Der Gewinn

Der Gewinn

von Christel Bode

Es war wieder soweit. Das jährliche Sommerfest unseres Sportvereins stand vor der Tür. Das bedeutete, noch zwei Tage in denen ich versuchte mich von der allgemeinen Hektik nicht anstecken zu lassen.
Ich saß gerade gemütlich mit einem Käsebrot auf der Couch und sah mir die “Tagesschau“ an, als das Telefon klingelte. Es war meine Freundin Brigitte, die mich zum x-ten mal daran erinnerte, etwas für die Tombola zu besorgen. Ihr Redeschwall endete mit den Worten „Vergiss es bloß nicht!“ und nach einem „Tschüss bis bald!“ legte sie den Hörer auf. Genervt tat ich das gleiche. Als ob ich jemals eine Spende für den „Gabentisch“ vergessen hätte! Allerdings hatte ich bis jetzt keinen blassen Schimmer, was ich diesmal beisteuern könnte. Im letzten Jahr spendierte ich eine bauchige Blumenvase. Ich selbst habe vor ein paar Jahren einen kunstvoll gehäkelten Weinfestglashalter zum Umhängen ge-wonnen. Ein echtes Unikat!! Das war damals der „modische“ Hit der Wiesba-dener Weinwoche. Was ist dagegen schon ein Schlemmerwochenende im Tau-nus! Das gewann Hugo, der schwergewichtige Koch unseres Vereinslokals!

Grübelnd ging ich durch mein Wohnzimmer und blieb schließlich vor dem Barfach des Second-hand-Schrankes stehen. Dort alterten diverse alkoholi-sche Getränke vor sich hin. Einigen Leuten war immer noch nicht klar, dass ich mir aus Alkohol nichts machte. So bekam ich aus verschiedenen Anlässen im-mer wieder mal „gute Tropfen“ geschenkt. Ich nahm eine von den fünf klebrig süßen Likörflaschen, die mir Tante Hedwig jedes Jahr aus Spanien mitbrachte. Ja, eine davon würde ich großzügig für die Tombola stiften.

Der Tag war sonnig und der Andrang entsprechend groß. Die Luft roch appetitlich nach Gegrilltem und einige der Besucher rätselten schon, was es denn wohl diesmal zu gewinnen gibt.
„Wie bist du denn auf die Idee gekommen Likör zu stiften? Du trinkst selbst doch gar keinen!“ ,wunderte sich Brigitte. „Na, gerade deshalb“, schmunzelte ich und war froh, in Zukunft eine Flasche weniger abstauben zu müssen.

„Jedes Los, eine Mark!“, drang die marktschreierische Stimme unseres Vorsitzenden an mein Ohr. Fröhlich schüttelte er den knallroten Spieleimer sei-nes Sohnes. Die vielen Gewinne raschelten mit noch mehr Nieten um die Wette. „Leute greift zu! Es gibt tolle Sachen und der Hauptgewinn ist..., er machte eine theatralische Pause, ein Tag auf einer – Schönheitsfarm! Ja Sie hören richtig! Mal so richtig verwöhnen und verjüngen lassen. Wäre das nicht super?“, grinste er und hielt mir den Eimer vor die Nase. „Ach“, nickte ich seufzend und rollte verträumt die Augen. „Das wäre schön!“. In Gedanken sah ich mich bereits ge-mütlich mit Morgenmantel und Gurkenmaske in einem Luxuszimmer liegen. „Ich nehme fünf Lose!“, sagte ich und griff zu. Ungeduldig und neugierig riss ich die grünen Papierzettel auf. „Leider verloren“ las ich viermal hintereinander. Jetzt hatte ich nur noch eine Chance. Nervös öffnete ich das letzte Los. Endlich, eine Nummer! „Ich habe die 13!“ strahlte ich meine Freundin an. „Vielleicht ist das meine Glückszahl!“ „Komm, wir sehen gleich nach“, sagte Brigitte nun auch neugierig. Erwartungsvoll düsten wir los...

Mein Blick wanderte suchend zwischen Mixer, Zahnstocher, Salami, ei-nem Fußpflegeset und sonstigen nützlichen wie überflüssigen Dingen auf und ab. Neben einem ultrastarken Tischstaubsauger blieb er schließlich hängen. Da war sie die Zahl 13! Regungslos starrte ich sie an bis ich irgendwann ungläubig den Kopf schüttelte. Das konnte doch unmöglich mein Gewinn sein. Noch ein-mal sah ich auf meinen Zettel. Aber es stimmte. „Mensch, hast du ein Glück!“, lachte meine Freundin neben mir und konnte sich kaum beruhigen. Nach meiner ersten Enttäuschung ließ ich mich von ihrem Lachen anstecken. Denn – wer hat schon das Glück, seine eigene Flasche Likör zu gewinnen?!


ENDE
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
re

flüssig geschrieben und gut erzählt. leider konnte ich die pointe schon ahnen. für mich wäre es nicht einmal ein knaller gewesen, wenn die flasche um mitternacht das reden bekommen hätte, vielleicht aber der inhalt der rede. ganz lieb grüßt
 



 
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