Der Mond ist ein trunkener Baal

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Anonym

Gast
Der Mond ist ein trunkener Baal

Wisst ihr,
der Mond ist ein trunkener Baal;
wenn es auf der Welt dämmert
schwimmt er glänzend gelb über dem Horizont herauf
um über das tausendäugige Himmelszelt zu herrschen.

Um Mitternacht aber,
wenn unten auf der Erde alles schläft,
wendet er sich lüstern seinen Töchtern zu,
den Sternenkindern,
den Prinzessinnen der Nacht.

Darum ist er fahl vor Lüsternheit
und trunken von Licht.

Nachher aber,
im Zorn über sich
spuckt der Schänder aprikosenfarbene Wolken
gegen den roten Himmel.

Dann graut ein neuer Tag.
 

Anonym

Gast
Warum spendet die Sonne dafür Ihr Licht?

Diese Frage muss zum Glück nur ein Theologe beantworten; - ein Dichter aber nicht.

Mir scheint aber (dies ein wenig zur Erklärung), dass der arme Mond in Wirklichkeit gar nicht so schlimm ist; - die Menschen aber sind es, die ihn zu einem solchen lüsternen Baal machen. Sie projezieren ihre geheimen Wünsche auf den armen Kerl.

Gruss von Anonymous
 

Joneda

Mitglied
Hallo Anonymous,

die Sonnne ist für mich die Mutter, der Mond der Vater, die Sterne die Kinder. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet fragte ich mich schon, warum?
Baal an sich identifizierte ich als eine fiktive Gestalt des Berthold Brecht, die Figur wird als zügellos und maßlos egoistisch geschildert, gleichzeitig in der Mythologie als Gott der Lüsternheit dargestellt.
Doch nicht jedes Genie ist das, was es zu sein vorgibt, vertauscht man den vorletzen Buchstaben kommt man auf das, was Du für Dich behauptest, ein "Spiel"Ball zu sein.
Ich wollte nur die erste Frage beantwortet haben, das hast Du gekonnt gegen Null geführt :)
Gruß
Joneda
 

Anonym

Gast
Joneda du gibst nicht auf.
Aber ich habe keine Antwort.

Sicherlich, - du hast recht; - das Gedicht ist von B. Brecht inspiriert.

Aber auch von der Mythologie.
Mondgötter der Summerer, die Sonne als Mutter, die Hochkultur Ägyptens, Aton und Ra, der auf seiner Barke den Himmel entlangfährt usw.
All das sind Ideale.

Sobald aber der Mond trunken ist, oder Noach Wein getrunken hat, dann wird der Gott zum Baal, der Heilige zum Verführer seiner Tochter.

Und so sehen wir dann die Götter: Wir sehen sie so, wie wir sind.

Und die Sonne scheint dazu, gibt ihr Licht. Denn Gott der Gerechte, lässt die Sonne aufgehen über Gerechte und Ungerechte.

An uns Menschen ist es zu entscheiden.

Gruss von Anonymus
 
G

Gelöschtes Mitglied 4259

Gast
Hallo A.,

dein Gedankengang gefällt mir: alle individuellen Gottesbilder spiegeln immer nur den Menschen. Ich kanns auch nicht anders sehen.

Zum Text: "...wendet sich lüstern seinen Töchtern zu,
den Sternenkindern
den Prinzessinnen der Nacht!"


Fehlt da ein "er"? Sollte man die Kommas trotz der Zeilenumbrüche nicht setzen, also, z.B., auch eines hinter den Sternenkindern?

LG

P.
 

Anonym

Gast
@Penelopeia

Danke für die Tips Penelopeia; -

das individuelle Gottesbild widerspiegelt die Wünsche der Menschen; - so ist es.
Du hast in einem Satz das gesagt, wofür ich ein ganzes Gedicht brauchte.

Sinnvoll ist also das alte Gebot:

Du sollst dir kein Bildnis machen, von dem was über der Erde ist und was auf der Erde ist.

Schönes 2006 noch...

Grüsse A.
 
P

Prosaiker

Gast
hallo A.,

Um Mitternacht aber,
wenn unten auf der Erde alles schläft,
wendet er sich lüstern seinen Töchtern zu,
den Sternenkindern,
den Prinzessinnen der Nacht!
das wirkt zu wichtigtuerisch. nimm am besten das ausrufungszeichen weg. dann wirkt's nicht mehr so plakativ; nicht mehr so naiv. mehr möchte ich grad nicht dazu sagen, ich bin müde -
lg,
Prosa.
 

NewDawnK

Mitglied
Ursprünglich veröffentlicht von Joneda
die Sonnne ist für mich die Mutter, der Mond der Vater, die Sterne die Kinder.
@ Joneda:
Die Mutter strahlend hell, der Vater funzelig (und das auch nur, wenn er voll ist) und die Sterne alles Mädchen? ;)
Bei allem Verständnis für die Weiblichkeit, Joneda - Dein Weltbild ist durch und durch sexistisch...

@ A.:
Gefällt mir - ein interessanter Gegenentwurf zu unserem üblichen, m.E. weithin überschätzten sonnenzentrierten Weltbild.

Gruß, NDK
 



 
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