Der Kreis und das Quadrat oder: Eine alltägliche Liebesgeschichte

Alpha

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Der Kreis und das Quadrat oder: Eine alltägliche Liebesgeschichte


Es waren zwei Bilder gar unterschiedlichster Form
Die sich verliebten - in jener Schicksals Stund’
Doch waren beide gepresst in der Linien Norm:
Das Quadrat hatte Ecken, und der Kreis war rund.

Sie wollten trotz dessen zusammen verleben
Und umschlangen sich voller Entzücken
Doch wie sie’s auch drehten und rückten -
Es wollte kein einheitliches Bild sich ergeben

Da sprach das Quadrat in forderndem Ton:
Da lass dir gefälligst vier Ecken wachsen!
Der Kreis aber bebte ganz ärgerlich schon
war völlig empört über diese kantigen Faxen

Du Egoist! mit deinen hässlich’ spitzen Ecken!
Glaubst’ denn, ich veränder’ mich nur für dich?
Wenn du mich liebst, wirst du! dich strecken,
Und wirst gar so formweich und schön wie ich!

Was will ich mit Weichheit, ich bin ein Quadrat!
Bei uns hat man noch Formen mit richt’gem Format!
Bei dir hingegen, und deinem endlosen Linienspiel
Da wird man nur duselig und kommt nie an sein Ziel!

Ach, du redest Quatsch ohne ein bisschen Verstand,
welche Form hat sie denn lieber, die zarte Hand?
Denn an deinen Kanten würde die sich verletzen,
du reißt ja damit die weichen Bögen in Fetzen!

Ich dachte, du liebst mich mit all meinen Ecken!
und suchte mein Glück - in toleranten Kreisen...
nun such’ ich woanders, die wahre Liebe zu wecken
Ein Besuch beim Rechteck... könnt’ ich mir leisten.

Dann geh’ doch zum Rechteck, was wartest du noch?
Ich werd’ dich nicht missen, ich vergess’ dich ja doch
So such’ ich mir Formen, die mich vollends verstehen
Weich und rund - zur dicken Ellipse werd’ ich gehen.

So endet eine Liebe wegen Starrsinn und Norm
Weil keiner bereit war, sich zu ändern enorm
Was bleibt, ist die Moral von der Geschicht’:
Ohne beider Seiten Arbeit - geht es nunmal nicht!
 



 
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