Der Klang des Eiskristalls

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hallo zusammen,

es gibt mal wieder eine kleine Geschichte von mir, würde mich sehr freuen über konstruktive, ehrliche und schonungslose Kritik.
Im voraus lieben Dank

Klabautermann
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Der Klang des Eiskristalls

Eines Morgens, als noch glitzernde Eiskristalle Perlen in den Spinnweben bildeten, machte sich die junge Elfe auf den Weg und ließ sich von den ersten Sonnenstrahlen wärmen, die durch die schneebedeckten Äste der Eschen fielen. Sorgfältig putzte sie ihre Flügel, brach sich den kleinen Eiszapfen von einer Knospe und hauchte ihn an. Mit dem kühlen Tropfen wusch sie sich den Schlaf aus den Augen und wurde munter. Die Elfe liebte den Tanz, die Musik und den Gesang. Stets trällerte oder summte sie fröhlich vor sich hin. Gut gelaunt pustete sie den Schnee auf einem kleinen Zweig davon, setzte sich darauf und schaukelte ausgelassen hin und her.
Und wie sie so mit ihren Beinen schwang, hörte sie unten am Wegesrand jemanden, der gerade Holz hackte.
Neugierig geworden hielt sie inne und beugte sich weit vor, um zu sehen, wer die morgendliche Ruhe störte. Doch sie konnte nur eine grüne Zipfelmütze erkennen.
Plötzlich knackte die Kiefernnadel, die sie mit ihren Händchen umfasste. Erschrocken spreizte sie ihre Flügel, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Als sie wieder nach unten blickte, sah sie, dass der Zwerg seine Zipfelmütze nach hinten schob und nach oben schaute.

In dem Moment, als die Elfe in seine Augen blickte, fiel ein funkelnder Eiskristall vom Himmel und zersprang mit einem hohen, hell klingenden Ton.
Der Klang erschuf eine neue Welt. Er legte sich auf die Bäume, den Wald und den Himmel. Der Morgen und das Licht waren plötzlich erfüllt von dieser Melodie.
Hingerissen verharrte die Elfe in der Luft, auch der Zwerg bewegte sich nicht, Entzückung war auf sein Gesicht gezaubert.
Da flatterte die Elfe tänzelnd auf den Mann des Waldes zu, nahm ihn bei den Händen und drehte sich strahlend mit ihm im Kreis, bis ihnen schwindlig wurde.
Und diese Musik umfing die beiden noch immer, trug sie Hand in Hand über die Lichtung. Da nahm der Zwerg eine Schneeflocke und setzte sie der Elfe wie eine Krone auf das goldene Haar. In harmonischem Takt spielte die Melodie der Liebe, ließ ihre Schritte wiegen und führte sie durch den schneebedeckten Wald hinaus an den Rand eines zugefrorenen Sees. Sanft pustete der Klang den Schnee vom Eis. Eine Tanzfläche aus glitzerndem Glas lag nun vor ihnen, tausend Kristalle fingen das Sonnenlicht ein und umgaben sie wie reflektierende Sterne.
Sie sahen nur einander, nicht den Wald, nicht das Glitzern und nicht die Sonne. In inniger Umarmung tanzten sie auf dem Parkett des Wassers den uralten Tanz der Erde. Graziös und leichtfüßig lag die Elfe in den Armen des Zwerges. Sie erreichten miteinander verbunden die Mitte des Sees und vollendeten ihre Schritte, ihr Gleiten und Schweben.

Und der Klang umfing sie noch, als das Eis brach und die Elfe und der Zwerg, die durch das Zerspringen eines Eiskristalls ihre Liebe gefunden hatten, vom Wasser verschlungen wurden.
 
Q

Quidam

Gast
Lieber Klabauti,

jetzt liest es sich SUPER!
Einzig den Zwerg würde ich entzücken lassen, indem Moment, in dem der Eiskristall zerspringt.
Ansonsten: Ich glaub, ich hab den Ton heraus hören können.;)

Glückwunsch zu dieser zauberhaften Geschichte!
*winke*
quid
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
also,

so was von schön und zart! nachdem mir die lupe nun ein gute nacht märchen für meine sammlung geboten hat, geh ich fein schlafen.
ganz lieb grüßt
 
Liebe Ingrid,

ich danke Dir sehr für Deine Einschätzung, ich gebe Dir in so mancher Hinsicht absolut recht. Mir gefällt der Text, so wie er jetzt als Fassung drinsteht, nämlich auch noch nicht so gut. Meistens sollte man (zumindest von der Idee her) bei seiner ersten Fassung bleiben. Der Blütenkelch passt nur mit dem Winter nicht so ganz zusammen, daher musste ich ihn ändern... Vielleicht fällt mir noch was ein.

Jedenfalls freut es mich sehr, dass Du mir Deine Sicht geschrieben hast. Ich werde mich in den nächsten Tagen nochmal drübersetzen, vielleicht kann ich den Zauber der Elfe wieder einfangen...

Ganz herzlichen Gruß

Klabautermann
 
Q

Quidam

Gast
Meistens sollte man (zumindest von der Idee her) bei seiner ersten Fassung bleiben.
Bist du so wankelmütig, dass du andere Vorschläge übernimmst, obwohl sie deiner Meinung nach den Text verschlechtern?

Ich kann mich Ingrids Meinung nicht anschließen, aber wenn du genau so empfindest, solltest du es tun. Es zählt nämlich nicht, ob mir der Text als Leser gefällt (Und mir gefällt eben der überarbeitete Teil wesentlich besser), sondern dir als Autor muss er gefallen.

Mögest du ihn wieder verzaubern.

*winke*
quid
 
Hallo Quidam

ich scheine mich missverständlich ausgedrückt zu haben.
Nicht die 1. Fassung ist perfekt, auch nicht die überarbeitete Version. Es freut mich ja, wenn Dir der Text so gefällt, für mich erscheint er eben an manchen Stellen noch unrund.

schönen Abend und lieben Dank für Deine Meinung.

Gruß
Klabautermann
 
G

Gabriel

Gast
Hallo Klabauti!

Eine traurig-schöne Geschichte, erzählt mit viel Gefühl für sprachliche Bilder. Toll!
Ich kenne das Gefühl sehr gut, der eigene Text wäre noch nicht rund, aber was diese Geschichte betrifft - nichts zu meckern -außer:

Tänzelnd verharrte die Elfe in der Luft, auch der Zwerg bewegte sich nicht, Entzückung war auf sein Gesicht gezaubert.

Das tänzelnde Verharren stört ein wenig. Unter Verharren stelle ich mir Regungslosigkeit vor. Die jedoch beißt sich mit dem Tänzeln.

Gruß, Gabriel
 
Lieber Gabriel,

hm, hast vollkommen recht, manchmal liest man einen Satz 100x und kommt nicht auf die falschen Formulierungen. Hab Dank für Dein aufmerksames Auge.

einen lieben Gruß
vom
Klabautermann!
 



 
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