Das kleine Monster

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Beluga

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Das kleine Monster

„Du bist eine Schlange, eine hinterhältige, verlogene Schlange“.
Carla starrt die grinsende, junge Frau vor sich zornig an. Sie muss mit Scheuklappen durchs Leben gegangen sein, sonst hätte es ihr nie passieren können, dass sie auf so viel Hinterlist hereinfällt. Tanja hat ihr monatelang vorgegaukelt ihre Freundin zu sein und hat sie doch nur ausgehorcht.
Und sie, Carla, ist wie ein dummes junges Gänschen auf die falsche Freundin hereingefallen. Sie war sogar glücklich, dass sie jemand gefunden hat, der ihre Sorgen und Nöte teilt. Der so früh gestorbene Vater, der ihr nichts als Schulden hinterlassen hat. Die kleine Tochter, die sie ganz alleine großziehen muss und die immer ein wenig kränkelt. Die Kollegen in der Wäscherei, die sie vom ersten Tag an abgelehnt haben, die keine Gemeinheit auslassen, für die die schlimmste Kränkung gerade gut genug ist. Und sie, Carla, sie kann sich nicht wehren, sie muss alles stumm erdulden, denn sie braucht ihren Job.
„Und du, du bist eine dumme Pute. Schau dich doch mal an. Die geborene Duckmäuserin. Das kleine graue Mäuschen, das sich so gerne an Mama Tanjas Schulter ausgeweint hat. Wer will schon mit so einer befreundet sein?“
Wieso ist ihr nie vorher Tanjas schrilles Lachen aufgefallen? Wieso hat sie nie den kalten, stechenden Blick ihrer Augen gesehen? Das blondierte, hochtoupierte Haar, die dicke, fleckige Schminke? Ein schmerzhafter Stachel gräbt sich tief in ihr Herz. Sie wollte nicht sehen. Es geschieht ihr nur recht betrogen worden zu sein. Sie sollte es wahrhaft besser wissen.

Tanjas böses Gekeife rauscht an Carla vorbei. Sie darf es nicht zulassen. Es darf nie wieder geschehen. Sie darf dem kleinen Monster nicht erlauben aus dem hintersten Winkel ihrer Seele zu kriechen. Die Auswirkungen waren immer zu schlimm. Gehetzt schaut sich Carla in dem menschenleeren großen Raum um. Die riesigen Waschmaschinen rattern ungleichmäßig. Die Trommel der Heißmangel gibt disharmonische Quietschlaute von sich, der Druckkessel stößt in unregelmäßigen Abständen kleine Dampfwolken aus, die an der Decke entlang kriechen, ähnlich einem geisterhaften Wesen, das nach einem Fluchtweg sucht.
Hinter der Tür zum Aufenthaltsraum hört sie ein unterdrücktes Kichern. Mit schnellen Schritten durchquert sie den Raum und reißt die Tür auf. Schadenfroh grinsen die fünf anderen Mädchen der Wäscherei sie an.

Wut und Zorn brodeln in Carla wie ein Eintopf, der zu lange auf dem Feuer steht. Der kalte Klumpen Adrenalin in ihrem Magen wird zu einem glühenden Feuerball. Das Feuer durchdringt ihren Körper. Ein goldener Schleier hüllt sie ein wie ein überdimensionaler Heiligenschein. Feuer und Blitze sprühen aus ihren Augen.

Erschreckt reißen die Mädchen die Augen auf, selbst Tanja stellt ihre Schmährede erschrocken ein.
So schnell das Phänomen entstand, so schnell ist es auch wieder verschwunden.

„Keiner von euch wird je wieder über mich lachen oder auf mir herumhacken,“ sagt Carla ganz ruhig in Richtung der Kolleginnen, „und du Tanja, wirst nicht mehr genug Zeit haben, um über deine Schändlichkeit nachzudenken.“

Bedächtig dreht Carla sich um und lässt ihre verstörten Kolleginnen hinter sich.

*

„Es war ein Unfall!“
Diese Worte lassen Carla mitten in der Tür innehalten.
Mit Absicht ist sie heute spät dran. Sie wollte sich nicht den Attacken ihrer Kolleginnen im Aufenthaltsraum aussetzen. Nicht schon wieder, nicht heute, nicht nach dem Auftritt gestern Abend. Carlas Nerven liegen blank. Ständig erwartet sie das kommende Unheil. Das Unheil, das sie nicht verhindern kann, von dem sie aber sicher ist, dass es unaufhaltsam kommt.
Und jetzt diese Stimme.
„Es war ein Unfall!“
In dem großen Raum ist es still wie in einer Gruft. Keine Waschmaschine rattert, kein Dampfkessel zischt, kein Geschnatter der Mädchen.
Bedächtig schreitet Carla vorwärts.
Die Tür zum Aufenthaltsraum steht offen. Die gesamte Mannschaft, der Chef, die Sekretärin, alle sind da, nur Carla fehlt noch. Mitten im Raum stehen zwei unbekannte Männer. Alle Augen richten sich auf Carla. Das Unbehagen steht deutlich in ihrem Gesicht.
„Sind Sie Carla Becht?“
Carla kann nur nicken. In ihrem Hals sitzt ein dicker Kloß.
„Kommen Sie herein, junge Frau,“ sagt der Fremde jovial „wir haben nur noch auf sie gewartet.“
Er macht zwei große Schritte auf Carla zu, streckt ihr die Hand entgegen: „ Mein Name ist Mahlmann von der Mordkommission. Ich habe ein paar Fragen an Sie.“
Carlas Gesichtsfarbe ähnelt einem Leichentuch.
Sie wusste es, wusste, dass etwas Schreckliches passieren würde.
Entschlossen nimmt sie die Schultern zurück.
„Was ist denn nur passiert?“ Ihre Stimme ist dünn doch sehr gefasst.
„Nehmen Sie bitte Platz Frau Becht. Es hat einen Unfall gegeben. Ihre Kollegin Tanja Stein wurde heute Morgen tot in einer Waschmaschine entdeckt. Können Sie uns dazu etwas sagen? Sie hatten doch gestern Abend einen Streit mit ihr.“
Carlas Teint wird noch eine Spur blasser. Doch im Hintergrund ihrer Augen beginnt ein goldenes Licht zu glimmen. Sie spürt die feurige Hitze wieder in sich aufsteigen, die ihr ungeahnte Kräfte verleiht. Schnell senkt sie die Lider über den äußeren Beweis ihrer Ungewöhnlichkeit.
Etwas irritiert schüttelt der Polizist den Kopf. Hat er sich doch gerade eingebildet die Augen der jungen Frau würden golden aufblitzen. Er ist wirklich urlaubsreif.
Ruhig antwortet Carla ihm: „Ja, wir hatten einen Streit und fast alle Anwesende waren Zeuge. Doch was dann passierte kann ich nicht sagen. Ich habe die Firma verlassen, da waren alle noch zusammen im Arbeitsraum.“
Ihr Chef nickt: „Ja, das kann ich bestätigen, ich habe Carla die Firma verlassen sehen. Zehn Minuten später sind alle anderen gegangen. Auch Tanja. Ich habe bis neun gearbeitet, dann noch mal einen Kontrollgang gemacht, es war keiner mehr da, alle Maschinen waren abgestellt. Dann habe ich abgeschlossen und habe selbst Feierabend gemacht. Aber das habe ich ihnen alles schon erzählt.“
„Was haben Sie denn gestern nach Feierabend gemacht, Frau Becht?“, wendet sich der Polizist wieder an Carla.
„Ich habe meine Tochter von der Tagesmutter abgeholt, mit der noch einen Kaffee getrunken und bin dann mit dem Bus um 20.15 Uhr nach Hause gefahren.“
„Kann jemand das bestätigen, oder hat sie jemand anschließend noch gesehen?“, will er Beamte wissen.
„Ja, meine Nachbarin Frau Kaiser. Ich putze abends, wenn meine Tochter schläft, bei ihr. Ich habe sie gegen 22 Uhr verlassen.“
„Können Sie sich irgend einen Reim darauf machen, wie und warum Tanja noch einmal in der Firma war?“
„Nein, tut mir leid, da kann ich ihnen leider nicht helfen.“
„Ihre Kolleginnen haben ausgesagt, Sie hätten gestern merkwürdige Äußerungen gemacht,“ deutet der Polizist vage an.
„Ja,“ antwortet Carla, „ ich habe mir einen Moment lang wirklich gewünscht eine Waschmaschine würde zum Leben erwachen, ihr Maul öffnen wie einen Höllenschlund und Tanja, diese Ausgeburt des Teufels, darin verschlingen. Und den Rest dieser hinterhältigen, boshaften Weiber gleich mit. Doch es tut mir trotz allem leid, was passiert ist.“

Nach diesem Tag hat Carla nie wieder Probleme mit ihren Kolleginnen.
 

Axel B

Mitglied
Hallo,

ich finde die Geschichte sehr spannend, auch wenn ich am Anfang etwas gebraucht habe, um hinein zu kommen. Schade finde ich, das das Rätsel um den Tod nicht aufgelöst wird.

Vielleicht prüfst Du den Text noch einmal im Hinlick auf die Verwendung der Zeiten. Ich bin insbsondere im Hinblick auf den letzten Satz nicht ganz sicher, ob es immer stimmig ist.

Alles Gute
Axel
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Korrekturvorschläge:

Das kleine Monster

„Du bist eine Schlange, eine hinterhältige, verlogene Schlange“.
Carla starrt die grinsende, junge Frau vor sich zornig an. Sie muss mit Scheuklappen durchs Leben gegangen sein, sonst hätte es ihr nie passieren können, dass sie auf so viel Hinterlist hereinfällt. Tanja hat ihr monatelang vorgegaukelt(Komma) ihre Freundin zu sein und hat sie doch nur ausgehorcht.
Und sie, Carla, ist wie ein dummes junges Gänschen auf die falsche Freundin hereingefallen. Sie war sogar glücklich, dass sie jemand gefunden hat, der ihre Sorgen und Nöte teilt. Der so früh gestorbene Vater, der ihr nichts als Schulden hinterlassen hat. Die kleine Tochter, die sie ganz alleine großziehen muss und die immer ein wenig kränkelt. Die Kollegen in der Wäscherei, die sie vom ersten Tag an abgelehnt haben, die keine Gemeinheit auslassen, für die die schlimmste Kränkung gerade gut genug ist. Und sie, Carla, sie kann sich nicht wehren, sie muss alles stumm erdulden, denn sie braucht ihren Job.
„Und du, du bist eine dumme Pute. Schau dich doch mal an. Die geborene Duckmäuserin. Das kleine graue Mäuschen, das sich so gerne an Mama Tanjas Schulter ausgeweint hat. Wer will schon mit so einer befreundet sein?“
Wieso ist ihr nie vorher Tanjas schrilles Lachen aufgefallen? Wieso hat sie nie den kalten, stechenden Blick ihrer Augen gesehen? Das blondierte, hochtoupierte Haar, die dicke, fleckige Schminke? Ein schmerzhafter Stachel gräbt sich tief in ihr Herz. Sie wollte nicht sehen. Es geschieht ihr nur recht(Komma) betrogen worden zu sein. Sie sollte es wahrhaft besser wissen.

Tanjas böses Gekeife rauscht an Carla vorbei. Sie darf es nicht zulassen. Es darf nie wieder geschehen. Sie darf dem kleinen Monster nicht erlauben(Komma) aus dem hintersten Winkel ihrer Seele zu kriechen. Die Auswirkungen waren immer zu schlimm. Gehetzt schaut sich Carla in dem menschenleeren großen Raum um. Die riesigen Waschmaschinen rattern ungleichmäßig. Die Trommel der Heißmangel gibt disharmonische Quietschlaute von sich, der Druckkessel stößt in unregelmäßigen Abständen kleine Dampfwolken aus, die an der Decke entlang kriechen, ähnlich einem geisterhaften Wesen, das nach einem Fluchtweg sucht.
Hinter der Tür zum Aufenthaltsraum hört sie ein unterdrücktes Kichern. Mit schnellen Schritten durchquert sie den Raum und reißt die Tür auf. Schadenfroh grinsen die fünf anderen Mädchen der Wäscherei sie an.

Wut und Zorn brodeln in Carla wie ein Eintopf, der zu lange auf dem Feuer steht. Der kalte Klumpen Adrenalin in ihrem Magen wird zu einem glühenden Feuerball. Das Feuer durchdringt ihren Körper. Ein goldener Schleier hüllt sie ein wie ein überdimensionaler Heiligenschein. Feuer und Blitze sprühen aus ihren Augen.

Erschreckt reißen die Mädchen die Augen auf, selbst Tanja stellt ihre Schmährede erschrocken ein.
So schnell das Phänomen entstand, so schnell ist es auch wieder verschwunden.

„Keiner von euch wird je wieder über mich lachen oder auf mir herumhacken,“ sagt Carla ganz ruhig in Richtung der Kolleginnen, „und du(Komma) Tanja, wirst nicht mehr genug Zeit haben, um über deine Schändlichkeit nachzudenken.“

Bedächtig dreht Carla sich um und lässt ihre verstörten Kolleginnen hinter sich.

*

„Es war ein Unfall!“
Diese Worte lassen Carla mitten in der Tür innehalten.
Mit Absicht ist sie heute spät dran. Sie wollte sich nicht den Attacken ihrer Kolleginnen im Aufenthaltsraum aussetzen. Nicht schon wieder, nicht heute, nicht nach dem Auftritt gestern[red] abend[/red] (Abend). Carlas Nerven liegen blank. Ständig erwartet sie das kommende Unheil. Das Unheil, das sie nicht verhindern kann, von dem sie aber sicher ist, dass es unaufhaltsam kommt.
Und jetzt diese Stimme.
„Es war ein Unfall!“
In dem großen Raum ist es still wie in einer Gruft. Keine Waschmaschine rattert, kein Dampfkessel zischt, kein Geschnatter der Mädchen.
Bedächtig schreitet Carla vorwärts.
Die Tür zum Aufenthaltsraum steht[blue] auf[/blue] (offen. Um aufzustehen, muss sich die tür erstmal gesetzt oder gelegt haben). Die gesamte Mannschaft, der Chef, die Sekretärin, alle sind da, nur Carla fehlt noch. Mitten im Raum stehen zwei unbekannte Männer. Alle Augen richten sich auf Carla. Das Unbehagen steht deutlich in ihrem Gesicht.
„Sind sie Carla Becht?“
Carla kann nur nicken. In ihrem Hals sitzt ein dicker Kloß.
„Kommen sie herein, junge Frau,“ sagt der Fremde jovial „wir haben nur noch auf [red] sie [/red] (Sie) gewartet.“
Er macht zwei große Schritte auf Carla zu, streckt ihr die Hand entgegen: „ Mein Name ist Mahlmann von der Mordkommission. Ich habe ein paar Fragen an[red] sie[/red] (Sie).“
Carlas Gesichtsfarbe ähnelt einem Leichentuch.
Sie wusste es, wusste, dass etwas [red] schreckliches [/red] (Schreckliches) passieren würde.
Entschlossen nimmt sie die Schultern zurück.
„Was ist denn nur passiert?“ Ihre Stimme ist dünn(Komma) doch sehr gefasst.
„Nehmen [red] sie [/red] bitte Platz(Komma) Frau Becht. Es hat einen Unfall gegeben. Ihre Kollegin Tanja Stein wurde heute [red] morgen [/red] (Morgen) tot in einer Waschmaschine entdeckt. Können [red] sie [/red] uns dazu etwas sagen? Sie hatten doch gestern [red] abend [/red] (Abend) einen Streit mit ihr.“
Carlas Teint wird noch eine Spur blasser. Doch im Hintergrund ihrer Augen beginnt ein goldenes Licht zu glimmen. Sie spürt die feurige Hitze wieder in sich aufsteigen, die ihr ungeahnte Kräfte verleiht. Schnell senkt sie die Lider über den äußeren Beweis ihrer Ungewöhnlichkeit.
Etwas irritiert schüttelt der Polizist den Kopf. Hat er sich doch gerade eingebildet(Komma) die Augen der jungen Frau würden golden aufblitzen. Er ist wirklich urlaubsreif.
Ruhig antwortet Carla ihm: „Ja, wir hatten einen Streit und fast alle Anwesende waren Zeuge. Doch was dann passierte(Komma) kann ich nicht sagen. Ich habe die Firma verlassen, da waren alle noch zusammen im Arbeitsraum.“
Ihr Chef nickt: „Ja, das kann ich bestätigen, ich habe Carla die Firma verlassen sehen. Zehn Minuten später sind alle anderen gegangen. Auch Tanja. Ich habe bis neun gearbeitet, dann noch mal einen Kontrollgang gemacht, es war keiner mehr da, alle Maschinen waren abgestellt. Dann habe ich abgeschlossen und habe selbst Feierabend gemacht. Aber das habe ich ihnen alles schon erzählt.“
„Was haben sie denn gestern nach Feierabend gemacht, Frau Becht?“(Komma) [red] Wendet [/red] (wendete) sich der Polizist wieder an Carla.
„Ich habe meine Tochter von der Tagesmutter abgeholt, mit der noch einen Kaffee getrunken und bin dann mit dem Bus um 20.15 Uhr nach Hause gefahren.“
„Kann jemand das bestätigen, oder hat sie jemand anschließend noch gesehen?“(Komma) [red] Will [/red] (will) der Beamte wissen.
„Ja, meine Nachbarin Frau Kaiser. Ich putze abends, wenn meine Tochter schläft, bei ihr. Ich habe sie gegen 22 Uhr verlassen.“
„Können sie sich irgend einen Reim darauf machen, wie und warum Tanja noch einmal in der Firma war?“
„Nein, tut mir leid, da kann ich ihnen leider nicht helfen.“
„Ihre Kolleginnen haben ausgesagt, sie hätten gestern merkwürdige Äußerungen gemacht,“ deutet der Polizist [red] wage [/red] (vage) an.
„Ja,“ antwortet Carla, „ ich habe mir einen Moment lang wirklich gewünscht(Komma) eine Waschmaschine würde zum Leben erwachen, ihr Maul öffnen wie einen Höllenschlund und Tanja, diese Ausgeburt des Teufels, darin verschlingen. Und den Rest dieser hinterhältigen, boshaften Weiber gleich mit. Doch es tut mir trotz allem leid, was passiert ist.“

Nach diesem Tag hat Carla nie wieder Probleme mit ihren Kolleginnen.
Besser lesbar wäre die geschichte, wenn sie in der vergangenheitsform geschrieben wäre.
lg
 



 
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