Der Himmel hinter den Steinen (gelöscht)

B

bluefin

Gast
hallo @gernot,

routiniert erzählt und gut geschrieben.

allerdings muss man achtgeben auf dem gebiet der emotionalisierten (nach)kriegsgeschichten - sie stecken voller tückischer minen. wenn man sich darüber empören möchte, dass kinder sinnlos zu tode kommen und will, dass dieser tod dem leser wirklich zu herzen geht, müsste man die kleinen zuvor besser beschreiben, sonst bleiben sie, wie in deiner story, nur gelbe flecke, die sich eine mauer enrtlang bewegen und am ende liegen bleiben. wir erfahren nur ihre niedlichen namen und etwas darüber, was ihr vati gesagt hat. hinzu kommt, dass sie gelbe stiefelchen tragen und gelbe plastikmäntel: so ausstaffierte und benamste sind kinder des zwanzigsten jahrhunderts, unterwegs auf der "falschen" seite der ehemaligen zonengrenze.

natürlich fängt jeder bundesbürger automatisch sofort an zu grübeln, ob es in den besagten vierzig jahren einen solchen vorfall gegeben habe bzw. gegeben haben könnte und weiß, dass nein (http://de.wikipedia.org/wiki/Maueropfer#Liste)

man fragt sich also, was du mit dieser geschichte bezwecken wolltest, angesichts der gräßlichen, aktuellen geschehnisse, von denen die wir tagtäglich hören oder lesen müssen - die trümmer des gaza-krieges schwelen immer noch, und erst gestern wurde in kairo eine siebzehnjährige französin von einer bombe zerfetzt.

war es der jahrtag des mauerfalls, der dich inspirierte? falls ja: posthume betroffenheit ist ein nur sehr schwer herbeizuschreibendes gefühl und lässt sich zudem nur in jenen erzeugen, die schon damals empört waren. denen geht eine (sicher gut gemeinte) geschichte wie deine aber eher nicht unter die haut, sondern wohl auf den keks, weil sie nach dem impetus dafür suchen und keinen finden, den sie wirklich nachvollziehen könnten.

wem möchtest du nach dem verschwinden des "reichs des bösen" konkret einen vorwurf machen? ist die geschichte der ddr noch nicht hinreichend aufgearbeitet? hat die birthler-behörde versagt? kennst du jemanden, der verantwortung für einen wie von dir geschilderten vorfall hat und der nicht zur rechenschaft gezogen wurde? hat die bundesrepublik zu wenig getan, um das begangene und erlittene unrecht zu sühnen? gedenken wir der opfer zu wenig?

du siehst an den fragen, wie heikel das gebiet ist, auf dem du die kinder hast herumspazieren lassen. vielleicht sagst du mir noch etwas dazu, damit ich dich besser verstehen kann?

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
Hallo lieber Wellenbrecher
(Du anbei, der einzige Wal, der auf 2000 Meter tiefe taucht, das ist der Pottwal, schmunzel, du bist also ein Pottwal.)

Also die Idee zu dieser Geschichte kam mir Gestern, ich hab sie dann auch gleich geschrieben. Auslöser war und ist ein Schreibwettbewerb, Mauerstücke http://www.nexusboard.net/forumdisp...mid=61686&nx=32cb1a1ec44267c4750fda41b03166d9
Der ist zwar schon abgelaufen, aber ich habs trotzdem gemacht, vielleicht wirds ja noch berücksichtigt.

Lächle, so routiniert wie du sagst, bin ich noch bei weitem nicht, schreib erst seit ein paar Monaten.

Hm, du findest, ich sollte die Kinder mehr beschreiben, also ihnen mehr Leben geben. Je mehr Leben ich ihnen gebe, um so mehr drückt es. Ich möcht aber keinen Tränendrücker schreiben, sondern nur aufzeigen, auch wenn die Geschichte erfunden ist.
Aber wenn du es wirklich besser finden würdest, dann versuch ich es.

Liebe Grüße aus Vorarlberg
Gernot
 
hey bluefin

jetzt fällt mir gerade ein, ich hab vor ein paar Monaten mal ein Gedicht geschrieben, welches auch zu einem Walfisch passen würde.

Sehnsucht

Weit in der Ferne,
da ist unser Meer.
Segel am Himmel,
Matrosen, die singen.
Höret die Sehnsucht
ihrer Stimmen.

Verlorene Heimat,
wir segeln im Wind.
Gott vergib uns,
was wir sind.

Wellen die schäumen,
vom Ozean wir träumen.
Unser Fernweh nach dem Meer
und keine Wiederkehr.​

Gruß Gernot
 
S

suzah

Gast
Der Himmel hinter den Steinen

hallo gernot,

die todesfälle an der mauer soll man zwar nicht vergessen, aber diese geschichte hat mich nicht überzeugt, da bleibt einiges unklar. z.b. die szene mit dem soldaten und schotterhügel. warum
ruft er nur, statt die kinder runterzuholen, es sind ja kleine kinder. und wieso schotterhügel? bereits der abriss?

"auf der vom Soldaten abgewandten Seite, den Schotterhügel..."
sagt man nicht "auf der dem soldaten abgewandten seite"?

am beginn: „Halt dich an mir, ich mach in weg und leer das Wasser aus"
(ihn?) wer soll da weg gemacht werden, doch wohl nur das wasser ausgeschüttet?

lg suzah
 
B

bluefin

Gast
ich finde nicht, lieber @gernot, dass es sinn machte, etwas posthum zu dramatisieren, was bereits bis an die grenze des zumutbaren ausgesaugt und ausgelutscht worden ist. anders als in den zehntausend und aberzehntausend veröffentlichungen, die's auf diesem gebiet bereits gibt, kann man's weder nochmal neu darstellen, noch will man's immer wieder hören - schon gar nicht, wenn's fiktion ist und so krass auf die tränendrüse drücken will: im (mauer)falle der sog. "wiedervereinigung" ist das vergangene inzwischen so fein geschrotet worden, dass du damit keine stimmung mehr machen kannst. ganz im gegenteil - man wird "ostalgisch" und kramt in den trümmern nach originalen herum, die sich von der europäischen einheitsbrühe unterscheiden. really good bye, lenin?

fakt ist, dass es "die mauer" immer noch gibt: zwischen den aus dem "osten" zugewanderte leichtlohntruppen und den bräsigen aborigines im "westen", zwischen den maulend ihren "soli" entrichtenden wessis und den damit sinnlose immobilien hochziehenden ossis, zwischen ehemaligen "brudervölkern" und den neu organisierten radikalinskis, die zum neger- und thai-klatschen ausziehen.

allein über diese metamorphose zu schreiben hielte ich für sinnvoll, nicht zuletzt deshalb, weil eine kluge und vernünftige beschäftigung mit derlei phänomenen die eine oder andere bresche in diesen "neuen" beton schlagen könnte.

irgendwann sollte man aufhören, bewidmete kränze auf die graberde zu legen, und stattdessen darauf vertrauen, dass mal ein blümchen von selber emporwächst: der schriftsteller als gärtner mit dem gießkännchen in der hand, nicht der trampel mit dem plattfuß.

womit letzerem ich selbstverständlich nicht dich gemeint haben will, mein @guter, sondern alle anderen, die walfische mit einschlossen.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
Hallo suzah

Also ich finde deinen Kommentar konstruktiv, warum im Fensterle.


warum
ruft er nur, statt die kinder runterzuholen, es sind ja kleine kinder. und wieso schotterhügel? bereits der abriss?
Der Schotterhügel war groß, der Soldat um einiges entfernt, und Kinder flitzen schnell. Und an der Mauer wurde auch nach der Fertigstellung immer wieder etwas geändert oder umgebaut.

"auf der vom Soldaten abgewandten Seite, den Schotterhügel..."
sagt man nicht "auf der dem soldaten abgewandten seite"?
Da hast du vollkommen recht, ändere ich sofort, danke.

am beginn: „Halt dich an mir, ich mach in weg und leer das Wasser aus"
(ihn?) wer soll da weg gemacht werden, doch wohl nur das wasser ausgeschüttet?
Ich versuchte mich in die Kindersprache zu versetzen (lächle, ist gar nicht so einfach, aber dass muss sein, ansonsten- unglaubwürdig), Er macht ihr den Stiefel weg.

Ich danke dir fürs Lesen und Feststellen, ändere.

Liebe Grüße Gernot

lg suzah
 
Hallo bluefin

Ich hab lange nachgedacht über deine Zeilen. Du hast recht, das Thema wurde schon zur Genüge ausgeschlachtet. Ich hab jetzt dem Ganzen einen anderen Schluss gesetzt. Hoffe es ist nicht kitschig, bin sehr gespannt auf deine Meinung.

Liebe Grüße aus Vorarlberg
Gernot
 
S

suzah

Gast
Der Himmel hinter den Steinen

hallo gernot, danke für die erklärungen.

noch etwas:
„Halt dich an mir, ich mach den Stiefel weg und leer das Wasser aus.“
also"mach den stiefel weg" könnte wegfallen (so spricht doch kein 8jähriger!) dann ist der satz fast ok. das wasser kann man aber nicht ausleeren sondern den stiefel.
(halt dich an mir, ich schütt das wasser weg.)

"kucken" fiel mir noch auf, man spricht das zwar, aber geschrieben wird in meinem duden "gucken".

mir gefiel der alte text besser als mit dem neuen schluss-absatz, aber das ist sicherlich geschmackssache.

liebe grüße suzah
 
Hey suzah

noch etwas:
„Halt dich an mir, ich mach den Stiefel weg und leer das Wasser aus.“
also"mach den stiefel weg" könnte wegfallen (so spricht doch kein 8jähriger!) dann ist der satz fast ok. das wasser kann man aber nicht ausleeren sondern den stiefel.
(halt dich an mir, ich schütt das wasser weg.)
Kindersprache beinhaltet keine Logik.

"kucken" fiel mir noch auf, man spricht das zwar, aber geschrieben wird in meinem duden "gucken".
Das weiß ich auch suzah. Aber in Dialogen, vor allem zwischen Kindern, ist es erlaubt und manchmal auch wünschenswert im Dialekt zu schreiben.

mir gefiel der alte text besser als mit dem neuen schluss-absatz, aber das ist sicherlich geschmackssache.
Mir gefallen beide, wie du sagst, ist halt Geschmackssache.

Liebe Grüße Gernot
 
S

suzah

Gast
Der Himmel hinter den Steinen

hallo gernot,

wie du richtig sagst, ist das ende geschmackssache.

aber ich möchte doch noch mal auf die kindersprache zurückkommen.

bei "kucken" stimme ich dir zu. doch zu dem satz mit dem stiefel: da bin ich nach wie vor der meinung, dass ein 8jähriger sich schon erheblich besser ausdrückt, jedenfalls ist das meine eigene erfahrung im familien- und freundeskreis.

liebe grüße suzah
 
Hall suzah

ich hab keine Kinder, also auch keine Erfahrung, darum versuche ich es schon richtig zu machen, so wie du es meinst, wie gefällt dir meine Änderung jetzt?

Gruß Gernot
 
S

suzah

Gast
Der Himmel hinter den Steinen

hallo gernot,

ja, natürlich, das geht.
es ist schwierig, wenn man keine kinder hat, die altersgemäße ausdrucksweise zu finden, dann kommen noch die unterschiedliche bildung, das milieu, in dem sie aufwachsen und letztendlich die sprachlichen veränderungen im laufe der zeit hinzu. ein kind um 1900 würde wohl auch einige probleme haben, ein gleichaltriges in 2009 zu verstehen, der sprachschatz hat sich doch stark verändert.

liebe grüße suzah
 
B

bluefin

Gast
viel besser, @gernoth!

noch ein tipp: mach aus dem "kucken" ein "gucken", gib deinen kindern gar keine namen, dem engel auch keinen und lass die mauer nicht wegen gier und neid erbaut sein (das klingt so moralinsauer), sondern sag: aus angst - das kommt der wahrheit wesentlich näher.

dann wär deine geschichte so, dass sie in jedes land der welt und in jedes hirn passte, gleich welcher nationalität: österreich, bayern oder gaza.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
hey bluefin

Ich glaub, ich habs jetzt endlich, dank deiner Hilfe.

Freudige Grüße aus Vorarlberg
Wusste doch, dass ein Forenleben auch seine schönen Seiten hat.

Gernot
 



 
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