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Einen Eiskaffee bitte

Am Wochenende hatte sie keine Zeit. Ich bin flexibel, hatte er geschrieben, ich kann auch tagsüber mal einen Kaffee trinken gehen. „Melde dich, wann immer es dir passt – du wirst dich wundern, wie spontan ich bin!“
Er klang nett, war sehr schreibgewandt. Nun, er war ja auch Journalist. Das Foto gefiel ihr. Er fragte wieder nach, wann sie denn mal Zeit habe. Vielleicht am Mittwoch, überlegte sie. Im Moment ging es ihr zwar nicht so gut, Nächte in denen sie wenig geschlafen hatte lagen hinter ihr. Der Tod von Jennis Freundin war auch ihr nahe gegangen. Aber das Treffen würde sie ja auch ablenken, warum also nicht.

Sie trafen sich vor dem Theater, das Eiscafé lag ganz in der Nähe. Sie tauschten sich über den Tag aus; sie erwähnte, dass sie mittags noch für die Kinder gekocht habe, sie war ja schon früh von der Schule nach Hause gekommen. „Du hast Kinder?“ fuhr er sie an. „Aber davon hast du gar nichts geschrieben. Also, das geht ja wohl gar nicht, dass du deine Kinder verheimlicht hast, nein also, wie unehrlich ist das denn?“

Fassungslos starrte sie ihn an.
Der Kellner kam an ihren Tisch. Sie stand auf. „Weißt du, ich habe es mir anders überlegt. Meine Zeit ist mir zu schade, um sie mit so jemandem wie dir zu verbringen.“ Sie wandte sich um und verließ das Café.

So hätte ich reagieren sollen, sagte sie sich. Aber nein, so war es leider nicht gewesen.

Fassungslos starrte sie ihn an. Der Kellner kam an ihren Tisch.
Sie suchte nach Worten. „Einen Eiskaffee, bitte“, sagte sie zu dem Kellner. Er bestellte einen Kaffee. Immer noch schüttelte er den Kopf. „Na hör mal“, sagte sie, „ich habe meine Kinder doch nicht verheimlicht – ich habe sie einfach nicht erwähnt!“ Er fand das total unehrlich. „Aber wenn dir das so wichtig ist, hättest du doch danach fragen können“, warf sie ihm vor. „Ich wollte meine Kinder keineswegs verheimlichen!“
Er wechselte das Thema; sie unterhielten sich über die Stadt, den Job, ihre Wohnsituation. Worüber man sich bei einem ersten date halt so unterhält. Aber es war etwas verkrampft. Sie überlegte tatsächlich, in wieweit er Recht habe mit seinem Vorwurf. Später, am Abend änderte sie ihr Profil und schrieb bei Kinder: Ja - fast erwachsen.
Als er sie zu ihrem Fahrrad begleitete, meinte er etwas hochnäsig: „Na ja, war ja ganz nett – aber das mit den Kindern, dass du die verheimlicht hast, damit komme ich irgendwie nicht klar. Ich werde es mir überlegen…“
„Gib dir keine Mühe!“ Sie sagte es nicht, sie dachte es nur.
Und tröstete sich damit, dass er immerhin den Eiskaffee bezahlte hatte – immerhin.
 



 
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