Der Erstschlag oder Schlag auf Schlag

Der Erstschlag, oder Schlag auf Schlag.

Am Ende ging es Schlag auf Schlag, obwohl sich alle tapfer geschlagen hatten: Die Außenminister, die internationale Staatengemeinschaft, die UNO. Sie machten den verfeindeten Regierungen der Staaten (A) und (B) fast pausenlos Vermittlungsvorschläge, die versprachen, die vorliegenden Vorschläge zu prüfen, wiesen diese danach aber stets als Scheinvorschläge zurück. Gegenvorschläge befreundeter Regierungschefs wurden in seltener Einmütigkeit abgelehnt.
Selbst beschlagenen Spitzendiplomaten mit einschlägigen Krisen-Erfahrungen verschlug es die Sprache: Ihr ausgewogenes Vorschlagsbündel samt geheimen Zusätzen wurde unbesehen ausgeschlagen.
Um etwaige Rückschläge von vorne herein auszuschließen, schlug man auf einer hochkarätig besetzten Konferenz vor, ganz neue diplomatische Wege einzuschlagen: Die Präsidenten der Staaten (A) und (B) wurden als Friedens-Nobel-Preis-Kandidaten vorgeschlagen! Die Vorgeschlagenen wurden sofort ausgezeichnet und trafen sich danach heimlich zum verbalen Schlagabtausch. Sie begrüßten sich per Handschlag. Bei der abschließenden Pressekonferenz reichten sie sich die Hände und schlugen sich kameradschaftlich auf die Schultern. Mehrere Schlagbäume an ihren Grenzen wurden daraufhin abgebaut und in einigen Sandwüsten begannen halbverdorrte Friedenspalmen zu grünen und auszuschlagen!
Leider fielen die beiden Präsidenten feigen Mordanschlägen ihrer eigenen Partei zum Opfer. Das war ein harter Rückschlag. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Zeitungen und Nachrichtensender überschlugen sich mit Mutmaßungen, aber genaue Nachforschungen wurden von beiden Regierungen niedergeschlagen. Ihre Regierungspresse schlug wieder schärfere Töne an. Bekannt gewordene Tatsachen wurden durch Schlagworte verdrängt.
Die eilig nach (A) und (B) delegierten Diplomaten, ohnehin mit schussfesten Westen und gepanzerten Limousinen ausgestattet, forderten Gefahren- und Risokozuschläge. Die abmontierten Schlagbäume an den Grenzen wurden neu installiert. Alle Türen zu Verhandlungen waren zugeschlagen.
Die Heeresleitungen beider Staaten hielten ihre Truppen für unschlagbar.
Schlag fünf Uhr morgens schlug die Armee von (A) zu! Nicht etwa, um einen Erstschlag auszuführen, sondern um einem längst geplanten Gegenschlag des Feindes zuvor zu kommen. Der Nachrichtendienst legte schlagende Beweise dafür vor, dass das Heer von (B) kurz davor stand, loszuschlagen! Hier widersprachen sich die Informationen.
Um die geringe Schlagkraft des Gegners möglichst schnell zu zerschlagen, verfolgte die Heeresleitung von (A) die Taktik, ihre Truppen mittels heftiger Schläge zentriert in Richtung feindliche Hauptstadt vorstoßen zu lassen, um dort die angeschlagene Armee des Gegners vernichtend schlagen zu können.
Doch der Vormarsch von (A) erwies sich als Fehlschlag, denn der verheerend geschlagene Gegner schlug heftig zurück. Nach unzähligen gegnerischen Bomben- und Raketeneinschägen schlug für die Soldaten der Staaten (A) und (B) die bittere Stunde der Wahrheit: Sie waren gründlich geschlagen!
Das war ein harter Schlag. Alles irgendwie Zerschlagbare war zerschlagen, die Moral des Volkes niedergeschlagen, die Entwicklung der Länder auf Jahrzehnte zurückgeschlagen. Schlaglöcher überziehen seither die Straßen. Es ist zum Dreinschlagen. Allein die Heeresleitungen fühlen sich ungeschlagen. Hände werden wieder feierlich an die Brust geschlagen, Fäuste drohend zum Himmel gestreckt, Finger siegesgewiss zum V geformt. Viktoria! Wer könnte uns schlagen?
Wie die Geschichte weitergeht? Ich schlage vor, Sie werfen einen Blick auf Ihre Tageszeitung. Irgendwo auf der Welt geht es immer Schlag auf Schlag.
 



 
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