Der Fahrstuhl

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lapismont

Foren-Redakteur
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Der Fahrstuhl

Das Haus mit seinen Venen zittert, wenn der Fahrstuhl an den dürren Seilen hoch und runter fährt. Erregung schlängelt sich den Schacht hinab, lässt graue Flocken schweben, bis sie an öligen Maschinenteilen kleben bleiben und zu Pilzgebirgen wachsen.
Ein anderer Berg Vergessen sammelt in der Tiefe Staub und Reste, die dem engen Spalt zwischen Wand und Tür entkamen, kein Fingerbreit, ein Schlitz für böse Zettel oder Testamente. Aus der Kabine fortgeschoben, mit Absicht oder aus Versehen, ein Hauch des Zufalls.
Und der Berg bewegt sich bei dem Auf und Ab, die Lunge der Geschichte, stummer Zeuge der nichts aussagen will. Selbst wenn hier gesäubert wird. Doch wird das nie, solange brav die Türen schließen und sich wieder öffnen.
Stahl, verspiegelt, reflektiert meist Leere, tags auch Menschen, lächelnd, eine Figur in Spiegel pressend. Oder kleine Klumpen Kaugummi.
Die gute Figur grüßt mit frechem Klimpern, das Wrack kratzt Narben in das Glas. So bleiben sie im Innenraum gefangen, ein Bildabdruck der Einsamkeit und voller stummer Qualen, deren Richtung abwärts weist, selbst wenn der Motor laut den Raum nach oben zerrt und sein eigenes Liedchen summt.
Manchmal klaffen die Türen auseinander und den Gang hinab klaffen die Türen ganz genauso weit, dann sehen sich die Fahrstuhlbrüder tief in ihre Seelen, tauschen die Gespenster aus. Ganz kurz nur binden sich Spiegelwunden aneinander, bis ein Pling die Zeit vernäht und beide Zellen amputiert.
So wechseln sich Gänge mit der Guillotine ab, Wachsen, Sterben, Schmerzphantome die dem Haus als Wahnsinn reichen, wenn die Luft aus Kellerfenstern Böses in die Venen speist. Dann frisst der Fahrstuhl seine Fleischpartikel, portioniert die langen Knochen, lässt den Rest der Flüssigkeiten in die Tiefe tröpfeln, wo der Staub sich satt an ihnen trinkt und glänzt.
Kein Laut entkommt der Stille, keine Schreie, auch kein Knacken, und am Morgen blutet an der Notrufleiste eine Lampe, doch sie half dir nicht.
 
So mien Jung.

Erst mal "Hut ab", schöne Idee. Aaaaaaber, mein kleener Pointenmörder. Warum der Titel? Musstest Du denn gleich alles verraten? tz tz tz

Ich hab mir mal eine Version gebastelt, die das Ganze Szenarium noch weiter verdichtet. Guck mal rein, vielleicht kannst Du etwas brauchen, vielleicht sogar stupst es Dich - Hoffentlich nicht runter. Du weißt wohin! Vielleicht sogar ist Meines Unfug.



Liebe Grüße
T.



Marionette?

Die gute Figur grüßt mit frechem Klimpern, das Wrack kratzt Narben in das Glas. So bleiben sie im Innenraum gefangen, ein Bildabdruck der Einsamkeit und voller stummer Qualen. Die Richtung? Abwärts!
Das Haus mit seinen Venen zittert, wenn er an dürren Seilen hoch und runter fährt. Erregung schlängelt sich den Schacht hinab, lässt graue Flocken schweben, bis sie an öligen Maschinenteilen kleben bleiben und zu Pilzgebirgen wachsen.
Ein Schlitz für böse Zettel oder Testamente.
Vergessen sammelt in der Tiefe Staub und Reste, türmt sie auf. Manchmal stöhnen Türen, tauschen Gespenster aus, bis ein Pling die Zeit vernäht. Stahl, verspiegelt, reflektiert meist Leere, tags auch Menschen.Lächelnd? Kein Laut entkommt der Stille, keine Schreie, auch kein Knacken, und am Morgen blutet an der Notrufleiste eine Lampe, doch sie half nicht.
 

lapismont

Foren-Redakteur
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jaja, Du hast es erkannt Tom, das ganze kam tatsächlich zunächst als symbolistisches Gedicht daher, gar nicht so unähnlich Deiner Marionette.

Aaaaber, dann wurde mir klar, dass ich gar kein Rätsel oder eine Pointe haben wollte. Es geht um den Fahrstuhl und der Leser soll das von Anfang an wissen.
Ich hoffe, dass hier beim Lesen Bilder auftauchen. Fahrstuhlbilder. Netzhautabdrücke lebendig werden. Kleine splitternde Rückstände.
:D

Und wegen Flämmchen ist auch kein Frosch dabei gestorben.

cu und danke
lap

PS: Welcher Frosch ist nach dem Öffnen wiederverwendbar?
 
ein frosch kam einst,
der fahrstuhl schloß sich,
viel zu spät
und mit nem "platsch" verging die grüne seele,
beim öffnen war er zwei geteilt,
das gute klebte rechts
die augen links
kein quark, im ernst,
man sagt: "er fehle"


© knallfrosch
 
S

suzah

Gast
hallo lapismont,
hallo spaetschreiber,
beides mit vergnügen gelesen, gute einfälle (ich hab bislang keine),
liebe grüße suzah
 
ichwolltnurnochmalschnellsagendassdiegeschichte
eineguteistunddassieinmir
auchinmirinderlangenversion
einengroßenhaufengemachthat
undwennichjemalsimleben
fahrstuhlfahrenmuss
(gottbehütemich)
werdeichansiedenken.

© der abstandshalter
 

lapismont

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Du hast Recht, Gernot,

es ist überladen, mehrfach. Da ich ja eher Dichter als Erzähler bin, komme ich vom lyrischen Stil nicht weg.
Hier war es zudem Absicht.

Dank Dir für Deine Meinung!

cu
lap
Abstandtester
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Lapsi,

ich bewundere Deine Vorstellungskraft, mit welchen Bildern Du Deine Gedankeninhalte zu übermitteln verstehst. Auch die Tatsache, dass ein alltägliches Gerät, wie ein Fahrstuhl es darstellt, so viel hergibt, um über das Miteinander von Menschen,selbst über Leben und Sterben deutlich zu machen.

Alle Achtung!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
S

suzah

Gast
hallo lapismont,
jetzt unter "das beste in 2 wochen". also es gibt sie noch, die wirklich besten.
lg suzah
 



 
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