Das verzerrte Spiegelbild (2. Überarbeitung)

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Evchen13

Mitglied
Die zweite Überarbeitung und bitte, ihr fleißigen Leser, schreibt eure Meinung und eure Kritik!!!!


Das verzerrte Spiegelbild

Cornelia geht über den kleinen Flur zum Zimmer ihrer Tochter hin und klopft laut an die Tür: „Susi, aufstehen, ich rufe dich jetzt das letzte Mal!“

„Ja, ja Mutti, ich komme ja schon.“ Erschalt es gereizt aus dem Raum. Schlaftrunken zieht sich Susi ihre dünne Bettdecke noch einmal bis zur Nasenspitze hoch und bedauert es, dass bereits ein neuer Tag beginnt. Schließlich tastet sie im dunklen nach dem Lichtschalter und macht das Licht an. Schlagartig erhellt die Nachtischlampe das Zimmer und blendet sie. Missmutig blinzelt sie zur Lampe hinauf und entschließt sich endlich, aufzustehen. Ganz leise schleicht sie auf Zehenspitzen über den Flur. Unbemerkt huscht sie ins Bad und verschließt sorgfältig die Tür hinter sich.

„Oh Gott! Wie sehe ich nur aus!“ murmelt sie ihrem Spiegelbild fassungslos entgegen und mustert ihr hohlwangiges bleiches Gesicht mit den großen dunkel umrandeten Augen. Noch verschlafen zieht Susi ihren Schlafanzug aus und betrachtet voller Ablehnung ihren eigenen Körper im Spiegel. Nackend dreht sie sich hin und her und stöhnt verzweifelt beim Anblick auf.

„Das kann doch nicht wahr sein, mein Bauch ist so dick und ich bin so schrecklich fett.“ jammert sie vor sich hin. Entrüstet zieht sie die Waage unter dem weißen Badeschrank hervor und stellt sich darauf.
“Nein, nein, nein …“, entsetzt verzerrt sich ihr Gesicht beim Anblick der Zahl und sie stotterte entrüstet: „46 - 46 Kilo!“
Sie springt von der Waage herunter und stellt sich abermals darauf und hofft so sehr, das jetzt ein anderes Ergebnis heraus kommt. Doch dieser dumme Zeiger bleibt abermals bei 46 Kilo stehen.

Kopfschüttelnd steigt sie von der Waage ab und wagt erneut einen Blick in den Spiegel, schaut sich minuziöser an. Dort sieht sie nicht das Bild eines Mädchens, welches hager aussieht, einem wandelnden Gerippe gleicht. Sie nimmt nicht die spitzen Knochen wahr, welche aus der scheinbar durchsichtigen Haut herausragen. Sondern sie sieht sich auseinandergezerrt! Sie sieht das Bild eines Mädchens, das dick ist, das aufgepustete Wangen hat, überschüssige Fettrollen um Bauch und Hüfte trägt und mindestens 80 Kilo wiegen muss.

Hilflos stellt sie fest: „Also habe ich zugenommen!“ Ein dicker Kloß hängt in ihrer Kehle, lässt sie mehrmals bitter schlucken. Langsam füllen sich ihre Augen mit Flüssigkeit, ziehen einen Schleier über das Blau ihrer Pupillen und Susi muss mühsam gegen die aufkommenden Tränen kämpfen.
In ihrem Kopf hämmert es nur: „Wie kann ich schlanker werden, wie nur?“
Diese Frage lässt sie schon wochenlang nicht mehr los. Bewusst bummelt sie während ihrer Morgentoilette. Weiß sie doch genau, wenn sie lange genug trödelt wird später keine Zeit mehr für das Frühstück übrig sein.

Susi kämt ausgiebig ihr langes blondes Haar, steckt es hoch und lässt einige lockige Strähnchen um ihr zartes Gesicht tanzen. Besonders viel Mühe gibt sie sich mit ihrem Make-up. Unter der getönten Tagescreme und den Rouge verschwindet ihr blasses, schrecklich müde wirkendes Gesicht und verleiht ihr ein frisches Aussehen. An diesem Tag wählt sie ihr schwarzes legeres T-Shirt mit der weiten hellen Hose, damit kaschiert sie geschickt ihren „dicken“ Körper. Ein letztes Mal schaut sie hasserfüllt ihr Spiegelbild an und geht schließlich mit einem honigsüßen Lächeln in die Küche zur Mutter.

„Mutti, ich bin aber spät dran“, meint sie so beiläufig und umarmt Cornelia dabei stürmisch, gibt ihr einen Kuss auf die rechte Wange, „ich nehme mein Frühstück mit. Packe es mir bitte wieder ein!“
„Nein, Susi, heute nicht!“ energisch schiebt sie ihre Tochter von sich weg und zu dem Stuhl ihr gegenüber hin: „Du setzt dich jetzt hier her und isst dein Frühstück vor mir auf, so wie du es mir versprochen hast!“
„Ja doch, nur jetzt nicht, ich habe keine Zeit mehr, sieh doch, wie spät es ist!“ antwortet sie missmutig und greift hektisch nach der Alufolienrolle auf dem Küchenschrank, um ihre Brote selber darin einzuwickeln.
Ganz ruhig erwidert Cornelia: „Susi, es ist noch nicht so spät. Ich habe die Uhr vorgestellt! Du hast also noch genügend Zeit zum Essen.“
„Was? Was hast du gemacht?“ Fassungslos stiert sie ihre Mutter an und schreit: „Das kann doch nicht wahr sein, spinnst du denn?“
„Ich, ich spinne? Hm …“ ihre sorgenvoll blickenden Augen suchen die ihrer Tochter und ihre rechte Hand greift über den kleinen Tisch auf den Arm ihres Mädchens, streichelt ihn sanft. Flehentlich wendet sie sich ihrem Kind zu: „Susi, Susi, sieh dich doch an. Du bist nur noch Haut und Knochen, nichts ist mehr da, nichts!“ ein tiefer, trauriger Atemzug ist zu hören, eh sie bedächtig weiter spricht, „ich mache mir große Sorgen um dich. Das geht jetzt schon seit einem halben Jahr so, dass du immer weniger wirst. Du dich vor dem Essen drückst und denkst, ja du bildest dir ein, ich merke es nicht. Susi - was ist los?“
Schnippisch zieht sie ihre Hand vom Tisch weg und verschränkt provokatorisch ihre Arme vor ihrer Brust.
„Du, du …“, bricht es aus ihr heraus, „du täuscht dich. Was soll schon sein? Nichts ist! – Gar nichts …“ Und wieder spürt sie die Flüssigkeit in ihre Augen quellen und bemüht sich mit äußerster Willensanstrengung, keine Träne zu vergießen, sich ja nicht vor ihrer Mutter bloß zu stellen. Trotzig schaut sie ihr entgegen!
„Susi, bitte, bitte sieh dich doch an!“ hilflos und beschwörend redet Cornelia weiter, „lass uns reden, bitte, bitte mein Kind!“
Langsam fühlt sich Susi nicht mehr wohl und bekommt mächtig Angst, dass Cornelia sie durchschauen könnte. Was nun? Sie will keine unendlichen Gespräche mehr führen, sie will doch nur eines: Nichts Essen.
Deshalb lenkt sie gewandt mit einer weichen Stimme ein und versucht Cornelia zu besänftigen: „Aber Mutti, nun mach dir mal keine Sorgen …“, steht auf und geht zu ihr hin, umarmt sie ganz lieb. „Weißte was? Wir machen uns heute einen schönen Abend und da reden wir, ja?“ schlägt sie vor, obwohl sie genau weiß, dass ihre Mutter nicht vor 21.00 Uhr zu Hause sein wird und sie dann bereits in ihrem Bett liegt.
Cornelia überlegt kurz und nickt, „Na gut, meine Kleine“.
Sie zeigt mit dem Finger ganz eindringlich auf das vorbereitete Frühstück: „Doch das Brötchen isst du jetzt noch - ohne Widerrede.“

Erschrocken schaut Susi ihre Mutter an und begreift, dass eine weitere Ausrede zwecklos ist. Widerwillig beißt sie von dem Marmeladenbrötchen ab. Sie kaut und kaut! Voller Ekel schluckt sie einen Bissen nach dem anderen herunter und spielt mit einem eingefrorenen Lächeln auf den Lippen ihrer Mutter ein genussvolles Essen vor. Endlich fertig, endlich alles aufgegessen sieht sie Cornelia triumphierend an und schiebt den Teller beiseite.

Cornelia schaut sorgenvoll ihrer Tochter beim Essen zu und freut sich im Stillen darüber, dass der Trick mit der Uhr geklappt hat. Ihr ist aber auch bewusst, dass sie dringend Hilfe braucht. Hilfe für ihr Kind und für sich selber.

Aus ihren Gedanken gerissen sagt sie: „Das ist toll, Susi! Siehst du, es geht doch ...“, lobt ihr fast erwachsenes Kind und lächelt sie an, „und heute Abend sprechen wir über unsere Probleme, ich nehme mir die Zeit“, leise flüstert sie noch, „viel Zeit für dich - versprochen.“ Diese Worte schmerzen sie und schuldbewusst hämmert es in ihrem Kopf, wann haben wir das letzte Mal gemeinsam Abendbrot gegessen?

„Klasse, Mutti! Darauf freue ich mich schon!“ antwortet Susi mit einem traurigen Unterton, weil sie genau weiß, dass ihre Mutter immer so spät nach Hause kommt. Unzählige Male hat sie ihr doch schon versprochen, dass sie eher da sein wird oder die Premiere eines neuen Ballettstückes ansehen will und es nie einhielt wegen ihrer Arbeit. Doch wie glücklich wäre Susi, wenn ihre Mutter sie wieder einmal tanzen sehen würde, wenn sie ihre Sprünge miterlebte und ihr freies Gefühl auf der Bühne aus ihren Augen erfahren könnte. Hier will sie die Beste sein, will allen beweisen, das sie keine Verliererin ist.

„Ich muss noch mal aufs Klo!“ sagt Susi beiläufig und geht ins Bad. Sie schließt sich wieder sorgfältig ein. Sie steckt sich ihren Finger weit in den Hals und erbricht den Mageninhalt ins Toilettenbecken, schaut mit einer inneren Genugtuung den Essensresten beim Herunterspülen hinterher und haucht siegessicher: „Das macht mich nicht fett!“. Um den unangenehmen Geschmack loszuwerden, putzt sie sich noch einmal die Zähne. Schnell ergreift sie in ihrem Zimmer die Schulsachen und ihren Trainingsbeutel für den Ballettunterricht und tippelt zur Wohnungstür.
“Machs gut Mutti!“ ruft sie noch in die Wohnung und geht los.

Auf dem Weg zum Bus beschließt sie, diesen nicht zu nehmen. Sie will die Strecke zu Fuß bewältigen, um dabei überschüssiges Fett zu verbrennen und rennt los. Im Dauerlauf rennt sie die Bochumerstraße entlang, biegt rechts in die Nebelungstraße ein und überquert den Puschkinplatz. An der Ecke zur Nibelungenstraße bleibt sie atemlos stehen und lehnt sich an die Hauswand. Mit ihren Händen stützt sie sich auf ihre Knie und will dadurch das verdammte Seitenstechen in den Griff bekommen. Sie schaut auf ihre Armbanduhr: „Scheiße, ich komme zu spät!“ stellt sie fest und läuft eilig weiter.

Natürlich hat es längst geklingelt und der Schulhof liegt verlassen da, als Susi zur großen Eingangstür läuft. Völlig außer Atem schleicht sie durch die ruhigen Gänge des Schulgebäudes zu ihrer Klasse 12a in die dritte Etage. Knallrot im Gesicht und körperlich erschöpft plumpst sie neben Karin auf den Stuhl. Nach einer kurzen Verschnaufpause öffnet sie ihren Rucksack und holt das zerflederte Mathematikbuch, den Hefter und ihre Federtasche heraus.

Cornelia sitzt noch immer in der Küche am Frühstückstisch und erschrickt, als die Wohnungstür ins Schloss fällt. Jetzt verliert sie ihre Haltung und sackt in sich zusammen. Sie stützt sich mit den Ellenbogen auf den Tisch ab und nimmt ihren Kopf in die Hände. Immer wieder fragt sie sich, was mit Susi los ist und ihre Gedanken wandern in die Vergangenheit. Es war für sie nie einfach, alleine mit dem Kind und dann ihren Männerbeziehungen, die nicht hielten, die sie aber brauchte. Ja brauchte! Diese Erinnerung treibt ihr das Blut ins Gesicht und sie wird rot. Mit ihren Händen streift sie sich über die glühenden Wangen und will mit dieser Geste all diese Überlegungen wegwischen.
Aber so einfach gehen sie nicht. Sie sieht sich als junge Frau mit ihren finanziellen Nöten, sieht die großen blauen Kinderaugen und fühlt die quälende Ohnmacht, diesen traurigen Augen nicht alles ermöglich zu können. Sie wollte ihrer Tochter den Himmel auf Erden schenken und zeigte ihr oftmals die Hölle. Erst als sie die Kraft fand und Karl endlich raus warf, ihre geschundenen Knochen und wunde Seele wieder geheilt waren, erst ab da begann ihr Weg. Jetzt ist sie unabhängig und finanziell abgesichert und kann Susi fast jeden Wunsch erfüllen. Nur zu welchem Preis? Und diese bange Frage brennt in ihrem Herzen.

Seufzend steht sie auf und geht schwerfällig ins Bad.
„Ach du liebes Bisschen, ist das spät!“ ruft sie erschrocken aus, als ihr Blick die Armbanduhr streift und erledigt eilig ihr morgendliches Bad. Schnell zieht sie ihr dunkelblaues Hosenkostüm an, schnappt sich ihre Tasche und kann gerade noch die Straßenbahn erhaschen.

Im Büro angekommen arbeitet sie die notwendigsten Aufgaben ab und geht zu ihrem Chef, Herrn Haupt hin, um ihren frühen Feierabend zu klären.
Cornelia weißt noch Monika, ihre Vertretung, für den Rest des Tages ein und verlässt bereits gegen 14:00 Uhr das Büro.
Auf dem Nachhauseweg begreift sie, dass heute Abend eine Wende herbei geführt werden muss. Sie will die Auseinandersetzung mit ihrem Kind und vor allem mit den Problemen, die beide bedrücken. Bevor sie nach Hause geht, besucht sie noch den Extra-Markt und kauft ein. Sie wird sich Zeit nehmen und das Lieblingsessen von Susi kochen: Nudeln mit Tomatensoße.

Cornelia gibt sich besonders viel Mühe bei der Zubereitung der Mahlzeit und wünscht sich innig, das Susi etwas essen wird. Während die Speisen auf dem Herd vor sich hin kochen, der Tisch bereits liebevoll gedeckt ist und sie auf ihre Tochter warte, wird ihr klar, dass beide Frauen einen harten Kampf aufnehmen werden, einen Kampf, der hoffentlich keinen Verlierer hat!


Also schreibt mir eure Meinung und Hinweise zum Text.

Ev
 
K

kuschelmuschel

Gast
Hallo Evchen,

ein paar Anmerkungen.

Lass sie das Licht anmachen. "Betätigen" klngt so abstrakt.

/Sie sieht das Bild eines Mädchens, welches dick ist, welches aufgepustete Wangen hat, überschüssige Fettrollen um Bauch und Hüfte trägt und mindestens 80 Kilo wiegen muss./
Hier würde ich die beiden "welches" durch "das" ersetzen.

/Ein letztes Mal schaut sie hasserfüllt ihr Spiegelbild an und geht schließlich mit einem honigsüßen Lachen in die Küche zur Mutter./

Lachen hört sich so noch lautem Lachen an, ich fände es passender, wenn sie mit einem Lächeln in die Küche gehen würde.

/Aber Mami, schau auf die Uhr, wie soll ich es schaffen, wie nur? Es ist viel zu spät …“ antwortet sie mit einem gekonnten Augenaufschlag /

Den Satz würde ich komplett anders formulieren. "Wie soll ich es schaffen, wie nur", klingt arg gekünstelt.

Noch ein Gedanken von mir, als sich Susi, von ihrer Mutter, in die Enge gedrängt fühlt, würde sie da nicht ihrer Mutter den Vertrauensbruch vorwerfen? Gerade wo Magersüchtige häufig leicht reizbar sind.

/ Endlich fertig, endlich alles aufgegessen sieht sie Cornelia triumphierend an und schiebt den Teller verschmitzt beiseite. /

Das verschmitzt passt hier nicht.

/ Klasse, Mutti! Darauf freue ich mich schon!“ antwortet Susi mit einem traurigen Unterton, weil sie genau weiß, dass ihre Mutter immer so spät nach Hause kommt und ihr bereits unzählige Male versprochen hat: „Ich bin eher da oder ich sehe mir die Premiere an ...“ und es nie halten konnte./

Das hier würde ich viel stärker ausbauen, denn das ist die wichtigste Stelle der ganzen Geschichte. Hier musst du dem Leser die Gründe zeigen. Hier hast du den Punkt, wo du Partei für die Mutter sowie für die Tochter ergreifen kannst. Du solltest für beide Partei ergreifen. Denn ich denke bei solchen problematischen Themen, sollte man es nicht dem Leser überlassen, sich das zu denken.

/Ich muss noch mal pullern, bevor ich zum Schulbus gehe!“ sagt das Mädchen beiläufig beim Aufstehen und geht ins Bad,/

Das klingt für mich eher nach einem kleinen Mädchen mit Zöpfen und nicht nach einer fast Erwachsenen, ausserdem ist die Wendung "das Mädchen" auf einmal sehr distanziert.

Im großen und ganzen ist sie schon gut, trotzdem würde ich sie noch einmal überarbeiten, auch der Schluss gefällt mir nicht richtig. Eine Mutter die weiß das sie Hilfe benötigt um mit ihrer essgestörten Tochter klar zu kommen, würde die wirklich so etwas kochen damit das Kind mal was auf die Rippen bekommt? Eigentlich weiß sie doch, das es nicht daran liegt. Das finde ich nicht stimmig, aber ich kann es als Leser auch nicht so genau einordnen. Denn ich habe keine Ahnung was die Mutter für ein Typ ist. Aber auf mich machte sie keinen wirklich naiven Eindruck.

Hast du die erste Fassung eigentlich auch aus dieser Erzählperspektive geschrieben? Ich überlege nämlich, ob nicht eine andere Perspektive besser wäre.

Viele Grüße

Michael
 

Evchen13

Mitglied
Hallo Michael,

vielen Dank für deine Hinweise. Ich habe mir den Text noch einmal vorgenommen und das meiste gleich eingearbeitet. Ich habe mich als Anfänger da wohl an ein sehr schwieriges Thema heran gewagt, doch es reizt mich unwahrscheinlich.

Vielleicht bekomme ich ja noch was halbwegs vernünftiges hingeschrieben.

Ich hoffe, wir lesen uns bald wieder und noch mal herzliches Dankeschön!!

Liebe Grüße

Ev
 

Strider

Mitglied
Hallo,

also für mich ist es die erste Fassung des Textes, die ich lese. Bei mir hinterlässt er einigermaßen zwiespältige Gefühle. Er besticht durch seine Genauigkeit, durch sein Bemühen, die Gedanken, die Gefühle der beiden Frauen genau zu beschreiben, kurz wird die Einsamkeit der Tochter auch spürbar, hinter der offenbar routinierten Schauspielerei, ganz stark das schlechte Gewissen der Mutter.

Auch die Unfähigkeit beider, die Barriere zu überwinden, dieser lieb gemeinte aber ach so falsche Zugang der Mutter, es ist fast rührend, wie sie versucht, am falschen Eck anzufangen, ihrer Tochter die Liebe zu geben, die sie ihr jahrelang vorenthalten haben muss.

Die langsame, zögerliche Erzählweise passt irgendwie dazu, das episodale, das Fragmentarische der Gedanken. Es ist allerdings schwierig, die Erzählung dadurch nicht zerfallen zu lassen.

Ab "Seufzend steht sie auf und geht schwerfällig ins Bad" - ja, da ist für mich leider ein Bruch in der Geschichte. Irgendwie fällt es schwer zu begreifen, dass eine Person, die zu solchen Einsichten fähig ist, wie du sie ihr unterstellst, einen so naiven Zugang zur Problembewältigung hat. Hier fehlt etwas. Alles reflektieren über den "Kampf, der hoffentlich keine Verlierer haben wird", hilft doch nichts, wenn sie gleichzeitig meint, ihn mit dem Kochlöffel gewinnen zu können.

Wenn du diese Unfähigkeit, diese Ambivalenz heraussteichen willst, müsstest du sie schon deutlicher herausarbeiten, finde ich. Dann müsste der Schluss eher so lauten wie:

"Zwei, drei Wochen kann ich das Herrn Haupt schon erklären, sinnierte sie, während die Speisen am Herd köchelten, und dann ist sie über den Berg. Sie wendete die Kotletts und summte dabei zufrieden vor sich hin."

Wenn ihr wirklich klar wird, dass hier ein großes psychisches Problem vorliegt, dann muss sie auch zu der Erkenntnis fähig sein, dass an diesem Abend die Küche kalt bleiben muss, oder?
 



 
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