstarrte. »Ja... Aber da war... Das Pak...!« Sra. Buonnoche hatte aufgelegt. Blitzschnell hatte Paola begriffen, dass der Mann mit den schmutzigen Händen nicht das Geringste mit einem Postboten zu tun hatte.

»Caarroolliinaa!?!« Sie hätte ebenso in die Meeresbrandung schreien können. Voller Angst, mit zusammengekniffenen Augen, suchte sie im Getümmel nach dem weißen Kleidchen, nach dem braunen Paket. Nichts. Sie spürte, wie eine kalte Lähmung in ihr aufstieg. Was sollte sie nur tun? Das Paket ... Schnell das Paket ... Aus dem Fenster werfen oder sonst wohin. Wenn? Oh Gott, überall Blut und Fetzen von ...’ dachte sie. Nur weg von den Kindern. Sie musste es an sich nehmen. Schnell... »Was ist mit Ihnen?« Sr. Buennoche stand plötzlich hinter ihr.

»Stimmt etwas nicht?«
"Dios mio. Senor ... Carolina!. Die Bombe Carol hat das Paket mit der BBbo...!“ stotterte sie. »Was sagen Sie? Was ist mit meiner Tochter?« Alberto Buennoche verstand sofort. Mit einem Mal stand Carolina stolz und strahlend am Tisch mit den Geschenken mittendrin, in der Menge ihrer kleinen Gäste, die johlend das Auspacken forderten. Das braune Paket war nicht zu sehen.
»CAROLINA!«
Er schrie aus voller Kehle »Warte, ich komme zu dir!« Er versuchte, sich seine Anspannung nicht anmerken zu lassen und stürzte auf den Tisch zu. Carlos, der Nachbarjunge, der beste Freund Carolinas, hielt das Päckchen plötzlich in den Händen. Das Papier war schon angerissen und die Schnur hing nur noch lose daran.
»Hier, das gehört dir auch«, lachte er.
Wie einen Ball warf er es dem Mädchen zu, das in diesem Augenblick nicht damit gerechnet hatte.
»NEEIIINN!« Buennoche war noch einen Schritt vor seiner Tochter. Sie wollte es auffangen, stolperte über einen Luftballon und konnte es gerade noch schnappen, bevor es auf den Boden knallte.

Buennoche riss es ihr aus den Händen, krallte es an sich, rannte zum Fenster. Er verhedderte sich in Luftschlangen, strauchelte, fiel. Das Paket entglitt seinen Händen und krachte auf den Steinboden. Paola stockte der Atem. Es war durch das Fallen aufgegangen und eine bunte Geschenktüte kullerte hervor.
»Das ist das Geschenk von mir. Don Alberto«, sagte Carlos »Ein Kuschelhase für Carolina. Was ist damit? Es sollte heute mit der Post zu uns geschickt werden. Unser neuer Gärtner hat es bestimmt gut gemeint und rüber gebracht.«
 
K

KaGeb

Gast
... Sehr gut geschrieben. Ich hatte schon ein schlimmes Ende befürchtet. Da kann man nachempfinden, unter welch psychologischem Druck man unter derartigen Umständen steht.

Gern gelesen!

L.G.
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Rainer,

eine spannende Geschichte - gefällt mir gut!

Gruß Ciconia
 

raineru

Mitglied
Hallo Ciconia,

vielen Dank für das Lob.
Bei dem Kolumbianischen Schauplatz und auch noch kurz nach der Stürmung des Justitzpalastes in Bogota, hatte ich schon Bedenken wegen der "Exotik-Intolleranz" (bei meinen Sachen), aber die Länge ist in deinem Sinn?

Wie du bei "Weltenwechsler" gesehen hast, nehme ich Kritik ernst und hoffe, dass ich nach den nächsten dreißig Überarbeitungen, das Schifflein "straffer" zum schwimmen bringen kann.

Rainer
 

raineru

Mitglied
Hallo KaGeb,

Danke für die aufbauenden Worte.
Wie läufts beim "Körperpfänder"?
Bitte denk daran: Wenn der Erstling gut verkauft wird, musst du schnell eins "nachlegen" und noch eins...

rainer
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Rainer,

damit wir uns nicht missverstehen: Exotik-Intoleranz kann man mir sicher nicht nachsagen. Vielleicht habe ich mich da neulich nicht ganz richtig ausgedrückt. Ich meinte nur, wenn die Geschichten zu abenteuerlich und zu langatmig sind, geht mir beim Lesen irgendwann die Puste aus.
Aber bei dieser Geschichte besteht die Gefahr ja nicht! ;)

Gruß Ciconia
 

raineru

Mitglied
Das Kinderfest

Bogota 13. März 1989

»Buenas dias. « sagte der Mann. Er war unrasiert und hatte schmutzige Fingernägel. Er glich eher einem Landarbeiter als einem Briefträger. »Ist das der Lieferanteneingang? Ich habe ein Päckchen für Carolina Antonia Buennoche. « Paola war siebzehn und als Kindermädchen in der Stadtvilla des kolumbianischen Hauptstaatsanwalts Alberto Emilio Buennoche. Sie hatte verschlafen, kam gerade erst zum Dienst. Normalerweise war es die Aufgabe der Sicherheitsleute, die Türen zu öffnen, doch die waren wohl mit Luftschlangen beschäftigt. Sie nahm das Paket entgegen.

Heute war Kindergeburtstag. Carolina wurde sieben Jahre und hatte all ihre Freundinnen und Freunde eingeladen. Ausgelassenes, lustiges Treiben lief auf vollen Touren. Die Wände und Fußböden waren voll von knallbunten Luftballons und Luftschlangen. Laut schreiende Kinder wimmelten, lachend mit ihren leuchtenden Äuglein, wie kleine Glücks-Käferchen umher. Der Palast aus der Zeit der Eroberer glich einem Kelch voller Knallerbsen. »Ist das ein Geschenk für mich? «, fragte Carolina. In ihrem weißen Kleidchen und den mit Spitzen besetzten Söckchen sah sie entzückend aus. »Ja mein Schatz,« sagte Paola. »Bring es zum Geschenketisch! « Carolina nahm das Paket und hüpfte damit unbekümmert in das Gewusel von spielenden Kindern. Das Haustelefon klingelte. Paola nahm den Hörer. »Du hast verpennt! Das klären wir später." Die Dame des Hauses war am Apparat. »Das gesamte Personal weiß es und jetzt sage ich es dir. Es ist Alarmstufe ROT. Wir haben eine Bombendrohung vom Kartell. Es ist ernst. Alles, was verdächtig ist, wird sofort der Sicherheit oder meinem Mann gemeldet ...Verstanden? « Paola erstarrte. »Ja... Aber da war... Das Pak...!« Sra. Buonnoche hatte aufgelegt.
Blitzschnell hatte Paola begriffen, dass der Mann mit den schmutzigen Händen nicht das Geringste mit einem Postboten zu tun hatte.

»Caarroolliinaa!?! « Sie hätte ebenso in die Meeresbrandung schreien können. Voller Angst, mit zusammengekniffenen Augen, suchte sie im Getümmel nach dem weißen Kleidchen, nach dem braunen Paket. Nichts. Sie spürte, wie eine kalte Lähmung in ihr aufstieg. Was sollte sie nur tun? Das Paket ... Schnell das Paket ... Aus dem Fenster werfen oder sonst wohin. Wenn? Oh Gott, überall Blut und Fetzen von ... dachte sie. Nur weg von den Kindern. Sie musste es an sich nehmen. Schnel l... »Was ist mit Ihnen? « Sr. Buennoche stand plötzlich hinter ihr. »Stimmt etwas Ni ...? « "Dios mio. Senor – Carolina. Die Bombe Carolina hat das Paket mit der BBobo...!« Stotterte sie. »Was sagen Sie? Was ist mit meiner Tochter? « Alberto Buennoche verstand sofort. Mit einem Mal stand Carolina stolz und strahlend am Tisch mit den Geschenken mittendrin, in der Menge ihrer kleinen Gäste, die johlend das Auspacken forderten. Das braune Paket war nicht zu sehen. »CAROLINA!« Er schrie aus voller Kehle »Warte, ich komme zu dir!« Er versuchte, sich seine Anspannung nicht anmerken zu lassen und stürzte auf den Tisch zu. Carlos, der Nachbarjunge, der beste Freund Carolinas, hielt das Päckchen plötzlich in den Händen. Das Papier war schon angerissen und die Schnur hing nur noch lose daran. »Hier, das gehört dir auch!« Wie einen Ball warf er es dem Mädchen zu, das in diesem Augenblick nicht damit gerechnet hatte.

»NEEIIINN!« Buennoche war noch einen Schritt vor seiner Tochter. Sie wollte es auffangen, stolperte über einen Luftballon und konnte es gerade noch schnappen, bevor es auf den Boden knallte. Buennoche riss es ihr aus den Händen, krallte es an sich, rannte zum Fenster. Er verhedderte sich in Luftschlangen, strauchelte, fiel. Das Paket entglitt seinen Händen und krachte auf den Steinboden. Paola stockte der Atem. Es war durch das Fallen aufgegangen und eine bunte Geschenktüte kullerte hervor.
»Das ist das Geschenk von mir. Don Alberto «, sagte Carlos »Ein Kuschelhase für Carolina. Was ist damit? Es sollte heute mit der Post zu uns geschickt werden. Unser neuer Gärtner hat es bestimmt gut gemeint und rüber gebracht. «
 

raineru

Mitglied
Hallo KaGeb.

du schreibst, dass dein "die Angst fliegt mit" bald in "freier Fall" veröffentlicht wird.
Ist es nicht sehr schwierig wenn nicht unmöglich, eine Geschichte noch zu vermarkten, wenn sie einmal im Internet erschienen ist (z.B. LL) ?
Diese Erfahrung habe ich jedenfalls gemacht.
Gibt es da einen Trick?

Rainer
 



 
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