Das Klirren beim Entzweispringen der Kette.

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San Martin

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Das Klirren beim Entzweispringen der Kette

Gefroren krallt das dunkle Meer
sich um den schmalen Kiel,
wie eine Hand um einen Speer,
der aus dem Himmel fiel.

Ihr ganzes Sinnen deutet fort
zum fernen Firmament,
denn die Gedanken weilen dort,
wo alle Hoffnung brennt.

Ein Sturm kommt auf, der Nordwind brüllt,
am Mast dreht sich der Baum.
Ihr Segel, das sich knarrend füllt,
ist ein vergessner Traum.

In ihrem Innern streiten sich
Gefühle und Verstand,
da jagt durch ihren Leib ein Stich
und rast vom Herz zur Hand,

denn die Entscheidung ist gefällt:
sie reißt das Ruder frei.
Die Kette, die den Anker hält,
springt mit Geklirr entzwei.

Da birst das Eis, der Rumpf erbebt,
ein Zittern läuft durchs Schiff.
Es sprengt die Fesseln und erhebt
sich aus dem klammen Griff.

Noch sind die Wellen schaumbekränzt,
wo sie gefangen war,
doch hoch am Himmel lockt und glänzt
ihr Stern, zum Greifen nah.

Der Sturm verstummt, der Tag erwacht,
die Hoffnung hat gewonnen.
Sie steht erschöpft am Bug und lacht:
die Reise hat begonnen.


***

Das Gedicht ist eine Umschreibung und Fortsetzung eines anderen Gedichtes, das eine gute Freundin geschrieben hat. Aus diesem Grund war ich an die Bilder des Schiffes, des gefrorenen Meeres und des Sterns gebunden.
 

Sunny Rose

Mitglied
Lieber San Martin,
das einzigste was mir nicht so zusagt
ist die extrem lange Überschrift.
Vielleicht fällt dir da ja noch etwas
besseres und kürzeres ein.
Viele liebe Grüße
Sunny Rose
 

San Martin

Mitglied
@Sunny Rose: Ursprünglich war der Titel "Die Reise hat begonnen". Auch etwas einfallslos, gebe ich zu. Wenn dir der Rest zusagt, freut mich das.

Hier zur Referenz das Originalgedicht der oben genannten Freundin, auf dem mein Gedicht basiert.

Die Reise zu den Sternen

Sein Herz ist ein leuchtender Stern
Am weiten Firmament.
Er ist so schön, so hell, so fern
Wie er am Himmel brennt.

Ihr Herz sieht sein Herz leuchten
Am weiten Himmelszelt.
So schön ist er und doch so fern
Am Ende dieser Welt.

Bei Nacht sticht sie dann in die See
Aus Eis, auf Kurs gen Nord.
Die Nacht ist schwarz,
wie eh und je.
Sie will nur endlich fort.

Weiter und immer weiter.
Doch kommt sie dort jemals an?
Oder träumte sie nur von den Sternen,
als sie diese Reise ersann?
Vielleicht wär’ der Rückweg gescheiter?

Ihr Herz ist unentschlossen.
Das hatte sie schon erkannt,
so viele Tränen vergossen
auf der langen Suche nach Land.

Ihr Herz erzählt Lügengeschichten
Und gaukelt ihr Märchen vor.
Von den Sternen will es berichten
Und steigt aus den Tiefen empor.

Nimmt das Steuerrad in seine Hand
Und hält den Kurs an Bord.
Derweil steht sie ganz vorn am Rand
Und hält den Blick gen Nord.

Wenn das Steuer nicht bricht und das Boot nicht zerschellt
An den hohen drohenden Klippen.
Wenn der Stern nicht verglüht und der Himmel nicht fällt,
Dann treffen sich beide Herzen.
 



 
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