Zwillingsjungfrau
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Das Schloss in Bobbin überarbeitet
Liebe Lupianer,
ich soll meine erste Lesung halten und bin wahnsinnig unsicher. Deshalb möchte ich euch diesen Text vorstellen und bitte um Hilfe.
Lesung aus der Chronik
Guten Tag, meine Damen und Herren,
es freut mich sehr, dass Sie gekommen sind.
Sie alle kennen – viel länger als ich - das Herrenhaus, oder wie Sie es liebevoll nennen, „das Schloss“. Die meisten von Ihnen haben 40 Jahre lang in diesem Haus gefeiert, einkauft oder ihre Kinder haben in diesen Räumen vielleicht den Kindergarten besucht. Ich lerne das Haus gerade erst kennen und lieben. In den vergangenen Monaten habe ich bei der Suche nach der Vergangenheit ich sehr viel über das Haus und das Schicksal der Menschen gerade hier in Bobbin erfahren. Und darüber möchte ich Ihnen berichten.
Wissen Sie eigentlich, wie alt Bobbin ist? Schätzen Sie mal.
Bobbin ist 723 Jahre alt!
Sie fragen sich jetzt gewiss: „Wie bestimmt man das Alter eines Ortes?“
Als sogenannte „Geburtsurkunde“ eines Ortes wird auf die erste urkundliche Erwähnung zurückgegriffen. Der Verein für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde hat für die erste urkundliche Erwähnung von Bobbin, Amt Gnoien, das Jahr 1282 festgelegt!
In zwei Jahren könnte Bobbin somit 725jähriges Bestehen feiern. Ein genaues Tages- oder Monatsdatum ist nicht bekannt. Da die Geschäfte und neue Verträge fast immer zu Johanni abgeschlossen wurden, wie wäre es mit einem tollen Fest mitten im Sommer? In den Schulferien? Grillen, tanzen, lachen. Welch ein Spaß für jung und alt!
Vielleicht ein Umzug mit historischen Kostümen, so wie die Ritter sich früher kleideten?
Ja, ja, die Rittersleut,
wenn Sie nicht gerade feierten und es sich gut gehen ließen, zogen sie mit ihren Fürsten in Schlachten und kämpften. Kriege gab es in Mecklenburg viele. Anfangs wurden die Ritter dafür mit Land belohnt belohnt. Das nannte man Lehen.
In alten Dokumenten des Landesarchivs Schwerin wird der Ritter Otto van Dewytzke oder Dewyke – die Schreibweise der Namen veränderte sich häufig – als erster Besitzer von Bobbin genannt.
Damit die neuen Grundbesitzer am Fürstenhof feudal leben konnten, verpachteten sie das Land.
Die Ritter bewirtschafteten das Land nicht selbst, denn sie zogen ja mit ihrem Fürsten in den Krieg. Also benötigten sie Bauern, welche das Land bewirtschafteten. Das Land gehörte dem Adel und die Bauern zahlten die Schulden Ihrer Grundherren und Fürsten.
So war es früher und ist es noch heute. Die Regierenden machen Schulden und die „kleinen Leute“ müssen sie bezahlen. Stimmts?
Zum Ende des Mittelalters begann der Adel kaufmännisch zu denken und wahrzunehmen, dass im Umfeld und später im Ausland, ein steigender Bedarf an landwirtschaftlichen Produkten vorhanden war. Während die Preise im gesamten ein Jahrhundert stabil waren, stiegen sie Anfang des nächsten rasch gewaltig an. Korn verteuerte sich um 500-600 %, Butter, ebenso Schlachtvieh um 400-500 %.
In der Ritterschaft verstärkte sich das Streben nach Eigenbewirtschaftung. Das hatte handfeste wirtschaftliche Gründe. Der Adel trat in sein "Goldenes Zeitalter" ein, seine Besitzungen wurden mit einem Mal zu ungeahnten Wertobjekten.
So kaufte die Familie v. Hobe das Lehngut Bobbin, da es an ihren Besitz in Wasdow und Quitzenow grenzte. In einigen Berichten werden die Moorhoben auch als Raubritter bezeichnet und es existiert noch immer die Sage vom versunkenen Schatz im Moor, den angeblich nur eine Jungfrau finden kann.
Bobbin war für die nächsten 200 Jahre ein reines Wirtschaftsobjekt, wie ein Mietshaus in der Stadt, dass man nicht selbst bewohnt, sondern von den Mietern Einnahmen zieht. Die Familie v. Hobe nahm in Bobbin zu keiner Zeit ihren Wohnsitz. Bobbin war verpachtet, wurde immer wieder beliehen und verpfändet. Obwohl es verboten war, wurden die vier selbständigen Bauern in Bobbin später von der Familie v. Hobe kurzerhand nach Quitzenow verlegt. Die Bauernstellen in Bobbin wurden abgerissen.
Sollten die Menschen in Bobbin immer nur geben? Ging es so weiter?
Nein, dies änderte sich durch den Besitzwechsel.
Helmuth Hartwig von Blücher
Er war zweimal verheiratet und hatte insgesamt 26 Kinder. Der Feldmarschall - Gebhard Leberecht, Graf v. Blücher - war sein Vetter.
Helmuth Hartwig von Blücher kaufte für seine Söhne durch öffentliche Versteigerung die drei Güter Wasdow, Quitzenow und Bobbin. Bobbin war durch die Fruchtbarkeit seines Bodens das wertvollste Gut.
Das Gut Wasdow gab er dem ältesten Sohn Ludwig, Bobbin dem zweiten, Anton Friedrich. Seinem Sohn Friedrich Wilhelm überließ er das Gut Quitzenow.
Helmuth Hartwig v. Blücher sorgte für seine Gutsinsassen. Diese erfreuten sich nicht nur eines materiellen Wohlstandes, sondern er sorgte auch für ihr geistliches Wohl. Um ihnen den Besuch der Kirche nicht zu erschweren, sollten sie all ihre eigenen Arbeiten am Haus und auf dem eigenen Land an den Wochentagen erledigen. Wer aber am Sonntag bei der Arbeit angetroffen wurde, durfte auch am Montage nicht bei dem Gutsherrn zur Arbeit kommen. Er büßte seinen Tagelohn ein.
Die von Helmuth Hartwig von Blücher eingerichteten Dorfschulen galten in weiter Runde als die besten. In seinem Testament setzte er einen jährlichen Betrag zur Anschaffung einiger Bibeln, Katechismen und Gesangbücher für arme Schulkinder ein. Gleiche Beträge erhielten die Kranken und die Krüppel. Sein Haus war nicht nur für rat- und hilfsbedürftige Mitglieder der Familie ein Zufluchtsort, auch Arme aller Art fanden sein Haus stets offen.
Wurden die Zeiten nun tatsächlich besser? Nicht unbedingt, denn es gab immer wieder
Kriege.
Obwohl Mecklenburg häufig gar nicht unmittelbar beteiligt war, die Bevölkerung hatte darunter zu leiden.
Während der französischen Kriegswirren war das Gut vielfach und oft längere Zeit mit Einquartierung belegt und es ging die Erzählung, die Franzosen hätten die aufgetragene Suppe ganz besonders gern gegessen, wenn recht viel Schaben hineingefallen waren und dann oft „noch mehr von der Suppe mit die kleine Krebs“ verlangt.
Schwere Zeiten brachten die vielen Kriege auch Bobbin. Eine der großen Heerstraßen in Mecklenburg führte durch Güstrow, Gnoien, Wasdow, Bobbin über Tribsees nach Polen und Russland.
Im Winter 1814/15, als die russisch-polnische Reservearmee auf ihrem Rückmarsch Mecklenburg durchzog, - Bobbin lag an der Heerstraße - hatte das Gut an fünf verschiedenen Tagen, mit je fünftägiger Unterbrechung eine Einquartierung von insgesamt 305 Offizieren, 10.862 Mann und 5.891 Pferden.
Diese Zahlen muss man sich einmal bewusst machen: Es war Winter. Am Sonntag waren sie da und am drauffolgenden Freitag schon wieder und das fünf mal hintereinander. 305 Offiziere, 10.862 Mann und 5.891 Pferde. Und alle sollten ernährt werden!
Den hin und herflutenden Truppen war jedes Mittel recht. Um das Vieh von den Weiden zu stehlen, wurden die Hüteknechte einfach erschlagen. Die Kämpfe wurden hauptsächlich auf den Rücken der Bauern ausgetragen. Ganze Dörfer wurden vernichtet. Die meisten, ja man kann wohl sagen nahezu alle verwüsteten Dörfer Mecklenburgs sind während des 30jährigen Kriegs entstanden. So hoffnungslos erschien den Bewohnern mancher Dörfer in jener Zeit ihre Lage, dass sie lieber Haus und Hof im Stich ließen, als in ihrem Dorf in ewiger Angst vor feindlichen Angriffen zu leben. Die verursachten Hungersnöte und Seuchen verheerten und entvölkerten ganze Landstriche.
Menschen und Vieh starben an Seuchen, die Häuser verbrannten oder wurden als Heizmaterial bei den Lagerfeuern verbraucht. Unter den Truppendurchzügen, Belagerungen, Brandschatzungen, Einquartierungen und gewaltsamen Werbungen hatte auch die Gegend um Bobbin schwer zu leiden.
Und so ging es in jedem Krieg, auch im letzten. Die Auswirkungen des zweiten Weltkriegs waren für den damaligen Besitzer des Gutes Bobbin, Richard Schmidt, und seine Familie besonders dramatisch. Am 1. Mai 1945 wurde er vor dem Haus, im Fliedergang, durch Russen erschossen. Seine Frau musste mit den Kindern zuschauen.
Das muss ganz schrecklich gewesen sein.
Doch zurück zu den erfreulicheren Dingen, die in Bobbin passierten.
Anton Friedrich von Blücher auf Bobbin ließ neu bauen.
Trotz der schweren Zeiten waren vielerlei Neubauten nötig. Die vier Bauernhöfe waren abgerissen, das alte Pächterhaus war klein und baufällig und die Wohnungen für die Tagelöhner reichten nicht aus.
In einfachster Weise ließ Anton Friedrich die Katen, den damaligen Zeitverhältnissen entsprechend, in Fachwerk und Strohdach herstellen. Es wird erzählt, er habe, nachdem Fachwerk und Dach aufgerichtet waren, seinen Leuten gesagt: „Kinder, jeder Vogel baut sich sein Nest selbst; nun geht bei und lehmt Euch die Wände aus.“ Diese Katen mit Lehmfachwerk, Lehmdiele und Strohdach waren 70 Jahre später zum größten Teil noch gut erhalten und sie konnten noch eine längere Dauer halten, wenn nicht die sozialen Verhältnisse höhere Ansprüche gerechtfertigt hätten.
Er heiratete Karoline von Schack. Für seine Frau errichtete Anton Friedrich das stattliche Wohnhaus, in dem wir uns heute befinden. Größere Park-, Garten- und Hofanlagen wurden angelegt. Ihr Heim wurde ihren Wünschen gemäß eingerichtet und zu einem selten schönen Besitz gestaltet.
Ein Enkel Anton Friedrichs berichtet in der Blücher-Chronik von schönen Erinnerungen aus seiner Jugendzeit. Bei den sonntäglichen Besuchen in Bobbin und besonders zu den Geburtstagsfeiern der Großmutter Karoline ergab die Zahl der Kinder und Enkel, zusammen mit der Nachbarschaft oft eine Mittagstafel von über 30 Personen. Der Geburtstag – 23. Juli – fiel mitten in die Rosenzeit und im Bobbiner Garten waren fast sämtliche Steige mit Rabatten voller hundertblättriger Rosen eingefasst.
Körbeweise wurden sie zur Ausschmückung der Tafel gepflückt. Ein langer Tisch im Esszimmer wurde bei geöffneten Türen im anstoßenden Raum für die zahlreiche Enkelschar geschmückt. Zum Ende des Essens, wenn das übliche Vanilleeis, die Bobbiner Streiftorte und Cardinal, ein damals sehr beliebtes Getränk aus Moselwein, Zucker und Zitronen den Abschluss bildeten, dann artete die Munterkeit zum großen Ergötzen des Geburtstagskindes häufig in einen Beschuss mit Rosen aus.
Lange beschnittene Weißbuchengänge teilten zu damaliger Zeit den Bobbiner Garten quadratisch ein und in diesem fanden am Nachmittag die Aufführungen und Tänze zu Ehren des Geburtstagskindes statt. Es bestand ein besonders herzliches Einvernehmen zwischen Vettern und Kusinen. Sobald die Kinder mit den Aufführungen fertig waren, genossen sie ihre Freiheit in gesellschaftlichen Spielen. Das „Begegnenspiel“ war das beliebteste. Der halbe Garten war mit dichtem Fliedergebüsch eingefasst, durch das sich gewundene Wege schlängelten. Begegnete ein Pärchen dem anderen, so mussten die Damen ausgetauscht werden. Ein Umkehren war nicht gestattet. Da die Pärchen sich meist zuerst nach Herzensneigung zusammenfanden, war ein Austausch in den meisten Fällen wenig erwünscht.
Weiße Musselinkleider und für die Jungens weiße Hosen von sog. Englischem Leder waren das übliche Festkostüm. Die Mutter hatte oft Not, ihre Kinder erst einmal sauber und blendend weiß der Großmutter vorzustellen. Später verrieten dann grüne Flecken auf den Knien von Unfällen beim Spiel auf den Rasenflächen.
Eine besondere Zierde des Hofes war das zahlreiche Federvieh. Zwischen Hühnern, Perl- und Truthühnern stolzierten Rad schlagende Pfauen auf dem großen Rasenplatz vorm Hause. Verschiedene Sorten Enten, Gänse und ein Schwanenpaar bevölkerten den Hofteich.
Im Alter von 89 Jahren starb Karoline in Rostock. Die Beisetzung fand in Bobbin in der von ihr erbauten und von Anton Friedrich seinerzeit entworfenen Kapelle statt.
Eine seltene Gastfreiheit herrschte in Bobbin und der anregende geistige Mittelpunkt des oft sehr großen Kreises war die Gutsherrin.
Einprägsam wird in der Blücher-Chronik auch die Küche mit ihrem kolossalen Rauchfang geschildert, wo bei offenen Feuern auf Dreifüßen, in hängenden Kesseln mit Kesselhaken die Mahlzeiten hergerichtet wurden und sich der Braten am Spieß drehte.
Was fällt Ihnen zum Stichwort Küche ein? … Ich denke dabei an Essen.
Überhaupt das Essen zu damaliger Zeit
Es war früher sehr einfach. Bevor die Kartoffel in Mecklenburg eingeführt wurde, lebten die Menschen vor allem von Getreidebrei und Brot.
Das ist ein anderes Kornn, sä de Möller, do beet he up’n Muskötel.
Kohl, auch als Sauerkraut, gehörte ebenfalls zum Speiseplan.
Bäter ne Luus in Kohl, als gar kein Fleisch!
Daneben wurden in geringem Umfang auch Milchprodukte und Salzheringe gegessen.
Jetzt lese ich Ihnen einen Speiseplan von einem Gutshof für Knechte, Mägde, Tagelöhner usw. vor, der so ähnlich wohl auch auf dem Bauernhof galt.
Montag: morgens Melksupp dick, ungezuckert mit Magermilch
mittags und abends: Arwtensupp mit Kartoffeln und Hammel
Dienstag: morgens Melksupp
mittags Kartoffeln mit Schausterstipp
abends Bratkartoffeln
Mittwoch: morgens Melksupp
mittags ind abends Bohnensuppe
Donnerstag: morgens Melksupp
mittags Pelltüffeln mit Hering
abends Bratkartoffeln
Freitag morgens Melksupp,
mittags und abends Kohlsupp
Sonnabend morgens – na? Richtig Melksupp
mittags und abends Tüftensupp mit Speck
Für Sonntags schweigt sich der Speiseplan aus.
Gegessen wurde an einem Tisch, an dem sich alle Hofbewohner versammelten. Männer und Frauen saßen getrennt und nach Wichtigkeit ihrer Arbeit geordnet.
Oft wurde aus einer Schüssel gegessen, manchmal sogar von allen gemeinsam ein Holzlöffel genutzt. Als Geschirr benutzte man ursprünglich einfaches Keramikgeschirr, Holzbretter als Teller, selbstgeschnitzte Löffel und Messer. Später kam dann Zinngeschirr auf.
Brot wurde einmal in der Woche gebacken. Normalerweise gab es nur saures, dunkles und hartes Roggenbrot. In Notzeiten wurde das Mehl auch schon mal mit Eichelmehl (da mussten dann auch die Schweine hungern), Rinde oder Lindenknospen gestreckt. Weizenbrot, die beliebten Stuten, gab es nur an Festtagen.
Zu trinken gab es außer Wasser, das nicht sehr beliebt war - (kein Wunder, wenn es mit toten Katzen und vergammelten Ratten aromatisiert war, die sich schon mal im Brunnen anfanden) - besonders Bier. In den Dörfern braute jeder Bauer selbst, trotz Verbot von offizieller Seite. In bäuerlichen Inventaren wurden auch immer ein oder zwei Biertonnen aufgeführt.
Als Branntwein nach Mecklenburg kam, trat er, besonders auf dem Land, seinen manchmal verheerenden Siegeszug an. Ursprünglich aus Getreide („Korn“), später aus Kartoffeln oder sogar Rüben hergestellt, konnten sich sogar Tagelöhner ihr tägliches Quantum leisten.
Was brauchen wir Alkohol, sä Johann, solange wir Bier und Brandwein haben.
(Schluck Wasser aus einem Glas trinken)
Prost, un wenn’s mien Leven kost!
In Bobbin war und ist man gesellig, hält zusammen und besucht sich häufig. Dazu muss man kurze oder längere Strecken unterwegs sein. Das bringt mich zum Kapitel
Reisen
Na, das Reisen in früheren Zeiten hatte so seine Tücken. Die Straßen waren mit dem heutigen asphaltierten Wegenetz nicht zu vergleichen. Vor 200 Jahren gab es noch keine festen Landstraßen. Es handelte sich um unbefestigte Wege.
Doch mal ehrlich:
Fährt man heute über die Landstraßen Mecklenburgs, so fragt man sich: „Gehört die Gefahr damaliger Zeit, mit gebrochenen Achsen und zerschmetterten Gliedern irgendwo im Schlamm des Straßengrabens zu liegen, tatsächlich der Vergangenheit an?“
„O Wagenrungen, Achsen, Speichen und Felgen! O Knochen, Rippen, Muskeln und Sitzfleisch. Was ist das für ein Weg!“. Diesen Ausruf legte Fritz Reuter seinem ‚Herrn von Hakensterz’ in den Mund.
Die Straßen wurden nicht nur von Kutschen befahren. Auch Fuhrwerke mit schweren Lasten, beladen mit Handelsware oder Ernteerträgen, zerstörten immer wieder die unbefestigten Wege. In der Blücher-Chronik wird dies so beschrieben: „Ein stolzes Bild war es und seine Leute erzählten gern davon, wenn mehrmals im Jahre in einer langen Reihe von Wagen hoch mit Korn oder Wollsäcken beladen, die Erzeugnisse des Gutes an die näheren oder entfernteren Märkte zum Verkauf gebracht wurden.“
Der Zustand der Landwege erforderte feste Wagen mit vier kräftigen Pferden; wenn man sein Ziel erreichen wollte und für alle Fälle wurde noch ein Reserverad hinten aufgebunden. Das Silbergeld in kleineren oder größeren Beuteln war abgezählt und unter dem Sitz wohlverpackt. So machte sich der Einzelne mit seiner Dienerschaft auf den Weg und brauchte oft mehr als eine Tagereise, bevor er seinen Bestimmungsort erreichte.
Und natürlich gab es auch schon eine Straßenverkehrsordnung, die Wege-Policei-Ordnung von 1824:
Darin gab es Trost: „Falls der Reisende verunglückt, muss ihm jeder Ortsvorstand oder Schulze allen Beistand mit Menschen, Pferden oder Werkzeug leisten.“
Die Straßen von Schwerin nach Wismar und von Rostock nach Güstrow und Neubrandenburg waren berüchtigt und gefürchtet. Zerbrochene, im Schlamm versunkene Wagen und krepierte Pferde am Straßenrand waren nichts Seltenes.
Mit allzu vielen Verkehrsregeln wurden die Menschen der damaligen Zeit nicht belastet. Von den insgesamt 11 Punkten, die bei Gebrauch der Wege zu beachten waren, seien hier folgende genannt:
„Böse Hunde dürfen nicht frei herumlaufen.“ Ebenso war das hirtenlose Herumlaufen der Schweine auf den Wegen verboten.
Untertanen, die auf Feldern neben der Straße arbeiteten, war es untersagt, beim Herannahen eines Fuhrwerkes ihre Sensen zu streichen oder andere, die Pferde scheu machende Bewegungen auszuführen, wie Klatschen oder Schreien.
Ein Absatz betraf die Frauen: Das Aufhängen der Wäsche, Farbtücher und anderer, die Pferde scheu machender Gegenstände vor und an den Häusern oder auf den Zäunen war verboten. Als Strafe waren Geldbußen vorgesehen. Weiter heißt es: „Wer das Geld nicht bezahlen kann, ist einer angemessenen körperlichen Bestrafung – dem Halseisen – zu unterziehen.
Es war eine Gewohnheit der Postkutscher, in allen Orten rasch zu fahren. Dies war nützlich und darüber sollte niemand schimpfen.
Ist nämlich an der Kutsche etwas zerbrechlich, so würde es besser sein, wenn es im Ort bricht und reißt, wo die Hilfe nahe ist, als auf offner Straße. Hält aber das Fuhrwerk die Probe des Rasselns auf dem Kopfsteinpflaster aus, so kann man hoffen, heil und gesund ans Ziel zu kommen."
Mir scheint, mit diesen rasenden Belastungsproben testen auch noch heute einige Autofahrer ihre Fahrzeuge.
Das Reisen in Mecklenburg war in vergangenen Jahrhunderten zeitraubend, mühsam und strapaziös. Außerdem war es oft wegen der üblichen Straßenräuberei nicht ungefährlich.
Hiermit möchte ich meine Lesung schließen und kann Ihnen nur wünschen, dass Sie ohne gebrochene Achsen und ohne Straßenräuber - heut nennt man es Radarfallen - heil wieder nach Hause kommen.
Ich hoffe, wir sehen uns gesund wieder.
Liebe Lupianer,
ich soll meine erste Lesung halten und bin wahnsinnig unsicher. Deshalb möchte ich euch diesen Text vorstellen und bitte um Hilfe.
Lesung aus der Chronik
Guten Tag, meine Damen und Herren,
es freut mich sehr, dass Sie gekommen sind.
Sie alle kennen – viel länger als ich - das Herrenhaus, oder wie Sie es liebevoll nennen, „das Schloss“. Die meisten von Ihnen haben 40 Jahre lang in diesem Haus gefeiert, einkauft oder ihre Kinder haben in diesen Räumen vielleicht den Kindergarten besucht. Ich lerne das Haus gerade erst kennen und lieben. In den vergangenen Monaten habe ich bei der Suche nach der Vergangenheit ich sehr viel über das Haus und das Schicksal der Menschen gerade hier in Bobbin erfahren. Und darüber möchte ich Ihnen berichten.
Wissen Sie eigentlich, wie alt Bobbin ist? Schätzen Sie mal.
Bobbin ist 723 Jahre alt!
Sie fragen sich jetzt gewiss: „Wie bestimmt man das Alter eines Ortes?“
Als sogenannte „Geburtsurkunde“ eines Ortes wird auf die erste urkundliche Erwähnung zurückgegriffen. Der Verein für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde hat für die erste urkundliche Erwähnung von Bobbin, Amt Gnoien, das Jahr 1282 festgelegt!
In zwei Jahren könnte Bobbin somit 725jähriges Bestehen feiern. Ein genaues Tages- oder Monatsdatum ist nicht bekannt. Da die Geschäfte und neue Verträge fast immer zu Johanni abgeschlossen wurden, wie wäre es mit einem tollen Fest mitten im Sommer? In den Schulferien? Grillen, tanzen, lachen. Welch ein Spaß für jung und alt!
Vielleicht ein Umzug mit historischen Kostümen, so wie die Ritter sich früher kleideten?
Ja, ja, die Rittersleut,
wenn Sie nicht gerade feierten und es sich gut gehen ließen, zogen sie mit ihren Fürsten in Schlachten und kämpften. Kriege gab es in Mecklenburg viele. Anfangs wurden die Ritter dafür mit Land belohnt belohnt. Das nannte man Lehen.
In alten Dokumenten des Landesarchivs Schwerin wird der Ritter Otto van Dewytzke oder Dewyke – die Schreibweise der Namen veränderte sich häufig – als erster Besitzer von Bobbin genannt.
Damit die neuen Grundbesitzer am Fürstenhof feudal leben konnten, verpachteten sie das Land.
Die Ritter bewirtschafteten das Land nicht selbst, denn sie zogen ja mit ihrem Fürsten in den Krieg. Also benötigten sie Bauern, welche das Land bewirtschafteten. Das Land gehörte dem Adel und die Bauern zahlten die Schulden Ihrer Grundherren und Fürsten.
So war es früher und ist es noch heute. Die Regierenden machen Schulden und die „kleinen Leute“ müssen sie bezahlen. Stimmts?
Zum Ende des Mittelalters begann der Adel kaufmännisch zu denken und wahrzunehmen, dass im Umfeld und später im Ausland, ein steigender Bedarf an landwirtschaftlichen Produkten vorhanden war. Während die Preise im gesamten ein Jahrhundert stabil waren, stiegen sie Anfang des nächsten rasch gewaltig an. Korn verteuerte sich um 500-600 %, Butter, ebenso Schlachtvieh um 400-500 %.
In der Ritterschaft verstärkte sich das Streben nach Eigenbewirtschaftung. Das hatte handfeste wirtschaftliche Gründe. Der Adel trat in sein "Goldenes Zeitalter" ein, seine Besitzungen wurden mit einem Mal zu ungeahnten Wertobjekten.
So kaufte die Familie v. Hobe das Lehngut Bobbin, da es an ihren Besitz in Wasdow und Quitzenow grenzte. In einigen Berichten werden die Moorhoben auch als Raubritter bezeichnet und es existiert noch immer die Sage vom versunkenen Schatz im Moor, den angeblich nur eine Jungfrau finden kann.
Bobbin war für die nächsten 200 Jahre ein reines Wirtschaftsobjekt, wie ein Mietshaus in der Stadt, dass man nicht selbst bewohnt, sondern von den Mietern Einnahmen zieht. Die Familie v. Hobe nahm in Bobbin zu keiner Zeit ihren Wohnsitz. Bobbin war verpachtet, wurde immer wieder beliehen und verpfändet. Obwohl es verboten war, wurden die vier selbständigen Bauern in Bobbin später von der Familie v. Hobe kurzerhand nach Quitzenow verlegt. Die Bauernstellen in Bobbin wurden abgerissen.
Sollten die Menschen in Bobbin immer nur geben? Ging es so weiter?
Nein, dies änderte sich durch den Besitzwechsel.
Helmuth Hartwig von Blücher
Er war zweimal verheiratet und hatte insgesamt 26 Kinder. Der Feldmarschall - Gebhard Leberecht, Graf v. Blücher - war sein Vetter.
Helmuth Hartwig von Blücher kaufte für seine Söhne durch öffentliche Versteigerung die drei Güter Wasdow, Quitzenow und Bobbin. Bobbin war durch die Fruchtbarkeit seines Bodens das wertvollste Gut.
Das Gut Wasdow gab er dem ältesten Sohn Ludwig, Bobbin dem zweiten, Anton Friedrich. Seinem Sohn Friedrich Wilhelm überließ er das Gut Quitzenow.
Helmuth Hartwig v. Blücher sorgte für seine Gutsinsassen. Diese erfreuten sich nicht nur eines materiellen Wohlstandes, sondern er sorgte auch für ihr geistliches Wohl. Um ihnen den Besuch der Kirche nicht zu erschweren, sollten sie all ihre eigenen Arbeiten am Haus und auf dem eigenen Land an den Wochentagen erledigen. Wer aber am Sonntag bei der Arbeit angetroffen wurde, durfte auch am Montage nicht bei dem Gutsherrn zur Arbeit kommen. Er büßte seinen Tagelohn ein.
Die von Helmuth Hartwig von Blücher eingerichteten Dorfschulen galten in weiter Runde als die besten. In seinem Testament setzte er einen jährlichen Betrag zur Anschaffung einiger Bibeln, Katechismen und Gesangbücher für arme Schulkinder ein. Gleiche Beträge erhielten die Kranken und die Krüppel. Sein Haus war nicht nur für rat- und hilfsbedürftige Mitglieder der Familie ein Zufluchtsort, auch Arme aller Art fanden sein Haus stets offen.
Wurden die Zeiten nun tatsächlich besser? Nicht unbedingt, denn es gab immer wieder
Kriege.
Obwohl Mecklenburg häufig gar nicht unmittelbar beteiligt war, die Bevölkerung hatte darunter zu leiden.
Während der französischen Kriegswirren war das Gut vielfach und oft längere Zeit mit Einquartierung belegt und es ging die Erzählung, die Franzosen hätten die aufgetragene Suppe ganz besonders gern gegessen, wenn recht viel Schaben hineingefallen waren und dann oft „noch mehr von der Suppe mit die kleine Krebs“ verlangt.
Schwere Zeiten brachten die vielen Kriege auch Bobbin. Eine der großen Heerstraßen in Mecklenburg führte durch Güstrow, Gnoien, Wasdow, Bobbin über Tribsees nach Polen und Russland.
Im Winter 1814/15, als die russisch-polnische Reservearmee auf ihrem Rückmarsch Mecklenburg durchzog, - Bobbin lag an der Heerstraße - hatte das Gut an fünf verschiedenen Tagen, mit je fünftägiger Unterbrechung eine Einquartierung von insgesamt 305 Offizieren, 10.862 Mann und 5.891 Pferden.
Diese Zahlen muss man sich einmal bewusst machen: Es war Winter. Am Sonntag waren sie da und am drauffolgenden Freitag schon wieder und das fünf mal hintereinander. 305 Offiziere, 10.862 Mann und 5.891 Pferde. Und alle sollten ernährt werden!
Den hin und herflutenden Truppen war jedes Mittel recht. Um das Vieh von den Weiden zu stehlen, wurden die Hüteknechte einfach erschlagen. Die Kämpfe wurden hauptsächlich auf den Rücken der Bauern ausgetragen. Ganze Dörfer wurden vernichtet. Die meisten, ja man kann wohl sagen nahezu alle verwüsteten Dörfer Mecklenburgs sind während des 30jährigen Kriegs entstanden. So hoffnungslos erschien den Bewohnern mancher Dörfer in jener Zeit ihre Lage, dass sie lieber Haus und Hof im Stich ließen, als in ihrem Dorf in ewiger Angst vor feindlichen Angriffen zu leben. Die verursachten Hungersnöte und Seuchen verheerten und entvölkerten ganze Landstriche.
Menschen und Vieh starben an Seuchen, die Häuser verbrannten oder wurden als Heizmaterial bei den Lagerfeuern verbraucht. Unter den Truppendurchzügen, Belagerungen, Brandschatzungen, Einquartierungen und gewaltsamen Werbungen hatte auch die Gegend um Bobbin schwer zu leiden.
Und so ging es in jedem Krieg, auch im letzten. Die Auswirkungen des zweiten Weltkriegs waren für den damaligen Besitzer des Gutes Bobbin, Richard Schmidt, und seine Familie besonders dramatisch. Am 1. Mai 1945 wurde er vor dem Haus, im Fliedergang, durch Russen erschossen. Seine Frau musste mit den Kindern zuschauen.
Das muss ganz schrecklich gewesen sein.
Doch zurück zu den erfreulicheren Dingen, die in Bobbin passierten.
Anton Friedrich von Blücher auf Bobbin ließ neu bauen.
Trotz der schweren Zeiten waren vielerlei Neubauten nötig. Die vier Bauernhöfe waren abgerissen, das alte Pächterhaus war klein und baufällig und die Wohnungen für die Tagelöhner reichten nicht aus.
In einfachster Weise ließ Anton Friedrich die Katen, den damaligen Zeitverhältnissen entsprechend, in Fachwerk und Strohdach herstellen. Es wird erzählt, er habe, nachdem Fachwerk und Dach aufgerichtet waren, seinen Leuten gesagt: „Kinder, jeder Vogel baut sich sein Nest selbst; nun geht bei und lehmt Euch die Wände aus.“ Diese Katen mit Lehmfachwerk, Lehmdiele und Strohdach waren 70 Jahre später zum größten Teil noch gut erhalten und sie konnten noch eine längere Dauer halten, wenn nicht die sozialen Verhältnisse höhere Ansprüche gerechtfertigt hätten.
Er heiratete Karoline von Schack. Für seine Frau errichtete Anton Friedrich das stattliche Wohnhaus, in dem wir uns heute befinden. Größere Park-, Garten- und Hofanlagen wurden angelegt. Ihr Heim wurde ihren Wünschen gemäß eingerichtet und zu einem selten schönen Besitz gestaltet.
Ein Enkel Anton Friedrichs berichtet in der Blücher-Chronik von schönen Erinnerungen aus seiner Jugendzeit. Bei den sonntäglichen Besuchen in Bobbin und besonders zu den Geburtstagsfeiern der Großmutter Karoline ergab die Zahl der Kinder und Enkel, zusammen mit der Nachbarschaft oft eine Mittagstafel von über 30 Personen. Der Geburtstag – 23. Juli – fiel mitten in die Rosenzeit und im Bobbiner Garten waren fast sämtliche Steige mit Rabatten voller hundertblättriger Rosen eingefasst.
Körbeweise wurden sie zur Ausschmückung der Tafel gepflückt. Ein langer Tisch im Esszimmer wurde bei geöffneten Türen im anstoßenden Raum für die zahlreiche Enkelschar geschmückt. Zum Ende des Essens, wenn das übliche Vanilleeis, die Bobbiner Streiftorte und Cardinal, ein damals sehr beliebtes Getränk aus Moselwein, Zucker und Zitronen den Abschluss bildeten, dann artete die Munterkeit zum großen Ergötzen des Geburtstagskindes häufig in einen Beschuss mit Rosen aus.
Lange beschnittene Weißbuchengänge teilten zu damaliger Zeit den Bobbiner Garten quadratisch ein und in diesem fanden am Nachmittag die Aufführungen und Tänze zu Ehren des Geburtstagskindes statt. Es bestand ein besonders herzliches Einvernehmen zwischen Vettern und Kusinen. Sobald die Kinder mit den Aufführungen fertig waren, genossen sie ihre Freiheit in gesellschaftlichen Spielen. Das „Begegnenspiel“ war das beliebteste. Der halbe Garten war mit dichtem Fliedergebüsch eingefasst, durch das sich gewundene Wege schlängelten. Begegnete ein Pärchen dem anderen, so mussten die Damen ausgetauscht werden. Ein Umkehren war nicht gestattet. Da die Pärchen sich meist zuerst nach Herzensneigung zusammenfanden, war ein Austausch in den meisten Fällen wenig erwünscht.
Weiße Musselinkleider und für die Jungens weiße Hosen von sog. Englischem Leder waren das übliche Festkostüm. Die Mutter hatte oft Not, ihre Kinder erst einmal sauber und blendend weiß der Großmutter vorzustellen. Später verrieten dann grüne Flecken auf den Knien von Unfällen beim Spiel auf den Rasenflächen.
Eine besondere Zierde des Hofes war das zahlreiche Federvieh. Zwischen Hühnern, Perl- und Truthühnern stolzierten Rad schlagende Pfauen auf dem großen Rasenplatz vorm Hause. Verschiedene Sorten Enten, Gänse und ein Schwanenpaar bevölkerten den Hofteich.
Im Alter von 89 Jahren starb Karoline in Rostock. Die Beisetzung fand in Bobbin in der von ihr erbauten und von Anton Friedrich seinerzeit entworfenen Kapelle statt.
Eine seltene Gastfreiheit herrschte in Bobbin und der anregende geistige Mittelpunkt des oft sehr großen Kreises war die Gutsherrin.
Einprägsam wird in der Blücher-Chronik auch die Küche mit ihrem kolossalen Rauchfang geschildert, wo bei offenen Feuern auf Dreifüßen, in hängenden Kesseln mit Kesselhaken die Mahlzeiten hergerichtet wurden und sich der Braten am Spieß drehte.
Was fällt Ihnen zum Stichwort Küche ein? … Ich denke dabei an Essen.
Überhaupt das Essen zu damaliger Zeit
Es war früher sehr einfach. Bevor die Kartoffel in Mecklenburg eingeführt wurde, lebten die Menschen vor allem von Getreidebrei und Brot.
Das ist ein anderes Kornn, sä de Möller, do beet he up’n Muskötel.
Kohl, auch als Sauerkraut, gehörte ebenfalls zum Speiseplan.
Bäter ne Luus in Kohl, als gar kein Fleisch!
Daneben wurden in geringem Umfang auch Milchprodukte und Salzheringe gegessen.
Jetzt lese ich Ihnen einen Speiseplan von einem Gutshof für Knechte, Mägde, Tagelöhner usw. vor, der so ähnlich wohl auch auf dem Bauernhof galt.
Montag: morgens Melksupp dick, ungezuckert mit Magermilch
mittags und abends: Arwtensupp mit Kartoffeln und Hammel
Dienstag: morgens Melksupp
mittags Kartoffeln mit Schausterstipp
abends Bratkartoffeln
Mittwoch: morgens Melksupp
mittags ind abends Bohnensuppe
Donnerstag: morgens Melksupp
mittags Pelltüffeln mit Hering
abends Bratkartoffeln
Freitag morgens Melksupp,
mittags und abends Kohlsupp
Sonnabend morgens – na? Richtig Melksupp
mittags und abends Tüftensupp mit Speck
Für Sonntags schweigt sich der Speiseplan aus.
Gegessen wurde an einem Tisch, an dem sich alle Hofbewohner versammelten. Männer und Frauen saßen getrennt und nach Wichtigkeit ihrer Arbeit geordnet.
Oft wurde aus einer Schüssel gegessen, manchmal sogar von allen gemeinsam ein Holzlöffel genutzt. Als Geschirr benutzte man ursprünglich einfaches Keramikgeschirr, Holzbretter als Teller, selbstgeschnitzte Löffel und Messer. Später kam dann Zinngeschirr auf.
Brot wurde einmal in der Woche gebacken. Normalerweise gab es nur saures, dunkles und hartes Roggenbrot. In Notzeiten wurde das Mehl auch schon mal mit Eichelmehl (da mussten dann auch die Schweine hungern), Rinde oder Lindenknospen gestreckt. Weizenbrot, die beliebten Stuten, gab es nur an Festtagen.
Zu trinken gab es außer Wasser, das nicht sehr beliebt war - (kein Wunder, wenn es mit toten Katzen und vergammelten Ratten aromatisiert war, die sich schon mal im Brunnen anfanden) - besonders Bier. In den Dörfern braute jeder Bauer selbst, trotz Verbot von offizieller Seite. In bäuerlichen Inventaren wurden auch immer ein oder zwei Biertonnen aufgeführt.
Als Branntwein nach Mecklenburg kam, trat er, besonders auf dem Land, seinen manchmal verheerenden Siegeszug an. Ursprünglich aus Getreide („Korn“), später aus Kartoffeln oder sogar Rüben hergestellt, konnten sich sogar Tagelöhner ihr tägliches Quantum leisten.
Was brauchen wir Alkohol, sä Johann, solange wir Bier und Brandwein haben.
(Schluck Wasser aus einem Glas trinken)
Prost, un wenn’s mien Leven kost!
In Bobbin war und ist man gesellig, hält zusammen und besucht sich häufig. Dazu muss man kurze oder längere Strecken unterwegs sein. Das bringt mich zum Kapitel
Reisen
Na, das Reisen in früheren Zeiten hatte so seine Tücken. Die Straßen waren mit dem heutigen asphaltierten Wegenetz nicht zu vergleichen. Vor 200 Jahren gab es noch keine festen Landstraßen. Es handelte sich um unbefestigte Wege.
Doch mal ehrlich:
Fährt man heute über die Landstraßen Mecklenburgs, so fragt man sich: „Gehört die Gefahr damaliger Zeit, mit gebrochenen Achsen und zerschmetterten Gliedern irgendwo im Schlamm des Straßengrabens zu liegen, tatsächlich der Vergangenheit an?“
„O Wagenrungen, Achsen, Speichen und Felgen! O Knochen, Rippen, Muskeln und Sitzfleisch. Was ist das für ein Weg!“. Diesen Ausruf legte Fritz Reuter seinem ‚Herrn von Hakensterz’ in den Mund.
Die Straßen wurden nicht nur von Kutschen befahren. Auch Fuhrwerke mit schweren Lasten, beladen mit Handelsware oder Ernteerträgen, zerstörten immer wieder die unbefestigten Wege. In der Blücher-Chronik wird dies so beschrieben: „Ein stolzes Bild war es und seine Leute erzählten gern davon, wenn mehrmals im Jahre in einer langen Reihe von Wagen hoch mit Korn oder Wollsäcken beladen, die Erzeugnisse des Gutes an die näheren oder entfernteren Märkte zum Verkauf gebracht wurden.“
Der Zustand der Landwege erforderte feste Wagen mit vier kräftigen Pferden; wenn man sein Ziel erreichen wollte und für alle Fälle wurde noch ein Reserverad hinten aufgebunden. Das Silbergeld in kleineren oder größeren Beuteln war abgezählt und unter dem Sitz wohlverpackt. So machte sich der Einzelne mit seiner Dienerschaft auf den Weg und brauchte oft mehr als eine Tagereise, bevor er seinen Bestimmungsort erreichte.
Und natürlich gab es auch schon eine Straßenverkehrsordnung, die Wege-Policei-Ordnung von 1824:
Darin gab es Trost: „Falls der Reisende verunglückt, muss ihm jeder Ortsvorstand oder Schulze allen Beistand mit Menschen, Pferden oder Werkzeug leisten.“
Die Straßen von Schwerin nach Wismar und von Rostock nach Güstrow und Neubrandenburg waren berüchtigt und gefürchtet. Zerbrochene, im Schlamm versunkene Wagen und krepierte Pferde am Straßenrand waren nichts Seltenes.
Mit allzu vielen Verkehrsregeln wurden die Menschen der damaligen Zeit nicht belastet. Von den insgesamt 11 Punkten, die bei Gebrauch der Wege zu beachten waren, seien hier folgende genannt:
„Böse Hunde dürfen nicht frei herumlaufen.“ Ebenso war das hirtenlose Herumlaufen der Schweine auf den Wegen verboten.
Untertanen, die auf Feldern neben der Straße arbeiteten, war es untersagt, beim Herannahen eines Fuhrwerkes ihre Sensen zu streichen oder andere, die Pferde scheu machende Bewegungen auszuführen, wie Klatschen oder Schreien.
Ein Absatz betraf die Frauen: Das Aufhängen der Wäsche, Farbtücher und anderer, die Pferde scheu machender Gegenstände vor und an den Häusern oder auf den Zäunen war verboten. Als Strafe waren Geldbußen vorgesehen. Weiter heißt es: „Wer das Geld nicht bezahlen kann, ist einer angemessenen körperlichen Bestrafung – dem Halseisen – zu unterziehen.
Es war eine Gewohnheit der Postkutscher, in allen Orten rasch zu fahren. Dies war nützlich und darüber sollte niemand schimpfen.
Ist nämlich an der Kutsche etwas zerbrechlich, so würde es besser sein, wenn es im Ort bricht und reißt, wo die Hilfe nahe ist, als auf offner Straße. Hält aber das Fuhrwerk die Probe des Rasselns auf dem Kopfsteinpflaster aus, so kann man hoffen, heil und gesund ans Ziel zu kommen."
Mir scheint, mit diesen rasenden Belastungsproben testen auch noch heute einige Autofahrer ihre Fahrzeuge.
Das Reisen in Mecklenburg war in vergangenen Jahrhunderten zeitraubend, mühsam und strapaziös. Außerdem war es oft wegen der üblichen Straßenräuberei nicht ungefährlich.
Hiermit möchte ich meine Lesung schließen und kann Ihnen nur wünschen, dass Sie ohne gebrochene Achsen und ohne Straßenräuber - heut nennt man es Radarfallen - heil wieder nach Hause kommen.
Ich hoffe, wir sehen uns gesund wieder.