Das Kunstwerk

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aboreas

Mitglied
Das Kunstwerk

Ein Künstler aus dem Kunstverein
hockt still vor einem Busche.
Er guckt in eine Grotte rein
und malt sie dann mit Tusche.

Und später in der Galerie,
da stutzt ein Kunstexperte.
Er fragt sich, ob die Frau Marie
dem Künstler etwas lehrte.

Der Laie staunt und wundert sich,
steht ratlos vor der Wand.
Er sagt: „Die Grotte ängstigt mich.“
Dann ist er weggerannt.

Doch hunderttausend kommen bald,
das Kunstwerk zu besehen.
Auch suchen sie im dunklen Wald
den Grund für sein Entstehen.

Die Fachwelt bietet sehr viel Geld,
die Reize zu ergründen.
Da meldet sich die Unterwelt,
es schimpft der Herr der Sünden:

„Ein Bild, das keinen ruhen lässt,
das Tausende anbeten,
entsteht, wenn man es unterlässt,
die Grotte zu betreten.“

aboreas, C = etwa 1998
 

Schakim

Mitglied
Kunst und Sünde...

Hi, arboreas!


Ja! Ja! Da steht ein Zwerg
Und muss es sich verklemmen...
Versteht nicht viel von diesem Werk
Und will sich nicht bekennen.

Die ganze Welt schreit jetzt danach.
Nichts Schönres kann man finden.
Der Maler, der es malte, aber sprach:
Darin ruhn tausend Sünden...


Wünsche Dir ein schönes Sonntagsnaturprogramm an der frischen Luft!
Schakim
 
K

Klopfstock

Gast
Kunstwerk...

Hallo, Aboreas,

der Reiz eines Kunstwerkes besteht aus seiner
schillernden Vieldeutigkeit - wenn es nicht so wäre,
wäre es nur eine einfache Nachricht.
Diese Thematik wurde in Deinem Gedicht anschaulich
und beispielhaft dargestellt.
Dieses Gedicht ist sehr gut gereimt, der Rhythmus
stimmt - mit anderen Worten: Es gefällt mir sehr!!!

Wünsche Dir einen schönen Sonntag
und sende liebe Grüße
 

Nachtigall

Mitglied
Kann mich nur Klopfstock anschließen. "Das Kunstwerk" gefällt mir sehr. :)
Schon immer hatte das Rätselhafte seinen ganz besonderen Reiz.

Liebe Grüße
Alma Marie
 

aboreas

Mitglied
Hallo Schakim,

so ungefähr kann man es sehen.

Aber auch als eine Art Triebunterdrückung mit Sublimierung auf das Künstlerische/Kreative.

Oder als hintergründige Verlockung zum Tun.

Vielleicht als Triumph der Moral über die Sünde. Immerhin ist ein Gemahl im Spiel. Und da das Ergebnis eben auf triumphale Weise die Massen fasziniert, muss es zwangsläufig den Zorn der Hölle hervorrufen.

Einen dankbaren Gruß für die Anregung zu obigen Überlegungen. Habe tatsächlich noch nie intensiver über das Gedicht nachgedacht.

aboreas
 

aboreas

Mitglied
Hallo Klopfstock,

Einen ganz besonderen Dank für deine wohlwollenden Worte. Interessant, der Gedanke zur Unterscheidung zwischen „Vieldeutigkeit“ und „Nachricht“. Vieldeutigkeit (siehe meine Zeilen zum Beitrag Schakims) als Eigenschaft der Kunst – darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber irgendwie ist da etwas dran.

Von mir die allerbesten (bessere gibt es nicht!) Wünsche für die Woche.

aboreas
 

aboreas

Mitglied
Hallo Nachtigal,

wer das Rätselhafte geringschätzt oder den einfachen, gleichförmigen Ton bevorzugt, der ist wohl selbst recht einfach zu enträtseln. Man würde ihm mit einer einsaitigen Gitarre gerecht werden. Oder mit einem Gedicht, dass über alle Strophen aus ein und demselben Wort besteht... :)

Auch dir liebe Grüße.

aboreas
 

LuMen

Mitglied
Hallo Aboreas,

die "schillernde Vieldeutigkeit", wie Klopstock schon und schön sagte, gefällt auch mir. Nur solltest Du nicht statt "dem Künstler etwas lehrte" sagen "d e n Künstler.."?

Beste Grüße
LuMen
 

aboreas

Mitglied
Hallo LuMen,

eine gute Frage, die gleichzeitig ein guter Ratschlag ist. Wenn ich auch zugeben muss, dass ich unerwünschte Ratschläge weniger lieb habe, so liebe ich doch Fragen bzw. Diskussionsangebote, die dazu führen, Unklarheiten zu entdunkeln.

Ich habe für die Frage „dem“ oder „den“ bislang nicht einen Gedanken verschwendet. Auf deinen Einwand hin habe ich mich aber an die eine oder andere Stelle in neueren Texten erinnert, bei denen ich mich über den Akkusativ, den du vorschlägst, gewundert habe. Ich habe den Dativ also aus reinem Sprachgefühl gewählt.

Ich habe festgestellt, dass ich zumindest nicht falsch liege. Denn laut Duden (Deutsches Universalwörterbuch) ist der Dativ nicht falsch, sondern veraltet. Das „Wahrig Universalwörterbuch Rechtschreibung“ lässt schlicht sowohl die eine als auch die andere Möglichkeit zu. In einem Handbuch für Zweifelsfälle heißt es dazu: „Die Konstruktion, nach „lehren“ mit dem Dativ der Person und dem Akkusativ der Sache anzuschließen, ist historisch korrekt.“ !!!! Weiter: „Im heutigen standardsprachlichen Gebrauch hat sich jedoch die Konstruktion mit doppelten Akkusativ durchgesetzt.“ Was für deinen Einwand spricht. !!!

Darum wohl meine oben angesprochene, mich irritierende Wahrnehmung des Akkusativs. Sie hat sich durchgesetzt. Sprich: Sie ist zur vorherrschenden Form geworden. Doch dazu möchte ich meinen Einwand gegen den uneingeschränkten Ladenschluss wiederholen: Muss man stets den Trends nachhecheln?

Gestern Abend, schon auf der Arbeit, habe ich mit einer geschätzte Kollegin darüber diskutiert, warum mein Sprachgefühl an der beanstandeten Stelle auf den Dativ fixiert sein könnte. Dabei hat sich herausgestellt, dass auch sie dem Dativ zuneigt. Gemeinsam sind wir zu der Ansicht gelangt, dass es wohl an unserem fortgeschrittenen Alter und an der vielzähligen Literatur liegt, die wir genossen haben. Denn wenn der Duden sagt, dass der Dativ veraltet ist, dann muss er ja mal die Regel gewesen sein. Dann war er zweifellos auch Bestandteil der Literatur des 20. Jahrhunderts.

Und solange der Dativ in Verbindung mit „lehren“ nicht falsch ist, werde ich ihn mit Genuss verwenden, ihn knuddeln und herzen. Darum werde ich die Textstelle auch nicht ändern. Nur: Neuerdings werde ich den Dativ bewusst verwenden, was du, LuMen, verursacht hast. Meine Dankbarkeit wird mit dir sein. - zwinker! -

Es grüßt dich
aboreas
 



 
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