Dem Sonnenuntergang entgegen

4,50 Stern(e) 2 Bewertungen

Renee Hawk

Mitglied
Dem Sonnenuntergang entgegen



An manchen Tagen wünsche ich mich weit weg.
So weit, wie mich meine Füße tragen könnten.
Dann würde ich auf meinem Pferd in Richtung Sonnenuntergang reiten.
Mit Sicherheit wäre ich dann der ›Lonesome Rider‹ im falschen Körper.
Es wäre mir egal.

Meine Dispute trage ich durch Duelle aus.
Ein weiblicher Revolverheld bin ich.

Geächtet.
Geachtet.
Gefürchtet.
Gefährlich.

Jeder Sheriff zittert vor Angst, wenn er meinen Steckbrief in seinem Büro erblickt.
In jedem Saloon bin ich die gefeierte Heldin der Schwachen und Armen.
Jede Zeitung berichtet über meine Duelle und lobt mich in den höchsten Tönen.
Gegen Korruption und Sklaverei stelle ich mich und den Verantwortlichen spucke ich ins Gesicht. Auf meine Art und Weise mache ich ihnen deutlich, welche Fehler sie in Wirtschaft und Politik machen. Gegen Großgrundbesitzer und Viehdiebe kämpfe ich und werde unbestechlich meinen Sieg davon tragen.
In einer privaten Angelegenheit allerdings kämpfe ich verbissen um meine Liebe. Es wird Blut fließen.
Jedoch nicht ein Tropfen meines roten Lebenselixiers wird die staubige Strasse berühren – ich bin schnell, für meine Rivalin viel zu schnell.
Eine Zeitlang betrachte ich das Spiel zwischen den beiden. Meinem Mann unterbreite ich meinen Missmut. Wahrscheinlich werde ich keinen Erfolg haben, und das Geplänkel zwischen ihnen wird weitergehen. Mit allen Mitteln kämpfe ich um seine Liebe und möchte ihn wieder für mich gewinnen.

Im Spiegel schaut mir mein minderwertiges Ich entgegen.
Bin ich das?
Würde ich nicht spätesten jetzt im Stall mein Pferd satteln und in den Sonnenuntergang reiten?
Ich würde es tun.
Ohne einen Blick zurückzuwerfen wäre ich noch vor einem Jahr aus seinem Leben geritten und hätte ihr mein Mann und ›Lightmountain-City‹ überlassen.
Als Revolverfrau hätte ich damals jämmerlich versagt.
Doch zwölf Monate haben mich verändert.
Eine Entwicklung, die es mir jetzt erleichtert, egoistisch zu sein und mein Leben Selbst zu bestimmen.

Zum größten Duell aller Zeiten fordere ich sie heraus.
Selbstverständlich als sportlicher Wettkampf getarnt. Und als Siegesprämie habe ich dem Bürgermeister von ›Lightmountain-City‹ üppiges Farmland aus den Rippen geleiert. Dabei habe ich selbstverständlich nicht vergessen, ihn auf die Vorteile des Tourismusgeschäftes hinzuweisen und ihm eine beträchtliche Summe versprochen.
Doch meine Rivalin ist anwesend. Sie lässt es sich nicht nehmen und nimmt an diesem Spektakel teil. Zwar nicht als Schützin, sondern nur als Zuschauerin.
Sie steht in mitten der Menschen.
Durch geschicktes Manipulieren konnte ich sie zum Turnier anmelden und bis zum Finale durchschleusen; ohne das man ihr auch nur ein Haar gekrümmt hat.
Nun schlägt die Rathausuhr ›High Noon‹. Und die ›Main Road‹ wird rechts und links von Menschenmassen gesäumt. Scharfschützen besetzen aus Sicherheitsgründen die Balkone der Bank und des gegenüberliegenden Saloons.
Der Bürgermeister dreht nervös seinen schwarzen Zylinder in den Händen. Eine ganze Stadt schweigt und beobachtet angespannt jede Bewegung der Duellierenden. Unzählige Augenpaare ruhen auf meiner Revolverhand und zahlreiche Männer beneiden mich um meine scheinbare äußerliche Ruhe.
Langsam, wenn ich von Osten her die Hauptstrasse heraufkomme, wühlen sich Staubwölkchen unter meinen Stiefeln empor und benetzen das schwarze Schlangenleder. Bei jedem meiner Schritte schlagen die Sporen metallen in den Sandboden und verkünden Unheil.
In meinem langen braunen Ledermantel schwitze ich, der Hut liegt mir schwer auf dem Kopf, er verdeckt mein Gesicht und verströmt einen intensiven Schweißgeruch.
Nur mit meinen Augen blicke ich über die Zuschauer.
Der Bürgermeister wirkt noch nervöser.
Betty, die Saloonbesitzerin, lächelt mir verständnisvoll zu.
Im Gesicht meines Mannes kann ich Angst erkennen. Er will sich mir in den Weg stellen und macht einen Schritt nach vorn.
Die Kälte in meinem Blick lässt ihn zurückschrecken.
In diesem Augenblick zählt nur mein Sieg über eine Frau, die mir mein Liebstes nehmen will.
Kalt fixieren meine Augen ein zitterndes junges Küken mit langen blonden Haaren und zerschlissenen Hosen. Ihren Hut hat sie in den Sand geworfen und auf ihren Lippen liegt ein bösartiges Lächeln, das nur unzureichend ihre Unsicherheit überspielt.
Ihre Angst kann ich riechen.
Mein Mann legt verbalen Protest ein und will mich zur Aufgabe bewegen.
Doch ich lege meine rechte Hand auf das kühlende Metall meines geladenen Revolvers und einen Augenblick versinke ich in der Sehnsucht nach ehrlicher Liebe, um Kraft zu sammeln.
Die Distanz zwischen ihr und mir wird sich weder verkürzen noch verlängern. Und doch hege ich das Gefühl, als bewege sie sich im Zeitraffer auf mich zu; denn mit einem Mal kann ich mich in ihren Pupillen deutlich erkennen.
Der lange, offene Mantel, der Revolvergürtel, der schwarze Hut.
In diesem Moment schwirren mir tausend Gedanken durch den Kopf und schürt meinen Hass auf diese schamlose Frau.
Meine Finger wollen sich um den Kolben schließen, nur widerwillig kann ich den richtigen Zeitpunkt abwarten.
Vor meinem inneren Auge tauchen Bilder von Szenarien auf, die ich nicht sehen will. Sie beschreiben das innige Verhältnis zwischen meinem Mann und meiner Nebenbuhlerin. Beide kann ich lachen und scherzen sehen. Selbst ihre vertrauten Gespräche kann ich belauschen, und meine Wut wird immer schmerzlicher.
Es brennt wie Feuer in meinem Herzen.
Kaum mehr zu bremsen und gesteuert von meinem unendlichen Hass, ziehe ich meinen Revolver aus dem Holster und feuere im blinden Rausch das Magazin vollständig auf meine Rivalin ab.
Das blutige Rinnsal auf ihrer Stirn, ihr starrer Todesblick und das langsame Zusammensacken ihres sterbenden Körpers bestätigen meine Treffsicherheit.
Emotional habe ich nicht über sie gesiegt, denn diese Frau ist austauschbar. Wie meine Stiefel oder meinen Hut, den ich auf ihren am Boden liegenden Körper fallen lasse.

Sie ist es nicht wert, auch nur eine Patrone zu verballern. Nein, emotional bringt nur ein Duell zwischen mir und meinem Mann den wahren Sieger hervor.
Doch gegen ihn werde ich niemals antreten.
Letztendlich sattele ich mein treues Pferd und reite gen Sonnenuntergang.

230503
 
G

Gabriel

Gast
Hallo Renee Hawk!

Na, ich möchte jedenfalls nicht der sein, der dich wütend macht! :D

Eine schön erzählte Geschichte!
Sie hat mir gefallen, aber natürlich hat sie mir nicht nur gefallen. ;-))

Siehe meine Vorschläge unten.

Gruß, Gabriel

An manchen Tagen wünsche ich mich weit weg.
So weit, wie mich meine Füße tragen könnten.
Dann würde ich auf meinem Pferd in Richtung Sonnenuntergang reiten.
Mit Sicherheit wäre ich dann der ›Lonesome Rider‹ [blue]Komma und vielleicht das Wörtchen ‚nur‘ dazu[/blue] im falschen Körper.
Es wäre mir egal.

Meine Dispute trage ich durch Duelle aus.
Ein weiblicher Revolverheld bin ich.

Geächtet.
Geachtet.
Gefürchtet.
Gefährlich.

Jeder Sheriff zittert vor Angst, wenn er meinen Steckbrief in seinem Büro erblickt.
In jedem Saloon bin ich die gefeierte Heldin der Schwachen und Armen.
Jede Zeitung berichtet über meine Duelle und lobt mich in den höchsten Tönen.
[blue]Nur ein Gedanke – würden die Zeitungen einen steckbrieflich Gesuchten in den höchsten Tönen loben?[/blue]
Gegen Korruption und Sklaverei stelle ich mich [blue]Komma[/blue] und den Verantwortlichen spucke ich ins Gesicht. Auf meine Art und Weise mache ich ihnen deutlich, welche Fehler sie in Wirtschaft und Politik machen. Gegen Großgrundbesitzer und Viehdiebe kämpfe ich und werde unbestechlich meinen Sieg davon tragen. [blue]Vielleicht: Unbestechlich kämpfe ich …[/blue]
In einer privaten Angelegenheit allerdings kämpfe ich verbissen um meine Liebe. Es wird Blut fließen.
Jedoch nicht ein Tropfen meines roten Lebenselixiers wird die staubige Strasse berühren – ich bin schnell, [blue]Punkt[/blue] für meine Rivalin viel zu schnell.
Eine Zeitlang betrachte ich das Spiel zwischen den beiden. Meinem Mann unterbreite [blue]kannst du für ‚unterbreite‘ vielleicht ein anderes Wort finden?[/blue] ich meinen Missmut. Wahrscheinlich werde ich keinen Erfolg haben, und das Geplänkel zwischen ihnen wird weitergehen. Mit allen Mitteln kämpfe ich um seine Liebe und möchte ihn wieder für mich gewinnen.

Im Spiegel schaut mir mein minderwertiges Ich entgegen.
Bin ich das?
Würde ich nicht spätesten jetzt im Stall mein Pferd satteln und in den Sonnenuntergang reiten?
Ich würde es tun.
Ohne einen Blick zurückzuwerfen wäre ich noch vor einem Jahr aus seinem Leben geritten und hätte ihr mein[blue]en[/blue] Mann und ›Lightmountain-City‹ überlassen.
Als Revolverfrau hätte ich damals jämmerlich versagt.
Doch zwölf Monate haben mich verändert.
Eine Entwicklung, die es mir jetzt erleichtert, egoistisch zu sein und mein Leben Selbst [blue]klein[/blue] zu bestimmen.

Zum größten Duell aller Zeiten fordere ich sie heraus.
Selbstverständlich als sportlicher Wettkampf getarnt. Und als Siegesprämie habe ich dem Bürgermeister von ›Lightmountain-City‹ üppiges Farmland aus den Rippen geleiert. Dabei habe ich selbstverständlich [blue]Wiederholung[/blue] nicht vergessen, ihn auf die Vorteile des [blue]meinst du vielleicht ‚für das Tourismusgeschäft‘?[/blue] Tourismusgeschäftes hinzuweisen und ihm eine beträchtliche Summe versprochen.
Doch meine Rivalin ist anwesend. Sie lässt es sich nicht nehmen und nimmt an diesem Spektakel teil. Zwar nicht als Schützin, sondern nur als Zuschauerin.
[blue]Habe ich das falsch verstanden, oder wird gerade sie herausgefordert?[/blue]
Sie steht in mitten der Menschen.
Durch geschicktes Manipulieren konnte ich sie zum Turnier anmelden und bis zum Finale durchschleusen; ohne das[blue]s[/blue] man ihr auch nur ein Haar gekrümmt hat.
[blue]Nun verstehe ich es noch weniger. Nimmt sie aktiv teil oder ist sie nur Zuschauerin?[/blue]
Nun schlägt die Rathausuhr ›High Noon‹. Und die ›Main Road‹ wird rechts und links von Menschenmassen gesäumt. Scharfschützen besetzen aus Sicherheitsgründen die Balkone der Bank und des gegenüberliegenden Saloons.
Der Bürgermeister dreht nervös seinen schwarzen Zylinder in den Händen. Eine ganze Stadt schweigt und beobachtet angespannt jede Bewegung der Duellierenden. Unzählige Augenpaare ruhen auf meiner Revolverhand und zahlreiche Männer beneiden mich um meine scheinbare äußerliche Ruhe. [blue]Das eine birgt das andere in sich. Wenn die Ruhe ‚nur äußerlich‘ ist, dann ist sie nur ‚scheinbar‘[/blue]
Langsam, wenn [blue]als[/blue] ich von Osten her die Hauptstrasse heraufkomme, wühlen sich Staubwölkchen unter meinen Stiefeln empor und benetzen das schwarze Schlangenleder. [blue]Staub, der ‚benetzt‘ – da will sich bei mir kein rechtes Bild einstellen[/blue] Bei jedem meiner Schritte schlagen die Sporen metallen in den Sandboden und verkünden Unheil.
In meinem langen[blue]Komma[/blue] braunen Ledermantel schwitze ich, der Hut liegt mir schwer auf dem Kopf, er verdeckt mein Gesicht und verströmt einen intensiven Schweißgeruch.
Nur mit meinen Augen blicke ich über die Zuschauer. [blue]Womit auch sonst?[/blue]
Der Bürgermeister wirkt noch nervöser.
Betty, die Saloonbesitzerin, lächelt mir verständnisvoll zu.
Im Gesicht meines Mannes kann ich Angst erkennen. Er will sich mir in den Weg stellen und macht einen Schritt nach vorn.
Die Kälte in meinem Blick lässt ihn zurückschrecken.
In diesem Augenblick zählt nur mein Sieg über eine Frau, die mir mein Liebstes nehmen will.
Kalt fixieren meine Augen ein zitterndes junges Küken mit langen [blue]Komma[/blue] blonden Haaren und zerschlissenen Hosen. Ihren Hut hat sie in den Sand geworfen und auf ihren Lippen liegt ein bösartiges Lächeln, das nur unzureichend ihre Unsicherheit überspielt.
Ihre Angst kann ich riechen.
Mein Mann legt [strike]verbalen[/strike] Protest ein und will mich zur Aufgabe bewegen.
Doch ich lege meine rechte Hand auf das kühlende Metall meines geladenen Revolvers und einen Augenblick versinke ich in der Sehnsucht nach ehrlicher Liebe, um Kraft zu sammeln.
Die Distanz zwischen ihr und mir wird sich weder verkürzen noch verlängern. Und doch hege [blue]habe[/blue] ich das Gefühl, als bewege sie sich im Zeitraffer auf mich zu; denn mit einem Mal kann ich mich in ihren Pupillen deutlich erkennen.
Der lange, offene Mantel, der Revolvergürtel, der schwarze Hut.
In diesem Moment schwirren mir tausend Gedanken durch den Kopf und schür[strike]t[/strike][blue]en[/blue] meinen Hass auf diese schamlose Frau.
Meine Finger wollen sich um den Kolben schließen, nur widerwillig kann ich den richtigen Zeitpunkt abwarten.
Vor meinem inneren Auge tauchen Bilder von Szenarien auf, die ich nicht sehen will. Sie beschreiben das innige Verhältnis zwischen meinem Mann und meiner Nebenbuhlerin. Beide kann ich lachen und scherzen sehen. Selbst ihre vertrauten Gespräche kann ich belauschen, und meine Wut wird immer schmerzlicher.
Es brennt wie Feuer in meinem Herzen.
Kaum mehr zu bremsen und gesteuert von meinem unendlichen Hass, ziehe ich meinen Revolver aus dem Holster und feuere im blinden Rausch das Magazin vollständig auf meine Rivalin ab.
Das blutige Rinnsal auf ihrer Stirn, ihr starrer Todesblick und das langsame Zusammensacken ihres sterbenden Körpers bestätigen meine Treffsicherheit.
Emotional habe ich nicht über sie gesiegt, denn diese Frau ist austauschbar. Wie meine Stiefel oder mein[strike]en[/strike] Hut, den ich auf ihren am Boden liegenden Körper fallen lasse.

Sie ist es nicht wert, auch nur eine Patrone zu verballern.
[blue] Sie ‚war‘ es nicht wert, denn die Patronen sind schon verballert.[/blue]
Nein, emotional bringt nur ein Duell zwischen mir und meinem Mann den wahren Sieger hervor.
Doch gegen ihn werde ich niemals antreten.
Letztendlich sattele ich mein treues Pferd und reite gen Sonnenuntergang.
 

Renee Hawk

Mitglied
Hallo Gabriel,

vielen Dank für deine Feinarbeit. Sie ist mir sehr nützlich und findet ihre Umsetzung.
Sie ist es nicht wert, auch nur ein Patrone zu verballern, weil die Geschichte ursprünglich im Konjuktiv geschrieben wurde und dieser letzte Absatz als Resumet seine Berechtigung fand.
Scheinbar bin ich doch mit den Zeiten durchgewühlt worden, dass werde ich ebenfalls ändern.
Ja, die Rivalin wird durch Manipulation der Revolerheldin zur Akteurin. Ist wohl doch nicht so einleuchtend gewesen - daran wird auch noch gefeilt.
Meine Freundin saß neben mir und sagte ebenfalls zu mir: Staub kann Stiefel nicht benetzen. Daraufhin fragte ich sie, ob sie schon einmal mit schwarzen Cowboystiefeln über eine Sandstrasse gelaufen ist. Desöfteren wäre sie durch Staub gelaufen. Ich fragte sie, wie ihre Schuhe danauch ausgesehen haben. Geantwortet hat sie: Das Leder war vom Staub benetzt - anschließend haben wir uns kaputt gelacht über benetze Stiefel.
Wahrscheinlich werde ich die Stiefel einfach einstauben lassen ;)
Wie nennt man Geschichten, deren Basis die Quintessenz einer geleben Episode ist? Gibt es dafür überhaupt eine Bezeichnung?

fragende Grüße sendet
Reneè
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hm,

super geschichte. sowohl im grün des spreewaldes als auch auf dem grün der lupe.
ganz lieb grüßt
 

Renee Hawk

Mitglied
Hallo Flammi,

es freut mich wirklich sehr, dass dir die Geschichte trotz meines (fast) Stimmenversagens am Samstag gefallen hat.
Es war für mich nicht wirklich einfach diese Story vorzulesen.

Danke für dein dickes Lob.

liebe Grüße
Reneè
 
An manchen Tagen wünsche ich mich weit weg.
So weit, wie mich meine Füße tragen könnten.
Dann würde ich auf meinem Pferd in Richtung Sonnenuntergang reiten. [blue]zuerst schreibst Du von Füßen, dann vom Reiten. Würde vielleichtim selben Bild bleiben[/blue]
Mit Sicherheit wäre ich dann der ›Lonesome Rider‹ im falschen Körper.
Es wäre mir egal.

Meine Dispute trage ich durch Duelle aus.
Ein weiblicher Revolverheld bin ich.

Geächtet.
Geachtet.
Gefürchtet.
Gefährlich.

Jeder Sheriff zittert vor Angst, wenn er meinen Steckbrief in seinem Büro erblickt.[blue]"erblickt" klingt wenig dramatisch. Vielleicht, wenn er in sein Büro geheftet, geschlagen etc. wird.[/blue]
In jedem Saloon bin ich die gefeierte Heldin der Schwachen und Armen.
Jede Zeitung berichtet über meine Duelle und lobt mich in den höchsten Tönen.
Gegen Korruption und Sklaverei stelle ich mich und den Verantwortlichen spucke ich ins Gesicht. Auf meine Art und Weise mache ich ihnen deutlich, welche Fehler sie in Wirtschaft und Politik machen. [blue]würde in diesem Zusammenhang weniger von "Wirtschaft" sprechen, eher vielleicht von Handel[/blue] Gegen Großgrundbesitzer und Viehdiebe kämpfe ich und werde unbestechlich meinen Sieg davon tragen.
In einer privaten Angelegenheit allerdings kämpfe ich verbissen um meine Liebe. Es wird Blut fließen.
Jedoch nicht ein Tropfen meines roten Lebenselixiers wird die staubige Strasse berühren – ich bin schnell, für meine Rivalin viel zu schnell.
Eine Zeitlang betrachte [blue]wäre hier nicht eher die Vergangenheit angebracht? Sie betrachtete es ja, dann erst handelte sie[/blue] ich das Spiel zwischen den beiden. Meinem Mann unterbreite ich meinen Missmut. Wahrscheinlich werde ich keinen Erfolg haben, und das Geplänkel zwischen ihnen wird weitergehen. Mit allen Mitteln kämpfe ich um seine Liebe und möchte ihn wieder für mich gewinnen.

Im Spiegel schaut mir mein minderwertiges Ich [blue]was macht es denn minderwertig? Vorher wird nur gelobt, es strotzt von Selbstbewusstsein... welch ein Sinneswandel[/blue] entgegen.
Bin ich das?
Würde ich nicht spätesten jetzt im Stall mein Pferd satteln und in den Sonnenuntergang reiten?
Ich würde es tun.
Ohne einen Blick zurückzuwerfen wäre ich noch vor einem Jahr aus seinem Leben geritten und hätte ihr [blue]meinen[/blue] Mann und ›Lightmountain-City‹ überlassen.
Als Revolverfrau hätte ich damals jämmerlich versagt.
Doch zwölf Monate haben mich verändert.
Eine Entwicklung, die es mir jetzt erleichtert, egoistisch zu sein und mein Leben [blue]s[/blue]elbst zu bestimmen.

Zum größten Duell aller Zeiten fordere ich sie heraus.
Selbstverständlich als sportlicher Wettkampf getarnt. Und als Siegesprämie habe ich dem Bürgermeister von ›Lightmountain-City‹ üppiges Farmland aus den Rippen geleiert. Dabei habe ich selbstverständlich nicht vergessen, ihn auf die Vorteile des Tourismusgeschäftes [bue]zu welcher Zeit spielt denn die Geschichte? Tourismus gab es im wilden Westen eigentlich wenig.[/blue] hinzuweisen und ihm eine beträchtliche Summe versprochen.
Doch meine Rivalin ist anwesend. Sie lässt es sich nicht nehmen und nimmt an diesem Spektakel teil. Zwar nicht als Schützin, [blue]aber--> nach zwar kommt das Aber[/blue] nur als Zuschauerin.
Sie steht [blue]inmitten[/blue] der Menschen.[blue]würde sie lieber auf einer der Tribünen sitzen lassen, würde dem ganzen mehr Räumlichkeit geben[/blue]
Durch geschicktes Manipulieren konnte ich sie zum Turnier anmelden und bis zum Finale durchschleusen; ohne das man ihr auch nur ein Haar gekrümmt hat. [blue]wie nun, nimmt sie als Zuschauer teil, oder tatsächlich als Kämpferin?[/blue]
Nun schlägt die Rathausuhr ›High Noon‹. Und die ›Main Road‹ wird rechts und links von Menschenmassen gesäumt. Scharfschützen besetzen aus Sicherheitsgründen die Balkone der Bank und des gegenüberliegenden Saloons. [blue]gab es damals "scharfschützen?" doch eher Colt schwingende Männer oder?[/blue]
Der Bürgermeister dreht nervös seinen schwarzen Zylinder in den Händen. Eine ganze Stadt schweigt und beobachtet angespannt jede Bewegung der Duellierenden. Unzählige Augenpaare ruhen auf meiner Revolverhand und zahlreiche Männer beneiden mich um meine scheinbare äußerliche Ruhe.
Langsam, wenn ich von Osten her die Hauptstrasse heraufkomme, wühlen sich Staubwölkchen unter meinen Stiefeln empor und benetzen das schwarze Schlangenleder. Bei jedem meiner Schritte schlagen die Sporen [blue] mit metallenem Klirren[/blue] in den Sandboden und verkünden Unheil.
In meinem langen braunen Ledermantel schwitze ich, der Hut liegt mir schwer auf dem Kopf, er verdeckt mein Gesicht und verströmt einen intensiven Schweißgeruch.
Nur mit meinen Augen blicke ich über die Zuschauer.
Der Bürgermeister wirkt noch nervöser.
Betty, die Saloonbesitzerin, lächelt mir verständnisvoll zu.
Im Gesicht meines Mannes kann ich Angst erkennen. Er will sich mir in den Weg stellen und macht einen Schritt nach vorn.
Die Kälte in meinem Blick lässt ihn zurückschrecken. [blue]schön geschildert, die Entschlossenheit[/blue]
In diesem Augenblick zählt nur mein Sieg über eine Frau, die mir mein Liebstes nehmen will.
Kalt fixieren meine Augen ein zitterndes junges Küken mit langen blonden Haaren und zerschlissenen Hosen. Ihren Hut hat sie in den Sand geworfen und auf ihren Lippen liegt ein bösartiges Lächeln, das nur unzureichend ihre Unsicherheit überspielt.
Ihre Angst kann ich riechen.
Mein Mann legt verbalen Protest ein und will mich zur Aufgabe bewegen.
Doch ich lege meine rechte Hand auf das kühlende Metall meines geladenen Revolvers und einen Augenblick versinke ich in der Sehnsucht nach ehrlicher Liebe, um Kraft zu sammeln.
Die Distanz zwischen ihr und mir wird sich weder verkürzen noch verlängern. Und doch hege ich das Gefühl, als bewege sie sich im Zeitraffer auf mich zu; denn mit einem Mal kann ich mich in ihren Pupillen deutlich erkennen.
Der lange, offene Mantel, der Revolvergürtel, der schwarze Hut.
In diesem Moment schwirren mir tausend Gedanken durch den Kopf und [blue]schüren[/blue] meinen Hass auf diese schamlose Frau. [blue]du könntest in einem Nebensatz noch erwähnen, was so schamlos ist an ihr.[/blue]
Meine Finger wollen sich um den Kolben schließen, nur widerwillig kann ich den richtigen Zeitpunkt abwarten.
Vor meinem inneren Auge tauchen Bilder von Szenarien auf, die ich nicht sehen will. Sie beschreiben das innige Verhältnis zwischen meinem Mann und meiner Nebenbuhlerin. Beide kann ich lachen und scherzen sehen. Selbst ihre vertrauten Gespräche kann ich belauschen, und meine Wut wird immer schmerzlicher.
Es brennt wie Feuer in meinem Herzen.
Kaum mehr zu bremsen und gesteuert von meinem unendlichen Hass, ziehe ich meinen Revolver aus dem Holster und feuere im blinden Rausch das Magazin vollständig auf meine Rivalin ab.
Das blutige Rinnsal auf ihrer Stirn, ihr starrer Todesblick und das langsame Zusammensacken ihres sterbenden Körpers bestätigen meine Treffsicherheit.
Emotional habe ich nicht über sie gesiegt, denn diese Frau ist austauschbar. Wie meine Stiefel oder [blue]mein[/blue] Hut, den ich [blue]mit einem Blick[/blue] auf ihren am Boden liegenden Körper fallen lasse.

Sie ist es nicht wert, auch nur eine Patrone zu verballern. Nein, emotional bringt nur ein Duell zwischen mir und meinem Mann den wahren Sieger hervor.
Doch gegen ihn werde ich niemals antreten.
Letztendlich sattele ich mein treues Pferd und reite gen Sonnenuntergang.

liebe(r) Renee, Deine Geschichte gefällt mir gut, zeigt sie doch die traurige Erkenntnis, dass man gegen die Liebe nicht mit dem Verstand, sondern nur mit dem Herzen wirklich ankommen kann. Sie zeigt auch, dass letzen Endes dennoch der Verstand über das Herz siegen wird.
Mit der Erzählzeit bin ich mir nicht ganz sicher, ob das vom Ablauf alles so passt. Manche Dinge beschreibst du im Präsens, doch durch den Ablauf müssten sie in der Vergangenheit stehen. Gerade das Duell, bzw. die sich zuvor ereignenden Dinge müssten in Bezug auf das Ende eher in der Vergangenheit stehen, obwohl man natürlich dennoch eine Geschichte im Präsens (be)schreiben kann.


versteh es nur als Vorschläge, wie immer.

einen lieben Gruß
schickt Dir
Klabautermann
 

Renee Hawk

Mitglied
Hallo Klabautermann,

auch dir ein herzliches Danke für die vielen Ideen, die ich in einer normalen Westerngeschichte selbstverständlich berücksichtigt hätte.
Aber diese Geschichte ist ein Spiegel.
Lightmountain-City ist nur ein anderes Wort für Berlin-Lichtenberg, die Scharfschützen, sind meine Familienmitglieder, das Duell hat und wird niemals stattfinden, aber es war mir wichtig, das genau so und in dieser Zeit aufzuschreiben.
Mittlerweile denke ich, dass der Text nur Menschen verständlich ist, die meinen Mann und mich persönlich kennen.
Nichts destotrotz werde ich noch einmal mit euren Vorschlägen über die Geschichte gehen und die Überarbeitung mit ins Thread posten. Jedenfalls lasse ich die Stiefel einstauben ;)


Liebe Flammi,

der Frosch, welcher sich in meinem Hals beim Vorlesen festsetzte, hatte ein etwas tieferes Grün als der Hohewald und saß ebenso tief in meiner Kehle.
Allerdings freut es mich, dass die Stimme zur Stimmung passte.

liebe Grüße
Reneè
 
Liebe Renee,

auch wenn Du, was ich mir fast dachte, eine eigene Geschichte in einen anderen Mantel hüllst, kann man, um die Abrundung herzustellen, die Situation an den "Mantel" anpassen. Deshalb muss man ja die eigentliche Rivalin-Geschichte nicht ändern. Im Gegenteil. Für diejenigen, die Dich und Deine Angehörigen kennen, wird absolut deutlich sein, was Du sagen wolltest. Für diejenigen, die das nicht tun, ist es dennoch eine runde Geschichte.
Es ist fast wie bei Exupery, der ja im kleinen Prinzen auch 2 Geschichten in einer schrieb.
Was die "Sprachzeit" anbelangt, ist es unerheblich, wovon Du erzählt, es sollte nur in sich stimmig sein, was es ja meist auch ist.

aber wie gesagt, es ist ja nur ein Vorschlag, ich bin sicher, Du wirst die Geschichte so gestalten, wie sie Dir gefällt.
wünsch Dir einen schönen Feiertag.

ganz lieben Gruß

Klabautermann
 
R

Rote Socke

Gast
Hi Cowgirl,

auch mir gefiel die Geschichte gut. Was mir sehr gut gefiel war der spritzige Anfangsteil. In der Mitte wurde es für meinen persönlichen Geschmack etwas lang. Vielleicht auch, weil Du dann zu stark das Tempo gedrosselt hast?
Na ja, so war mein Eindruck.

Grüßle
Söckchen
 



 
Oben Unten