Das Schirm-Syndrom

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Lomil

Mitglied
Ein Optimist ist einer
der den Regenschirm zu Hause lässt,
obwohl der Wetterbericht Sonnenschein
angekündigt hat.
(Autor unbekannt)


Egal woran ich mich orientiere; Wetterbericht, Windrichtung, Wetterecke, Wolkenbildung, oder auch nur der Blick aus dem Fenster um festzustellen ob es regnet und somit die Mitnahme eines Schirmes erforderlich macht; ich liege immer verkehrt.
Der Wetterbericht sagt für den Nordosten, die Lübecker Bucht und die Kieler Förde Regen voraus.
Für das übrige Deutschland Sonne. Lediglich am Alpenrand Durchzug von Wolkenfeldern, mit leichten Schauern und örtlichen Gewittern.

Frankfurt, laut Wetterbericht zum übrigen Deutschland gehörend, demnach regenfrei. Mein Blick aus dem Fenster lässt jedoch starke Zweifel an dieser Feststellung bei mir aufkommen.
Der Nordosten samt Lübecker Bucht und Kieler Förde stößt bei Frankfurt an den Alpenrand, denn die Wolken hängen so tief, dass es sicher bald zu regnen beginnt.
Ich entscheide mich für den Schirm und entsprechende Bekleidung und bin glücklich, als es nach geraumer Zeit zu regnen beginnt; um genau zwei Minuten später wieder aufzuhören. Eine einzige Regenwolke hatte meinen Blick verdunkelt und deshalb lief ich jetzt bei strahlendem Sonnenschein mit einem Schirm herum.
Anhaltender Regen. Mein Blick zu Himmel; Sonne in Sicht. Ich warte eine halbe Stunde. Die Sonne hat sich durchgesetzt. Weit und breit keine Wolke zu sehen. Ich gehe ohne Schirm aus dem Haus und stehe wenig später im dicksten Regen.

Doch seit neulich, als alle Voraussagen mit der von mir getroffenen Maßnahmen übereinstimmten, habe ich ein Schirm-Syndrom.
Wegen des starken Regens und weil ich viel zu besorgen habe, entscheide ich mich fürs Auto. Ich fahre aus dem Vorort in dem ich wohne in die Stadt. Finde nach einer halben Stunde endlich - in der Nähe meiner Wohnung - einen Parkplatz und versuche, mit dem Schirm, der auf dem Beifahrersitz liegt, auszusteigen. Ein Unterfangen, dessen Scheitern ich mir nach mehrminütigem Bemühen eingestehen muss.
Ich steige also zunächst ohne Schirm aus. Ich versuche mein Glück von aussen und gebe entnervt auf, nachdem ich ihn zwischen Schaltung, Sitz und Lenkrad eingeklemmt, zwei Stangen abgebrochen, mir einen Fingernagel abgerissen, den Kopf angeschlagen und mehrere Male gegen das zweite Gebot verstoßen habe. Dass ich dabei nass werde, ist nicht weiter erwähnenswert.
- Herrgott, verdammt nochmal komm endlich raus du Mistding, war noch die harmloseste Gebotsübertretung!
Für die weniger Bibelfesten das zweite Gebot.
Du sollst den Namen des Herren deines Gottes nicht unnütz führen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen der seinen Namen mißbraucht.
Ich gehe ums Auto herum um es von der Beifahrerseite aus zu probieren. Dass ich noch mal zurückgehen muss, weil ich vergessen habe die Tür zu entriegeln, (altes Auto, ohne Zentralverriegelung) nehme ich als Strafe für die Gebotsübertretung hin. Es ist ja bekannt, dass der liebe Gott die kleinen Sünden sofort bestraft. Aber als sich auf dem Rückweg dorthin der Inhalt meiner Handtasche, die ich als Schutz für den anhaltenden Regen über meinen Kopf halte, über Selbigem entleert, denke ich zum ersten Mal über einen Kirchenaustritt nach.
Doch endlich habe ich meinen Schirm. Ich bin glücklich. Es regnet anhaltend und ich bin gut beschirmt.

Der Wind hat sich noch nicht entschieden aus welcher Richtung er wehen will. Bin ich mit dem Schirm auf süd-west, bläst er aus nord-ost, oder umgekehrt. Jeder Richtungswechel bedeutet eine kalte Dusche ins Gesicht.
Meine Wimperntusche kann unter Beweis stellen, ob sie "Water proof" ist und mein Make up und Lippenstift, die Bezeichnung "kompakt" verdienen. Mein "drei Wetter" Haarspray, Sonne in Rom, Regen in London, Sturm in New York, hat schon lange vor Frankfurts Provinzregen kapituliert.

Auf dem Weg zu Parkscheinautomaten, der in ca. einen halben Kilometer in entgegengesetzter Richtung steht, in der ich vor habe meine Einkäufe zu tätigen, greife ich in meine rechte Manteltasche, in der sich neben der Marke für den Einkaufwagen, stets da nötige Kleingeld für den Automaten befindet.
Heute nicht!
Den Schirm zwischen Kinn und Schulter geklemmt, um die Hände freizubekommen und in meiner Handtasche weiterzusuchen, drehe ich mich schützend gegen den Wind, der sich justament zu einem Richtungswechsel entschließt.
Der Griff des Schirms(ein geschnitzter Schwanenkopf aus massivem Holz) versetzt mir einen Kinnhaken. Meine Zunge kann sich nicht rechtzeitig in den sicheren Teil des Mundes zurückziehen und gerär zwischen die Zähne. Über die Folgen kann ich im Moment nicht reden.

Ich beginne meinen Einkauf. Kaufhaus, Haushalts-Kurz-Schreibwaren, Kosmetik, Delikatessen, Bücherei, Olte Oper Konzertkarten abholen, anschließen Kaffee und Kuchen im "Cafe Müller". Entspannt und gestärkt trete ich vor die Tür. Es regnezt in Strömen und ich bin schirmlos. Irgendwo habe ich meinen Schirm stehen lassen, weil der Regen zwischendurch aufgehört hat, habe ich ihn nicht vermisst. Schirmlos, im strömenden Regen gehe ich den Weg zurück den ich gekommen bin. Und tatsächlich, an dem letzten Platz den ich aufsuche, steht er im Schirmständer.
Als ich wieder rauskomme hat es aufgehört zu regnen.
Aber, so schwer bepackt wie ich bin, hätte ich ihn eh nicht aufspannen können.
 

Lomil

Mitglied
Ein Optimist ist einer
der den Regenschirm zu Hause lässt,
obwohl der Wetterbericht Sonnenschein
angekündigt hat.
(Autor unbekannt)


Egal woran ich mich orientiere; Wetterbericht, Windrichtung, Wetterecke, Wolkenbildung, oder auch nur der Blick aus dem Fenster um festzustellen ob es regnet und somit die Mitnahme eines Schirmes erforderlich macht; ich liege immer verkehrt.
Der Wetterbericht sagt für den Nordosten, die Lübecker Bucht und die Kieler Förde Regen voraus.
Für das übrige Deutschland Sonne. Lediglich am Alpenrand Durchzug von Wolkenfeldern, mit leichten Schauern und örtlichen Gewittern.

Frankfurt, laut Wetterbericht zum übrigen Deutschland gehörend, demnach regenfrei. Mein Blick aus dem Fenster lässt jedoch starke Zweifel an dieser Feststellung bei mir aufkommen.
Der Nordosten samt Lübecker Bucht und Kieler Förde stößt bei Frankfurt an den Alpenrand, denn die Wolken hängen so tief, dass es sicher bald zu regnen beginnt.
Ich entscheide mich für den Schirm und entsprechende Bekleidung und bin glücklich, als es nach geraumer Zeit zu regnen beginnt; um genau zwei Minuten später wieder aufzuhören. Eine einzige Regenwolke hatte meinen Blick verdunkelt und deshalb lief ich jetzt bei strahlendem Sonnenschein mit einem Schirm herum.
Anhaltender Regen. Mein Blick zu Himmel; Sonne in Sicht. Ich warte eine halbe Stunde. Die Sonne hat sich durchgesetzt. Weit und breit keine Wolke zu sehen. Ich gehe ohne Schirm aus dem Haus und stehe wenig später im dicksten Regen.

Doch seit neulich, als alle Voraussagen mit der von mir getroffenen Maßnahmen übereinstimmten, habe ich ein Schirm-Syndrom.
Wegen des starken Regens und weil ich viel zu besorgen habe, entscheide ich mich fürs Auto. Ich fahre aus dem Vorort in dem ich wohne in die Stadt. Finde nach einer halben Stunde endlich - in der Nähe meiner Wohnung - einen Parkplatz und versuche, mit dem Schirm, der auf dem Beifahrersitz liegt, auszusteigen. Ein Unterfangen, dessen Scheitern ich mir nach mehrminütigem Bemühen eingestehen muss.
Ich steige also zunächst ohne Schirm aus. Ich versuche mein Glück von aussen und gebe entnervt auf, nachdem ich ihn zwischen Schaltung, Sitz und Lenkrad eingeklemmt, zwei Stangen abgebrochen, mir einen Fingernagel abgerissen, den Kopf angeschlagen und mehrere Male gegen das zweite Gebot verstoßen habe. Dass ich dabei nass werde, ist nicht weiter erwähnenswert.
- Herrgott, verdammt nochmal komm endlich raus du Mistding, war noch die harmloseste Gebotsübertretung!
Für die weniger Bibelfesten das zweite Gebot.
Du sollst den Namen des Herren deines Gottes nicht unnütz führen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen der seinen Namen mißbraucht.
Ich gehe ums Auto herum um es von der Beifahrerseite aus zu probieren. Dass ich noch mal zurückgehen muss, weil ich vergessen habe die Tür zu entriegeln, (altes Auto, ohne Zentralverriegelung) nehme ich als Strafe für die Gebotsübertretung hin. Es ist ja bekannt, dass der liebe Gott die kleinen Sünden sofort bestraft. Aber als sich auf dem Rückweg dorthin der Inhalt meiner Handtasche, die ich als Schutz für den anhaltenden Regen über meinen Kopf halte, über Selbigem entleert, denke ich zum ersten Mal über einen Kirchenaustritt nach.
Doch endlich habe ich meinen Schirm. Ich bin glücklich. Es regnet anhaltend und ich bin gut beschirmt.

Der Wind hat sich noch nicht entschieden aus welcher Richtung er wehen will. Bin ich mit dem Schirm auf süd-west, bläst er aus nord-ost, oder umgekehrt. Jeder Richtungswechel bedeutet eine kalte Dusche ins Gesicht.
Meine Wimperntusche kann unter Beweis stellen, ob sie "Water proof" ist und mein Make up und Lippenstift, die Bezeichnung "kompakt" verdienen. Mein "drei Wetter" Haarspray, Sonne in Rom, Regen in London, Sturm in New York, hat schon lange vor Frankfurts Provinzregen kapituliert.

Auf dem Weg zu Parkscheinautomaten, der in ca. einen halben Kilometer in entgegengesetzter Richtung steht, in der ich vor habe meine Einkäufe zu tätigen, greife ich in meine rechte Manteltasche, in der sich neben der Marke für den Einkaufwagen, stets da nötige Kleingeld für den Automaten befindet.
Heute nicht!
Den Schirm zwischen Kinn und Schulter geklemmt, um die Hände freizubekommen und in meiner Handtasche weiterzusuchen, drehe ich mich schützend gegen den Wind, der sich justament zu einem Richtungswechsel entschließt.
Der Griff des Schirms(ein geschnitzter Schwanenkopf aus massivem Holz) versetzt mir einen Kinnhaken. Meine Zunge kann sich nicht rechtzeitig in den sicheren Teil des Mundes zurückziehen und gerät zwischen die Zähne. Über die Folgen kann ich im Moment nicht reden.

Ich beginne meinen Einkauf. Kaufhaus, Haushalts-Kurz-Schreibwaren, Kosmetik, Delikatessen, Bücherei, Olte Oper Konzertkarten abholen, anschließen Kaffee und Kuchen im "Cafe Müller". Entspannt und gestärkt trete ich vor die Tür. Es regnezt in Strömen und ich bin schirmlos. Irgendwo habe ich meinen Schirm stehen lassen, weil der Regen zwischendurch aufgehört hat, habe ich ihn nicht vermisst. Schirmlos, im strömenden Regen gehe ich den Weg zurück den ich gekommen bin. Und tatsächlich, an dem letzten Platz den ich aufsuche, steht er im Schirmständer.
Als ich wieder rauskomme hat es aufgehört zu regnen.
Aber, so schwer bepackt wie ich bin, hätte ich ihn eh nicht aufspannen können.
 

molly

Mitglied
Hat Spaß gemacht Deine Geschichte zu lesen! :)

Hier hast Du Dich einmal vertipp, passiert mir auch öfter mal.

"Entspannt und gestärkt trete ich vor die Tür. Es [blue]regnezt[/blue] in Strömen"

Viele Grüße
molly
 

Lomil

Mitglied
Ein Optimist ist einer
der den Regenschirm zu Hause lässt,
obwohl der Wetterbericht Sonnenschein
angekündigt hat.
(Autor unbekannt)


Egal woran ich mich orientiere; Wetterbericht, Windrichtung, Wetterecke, Wolkenbildung, oder auch nur der Blick aus dem Fenster um festzustellen ob es regnet und somit die Mitnahme eines Schirmes erforderlich macht; ich liege immer verkehrt.
Der Wetterbericht sagt für den Nordosten, die Lübecker Bucht und die Kieler Förde Regen voraus.
Für das übrige Deutschland Sonne. Lediglich am Alpenrand Durchzug von Wolkenfeldern, mit leichten Schauern und örtlichen Gewittern.

Frankfurt, laut Wetterbericht zum übrigen Deutschland gehörend, demnach regenfrei. Mein Blick aus dem Fenster lässt jedoch starke Zweifel an dieser Feststellung bei mir aufkommen.
Der Nordosten samt Lübecker Bucht und Kieler Förde stößt bei Frankfurt an den Alpenrand, denn die Wolken hängen so tief, dass es sicher bald zu regnen beginnt.
Ich entscheide mich für den Schirm und entsprechende Bekleidung und bin glücklich, als es nach geraumer Zeit zu regnen beginnt; um genau zwei Minuten später wieder aufzuhören. Eine einzige Regenwolke hatte meinen Blick verdunkelt und deshalb lief ich jetzt bei strahlendem Sonnenschein mit einem Schirm herum.
Anhaltender Regen. Mein Blick zu Himmel; Sonne in Sicht. Ich warte eine halbe Stunde. Die Sonne hat sich durchgesetzt. Weit und breit keine Wolke zu sehen. Ich gehe ohne Schirm aus dem Haus und stehe wenig später im dicksten Regen.

Doch seit neulich, als alle Voraussagen mit der von mir getroffenen Maßnahmen übereinstimmten, habe ich ein Schirm-Syndrom.
Wegen des starken Regens und weil ich viel zu besorgen habe, entscheide ich mich fürs Auto. Ich fahre aus dem Vorort in dem ich wohne in die Stadt. Finde nach einer halben Stunde endlich - in der Nähe meiner Wohnung - einen Parkplatz und versuche, mit dem Schirm, der auf dem Beifahrersitz liegt, auszusteigen. Ein Unterfangen, dessen Scheitern ich mir nach mehrminütigem Bemühen eingestehen muss.
Ich steige also zunächst ohne Schirm aus. Ich versuche mein Glück von aussen und gebe entnervt auf, nachdem ich ihn zwischen Schaltung, Sitz und Lenkrad eingeklemmt, zwei Stangen abgebrochen, mir einen Fingernagel abgerissen, den Kopf angeschlagen und mehrere Male gegen das zweite Gebot verstoßen habe. Dass ich dabei nass werde, ist nicht weiter erwähnenswert.
- Herrgott, verdammt nochmal komm endlich raus du Mistding, war noch die harmloseste Gebotsübertretung!
Für die weniger Bibelfesten das zweite Gebot.
Du sollst den Namen des Herren deines Gottes nicht unnütz führen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen der seinen Namen mißbraucht.
Ich gehe ums Auto herum um es von der Beifahrerseite aus zu probieren. Dass ich noch mal zurückgehen muss, weil ich vergessen habe die Tür zu entriegeln, (altes Auto, ohne Zentralverriegelung) nehme ich als Strafe für die Gebotsübertretung hin. Es ist ja bekannt, dass der liebe Gott die kleinen Sünden sofort bestraft. Aber als sich auf dem Rückweg dorthin der Inhalt meiner Handtasche, die ich als Schutz für den anhaltenden Regen über meinen Kopf halte, über Selbigem entleert, denke ich zum ersten Mal über einen Kirchenaustritt nach.
Doch endlich habe ich meinen Schirm. Ich bin glücklich. Es regnet anhaltend und ich bin gut beschirmt.

Der Wind hat sich noch nicht entschieden aus welcher Richtung er wehen will. Bin ich mit dem Schirm auf süd-west, bläst er aus nord-ost, oder umgekehrt. Jeder Richtungswechel bedeutet eine kalte Dusche ins Gesicht.
Meine Wimperntusche kann unter Beweis stellen, ob sie "Water proof" ist und mein Make up und Lippenstift, die Bezeichnung "kompakt" verdienen. Mein "drei Wetter" Haarspray, Sonne in Rom, Regen in London, Sturm in New York, hat schon lange vor Frankfurts Provinzregen kapituliert.

Auf dem Weg zu Parkscheinautomaten, der in ca. einen halben Kilometer in entgegengesetzter Richtung steht, in der ich vor habe meine Einkäufe zu tätigen, greife ich in meine rechte Manteltasche, in der sich neben der Marke für den Einkaufwagen, stets da nötige Kleingeld für den Automaten befindet.
Heute nicht!
Den Schirm zwischen Kinn und Schulter geklemmt, um die Hände freizubekommen und in meiner Handtasche weiterzusuchen, drehe ich mich schützend gegen den Wind, der sich justament zu einem Richtungswechsel entschließt.
Der Griff des Schirms(ein geschnitzter Schwanenkopf aus massivem Holz) versetzt mir einen Kinnhaken. Meine Zunge kann sich nicht rechtzeitig in den sicheren Teil des Mundes zurückziehen und gerät zwischen die Zähne. Über die Folgen kann ich im Moment nicht reden.

Ich beginne meinen Einkauf. Kaufhaus, Haushalts-Kurz-Schreibwaren, Kosmetik, Delikatessen, Bücherei, Olte Oper Konzertkarten abholen, anschließen Kaffee und Kuchen im "Cafe Müller". Entspannt und gestärkt trete ich vor die Tür. Es regnet in Strömen und ich bin schirmlos. Irgendwo habe ich meinen Schirm stehen lassen, weil der Regen zwischendurch aufgehört hat, habe ich ihn nicht vermisst. Schirmlos, im strömenden Regen gehe ich den Weg zurück den ich gekommen bin. Und tatsächlich, an dem letzten Platz den ich aufsuche, steht er im Schirmständer.
Als ich wieder rauskomme hat es aufgehört zu regnen.
Aber, so schwer bepackt wie ich bin, hätte ich ihn eh nicht aufspannen können.
 

Lomil

Mitglied
Hallo Molly

Es freut mich, dass Dir die Geschichte gefallen hat. Ich glaube jeder von uns hat die eine oder andere Situation schon einmal erlebt. Vielleicht nicht alle an einem Tag; aber die Satire darf die Dinge übertreiben.
Danke auch für den Hinweis auf den Rechtschreibfehler.

Wünsche Dir einen schönen Tag
Lomil
 

Lomil

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Ein Optimist ist einer
der den Regenschirm zu Hause lässt,
obwohl der Wetterbericht Sonnenschein
angekündigt hat.
(Autor unbekannt)


Egal woran ich mich orientiere; Wetterbericht, Windrichtung, Wetterecke, Wolkenbildung, oder auch nur der Blick aus dem Fenster um festzustellen ob es regnet und somit die Mitnahme eines Schirmes erforderlich macht; ich liege immer verkehrt.
Der Wetterbericht sagt für den Nordosten, die Lübecker Bucht und die Kieler Förde Regen voraus.
Für das übrige Deutschland Sonne. Lediglich am Alpenrand Durchzug von Wolkenfeldern, mit leichten Schauern und örtlichen Gewittern.

Frankfurt, laut Wetterbericht zum übrigen Deutschland gehörend, demnach regenfrei. Mein Blick aus dem Fenster lässt jedoch starke Zweifel an dieser Feststellung bei mir aufkommen.
Der Nordosten samt Lübecker Bucht und Kieler Förde stößt bei Frankfurt an den Alpenrand, denn die Wolken hängen so tief, dass es sicher bald zu regnen beginnt.
Ich entscheide mich für den Schirm und entsprechende Bekleidung und bin glücklich, als es nach geraumer Zeit zu regnen beginnt; um genau zwei Minuten später wieder aufzuhören. Eine einzige Regenwolke hatte meinen Blick verdunkelt und deshalb lief ich jetzt bei strahlendem Sonnenschein mit einem Schirm herum.
Anhaltender Regen. Mein Blick zu Himmel; Sonne in Sicht. Ich warte eine halbe Stunde. Die Sonne hat sich durchgesetzt. Weit und breit keine Wolke zu sehen. Ich gehe ohne Schirm aus dem Haus und stehe wenig später im dicksten Regen.

Doch seit neulich, als alle Voraussagen mit der von mir getroffenen Maßnahmen übereinstimmten, habe ich ein Schirm-Syndrom.
Wegen des starken Regens und weil ich viel zu besorgen habe, entscheide ich mich fürs Auto. Ich fahre aus dem Vorort in dem ich wohne in die Stadt. Finde nach einer halben Stunde endlich - in der Nähe meiner Wohnung - einen Parkplatz und versuche, mit dem Schirm, der auf dem Beifahrersitz liegt, auszusteigen. Ein Unterfangen, dessen Scheitern ich mir nach mehrminütigem Bemühen eingestehen muss.
Ich steige also zunächst ohne Schirm aus. Ich versuche mein Glück von aussen und gebe entnervt auf, nachdem ich ihn zwischen Schaltung, Sitz und Lenkrad eingeklemmt, zwei Stangen abgebrochen, mir einen Fingernagel abgerissen, den Kopf angeschlagen und mehrere Male gegen das zweite Gebot verstoßen habe. Dass ich dabei nass werde, ist nicht weiter erwähnenswert.
- Herrgott, verdammt nochmal komm endlich raus du Mistding, war noch die harmloseste Gebotsübertretung!
Für die weniger Bibelfesten das zweite Gebot.
Du sollst den Namen des Herren deines Gottes nicht unnütz führen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen der seinen Namen mißbraucht.
Ich gehe ums Auto herum um es von der Beifahrerseite aus zu probieren. Dass ich noch mal zurückgehen muss, weil ich vergessen habe die Tür zu entriegeln, (altes Auto, ohne Zentralverriegelung) nehme ich als Strafe für die Gebotsübertretung hin. Es ist ja bekannt, dass der liebe Gott die kleinen Sünden sofort bestraft. Aber als sich auf dem Rückweg dorthin der Inhalt meiner Handtasche, die ich als Schutz für den anhaltenden Regen über meinen Kopf halte, über Selbigem entleert, denke ich zum ersten Mal über einen Kirchenaustritt nach.
Doch endlich habe ich meinen Schirm. Ich bin glücklich. Es regnet anhaltend und ich bin gut beschirmt.

Der Wind hat sich noch nicht entschieden aus welcher Richtung er wehen will. Bin ich mit dem Schirm auf süd-west, bläst er aus nord-ost, oder umgekehrt. Jeder Richtungswechel bedeutet eine kalte Dusche ins Gesicht.
Meine Wimperntusche kann unter Beweis stellen, ob sie "Water proof" ist und mein Make up und Lippenstift, die Bezeichnung "kompakt" verdienen. Mein "drei Wetter" Haarspray, Sonne in Rom, Regen in London, Sturm in New York, hat schon lange vor Frankfurts Provinzregen kapituliert.

Auf dem Weg zum Parkscheinautomaten, der in ca. einen halben Kilometer in entgegengesetzter Richtung steht, in der ich vor habe meine Einkäufe zu tätigen, greife ich in meine rechte Manteltasche, in der sich neben der Marke für den Einkaufwagen, stets da nötige Kleingeld für den Automaten befindet.
Heute nicht!
Den Schirm zwischen Kinn und Schulter geklemmt, um die Hände freizubekommen und in meiner Handtasche weiterzusuchen, drehe ich mich schützend gegen den Wind, der sich justament zu einem Richtungswechsel entschließt.
Der Griff des Schirms(ein geschnitzter Schwanenkopf aus massivem Holz) versetzt mir einen Kinnhaken. Meine Zunge kann sich nicht rechtzeitig in den sicheren Teil des Mundes zurückziehen und gerät zwischen die Zähne. Über die Folgen kann ich im Moment nicht reden.

Ich beginne meinen Einkauf. Kaufhaus, Haushalts-Kurz-Schreibwaren, Kosmetik, Delikatessen, Bücherei, Olte Oper Konzertkarten abholen, anschließen Kaffee und Kuchen im "Cafe Müller". Entspannt und gestärkt trete ich vor die Tür. Es regnet in Strömen und ich bin schirmlos. Irgendwo habe ich meinen Schirm stehen lassen, weil der Regen zwischendurch aufgehört hat, habe ich ihn nicht vermisst. Schirmlos, im strömenden Regen gehe ich den Weg zurück den ich gekommen bin. Und tatsächlich, an dem letzten Platz den ich aufsuche, steht er im Schirmständer.
Als ich wieder rauskomme hat es aufgehört zu regnen.
Aber, so schwer bepackt wie ich bin, hätte ich ihn eh nicht aufspannen können.
 



 
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