Der Bankräuber

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Estella

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„Morgen Herr Schmidt, morgen bekommen sie ihr Geld!“ Hausverwalter Schmidt ruft noch „Hoffentlich!“ aber Franz Knoche kann es nicht mehr hören, zu laut ist der Knall, mit dem er die Wohnungstür zuschlägt. Kopfschüttelnd dackelt Schmidt davon. „Glaub ich erst, wenn ich‘s sehe“, murmelt er vor sich hin und verschwindet in der Tiefgarage.
Franz Knoche kratzt sich am Kopf. „Idiot“ faucht er. Als er den Kühlschrank öffnet fällt sein Blick auf die Küchenuhr. Es ist 11 Uhr. Schon hat er die Bierflasche am Hals, als ihm bewußt wird, daß er das Geld für die Miete niemals aufbringen konnte. Ihm wird ein wenig schlecht. Schmidts Stimme klang ernst, sehr ernst. Drei Monate im Rückstand bedeutet Rausschmiß. Franz läßt sich auf einen Hocker plumpsen, nimmt einen ordentlichen Schluck und denkt nach. Seit Monaten ist er schon ohne Arbeit, das Geld wird knapp. Miete hat er nicht bezahlt, schließlich ist da noch Ellie, seine kleine Tochter, die alle vierzehn Tage zu Besuch kommt. Und das Motorrad, sein ganzer Stolz. Franz legt die Stirn in Falten, dann hat er eine Idee.

Um genau 11 Uhr 40 stellt er sein Motorrad an der großen Mauer, neben der Stadtsparkasse ab. „Ganz ruhig Franz, ganz ruhig“, versucht er sich zu beruhigen. „Ich bin kein schlechter Mensch. Nein, sicher nicht. Ich habe keine andere Wahl“. Franz bewegt sich langsam auf den Eingang zu. Er ist klein und untersetzt, ein Mann in den mittleren Jahren, der nicht weiter auffällt. Die schwarze Mütze zieht er tief in die Stirn, den Wollschal wickelt er ein paarmal um den Hals. Er trägt eine schwarze Aktentasche in der einen Hand, mit der anderen umklammert er die Spielzeugpistole, die tief in seiner Jackentasche verborgen ist.
Franz atmet schwer, als er die Tür zum Schalterraum aufstößt. Schweißtropfen kleben auf seiner Stirn. Rasch schaut er sich um. Er sieht eine alte Dame, die bei seinem Anblick zusammenzuckt und dann die junge blonde Frau hinter dem Schalter.
„Weiter Franz, nichts anmerken lassen!“. Mit langen Schritten durchquert er die Halle, zielstrebig nähert er sich der Kasse. Seine Kehle fühlt sich trocken an. Inzwischen ist er so aufgeregt, daß er befürchtet, sein wild klopfendes Herz würde den Brustkorb sprengen. Entschlossen legt er einen Zettel auf den Tresen, zieht dann die Pistole und reicht die Tasche über den Schalter. „Geld her, oder ich schieße!“ liest die blonde Frau und wird käseweiß. Sie zögert keinen Augenblick. Panisch greift sie mit beiden Händen nach den Scheinen, die sie geschwind in die Tasche stopft. Klack, die Schlösser rasten ein.
„Schnell weg hier!“, denkt Franz, reißt das schwere Gepäckstück an sich und rennt fluchtartig hinaus auf die Straße. Mit lautem Geheul springt die Maschine an. Franz saust davon.
Schon von Weitem sieht er den Briefträger vor seinem Haus stehen. „Hallo Herr Knoche. Gut daß ich sie antreffe!“. Gewohnheitsmäßig zuckt Franz zusammen. Wird eine Mahnung sein, denkt er. Zufrieden umklammert er den Henkel des Aktenkoffers, der seinen Arm nach unten zieht. Was kann ihm jetzt noch passieren? „Tach Herr Mayer, geben Sie schon her.“ Franz streckt die Hand aus, die der Briefträger schüttelt. „Herzlichen Glückwunsch, Herr Knoche, sie haben im Lotto gewonnen!“.

Die Küchenuhr zeigt 12 Uhr 30. Draußen auf der Straße heulen Polizeisirenen auf. Franz wischt sich den Schweiß von der Stirn. Eine halbe Million im Lotto gewonnen und eine Tasche voller Scheine. Franz trinkt Kartoffelschnaps direkt aus der Flasche. Morgen wird er die Miete bezahlen!
 
Hallo Estella,

die Idee gefällt mir ganz gut.
Aber wie wäre es mit einem anderen Gewinn. Bei einem großen Lottogewinn muss man sich selbst bei der Lottozentrale melden. Auf der Quittung stehen Name und Adresse nicht drauf. Außerdem wüsste Knoche ja, dass er gewonnen hat, er kennt doch seine Zahlen.

Gruß
Susanne
 

Estella

Mitglied
Herzlichen Dank, Susanne, für Deinen Hinweis. Ich spiele kein Lotto und konnte es nicht wissen. Vielleicht hat Knoche bei Glücksrad gewonnen, Aktion Mensch? Ich werde mir etwas einfallen lassen.

Liebe Grüße!
Estella
 

sohalt

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Das ist mir dann doch zu sehr Gerüst. Normal bin ich immer für Straffen, hier wär ich zur Abwechslung mal für Ausschmücken.

Was zB vielleicht ganz nett wäre:
du beschreibst erstmal intensiv, welche inneren - moralischen Widerstände - der Gute erstmal überwinden muss, bevor er sich zu diesem drastischen Schritt entscheidet, welche Ängste er aussteht, wie er sich ausmalt, was für fürchterliche Konsequenzen sein Scheitern habe könnte, wie er das ganze als entscheidenden Wendepunkt in seinem Leben wahrnimmt, ich meine, er bricht mit der Gesellschaft, er stellt sich außerhalb der Ordnung, das ist doch was ziemlich Essentielles, wär doch schön, wenn er das ein bisschen reflektiert, oder, falls du ihn - wahrscheinlich - nicht allzu intelektuell anlegen willst, dass er das zumindest irgendwie dumpf empfindet, ja, das wär vielleicht sogar noch besser. Er entscheidet sich dann schließlich doch dafür, nach langem Zweifeln, schweren Herzens, aus purer Verzweiflung - klar, das reißt du alles ein bisschen an, aber es müsste irgendwie unmittelbarer rüberkommen.

Dann wäre es leichter, Anteil am Schicksal deines Bankräubers zu nehmen, in seine Situation hinzurutschen und außerdem käme die Ironie, dass er durch den Lottogewinn das alles gar nicht nötig hätte (die ich übrigens sehr nett finde), dann besser raus.

Müsste ja deswegen nicht wesentlich länger werden, andere Sachen - die ziemlich detaillierte Beschreibung des Banküberfalls zB - könnten dafür raus.

Vielleicht: Mehr Psychologie, weniger Action? Naja gut, das ist vielleicht nur mein persönlicher Geschmack. Aber für echte Action gibts hier ohnehin zu wenig Leichen.

So wie es jetzt ist, lässt es mich ein bisschen kalt.

lg
sohalt
 



 
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