Der Fremde

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achja

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Der Fremde

Langsam ging er den Gang entlang. Keiner drehte sich zu ihm um und keiner grüßte ihn. Alles war still, bis die laute Schulglocke schrillte und alle in die Klassen gingen.
Da saß er auf seinem Platz in der letzten Reihe, keiner beachtete ihn, obwohl jeder genau wusste, dass er da war.
Der Lehrer betrat den Raum und begrüßte uns: „Guten Morgen Euch allen!“ Was musste das nur für ein elendes Gefühl sein, wenn man in der Schule, dort, wo man eigentlich viele Freunde treffen sollte, als erstes von seinem Mathelehrer begrüßt wurde. Schweigend saß er da, die ganze Stunde über. Er reagierte weder auf die Fragen des Lehrers, noch auf die kleinen, aber oft gemeinen Neckereien seiner Mitschüler. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Mitleid kam in mir hoch. Ich versuchte mich in seine Lage zu versetzen und fühlte mich plötzlich sehr schlecht. Endlich klingelte es zur Pause und ich ließ mich mit der Menge auf den Schulhof treiben, immer noch meinen Gedanken nachhängend, aber in der Hoffnung auf ein wenig Abwechslung.
Aber da war er wieder, stand wie jeden Morgen in seiner Ecke. Doch an diesem Tag war irgendwie alles anders. Alle meine Klassenkameraden standen in einer großen Gruppe zusammen und gingen plötzlich langsam direkt auf ihn zu, ich mittendrin. Kurz vor ihm blieben wir stehen und zwei besonders kräftige Jungs traten ihm entgegen. Sie fingen an, auf ihn einzureden und ihn herumzuschubsen. Er hatte keine Chance, sich zu wehren, schließlich waren die beiden mindestens zwei Köpfe größer als er. Aber das ging doch nun wirklich zu weit, oder? Ich war noch nie besonders mutig gewesen, doch plötzlich schien sich alle Wut, alles Mitleid in mir zu sammeln und ich stürzte aus der Menge hervor, auf die drei zu und drängte mich dazwischen, wobei Karim zu Boden stürzte.
Schnell löste sich die Gruppe auf und wir zwei waren ganz allein. Ich nahm seine schwarze Hand, sah ihm in seine braunen Augen, freute mich über sein Lächeln, bei dem seine weißen Zähne hell aufblitzten und redete mit ihm.
 

Rainer

Mitglied
hallo achja,

erstmal herzlich willkommen auf dem leselupenschiff und noch viel spass hier.

dein text gefällt mir recht gut, denn nach einem anfang bei dem ich schon dachte "ach du meinen güte, was wird denn das?", einem mittelteil der mich auch noch nicht vom hocker riss (so ist es nun mal bei autoren die ich nicht kenne), kam ein wirklich kurzgeschichtenhafter schluss.

bist du an textarbeit interessiert? ich denke, man olltre nochmal an einigen stellen arbeiten, da dann die gefahr nicht so gross ist, dass der leser noch vor dem ende abwinkt.

viele grüße

rainer
 

achja

Mitglied
hallo und danke, rainer!
dass der anfang und der mittelteil nicht zum weiterlesen anregen, ist mir bisher noch gar nicht so aufgefallen. aber natürlich wäre ich über ein paar tips dankbar, damit ich die geschichte verbessern kann! also es wäre nett, wenn du mir dabei helfen würdest.
viele grüße
achja
 

Rainer

Mitglied
hallo achja,

lang hat es gedauert, doch nun habe ich ein bißchen in deinem text herumgeschmiert.

Der Fremde

Langsam ging er den Gang entl ang. das reimt sich (meist schlecht in prosatexten) und außerdem ging und gang vielleicht: Langsam schlenderte er über den Gang. Oder: Langsam trotte er über den Gang. je nachdem, welchen charakter du deinem prot geben willst. Mir würde das schlendern besser gefallen, trotten steht für schon recht deprimiert.
Keiner drehte sich zu ihm um und keiner grüßte ihn. Alles war still, bis die laute Schulglocke schrillte und alle in die Klassen gingen. ich glaube kaum, dass es auf dem gesamten gang still war, nur um ihn war es still, oder? außerdem gehen sie in die klassenräume
Da [blue] dort [/blue]saß er auf seinem Platz in der letzten Reihe, keiner beachtete ihn, [strike] obwohl jeder genau wusste, dass er da war.
[/strike] Der Lehrer betrat den Raum und begrüßte uns: „Guten Morgen Euch allen!“ Was musste das nur für ein elendes Gefühl sein, wenn man in der Schule, dort, wo man eigentlich viele Freunde treffen sollte, als erstes von seinem Mathelehrer begrüßt wurde. hm, ich würde versuchen, nicht deine gefühle auszudrücken, sondern dem leser die situation zu beschreiben, nicht aber, sie zu kommentieren. vielleicht: [blue] In der Schule war das der erste Gruß, ja die ersten Worte, der auch ihm galten.[/blue]
Schweigend saß er da, die ganze Stunde über. Er reagierte weder auf die Fragen des Lehrers, noch auf die kleinen, aber oft gemeinen Neckereien seiner Mitschüler. [strike] Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Mitleid kam in mir hoch.[/strike] [strike] Ich versuchte mich in seine Lage zu versetzen und fühlte mich plötzlich sehr schlecht.[/strike] beschreiben, nicht kommentieren. Endlich klingelte es zur Pause und ich ließ mich mit der Menge auf den Schulhof treiben, immer noch meinen Gedanken nachhängend, aber in der Hoffnung auf ein wenig Abwechslung. sehr gut beschrieben, dein prot verliert so den touch, „ein kind von traurigkeit“ zu sein

Aber da war er wieder, stand wie jeden Morgen in seiner Ecke. Doch an diesem Tag war irgendwie alles anders. mal abgesehen von „irgendwie“ (ja wie denn?) stimmt die zeit nicht. noch WAR ja alles so wie immer, aber es würde anders kommen... vielleicht: [blue] Doch dann kam alles anders. oder Doch dann wurde alles anders[/blue]. [strike] Alle[/strike] meine Klassenkameraden standen in einer großen Gruppe zusammen und gingen plötzlich langsam direkt auf ihn zu, ich mittendrin. Kurz vor ihm blieben wir stehen und zwei besonders kräftige Jungs traten ihm entgegen. Sie fingen an, auf ihn einzureden und ihn herumzuschubsen. Er hatte keine Chance [strike] ,[/strike] sich zu wehren, die chance hatte er schon, aber es hätte ihm nichts genützt. vielleicht: [blue] Er hätte keine Chance gehabt,[/blue] schließlich waren die beiden mindestens zwei Köpfe größer als er. [strike] Aber das ging doch nun wirklich zu weit, oder? Ich war noch nie besonders mutig gewesen, doch plötzlich schien sich alle Wut, alles Mitleid in mir zu sammeln und[/strike] auch hier wieder: beschreiben, nicht konstatieren. ich stürzte aus der Menge hervor, auf die drei zu und drängte mich dazwischen, wobei Karim zu Boden stürzte.
Schnell löste sich die Gruppe auf und wir zwei waren ganz allein. Ich nahm seine schwarze Hand, sah ihm in seine braunen Augen, freute mich über sein Lächeln, bei dem seine weißen Zähne hell aufblitzten und redete mit ihm.



der schluss ist es, der mir an deiner geschichte besonders gefällt. kurzgeschichtenhaft wird erst jetzt die „idendität“ von karim klar, und mit dem reden, schlägst du einen wunderbaren bogen zum beginn deines textes. ein herrlicher moment: für deinen prot ist karim ein mensch, ein mensch mit problemen, und ganz am schluss erwähnst du die hautfarbe von karim. viele denken nun: „ach das war die pointe!“ und dann legst du nach...

ich würde mich freuen, noch mehr solcher texte von dir zum lesen zu bekommen. du bist noch etwas jünger? na dann können wir uns ja auf was gefasst machen :)

viele grüße

rainer
 



 
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