Das tapfere Schreiberlein

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Herr Müller

Mitglied
Das tapfere Schreiberlein

Im Mondschein begann die Sonne ihr Treiben
versteckt hinter Zwergen gesiebtes Gesicht
der Wolf erstarrt an Rottweilers Kappen
verstummt bleibt der Kater im Stiefelgedicht

Weiß ist der Schrot, und Schnee schnaubt das Roß
in Asche gebuddelt, gegooglt der Frosch
König gehänselt mit Greten im Wald
es singen und klingen die Zähne von ... einem bekannten Hersteller von Bohrmaschinen

Oh himmlisches Schütteln, geholltes, geschneit
du Frau meiner Federn, gepunzelt und rar
du Röschen mit Dornen und Wittchen im Schnee
...
ich hör auf zu Dichten, ich hab´ ein im Tee.

Juni 2007​
 
Hallo Herr Müller,
zuerst dachte ich: 'Was soll das?' Doch die letzte Zeile brachte die Auflösug. Was redet man nicht alles, wenn man einen ''im Tee''hat.
Ich finde das Gedicht köstlich.
Viele Grüße
Marie-Luise
 

Herr Müller

Mitglied
Teematik

Hallo Marie-Luise,

ich freue mich, dass es dir gefällt. Inzwischen bin ich wieder völlig nüchtern beim Teetrinken. :)

Henrik
 

Aragorn

Mitglied
Tach, mein lieber Müller,

ich habe eine spontane Idee zu Zeile 3, welche mir rhythmisch nicht ganz stimmig erscheint:

der Wolf erstarrt [blue]hart grad'[/blue] an Rottweilers Kappen
Auch Zeile 1 fände ich besser mit einer Silbe mehr:
Im Mondschein begann [blue]einst[/blue] die Sonne ihr Treiben
Ansonsten:
Mich beeindruckt natürlich insbesondere der tiefe Hintersinn!

Die Tee-Problematik gab es - vor meiner Zeit, aber nicht vor Deiner - mal in einer anderen Version als Erkenntnis im Wald auf LL.




Du teiltest neulich mal deine Präferenz dafür mit, spontane Nonsensgedichte genau so zu lassen, wie sie sind.
Ich denke dem gegenüber, daß Dein Märchen-Mix noch viel lebendiger werden könnte, wenn denn der Leser zumindest dem Trugbild erläge, die Zeilen würden eine Geschichte erzählen. Zum Beispiel durch Konjunktionen und dergleichen, die andeuten, daß der Wolf nicht zuletzt durch die Zwerge zu seinem Handeln bewegt wurde und daß es das Roß ist, was den Frosch in Asche buddelt.

Kennst Du das Lied "110" von Extrabreit?
Das ist im Prinzip inhaltlich nach einer ähnlichen Struktur beschaffen wie Dein Gedicht:
lachend schreit (?) auf der leeren Kreuzung ein Reh
es riecht nach Schnee

(...)

In den Kinderzimmern werden Zehennägel gekaut
aber nicht so laut
Hier haben die Einzelzeilen durch das geringe Tempo und die immer wiederkehrende Melodie aber mehr Möglichkeit, sich auszubreiten.
Bei einem "daktylischen" Gedicht halte ich das für schwieriger, weil das "Kantappern" ja Hektik reinbringt.

Soweit meine Gedanken und Assoziationen ...
 

Herr Müller

Mitglied
Lieber Aragorn,

ich muss mich mal mit "daktylisch" und "Kantappern" auseinander setzen. Erste Googlefünde haben mich vor Ehrfurcht erblassen lassen.
Es war und ist mir wichtig, dieses, ich nenne es mal Gedicht, so stehen zu lassen. Da stimmt so einiges nicht. Das tapfere Schreiberlein hat versucht, sich durch die Reime zu boxen.
Ich muss es springen lassen, wie eine aufgeregte, meckernde Ziege von Stein zu Stein.
Ich gebe dir 100%ig Recht. Ich könnte mehr draus machen.
Dann wäre es aber nicht mehr mein Sylvesterbleigießbaby.
Aber bitte, bleibe bei der Stange. :) Danke für die Textarbeit.

Henrik
 
S

Stoffel

Gast
Moin,

also, ich finds toll.
Nur eine Frage: ist das richtig mit "Greten"?? Oder eher "Gretel"?
Schön hollern geschüttelt...vielleicht noch bissl mehr? *quängel*
(wenn wieder nüchtern);)

wie wärs denn noch mit z.B. "Max und Moritz die Buben die spitzen..."? :D

Gute Nacht
Sanne
 

george

Mitglied
Juhu! Müller 's back.
Du hast einen an allen Waffeln! Lass uns dieses Forum wieder aufmischen mit Hummer und Satieren.
Jürgen.
 
N

no-name

Gast
Tach auch Herr Müller,

schön, mal wieder etwas von dir zu lesen - und dann noch in dieser Qualität.

Einfach klasse, wie du mit den Worten, insbesondere den Adjektiven, spielst. Mir gefällt dein Werk so, wie es hier steht! :)

Grüße von no-name.
 

Aragorn

Mitglied
(Wiederholung von heut nachmittag, da aus Versehen mit versenkt worden)

Lieber Herr Müller,

der Autor hat immer recht!

Und Du siehst ja, daß die absolute Mehrheit der Leser nixu mekkan hat (wieder ein Analogon zu OSchüs Marshall).

Demnach handelt es sich hier lediglich um einen Austausch über Präferenzen.
Im Prinzip mag ich alberne, wortspielende Gedichte sehr. Sie sind wohl auch auf LL momentan hoch im Kurs.
Ich habe über die Zeit schon sehr viele Gedichte von Dir gelesen. Alle gefielen mir mehr oder weniger, sehr viele hatten sogar sehr originäre Ideen.
Aber keines gefiel mir z.B. so wie Klopfstocks "Geblauchsanweisung" oder Ludwig Janssens "Tiger Übermü". Wobei das Dilemma ist, daß ich sehr oft ein derartiges Potential sehe (und viele deiner Werke auch vorzüglich zur Inspirationsquelle taugen). Und das würde sich z.B. auswirken, wenn ich im Buchladen einen Herr-Müller-Band entdeckte (ist allerdings noch nicht passiert).

Auf der anderen Seite stehst du im Ruf, ein hervorragenden Performer zu sein. Von daher holt man sich vielleicht besser Karten für ein Live-Event ...




Zum daktylischen Kantappern:

Habe gerade nachgeschlagen, daß der Fachbegriff zum Kantappern eigentlich "Amphibrachys" wäre, da der Daktylus ja sein Gewicht vorne hat ...
Von daher wird man wohl eher ausgelacht, wenn man in einem Daktyluslädchen nach frischen Kantappern fragt.

lg
Ara


PS:
Warum hast du das Gedicht eigentlich nicht schon zu Neujahr gepostet?
 

Herr Müller

Mitglied
Hallo Stoffel,

es geht hier nicht um die Gretelfrage, es geht hier wirklich um Greten, dem führenden Unternehmen in Sachen Beton, siehe Google (Warum ist niemanden aufgefallen, dass ich eigentlich Gräten schreiben wollte?)

Die Fischgräte im Hals
erspart die Katze im Haus
..oder so ähnlich.

Hallo Aragorn,

Neujahr war ich nicht in der Lage etwas zu schreiben ..
da musste ich den Tee erstmal abklingen lassen.
Das keines meiner Gedichte so schön ist wie Klopfstocks Meisterwerke macht mich mürbe. Und ich dachte, ich war so nah dran. Ich werde üben, üben, üben. :) Ich höre noch ihr Klopfen im Leselupenkorridor. Vielleicht kommt sie ja wieder?
Das du meine Gedichte liest beunruhigt mich. Dann hast du des öfteren Quatsch von mir gelesen und nimmst mich nicht mehr ernst. Eine Herr-Müller-Band wirst du vorerst nicht hören.
Das ich ein guter Performer bin .... na ja, ich kann andere gut täuschen. Woher weißt du das eigentlich? Das wissen doch eigentlich nur meine Freunde der Klapphorn- und Autorenclique.

Lieber george,

wir sind schon wieder mitten drin beim Aufmischen.
Ich freue mich riesig, dass du hier wieder tüchtig in die Tasten klapperst.


Liebe no-name, lieber Gerd,

es macht Spaß, wenn es Spaß macht. Und das macht wirklich Spaß, wenn ihr Spaß daran habt.

Mein nächstes Werk wird ernster

Henrik
 
L

label

Gast
Hallo Herr Müller

dein geschüttelt ungerührtes ist auf neudeutsch ein brüller.

aus jeder zeile blinzeln mir verschiedene assosationen zu, spielen ringelreihen, huschen von einer ecke in die andere und weigern sich stille zu halten, dass ich sie alle zählen kann.

Recht hast du, wenn du daran nicht feilen und polieren willst, denn so wie es ist, in seiner unbehauenen form, ist sichtbar, dass solches nicht mit fleiß, kunstfertigkeit oder metrikwissen zu machen ist.
Drum gräme dich nicht, wenn du nicht verdichtest wie die klopfstöckin; du bist ja im besitz von Herr Müller - Inspiration, mit der gabe der infizierung.
Dank deines Werkes feuern bei mir die Neuronen wieder mal.

dankbar schmunzelnde
label
 

Herr Müller

Mitglied
Hallo label,

ich danke dir für deine positive Reaktion.
Wenn ich dich noch inspirieren konnte zu neuen Taten, dann freue ich mich noch mehr. Ja, das Gedicht macht mir selbst sehr viel Freude, das ist nicht immer so.

Liebe Grüße
Henrik
 



 
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