Das Konzert
Die Band ist noch nicht da, doch der Laden ist gerammelt voll mit alten Leuten. Ich bahne mir meinen Weg durch verwelkte Gesichter und hängendem Fleisch. Von weitem sehe ich meine Truppe winken, steuer aber erst einmal zur Bar, um mir einen Drink zu besorgen. Der Barmann sah mich bemitleidend an, als er mir mein Glas über die Theke schob. Ich nahm einen guten Schluck und ging schließlich zu ihnen herüber. Sie hatten einen Tisch seitlich der Bühne erwischt und machten mir etwas Platz. Ich gab dem Jungen die Hand und setzte mich dazu.
„Du musst Chris sein. Schon von Dir gehört.“
Sein Vater gab mir einen Klaps auf die Schulter.
„Schön das Du kommen konntest!“
Mein Schwiegervater nickte mir zu und gab mir ebenfalls die Hand.
Dünn war er. Sein unsteter Blick und blinzelnden Augen sprachen Bände. Scheint was dran zu sein. Ich ahne, warum sich sein alter Herr Sorgen machte. Aber was kann ich schon tun? Wenn jemand einen Weg eingeschlagen hat, ist es schwer, ihn davon abzubringen. Und wer verdammt nochmal bin ich denn, ihm oder sonst wem zu erzählen was er mit seinem kümmerlichen Leben anstellen soll. Ich trank erst einmal mein Bier aus und bestellte das nächste.
Wir unterhielten uns über Musik und sie erzählten mir, wie der Sänger der Band sie vor einiger Zeit interviewte. Wenn er einmal nicht betrunken auf der Bühne stand, verdiente er seine Brötchen als mittelklassiger Fernsehmoderator bei einem lokalen Sender. Das Interview war für einen kleinen Einspieler, in dem es um die Bäckerei ging, die der Vater von Chris besaß. Es ging um altes Handwerk, Tradition und so. Sein Junge war damals noch bei ihm beschäftigt und gemeinsam wollten sie die Welt erobern. Doch es kam der Tag, an dem er keine Lust mehr hatte, in der Blüte seines Lebens um 2 Uhr morgens aufzustehen, um Brötchen zu backen. Er fing ein Studium an, das er kurze Zeit später abbrach und zog mit seiner damaligen Freundin zusammen. Mit der ist er inzwischen wieder auseinander, wohnen aber noch unter einem Dach. Beide warteten scheinbar darauf, dass der andere auszieht. Miese Situation.
Die Band kam endlich auf die Bühne. Der Moderator oder Sänger oder was weiß ich, hatte schon Schlagseite. Er sah aus wie eine Mischung aus einem 60er Jahre Autoverkäufer und Fernsehprediger und redete auch so.
Seine Truppe schien mir sogar noch älter zu sein als ihr Publikum. Sie spielten Klassiker wie „Abracadabra“ von Steve Miller, Songs von T-Rex und den Stones. Der Sänger hatte eine ganz passable Stimme, das konnte man ihm lassen. Das war es dann aber auch schon. Während der Show unterhielten wir uns nicht groß. Ich bestellte mir ein weiteres Bier.
Nach der ersten Pause hatten eine Handvoll Rentner genug intus, um vor der Bühne zu tanzen. Irgendwie gab das mir Mut. Scheinbar ist einem irgendwann alles egal.
Chris verabschiedete sich zur Toilette. Sein alter Herr sah mich an, jetzt kam mein Einsatz! Ich wartete einen Moment und dackelte hinterher. Als ich die Tür aufmachte, wischte sich der Junge nervös an der Nase herum und quasselte irgendetwas von der Form der Band, odert so. Dann ging er raus und ich pinkeln. Währenddessen sah ich zu, wie sich eine Spinne über eine Scheißhausfliege hermachte, die sich in ihrem Netz verfangen hatte.
Als ich zurückkam, suchte mich der sorgenvolle Blick des Alten. Er tat mir fast leid, wie er da so saß. Zusammengekauert mit seinem Bier, das er mit beiden Händen festhielt. Ich schüttelte andeutungsweise den Kopf und tat so, als ob nichts gewesen wäre. Ich glaube er zweifelte kurz, doch schließlich schluckte er es. Die Band ging in die dritte Runde und unsere Nächste stellte der Kellner auf den Tisch. Nach einiger Zeit und ein paar Bier später überkam mich eine unglaubliche Müdigkeit und ich hielt mich nur noch mühsam bei „Riders on the Storm“ über Wasser. Dann schlief ich ein.
Ich öffnete gerade die Augen, als sich die Greise von der Bühne verabschiedeten. Ich habe keinen nach einer Zugabe verlangen hören, aber was weiß ich. Ich empfahl mich und ging. Etwas in mir suchte beim Abschied nach aufmunternden Worten oder einer Geste, doch mir fiel beim besten Willen nichts ein.
Die Band ist noch nicht da, doch der Laden ist gerammelt voll mit alten Leuten. Ich bahne mir meinen Weg durch verwelkte Gesichter und hängendem Fleisch. Von weitem sehe ich meine Truppe winken, steuer aber erst einmal zur Bar, um mir einen Drink zu besorgen. Der Barmann sah mich bemitleidend an, als er mir mein Glas über die Theke schob. Ich nahm einen guten Schluck und ging schließlich zu ihnen herüber. Sie hatten einen Tisch seitlich der Bühne erwischt und machten mir etwas Platz. Ich gab dem Jungen die Hand und setzte mich dazu.
„Du musst Chris sein. Schon von Dir gehört.“
Sein Vater gab mir einen Klaps auf die Schulter.
„Schön das Du kommen konntest!“
Mein Schwiegervater nickte mir zu und gab mir ebenfalls die Hand.
Dünn war er. Sein unsteter Blick und blinzelnden Augen sprachen Bände. Scheint was dran zu sein. Ich ahne, warum sich sein alter Herr Sorgen machte. Aber was kann ich schon tun? Wenn jemand einen Weg eingeschlagen hat, ist es schwer, ihn davon abzubringen. Und wer verdammt nochmal bin ich denn, ihm oder sonst wem zu erzählen was er mit seinem kümmerlichen Leben anstellen soll. Ich trank erst einmal mein Bier aus und bestellte das nächste.
Wir unterhielten uns über Musik und sie erzählten mir, wie der Sänger der Band sie vor einiger Zeit interviewte. Wenn er einmal nicht betrunken auf der Bühne stand, verdiente er seine Brötchen als mittelklassiger Fernsehmoderator bei einem lokalen Sender. Das Interview war für einen kleinen Einspieler, in dem es um die Bäckerei ging, die der Vater von Chris besaß. Es ging um altes Handwerk, Tradition und so. Sein Junge war damals noch bei ihm beschäftigt und gemeinsam wollten sie die Welt erobern. Doch es kam der Tag, an dem er keine Lust mehr hatte, in der Blüte seines Lebens um 2 Uhr morgens aufzustehen, um Brötchen zu backen. Er fing ein Studium an, das er kurze Zeit später abbrach und zog mit seiner damaligen Freundin zusammen. Mit der ist er inzwischen wieder auseinander, wohnen aber noch unter einem Dach. Beide warteten scheinbar darauf, dass der andere auszieht. Miese Situation.
Die Band kam endlich auf die Bühne. Der Moderator oder Sänger oder was weiß ich, hatte schon Schlagseite. Er sah aus wie eine Mischung aus einem 60er Jahre Autoverkäufer und Fernsehprediger und redete auch so.
Seine Truppe schien mir sogar noch älter zu sein als ihr Publikum. Sie spielten Klassiker wie „Abracadabra“ von Steve Miller, Songs von T-Rex und den Stones. Der Sänger hatte eine ganz passable Stimme, das konnte man ihm lassen. Das war es dann aber auch schon. Während der Show unterhielten wir uns nicht groß. Ich bestellte mir ein weiteres Bier.
Nach der ersten Pause hatten eine Handvoll Rentner genug intus, um vor der Bühne zu tanzen. Irgendwie gab das mir Mut. Scheinbar ist einem irgendwann alles egal.
Chris verabschiedete sich zur Toilette. Sein alter Herr sah mich an, jetzt kam mein Einsatz! Ich wartete einen Moment und dackelte hinterher. Als ich die Tür aufmachte, wischte sich der Junge nervös an der Nase herum und quasselte irgendetwas von der Form der Band, odert so. Dann ging er raus und ich pinkeln. Währenddessen sah ich zu, wie sich eine Spinne über eine Scheißhausfliege hermachte, die sich in ihrem Netz verfangen hatte.
Als ich zurückkam, suchte mich der sorgenvolle Blick des Alten. Er tat mir fast leid, wie er da so saß. Zusammengekauert mit seinem Bier, das er mit beiden Händen festhielt. Ich schüttelte andeutungsweise den Kopf und tat so, als ob nichts gewesen wäre. Ich glaube er zweifelte kurz, doch schließlich schluckte er es. Die Band ging in die dritte Runde und unsere Nächste stellte der Kellner auf den Tisch. Nach einiger Zeit und ein paar Bier später überkam mich eine unglaubliche Müdigkeit und ich hielt mich nur noch mühsam bei „Riders on the Storm“ über Wasser. Dann schlief ich ein.
Ich öffnete gerade die Augen, als sich die Greise von der Bühne verabschiedeten. Ich habe keinen nach einer Zugabe verlangen hören, aber was weiß ich. Ich empfahl mich und ging. Etwas in mir suchte beim Abschied nach aufmunternden Worten oder einer Geste, doch mir fiel beim besten Willen nichts ein.