Der Moment der Stille

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düsterbunt

Mitglied
Es kam eine Zeit, da die Menschen Atombomben auf Inseln oder in Wüsten zündeten, damit Künstler diesen Moment beschreiben könnten. Es kamen Maler, Fotografen, Videokünstler und auch Dichter zu diesen „Events“.
Es brachte den beteiligten Unternehmen sehr viel Geld ein, denn wer es sich leisten konnte, zahlte gut für einen solchen Anblick und einen Knopfdruck mit derartigen Folgen.
Es galt als schick ein selbstgemaltes Bild oder ein Foto eines Atompilzes mitzubringen oder einfach dabei gewesen zu sein. Ein selbstgedrehtes Handyvideo war sehr beliebt. Aus sicherer Entfernung verband man sich die Augen, warf sich in Schutzkleidung und knipste wild drauf los. Es wurden auch Gedichte von den Betrachtern geschrieben.

Der Moment der Stille nach dem lauten Knall, war ein beliebtes Sujet vieler Künstler.

Als diese Zeit gekommen war, sah sich Gott das eine Weile an,dann weinte er eine goldene Träne, welche den gesamten Planeten umschloss wie Bernstein eine Fliege.
 
G

Gelöschtes Mitglied 18005

Gast
Da bin ich wieder. Da deine Texte so kurz und lohnend (interessant, eigen, unkonventionell!) sind, finde ich gerade einen echten Spaß daran, alle deine Weke zu lesen. Das ist gerade der dritte Text von dir, den ich lese und ich muss sagen: Deine Ideen gefallen mir wirklich stark. Das nenne ich Künstlerdenken. Das ist endlich nicht nur Unterhaltungsliteratur (der selbe Inhalt auf andere Weise dargestellt), sondern irgendwie auf die eigene Art genial.

Ich komme mir bei deinen Texten vor, wie bei meiner, fast schon gefüllten Schublade an Zettelchen, die ich, immer als mir gerade etwas einfiel, vollgeschmiert habe - auf die ich dauernd meine Ideen niederkritzel. Lauter gute Ideen, mit viel Potenzial, bei denen vor allem der Künstler wirklich weiß, wie viel dahinter steckt.

Was ist das denn für eine brilliantes Motiv? - Atombomben als Kunstobjekt! Das ist wahrlich schön. Ich kann mir jedenfalls gut vorstellen, dass es mich aus den Socken pusten würde, so etwas mal zu sehen.(ja: Zweideutig)

Ich bin mir auf der anderen Seite nicht sicher, ob du auch so fasziniert davon bist, wie ich es bin. Womöglich ist deine Prosa, dieser Art von Kunst gegenüber eher kritisch. Sozusagen ist dein Text also als Gesellschaftskritik zu werten, wie weit es die Menschheit mit ihrer Besessenheit treibt - bis Gott weint. Trotzdem fasziniert mich genau diese Besessenheit, die in vielen Künstlern steckt und die in deinem Text dargestellt wird.

Der besessene Künstler, der es bis zur Spitze treibt, über alle Grenzen hinausgeht, ohne Hemmungen und sogar die Selbstvernichtung in Kauf nimmt: Wunderbar! Das erinnert mich an Sander Cohen aus Rapture (ich nehme nicht an, das kennt irgendjemand, aber ich hoffe es).

Wie bisher habe ich nur eine Sache wirklich zu kritisieren: Zu wenig. Ich möchte gerne mehr erfahren.
 



 
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