Der Besuch

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MarkoMarko

Verbotenes Mitglied
Der Besuch



\'Mein Gott!\'\', Colonel James Henry seufzte schwer, als er alleine auf der Bettkante seines Ehebetts saß. Sein karg eingerichtet Zimmer war düster, nur ein schwacher Lichtstrahl drang von außen hinein. Er fühlte sich von allen verlassen. Wie konnte es so weit kommen? Warum hatte er das nicht vorausgesehen? James stellte sich viele Fragen, doch schien keine davon beantworten zu können.
\'\'Ich war über zwei Jahre in Afghanistan, doch das ist etwas, womit ich nicht umgehen kann...\'\' dachte er und seufzte wieder. Fernab alle externen Einflüsse lebte er ein ruhiges, bescheidenes Leben. Doch vor einigen Tagen kam die Nachricht. Von einem Moment auf den anderen kann sich dein Leben dramatisch ändern, auf den Kopf gestellt werden. Er schauderte bei dem Gedanken an das Bevorstehende und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, die in letzter Zeit sein ständiger Begleiter geworden war. Das war das einzige, was ihm übrig blieb, er hätte sonst nicht weitermachen können. Er hatte ein überwältigendes Gefühl der Schwäche, der Hilflosigkeit. Er, der vor nur wenigen Jahren 130 Männern Befehle erteilte und sie beschützte – sie trauten ihm ihre Leben an.

Langsam stand er auf. Er schaute sich im Spiegel an. Ein widerlicher Anblick! Er stand in Unterhose da, nur das gestreifte Hemd angezogen. Seine Beine sahen dürr aus, ein Preis seines langweiligen Familienlebens. Wie gerne er sich an die Zeit seiner Ausbildung zurückerinnerte, wo er jung, kräftig und voller Tatendrang war, wo sie jeden Tag um 0400 morgens aufstanden und mit Kraftübungen anfingen. Er hatte es gerne gemacht. Es war die beste Zeit seines Lebens. Eine Zeit, wo ihm die Frauen auf der Straße nachschauten. Er konnte damals alle haben – und er hatte sie alle. Mit einem Grinsen erinnerte sich an die ganzen jungen Mädels, die ihm so bereitwillig ihr Herz gaben, für kurz oder lang. Doch davon blieb nichts übrig, jetzt war er nur noch ein alter Mann mit dürren Beinen. Sein Grinsen verschwand wieder.

Nein! Er hatte immer noch etwas vom alten Geist in ihm! Er musste! Gerade jetzt! Er zog sich das Hemd aus, legte es ordentlich neben seiner Ausgeh-Hose und seiner Lieblingskrawatte (die mit gelben Punkten), hin. Er traute sich dabei aber nicht, wieder einen Blick in den Spiegel zu werfen. Stattdessen warf er sich auf den Boden und begann Liegestütze zu machen. Eins... Zwei... Drei...Vier... Doch er kam nicht weit - bei 35 Liegestützen sank er kraftlos zu Boden und blieb dort über eine Minuten keuchend liegen. Früher hätte er das doppelte gemacht - ohne mit der Wimper zu zucken. Jetzt bebte sein ganzer Körper. Er richtete sich mit Mühe wieder auf, seine Arme waren taub und schmerzhaft zugleich. Durch eine kurze Sekunde Unaufmerksamkeit sah er es. Sein Ebenbild an der Wand vor ihm. Er erschrak: wie konnte er so dünn, so schwach wirken? Seine Oberarme schienen wie halbiert im Vergleich zu seinem jungen Ich. Er hatte nämlich den direkten Vergleich, auf dem Nachttisch daneben stand ein Foto aus jungen Jahren. Seine Brust war nun flach und eingefallen, sein Bauch aufgebläht, die Rippen ragten hervor. Sogar seine Kriegsnarbe, auf die er früher so stolz war, schien atrophiert zu sein und hing an seiner schlaffen Haut wie ein Fremdkörper.

Er wendete sich mit fast schmerzverzehrtem Gesicht ab und setzte sich wieder. Wo war seine Flasche? Wieder ein tiefer Schluck. Er sah keinen Ausweg. Er hatte alles verloren, was er mal hatte. Selbstmordgedanken kreisten in seinem Kopf. Noch zwei Schlucke. Wie stellte er das am Besten an? Einen Strick hatte er nicht (seine Lieblingskrawatte wollte er nicht ruinieren), ein Messer war nicht in Sicht (in die Küche konnte er sich nicht hineinwagen – dort warteten SIE) und wenn er aus dem Fenster geprungen wäre, hätte er sich höchstens den Knöchel verstaucht - seine Frau wollte ja aus der Stadt in einen kleinen Vorort ziehen. \'\'Das Einfamilienhaus ist besser für die Kinder\'\', äffte er sie nach. Seine Kinder, seine beiden Jungs! Er vermisste sie. Wie lange hatte er sie schon nicht gesehen? Viel zu lange! Er hatte keine Ahnung was sie gerade trieben. Sie waren im gleichen Alter wie er zu seiner Anfangszeit in der Army, zwei hochgewachsene, gutaussehende Burschen. Bestimmt trieben sie nichts Gutes. Beide kamen nämlich ganz nach dem Papa. Sie waren wahrscheinlich irgendwo in New York, auf einer schicken Party, umgeben von schwärmenden, gutaussehenden Frauen. \'\'Frauen lieben Soldaten, das gilt heute immer noch!\'\', dachte er. Er sah es schon: mitten auf der Party, in bester Laune, würde seine Jungs die Todesnachricht ihres Vaters erreichen. In suizidaler Absicht sei er vom Dach seines Hauses hinuntergesprungen, würde man ihnen erzählen. Seine nervige Nachbarin, die sich überall einmischen musste, hatte alles beobachtet. Er hatte sich dabei zwar nur den Oberschenkelknochen gebrochen, doch durch eine Wundinfektion mit folgender Sepsis fand er in kurzer Zeit ein jämmerliches Ende seines Lebens.

Das durfte er nicht zulassen! Seine Kinder mussten ihn in guter Erinnerung behalten! Er ist doch immer ihr Vorbild gewesen. Was auch immer da unten auf ihn wartete, er musste sich dem Geist der Vergangenheit stellen wie ein Mann! Ein zwar alter, aber würdevoller Mann - ein ehrenhafter Vertreter seiner Standes und seiner Nation! Er würde den Rückzug nicht antreten- noch war es nicht aus mit ihm, auch wenn alle es glaubten! Energisch streifte er sich wieder das Hemd über - \'\'so, das verdeckt schon mal den abscheulichen Oberkörper!\'\' Dann seine Hose, \'\'Das sieht doch gar nicht so schlecht aus!\'\' Und zum Schluss das Sahnehäubchen - seine Krawatte. Er schaute sich nochmals an, spannte die alten Muskeln an. Das gab ihm Selbstbewusstsein. Er musste sich zwar dem Schicksal beugen, doch dabei würde er wenigstens gut aussehen!

Doch gerade in dem Moment hörte er Klopfen! Sein Herz sank. Er schaute ängstlich zur Tür. Der Moment, vor dem er sich fürchtete, war gekommen.

\'\'Jaaames! Was machst du denn so lange hier oben?\'\', sagte seine Frau durch die Tür. \'\'Kommst du jetzt mal runter? Meine Eltern sind doch von so weit hergefahren, sie haben Hunger!\'\'

James blickte ein letztes Mal zum Spiegel, nickte kräftig zu sich selbst, riss die Tür auf und stürmte die Treppe herunter. Seine Frau blickte ihm verdutzt hinterher.
 

MarkoMarko

Verbotenes Mitglied
Das ist meine erste Kurzgeschichte. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Feedback jeglicher Art (kurz oder lang) oder Bewertung (gut oder schlecht) bekomme! :) Danke! VG MarkoMarko
 

MarkoMarko

Verbotenes Mitglied
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\'Mein Gott!\'\', Colonel James Henry seufzte schwer, als er alleine auf der Bettkante seines Ehebetts saß. Sein karg eingerichtet Zimmer war düster, nur ein schwacher Lichtstrahl drang von außen hinein. Er fühlte sich von allen verlassen. Wie konnte es so weit kommen? Warum hatte er das nicht vorausgesehen? James stellte sich viele Fragen, doch schien keine davon beantworten zu können.
\'\'Ich war über zwei Jahre in Afghanistan, doch das ist etwas, womit ich nicht umgehen kann...\'\' dachte er und seufzte wieder. Fernab alle externen Einflüsse lebte er ein ruhiges, bescheidenes Leben. Doch vor einigen Tagen kam die Nachricht. Der Besuch stand bevor. Von einem Moment auf den anderen kann sich dein Leben dramatisch ändern, auf den Kopf gestellt werden. Er schauderte bei dem Gedanken an das Bevorstehende und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, die in letzter Zeit sein ständiger Begleiter geworden war. Das war das einzige, was ihm übrig blieb, er hätte sonst nicht weitermachen können. Er hatte ein überwältigendes Gefühl der Schwäche, der Hilflosigkeit. Er, der vor nur wenigen Jahren 130 Männern Befehle erteilte und sie beschützte – sie trauten ihm ihre Leben an.

Langsam stand er auf. Er schaute sich im Spiegel an. Ein widerlicher Anblick! Er stand in Unterhose da, nur das gestreifte Hemd angezogen. Seine Beine sahen dürr aus, ein Preis seines langweiligen Familienlebens. Wie gerne er sich an die Zeit seiner Ausbildung zurückerinnerte, wo er jung, kräftig und voller Tatendrang war, wo sie jeden Tag um 0400 morgens aufstanden und mit Kraftübungen anfingen. Er hatte es gerne gemacht. Es war die beste Zeit seines Lebens. Eine Zeit, wo ihm die Frauen auf der Straße nachschauten. Er konnte damals alle haben – und er hatte sie alle. Mit einem Grinsen erinnerte sich an die ganzen jungen Mädels, die ihm so bereitwillig ihr Herz gaben, für kurz oder lang. Doch davon blieb nichts übrig, jetzt war er nur noch ein alter Mann mit dürren Beinen. Sein Grinsen verschwand wieder.

Nein! Er hatte immer noch etwas vom alten Geist in ihm! Er musste! Gerade jetzt! Er zog sich das Hemd aus, legte es ordentlich neben seiner Ausgeh-Hose und seiner Lieblingskrawatte (die mit gelben Punkten), hin. Er traute sich dabei aber nicht, wieder einen Blick in den Spiegel zu werfen. Stattdessen warf er sich auf den Boden und begann Liegestütze zu machen. Eins... Zwei... Drei...Vier... Doch er kam nicht weit - bei 35 Liegestützen sank er kraftlos zu Boden und blieb dort über eine Minuten keuchend liegen. Früher hätte er das doppelte gemacht - ohne mit der Wimper zu zucken. Jetzt bebte sein ganzer Körper. Er richtete sich mit Mühe wieder auf, seine Arme waren taub und schmerzhaft zugleich. Durch eine kurze Sekunde Unaufmerksamkeit sah er es. Sein Ebenbild an der Wand vor ihm. Er erschrak: wie konnte er so dünn, so schwach wirken? Seine Oberarme schienen wie halbiert im Vergleich zu seinem jungen Ich. Er hatte nämlich den direkten Vergleich, auf dem Nachttisch daneben stand ein Foto aus jungen Jahren. Seine Brust war nun flach und eingefallen, sein Bauch aufgebläht, die Rippen ragten hervor. Sogar seine Kriegsnarbe, auf die er früher so stolz war, schien atrophiert zu sein und hing an seiner schlaffen Haut wie ein Fremdkörper.

Er wendete sich mit fast schmerzverzehrtem Gesicht ab und setzte sich wieder. Wo war seine Flasche? Wieder ein tiefer Schluck. Er sah keinen Ausweg. Er hatte alles verloren, was er mal hatte. Selbstmordgedanken kreisten in seinem Kopf. Noch zwei Schlucke. Wie stellte er das am Besten an? Einen Strick hatte er nicht (seine Lieblingskrawatte wollte er nicht ruinieren), ein Messer war nicht in Sicht (in die Küche konnte er sich nicht hineinwagen – dort warteten SIE) und wenn er aus dem Fenster geprungen wäre, hätte er sich höchstens den Knöchel verstaucht - seine Frau wollte ja aus der Stadt in einen kleinen Vorort ziehen. \'\'Das Einfamilienhaus ist besser für die Kinder\'\', äffte er sie nach. Seine Kinder, seine beiden Jungs! Er vermisste sie. Wie lange hatte er sie schon nicht gesehen? Viel zu lange! Er hatte keine Ahnung was sie gerade trieben. Sie waren im gleichen Alter wie er zu seiner Anfangszeit in der Army, zwei hochgewachsene, gutaussehende Burschen. Bestimmt trieben sie nichts Gutes. Beide kamen nämlich ganz nach dem Papa. Sie waren wahrscheinlich irgendwo in New York, auf einer schicken Party, umgeben von schwärmenden, gutaussehenden Frauen. \'\'Frauen lieben Soldaten, das gilt heute immer noch!\'\', dachte er. Er sah es schon: mitten auf der Party, in bester Laune, würde seine Jungs die Todesnachricht ihres Vaters erreichen. In suizidaler Absicht sei er vom Dach seines Hauses hinuntergesprungen, würde man ihnen erzählen. Seine nervige Nachbarin, die sich überall einmischen musste, hatte alles beobachtet. Er hatte sich dabei zwar nur den Oberschenkelknochen gebrochen, doch durch eine Wundinfektion mit folgender Sepsis fand er in kurzer Zeit ein jämmerliches Ende seines Lebens.

Das durfte er nicht zulassen! Seine Kinder mussten ihn in guter Erinnerung behalten! Er ist doch immer ihr Vorbild gewesen. Was auch immer da unten auf ihn wartete, er musste sich dem Geist der Vergangenheit stellen wie ein Mann! Ein zwar alter, aber würdevoller Mann - ein ehrenhafter Vertreter seiner Standes und seiner Nation! Er würde den Rückzug nicht antreten- noch war es nicht aus mit ihm, auch wenn alle es glaubten! Energisch streifte er sich wieder das Hemd über - \'\'so, das verdeckt schon mal den abscheulichen Oberkörper!\'\' Dann seine Hose, \'\'Das sieht doch gar nicht so schlecht aus!\'\' Und zum Schluss das Sahnehäubchen - seine Krawatte. Er schaute sich nochmals an, spannte die alten Muskeln an. Das gab ihm Selbstbewusstsein. Er musste sich zwar dem Schicksal beugen, doch dabei würde er wenigstens gut aussehen!

Doch gerade in dem Moment hörte er Klopfen! Sein Herz sank. Er schaute ängstlich zur Tür. Der Moment, vor dem er sich fürchtete, war gekommen.

\'\'Jaaames! Was machst du denn so lange hier oben?\'\', sagte seine Frau durch die Tür. \'\'Kommst du jetzt mal runter? Meine Eltern sind doch von so weit hergefahren, sie haben Hunger!\'\'

James blickte ein letztes Mal zum Spiegel, nickte kräftig zu sich selbst, riss die Tür auf und stürmte die Treppe herunter. Seine Frau blickte ihm verdutzt hinterher.
 

MarkoMarko

Verbotenes Mitglied
Ich bitte noch einmal um Kommentare! Das wäre wichtig für mich, damit ich mich verbessern kann! Danke!!
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Marko,
Ich bitte noch einmal um Kommentare! Das wäre wichtig für mich, damit ich mich verbessern kann!
Das kann ich gut verstehen, das geht uns allen hier so. Wie viele Kommentare hast Du denn schon geschrieben?

Ohne jetzt auf den Inhalt näher einzugehen, möchte ich Dir erst einmal folgendes raten:
Bring den Text zunächst in eine ansprechende Form und nimm die vielen überflüssigen Schrägstriche raus. Dann ist es schon einmal einfacher für den Leser.
Lass ein Rechtschreibprogramm darüber laufen, um Tippfehler und Rechtschreibfehler auszumerzen.
Überprüfe mal, wie oft Du Wortdoppelungen verwendet, z. B. „doch“, „wieder“, „hatte“ – das kann man sicherlich in den meisten Fällen umschreiben. Vor allem Hilfsverben klingen schlecht, das geht besser!
Überleg Dir bei jedem Satz, ob er für den Fortgang der Geschichte unbedingt nötig ist. Du wirst Dich wundern, wie viele überflüssige Wendungen so eine Geschichte enthält.

So, das sind mal die Grundvoraussetzungen. Viel Spaß beim Überarbeiten!

Gruß Ciconia
 

MarkoMarko

Verbotenes Mitglied
Der Besuch


"Mein Gott!", Colonel James Henry seufzte schwer, als er alleine auf der Bettkante seines Ehebetts saß. Sein karg eingerichtet Zimmer war düster, nur ein schwacher Lichtstrahl drang von außen hinein. Er fühlte sich von allen verlassen. Wie konnte es so weit kommen? Warum hatte er das nicht vorausgesehen? James stellte sich viele Fragen, doch schien keine davon beantworten zu können.
"Ich war über zwei Jahre in Afghanistan, doch das ist etwas, womit ich nicht umgehen kann..." dachte er und seufzte wieder. Fernab alle externen Einflüsse lebte er ein ruhiges, bescheidenes Leben. Doch vor einigen Tagen kam die Nachricht. Der Besuch stand bevor. Von einem Moment auf den anderen kann sich dein Leben dramatisch ändern, auf den Kopf gestellt werden. Er schauderte bei dem Gedanken an das Bevorstehende und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, die in letzter Zeit sein ständiger Begleiter geworden war. Das war das Einzige, was ihm übrig blieb, er hätte sonst nicht weitermachen können. Er hatte ein überwältigendes Gefühl der Schwäche, der Hilflosigkeit. Er, der vor wenigen Jahren 130 Männern Befehle erteilte und sie beschützte – sie trauten ihm ihre Leben an.

Langsam stand er auf und schaute sich im Spiegel an. Ein widerlicher Anblick! Er stand in Unterhose da, nur das gestreifte Hemd angezogen. Seine Beine sahen dürr aus, ein Preis seines langweiligen Familienlebens. Wie gerne er sich an die Zeit seiner Ausbildung zurückerinnerte, wo er jung, kräftig und voller Tatendrang war, wo sie jeden Tag um 0400 morgens aufstanden und mit Kraftübungen anfingen. Er hatte es gerne gemacht. Es war die beste Zeit seines Lebens. Eine Zeit, wo ihm die Frauen auf der Straße nachschauten. Er konnte damals alle haben – und er hatte sie alle. Mit einem Grinsen erinnerte sich an die ganzen jungen Mädels, die ihm so bereitwillig ihr Herz gaben, für kurz oder lang. Doch davon blieb nichts übrig, jetzt war er nur noch ein alter Mann mit dürren Beinen. Sein Grinsen verschwand wieder.

Nein! Es war noch etwas vom alten Geist in ihm! Es musste so sein! Gerade jetzt! James zog sich das Hemd aus, legte es ordentlich neben seiner Ausgeh-Hose und seiner Lieblingskrawatte (die mit gelben Punkten) hin. Er traute sich dabei aber nicht, wieder einen Blick in den Spiegel zu werfen. Stattdessen warf der Colonel sich auf den Boden und begann Liegestütze zu machen. Eins... Zwei... Drei...Vier... Doch er kam nicht weit - bei 35 Liegestützen sank er kraftlos zu Boden und blieb dort über eine Minute keuchend liegen. Früher hätte er das doppelte gemacht - ohne mit der Wimper zu zucken. Jetzt bebte sein ganzer Körper. Er richtete sich mit Mühe wieder auf, seine Arme waren taub und schmerzhaft zugleich. Durch eine kurze Sekunde Unaufmerksamkeit sah er es. Sein Ebenbild an der Wand vor ihm. Er erschrak: wie konnte er so dünn, so schwach wirken? Seine Oberarme schienen wie halbiert im Vergleich zu seinem jungen Ich. Er hatte nämlich den direkten Vergleich, auf dem Nachttisch daneben stand ein Foto aus seinen jungen Jahren. Seine Brust war nun flach und eingefallen, sein Bauch aufgebläht, die Rippen ragten hervor. Sogar seine Kriegsnarbe, auf die er früher so stolz war, schien atrophiert zu sein und hing an seiner schlaffen Haut wie ein Fremdkörper.

Er wendete sich mit fast schmerzverzehrtem Gesicht ab und setzte sich wieder. Wo war die Flasche? Wieder ein tiefer Schluck. Er sah keinen Ausweg. Er hatte alles verloren, was er mal hatte. Selbstmordgedanken kreisten in seinem Kopf. Noch zwei Schlucke. Wie stellte er das am Besten an? Einen Strick hatte er nicht (seine Lieblingskrawatte wollte er nicht ruinieren), ein Messer war nicht in Sicht (in die Küche konnte er sich nicht hineinwagen – dort warteten SIE) und wenn er aus dem Fenster gesprungen wäre, hätte er sich höchstens den Knöchel verstaucht - seine Frau wollte ja aus der Stadt in einen kleinen Vorort ziehen. "Das Einfamilienhaus ist besser für die Kinder"', äffte er sie nach. Seine Kinder, seine beiden Jungs! Er vermisste sie. Wie lange hatte er sie schon nicht gesehen? Viel zu lange! Er hatte keine Ahnung was sie gerade trieben. Sie waren im gleichen Alter wie er zu seiner Anfangszeit in der Army, zwei hochgewachsene, gutaussehende Burschen. Bestimmt trieben sie nichts Gutes. Beide kamen nämlich ganz nach dem Papa. Sie waren wahrscheinlich irgendwo in New York, auf einer schicken Party, umgeben von schwärmenden, gut aussehenden Frauen. "Frauen lieben Soldaten, das gilt heute immer noch!", dachte James. Er sah es schon: mitten auf der Party, in bester Laune, würde seine Jungs die Todesnachricht ihres Vaters erreichen. In suizidaler Absicht sei er vom Dach seines Hauses hinuntergesprungen, würde man ihnen erzählen. Seine nervige Nachbarin, die sich überall einmischen musste, hatte alles beobachtet. Er hatte sich dabei zwar nur den Oberschenkelknochen gebrochen, doch durch eine Wundinfektion mit folgender Sepsis fand er in kurzer Zeit ein jämmerliches Ende seines Lebens.

Das durfte er nicht zulassen! Seine Kinder mussten ihn in guter Erinnerung behalten! Er ist doch immer ihr Vorbild gewesen. Was auch immer da unten auf ihn wartete, er musste sich dem Geist der Vergangenheit stellen wie ein Mann! Ein zwar alter, aber würdevoller Mann - ein ehrenhafter Vertreter seiner Standes und seiner Nation! Er würde den Rückzug nicht antreten- noch war es nicht aus mit ihm, auch wenn alle es glaubten! Energisch streifte er sich wieder das Hemd über - "so, das verdeckt schon mal den abscheulichen Oberkörper!". Dann seine Hose, "Das sieht doch gar nicht so schlecht aus!" Und zum Schluss das Sahnehäubchen - seine Krawatte. Er schaute sich nochmals an, spannte die alten Muskeln an. Das gab ihm Selbstbewusstsein. Er musste sich zwar dem Schicksal beugen, doch dabei würde er wenigstens gut aussehen!

Doch gerade in dem Moment hörte er Klopfen! Sein Herz sank. Er schaute ängstlich zur Tür. Der Moment, vor dem der Colonel sich fürchtete, war gekommen.

"Jaaames! Was machst du denn so lange hier oben?", sagte seine Frau durch die Tür. "Kommst du jetzt mal runter? Meine Eltern sind doch von so weit hergefahren, sie haben Hunger!"

James blickte ein letztes Mal zum Spiegel, nickte kräftig zu sich selbst, riss die Tür auf und stürmte die Treppe herunter. Seine Frau blickte ihm verdutzt hinterher.
 

MarkoMarko

Verbotenes Mitglied
Der Besuch


"Mein Gott!", Colonel James Henry seufzte schwer, als er alleine auf der Bettkante seines Ehebetts saß. Sein karg eingerichtet Zimmer war düster, nur ein schwacher Lichtstrahl drang von außen hinein. Er fühlte sich von allen verlassen. Wie konnte es so weit kommen? Warum hatte er das nicht vorausgesehen? James stellte sich viele Fragen, doch schien keine davon beantworten zu können.
"Ich war über zwei Jahre in Afghanistan, aber das ist etwas, womit ich nicht umgehen kann..." dachte er und seufzte wieder. Fernab alle externen Einflüsse lebte er ein ruhiges, bescheidenes Leben. Doch vor einigen Tagen kam die Nachricht. Der Besuch stand bevor. Von einem Moment auf den anderen kann sich dein Leben dramatisch ändern, auf den Kopf gestellt werden. Er schauderte bei dem Gedanken an das Bevorstehende und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, die in letzter Zeit sein ständiger Begleiter wurde. Das war das Einzige, was ihm übrig blieb, er hätte sonst nicht weitermachen können. Ein überwältigendes Gefühl der Schwäche und Hilflosigkeit überkam ihn. Er, der vor wenigen Jahren 130 Männern Befehle erteilte und sie beschützte – sie trauten ihm ihre Leben an.

Langsam stand er auf und schaute sich im Spiegel an. Ein widerlicher Anblick! Er stand in Unterhose da, nur das gestreifte Hemd angezogen. Seine Beine sahen dürr aus, ein Preis seines langweiligen Familienlebens. Wie gerne er sich an die Zeit seiner Ausbildung zurückerinnerte, wo er jung, kräftig und voller Tatendrang war, wo sie jeden Tag um 0400 morgens aufstanden und mit Kraftübungen anfingen. Er hatte es gerne gemacht. Es war die beste Zeit seines Lebens. Eine Zeit, wo ihm die Frauen auf der Straße nachschauten. Er konnte damals alle haben – und er hatte sie alle. Mit einem Grinsen erinnerte sich an die ganzen jungen Mädels, die ihm so bereitwillig ihr Herz gaben, für kurz oder lang. Doch davon blieb nichts übrig, jetzt war er nur noch ein alter Mann mit dürren Beinen. Sein Grinsen verschwand.

Nein! Es war noch etwas vom alten Geist in ihm! Es musste so sein! Gerade jetzt! James zog sich das Hemd aus, legte es ordentlich neben seiner Ausgeh-Hose und seiner Lieblingskrawatte (die mit gelben Punkten) hin. Er traute sich dabei aber nicht, einen zweiten Blick in den Spiegel zu werfen. Stattdessen warf der Colonel sich auf den Boden und begann Liegestütze zu machen. Eins... Zwei... Drei...Vier... Doch er kam nicht weit - bei 35 Liegestützen sank er kraftlos zu Boden und blieb dort über eine Minute keuchend liegen. Früher hätte er das doppelte gemacht - ohne mit der Wimper zu zucken. Jetzt bebte sein ganzer Körper. Er richtete sich mit Mühe wieder auf, seine Arme waren taub und schmerzhaft zugleich. Durch eine kurze Sekunde Unaufmerksamkeit sah er es. Sein Ebenbild an der Wand vor ihm. Er erschrak: wie konnte er so dünn, so schwach wirken? Seine Oberarme schienen wie halbiert im Vergleich zu seinem jungen Ich. Er hatte nämlich den direkten Vergleich, auf dem Nachttisch daneben stand ein Foto aus seinen jungen Jahren. Seine Brust war nun flach und eingefallen, sein Bauch aufgebläht, die Rippen ragten hervor. Sogar seine Kriegsnarbe, auf die er früher so stolz war, schien atrophiert zu sein und hing an seiner schlaffen Haut wie ein Fremdkörper.

Er wendete sich mit fast schmerzverzehrtem Gesicht ab und setzte sich. Wo war die Flasche? Wieder ein tiefer Schluck. Er sah keinen Ausweg. Er hatte alles verloren, was ihm einmal wichtig war. Selbstmordgedanken kreisten in seinem Kopf. Weitere zwei Schlucke. Wie stellte er das am Besten an? Einen Strick hatte er nicht (seine Lieblingskrawatte wollte er nicht ruinieren), ein Messer war nicht in Sicht (in die Küche konnte er sich nicht hineinwagen – dort warteten SIE) und wenn er aus dem Fenster gesprungen wäre, hätte er sich höchstens den Knöchel verstaucht - seine Frau wollte aus der Stadt in einen kleinen Vorort ziehen. "Das Einfamilienhaus ist besser für die Kinder"', äffte er sie nach. Seine Kinder, seine beiden Jungs! Er vermisste sie. Wie lange hatte er sie schon nicht gesehen? Viel zu lange! Er hatte keine Ahnung was sie gerade trieben. Bestimmt nichts Gutes, denn beide kamen ganz nach dem Papa. Sie waren im gleichen Alter wie er zu seiner Anfangszeit in der Army, zwei hochgewachsene, gut aussehende Burschen. Wahrscheinlich waren sie irgendwo in New York, auf einer schicken Party, umgeben von schwärmenden, gut aussehenden Frauen. "Frauen lieben Soldaten, das gilt heute immer noch!", dachte James. Er sah es schon: mitten auf der Party, in bester Laune, würde seine Jungs die Todesnachricht ihres Vaters erreichen. In suizidaler Absicht sei er vom Dach seines Hauses hinuntergesprungen, würde man ihnen erzählen. Seine nervige Nachbarin, die sich überall auch einmischen musste, hatte alles beobachtet. Zwar ging er mit verstauchtem Fuß, Prellmarken und einigen Schürfwunden davon (verdammtes Einfamilienhaus!), doch durch eine Wundinfektion mit folgender Sepsis fand er in kurzer Zeit ein jämmerliches Ende seines Lebens.

Das durfte er nicht zulassen! Seine Kinder mussten ihn in guter Erinnerung behalten! Er war immerhin ihr Vorbild. Was auch immer da unten auf ihn wartete, er musste sich dem Geist der Vergangenheit stellen wie ein Mann! Ein zwar alter, aber würdevoller Mann - ein ehrenhafter Vertreter seiner Standes und seiner Nation! Er würde den Rückzug nicht antreten - noch war es nicht aus mit ihm, auch wenn alle das glaubten! Energisch streifte er sich das Hemd über - "so, das verdeckt schon mal den abscheulichen Oberkörper!". Dann seine Hose, "Das sieht doch gar nicht so schlecht aus!" Und zum Schluss das Sahnehäubchen - seine Krawatte. Er schaute sich nochmals an, spannte die alten Muskeln an. Das gab ihm Selbstbewusstsein. Er musste sich zwar dem Schicksal beugen, doch dabei würde er wenigstens gut aussehen!

Doch gerade in dem Moment hörte er Klopfen! Sein Herz sank. Er schaute ängstlich zur Tür. Der Moment, vor dem der Colonel sich fürchtete, war gekommen.

"James! Was machst du denn so lange hier oben?", sagte seine Frau durch die Tür. "Kommst du jetzt mal runter? Meine Eltern sind von so weit hergefahren, sie haben Hunger!"

James blickte ein letztes Mal zum Spiegel, nickte kräftig zu sich selbst, riss die Tür auf und stürmte die Treppe herunter. Seine Frau blickte ihm verdutzt hinterher.
 

MarkoMarko

Verbotenes Mitglied
Hallo Cinconia,

Das kann ich gut verstehen, das geht uns allen hier so. Wie viele Kommentare hast Du denn schon geschrieben?
Das steht doch neben meinem Namen ;) Aber da ich weiß, es geht dir nicht um die Zahl, ich habe jedes gelesene Werk kommentiert oder zumindest eine Bewertung gegeben. :)

Bring den Text zunächst in eine ansprechende Form und nimm die vielen überflüssigen Schrägstriche raus
Du hast Recht, das war offenbar ein Fehler beim Kopieren in das LL Format!

Überprüfe mal, wie oft Du Wortdoppelungen verwendet, z. B. „doch“, „wieder“, „hatte“ – das kann man sicherlich in den meisten Fällen umschreiben.
Habe ich gemacht , ersetzt oder einfach weggelassen. Das hilft bestimmt beim Lesefluss.

Überleg Dir bei jedem Satz, ob er für den Fortgang der Geschichte unbedingt nötig ist. Du wirst Dich wundern, wie viele überflüssige Wendungen so eine Geschichte enthält.
Kann ich nicht nachvollziehen oder Beispiele. Ich als Autor finde jeden Satz wichtig und lasse ihn aus dem einen oder anderen Grund drin. Wenn ich Thomas Mann lese ( ein übertriebenes Beispiel, ich weiß) , sage ich auch nicht, warum beschreibt er dieses oder jenes auf zwei Seiten, wenn es auch kürzer geht- das ist halt der Stil und man kann es mögen oder auch nicht. Wie gesagt, wenn du mir Beispiele nennst kann ich es eventuell verstehen.


VG Marko
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo,

marcomarco, dein prot sitzt also auf der kante des ehebettes und sein zimmer ist karg eingerichtet - wo befindet sich der mann nun wirklich, in seinem zimmer oder im schlafzimmer der eheleute?
alles in allem ist dein werk in meinen augen eher ein bild als eine geschichte.
und noch ein augefälliger rechtschreibfehler: schmerverzehrtem Gesicht - der schmerz kann einen menschen verzehren, aber ein gesicht kann er nur verzerren.
lg
 

MarkoMarko

Verbotenes Mitglied
Der Besuch


"Mein Gott!", Colonel James Henry seufzte schwer, als er alleine auf der Bettkante seines Ehebetts saß. Das karg eingerichtete Zimmer war düster, nur ein schwacher Lichtstrahl drang von außen hinein. Er fühlte sich von allen verlassen. Wie konnte es so weit kommen? Warum hatte er das nicht vorausgesehen? James stellte sich viele Fragen, doch schien keine davon beantworten zu können.
"Ich war über zwei Jahre in Afghanistan, aber das ist etwas, womit ich nicht umgehen kann..." dachte er und seufzte wieder. Fernab alle externen Einflüsse lebte er ein ruhiges, bescheidenes Leben. Doch vor einigen Tagen kam die Nachricht. Der Besuch stand bevor. Von einem Moment auf den anderen kann sich dein Leben dramatisch ändern, auf den Kopf gestellt werden. Er schauderte bei dem Gedanken an das Bevorstehende und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, die in letzter Zeit sein ständiger Begleiter wurde. Das war das Einzige, was ihm übrig blieb, er hätte sonst nicht weitermachen können. Ein überwältigendes Gefühl der Schwäche und Hilflosigkeit überkam ihn. Er, der vor wenigen Jahren 130 Männern Befehle erteilte und sie beschützte – sie trauten ihm ihre Leben an.

Langsam stand er auf und schaute sich im Spiegel an. Ein widerlicher Anblick! Er stand in Unterhose da, nur das gestreifte Hemd angezogen. Seine Beine sahen dürr aus, ein Preis seines langweiligen Familienlebens. Wie gerne er sich an die Zeit seiner Ausbildung zurückerinnerte, wo er jung, kräftig und voller Tatendrang war, wo sie jeden Tag um 0400 morgens aufstanden und mit Kraftübungen anfingen. Er hatte es gerne gemacht. Es war die beste Zeit seines Lebens. Eine Zeit, wo ihm die Frauen auf der Straße nachschauten. Er konnte damals alle haben – und er hatte sie alle. Mit einem Grinsen erinnerte sich an die ganzen jungen Mädels, die ihm so bereitwillig ihr Herz gaben, für kurz oder lang. Doch davon blieb nichts übrig, jetzt war er nur noch ein alter Mann mit dürren Beinen. Sein Grinsen verschwand.

Nein! Es war noch etwas vom alten Geist in ihm! Es musste so sein! Gerade jetzt! James zog sich das Hemd aus, legte es ordentlich neben seiner Ausgeh-Hose und seiner Lieblingskrawatte (die mit gelben Punkten) hin. Er traute sich dabei aber nicht, einen zweiten Blick in den Spiegel zu werfen. Stattdessen warf der Colonel sich auf den Boden und begann Liegestütze zu machen. Eins... Zwei... Drei...Vier... Doch er kam nicht weit - bei 35 Liegestützen sank er kraftlos zu Boden und blieb dort über eine Minute keuchend liegen. Früher hätte er das doppelte gemacht - ohne mit der Wimper zu zucken. Jetzt bebte sein ganzer Körper. Er richtete sich mit Mühe wieder auf, seine Arme waren taub und schmerzhaft zugleich. Durch eine kurze Sekunde Unaufmerksamkeit sah er es. Sein Ebenbild an der Wand vor ihm. Er erschrak: wie konnte er so dünn, so schwach wirken? Seine Oberarme schienen wie halbiert im Vergleich zu seinem jungen Ich. Er hatte nämlich den direkten Vergleich, auf dem Nachttisch daneben stand ein Foto aus seinen jungen Jahren. Seine Brust war nun flach und eingefallen, sein Bauch aufgebläht, die Rippen ragten hervor. Sogar seine Kriegsnarbe, auf die er früher so stolz war, schien atrophiert zu sein und hing an seiner schlaffen Haut wie ein Fremdkörper.

Er wendete sich mit fast schmerzverzerrtem Gesicht ab und setzte sich. Wo war die Flasche? Wieder ein tiefer Schluck. Er sah keinen Ausweg. Er hatte alles verloren, was ihm einmal wichtig war. Selbstmordgedanken kreisten in seinem Kopf. Weitere zwei Schlucke. Wie stellte er das am Besten an? Einen Strick hatte er nicht (seine Lieblingskrawatte wollte er nicht ruinieren), ein Messer war nicht in Sicht (in die Küche konnte er sich nicht hineinwagen – dort warteten SIE) und wenn er aus dem Fenster gesprungen wäre, hätte er sich höchstens den Knöchel verstaucht - seine Frau wollte aus der Stadt in einen kleinen Vorort ziehen. "Das Einfamilienhaus ist besser für die Kinder"', äffte er sie nach. Seine Kinder, seine beiden Jungs! Er vermisste sie. Wie lange hatte er sie schon nicht gesehen? Viel zu lange! Er hatte keine Ahnung was sie gerade trieben. Bestimmt nichts Gutes, denn beide kamen ganz nach dem Papa. Sie waren im gleichen Alter wie er zu seiner Anfangszeit in der Army, zwei hochgewachsene, gut aussehende Burschen. Wahrscheinlich waren sie irgendwo in New York, auf einer schicken Party, umgeben von schwärmenden, gut aussehenden Frauen. "Frauen lieben Soldaten, das gilt heute immer noch!", dachte James. Er sah es schon: mitten auf der Party, in bester Laune, würde seine Jungs die Todesnachricht ihres Vaters erreichen. In suizidaler Absicht sei er vom Dach seines Hauses hinuntergesprungen, würde man ihnen erzählen. Seine nervige Nachbarin, die sich überall auch einmischen musste, hatte alles beobachtet. Zwar ging er mit verstauchtem Fuß, Prellmarken und einigen Schürfwunden davon (verdammtes Einfamilienhaus!), doch durch eine Wundinfektion mit folgender Sepsis fand er in kurzer Zeit ein jämmerliches Ende seines Lebens.

Das durfte er nicht zulassen! Seine Kinder mussten ihn in guter Erinnerung behalten! Er war immerhin ihr Vorbild. Was auch immer da unten auf ihn wartete, er musste sich dem Geist der Vergangenheit stellen wie ein Mann! Ein zwar alter, aber würdevoller Mann - ein ehrenhafter Vertreter seiner Standes und seiner Nation! Er würde den Rückzug nicht antreten - noch war es nicht aus mit ihm, auch wenn alle das glaubten! Energisch streifte er sich das Hemd über - "so, das verdeckt schon mal den abscheulichen Oberkörper!". Dann seine Hose, "Das sieht doch gar nicht so schlecht aus!" Und zum Schluss das Sahnehäubchen - seine Krawatte. Er schaute sich nochmals an, spannte die alten Muskeln an. Das gab ihm Selbstbewusstsein. Er musste sich zwar dem Schicksal beugen, doch dabei würde er wenigstens gut aussehen!

Doch gerade in dem Moment hörte er Klopfen! Sein Herz sank. Er schaute ängstlich zur Tür. Der Moment, vor dem der Colonel sich fürchtete, war gekommen.

"James! Was machst du denn so lange hier oben?", sagte seine Frau durch die Tür. "Kommst du jetzt mal runter? Meine Eltern sind von so weit hergefahren, sie haben Hunger!"

James blickte ein letztes Mal zum Spiegel, nickte kräftig zu sich selbst, riss die Tür auf und stürmte die Treppe herunter. Seine Frau blickte ihm verdutzt hinterher.
 

Cafard

Mitglied
Ich konnte mich da reindenken beziehungsweise reinfühlen, es liest sich flüssig und nie langweilig, ich wusste nur nicht immer, ob es tragisch oder komisch oder tragikomisch gedacht ist, vielleicht solltest du stimmungsmäßig ein definierteres Ziel vor Augen haben, vielleicht stimmt es auch nicht, was ich da so empfinde, naja, jedenfalls weitermachen!!!
 

MarkoMarko

Verbotenes Mitglied
@ flammarion

''wo befindet sich der mann nun wirklich, in seinem zimmer oder im schlafzimmer der eheleute?''

- ich sehe, um ehrlich zu sein, darin keinen Widerspruch. Das Ehebett kann auch in seinem Zimmer stehen, das wurde nicht definiert. Außerdem ist es ein eher unwichtiges Detail.

''eher ein Bild als eine Geschichte''

- warum meinst du das? und ist das nun positiv oder negativ gemeint? Nur weil alles in seinem Kopf abspielt, macht es das nicht zu einem Bild.


@cadfard:
Danke für deine Meinung, du hast es völlig richtig aufgefasst, denn genau das war mein Ziel :)
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
nun,

das Ehebett als "seins" zu bezeichnen, ist eine Herabwürdigung der Frau und der Ehe.
auf die übrigen Fehler in deinem Text einzugehen, fehlt mir im Moment die Zeit.
aber eine Frage hätte ich: Warum sind dürre Beine ein Zeichen langweiligen Ehelebens?
lg
 



 
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