Der Antrag

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Raniero

Textablader
Der Antrag

Der Leiter der Kreditabteilung bei der großen Sparkasse zeigte sich nicht wenig überrascht.
Als er am Morgen die Eingangspost öffnete, fand er ein an ihn persönlich gerichtetes Anschreiben eines Kunden vor, in welchem dieser um die Gewährung eines Darlehens in der Größenordnung von eine halben Millionen Euro bat.
Er nahm das Schreiben zur Hand und las:

„Sehr geehrter Herr,

hiermit lege ich Ihnen einen Antrag auf Gewährung eines Kredites in Höhe von
500 000,- € mit der Bitte um Prüfung und Genehmigung vor.
Diese vorgenannte Summe benötige ich dringend zur Aufstockung meines Firmenkapitals, um die geplante Expansion meines Baustoffhandels durchführen zu können.
Alle erforderlichen Unterlage sind beigefügt.
Für Rückfragen hinsichtlich des Antrages stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.
In Erwartung eines baldigen positiven Bescheides Ihrerseits verbleibe ich

hochachtungvoll

gez. Unterschrift“

Dem Antrag waren, wie der Absender bereits im Anschreiben zum Ausdruck gebracht hatte, fein säuberlich alle erforderlichen Unterlagen für den Antrag wie Kataster- und Baupläne, Nachweis der Sicherheiten etc. beigefügt.
Was den Chef der Kreditabteilung so in Erstaunen versetzte, war nicht das Ansinnen des Geschäftsmannes selbst, sondern die Tatsache, dass er persönlich diesem Kunden bereits vor einigen Wochen eben den gleichen Kreditantrag in genau derselben Höhe negativ beschieden hatte, weil aus Sicht der Bank zur Zeit bei ihm die erforderlichen Sicherheiten absolut nicht gegeben waren.
Da es sich bei dem Baustoffhändler um eine langjährige Geschäftsbeziehung handelte, hatte er ihn nicht nur schriftlich von dieser Entscheidung informiert, sondern vorab sogar telefonisch unterrichtet.
Was sollte das nun, fragte er sich, leidet der Mann denn bereits unter Gedächtnisschwund oder hat ihn unsere ablehnende Nachricht derart verwirrt, dass er meint, es noch einmal versuchen zu können?
Verärgert darüber, dass man ihm auf diese Weise seine kostbare Zeit regelrecht stahl, wollte er den Brief mit allen Unterlagen bereits einem seiner Sachbearbeiter weiterreichen, damit dieser eine erneute Absage, diesmal in durchaus schärferer Form, abfassen sollte, als sein Blick auf die Rückseite der letzten Seite des Anschreibens fiel.
Der Leiter der Kreditabteilung erstarrte regelrecht beim Lesen der wenigen kleingedruckten Zeilen:
P S
„Wenn Sie diesen Brief in Händen halten, können Sie ihn direkt vernichten.
Nachdem Sie mir vor einiger Zeit meinen Antrag auf Kreditaufstockung nicht bewilligt haben, war ich gezwungen, mich selbst zu bedienen“.

Unter diesen Text waren die großformatigen Buchstaben der Überschrift eines Artikels der örtlichen Tageszeitung der letzten Woche auf die Seite kopiert worden:

Bankräuber erleichtert Filiale der hiesigen Sparkasse um 5 Millionen €

Der Brief war von dem Kunden selbst unterzeichnet, neben seiner Unterschrift stand das Datum des Vortages und eine Ortsangabe; irgendein kleines Kaff in Südamerika.
 
M

Minotaurus

Gast
Also, die Filiale einer Sparkasse möchte ich sehen, die fünf Millionen in ihrem Tresor liegen hat. :D
Daß der Bankräuber den Brief selbst geschrieben und dabei sogar noch seine Adresse angegeben hat, entbehrt ebenfalls jeglicher Logik.
Satirische Stilelemente vermisse ich in dieser Geschichte völlig, deshalb gehe ich davon aus, daß sie wohl mehr als leichter Humor zu verstehen ist? :confused:
Die Schreibweise und den Stil dagegen finde ich recht gut.
 

Raniero

Textablader
Also, warum soll es keine Filiale geben, die fünf Millionen im Hause beherbergt, es gibt auch große Filialen.
Aus der Story geht nicht hervor, dass der Kunde (Bankräuber) seine richtige Adresse angegeben hat, sondern nur eine Otrtsangabe.
Bezüglich der Differenz zwischen Satire und Humor gibt es schon recht unterschiedliche Meinungen; wer will sich da schon so genau festlegen? :cool:

Gruß Raniero
 



 
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