Der Brävling
Gislinda gibt die Richtung an
seit neununddreißig Jahren;
nie murrend kuscht Hans-Dorian -
sie lehrte ihn das Sparen.
Nach Dienstschluss bei Kleingärtner Kohl
geht schnurstracks er nach Haus';
kein Stammtischtreff plus Alkohol
mit Erwin, Max und Klaus.
Und kaum, dass er den Schlüssel dreht,
wird ihm schon aufgemacht;
vom Küchenherd es brenzlig weht -
sie küsst ihn, schwatzt und lacht.
Wenn auch das Mahl, das ihm beschert
nach schlaffer Kochkunst schmeckt,
gehorsam er den Teller leert,
den Rest vom Löffel leckt.
Gislindas Mundwerk steht nicht still -
der Brävling schickt sich drein;
wenn er auch mal was sagen will,
klemmt sie das Wort ihm ein.
Im Knappsen ist sie Meisterin -
er ein Pantoffelheld;
mitunter reibt er sich das Kinn -
was macht sie mit dem Geld?
Rubin-Hochzeit am vierten März -
er war das Bravsein leid,
soff sich auf Pump ein mutig Herz,
schmiss die Befangenheit.
"Wo ist der Zaster, spuck' es aus",
schrie er ihr ins Gesicht;
sie rief: "Wo ist mein Blumenstrauß,
du aufgetankter Wicht?"
Drauf fiel der Brävling auf die Knie -
sie sah ihn lange an;
"Du bist und bleibst, bemerkte sie,
mein süßer Hampelmann."