Der Nacktscanner

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Der Nacktscanner

Email für Laura. Sie hat im Hintergrund ihren derzeitigen Lieblingssong auf youtube angewählt: Clap Song von Shirley Ellis. Laura wiegt sich in ihrem Fast, das sie beinahe anhat, vor dem Spiegel im Bad im Rhythmus der Musik hin und her.
Hans hat ihr eine Email geschickt. Er ist ein „Kontakt“ aus der Partnerbörse und lädt sie zum Kennenlernen ins Zulu ein. Zulu ist DAS Kult Restaurant unten am Fluss. Mick, der Inhaber, hat aus einer alten Forsthaus Kaschemme einen hip Treffpunkt gemacht. Genau richtig für Laura. Hip, Kult, forever young.

Laura hat nicht nur ein Date. Laura hat auch einen Defekt. Sie kann nicht treu sein. Laura ist eine notorische Fremdgängerin. Sobald Paul für ein paar Tage auf Geschäftsreise ist, muss Laura ein Date machen.
Heute ist Paul auf Reisen. Kaum hat er das Haus verlassen, schon flitzt Laura zu ihrem Laptop. Mit flinken Fingern bestätigt sie im Partnerportal die Verabredung mit Hans. Dann macht sie sich zum Treffen fertig.
Ihr Mann, Paul, weiß nichts von Lauras Eskapaden. Sie spielt ihr Spielchen schon seit Jahren. Doch dem Großen Spielmacher wird Lauras Spiel jetzt langweilig. Heute wird ein anderes Spiel gespielt.

*​
Still schmiegt sich das alte Forsthaus in den schattigen Hain. Ein Frosch quakt ungeniert in seinem königlichen Teichreich. Zwei Amseln twittern im Geäst, wohl einer Linde. Ein Eichhörnchen lugt vom moosigen Ast einer Birke und wackelt lustig mit seinem buschigen Schwanz. Von einem hoch heraus ragenden Zweig eines Dornbusches betrachtet ein Rabe schwarzäugig die Passantin. Er krächzt ununterbrochen und flattert wie verrückt mit seinen Flügeln. Wieder schaut der Vogel zu Laura herüber und schüttelt sich schließlich. Laura bekommt von alldem nichts mit. Sie unpluggt die Stöpsel des Kopfhörers aus ihren Gehörgängen und betritt das Lokal.

Der hagere Mensch, m, am Tisch in der Mitte des Lokals, muss Hans sein. Laura erschrickt. Hans, 28, 1,86, schlank, Chemiker, liebt das Reisen, gute Filme, Schmusen – das soll dieser Typ sein?
Der rotblonde Mann ist sicher 1,86 groß, aber dünn wie irgendetwas. Er trägt einen kunstvoll um mehrere Ecken ausrasierten Bart. Der Mann ist Laura vom ersten Anblick her komplett unsympathisch. Haben Menschen eine Ausstrahlung? Wenn ja, dann hat dieser Mensch eine abstoßende Wirkung auf sie. Laura möchte sich umdrehen und das Lokal verlassen. Sie schafft diese Anstrengung nicht.

Man begrüßt sich. Der Hans steht bei der Begrüßung übertrieben galant auf. Er lächelt verdreht. Dieses Lächeln erinnert Laura an den Joker aus dem Batman Film. Vor dem Lächeln des Jokers hat sich Laura im Kino gefürchtet. Diese Furcht steigt in ihr jetzt wieder auf.
Was möchtest du trinken? Prosecco. Zwei Prosecco. Der Kellner geht.
Hans zlatant die location. Er beugt sich ungebührend weit über den Tisch zu Laura vor, breitet seine Unterarme dominant über die Tischmitte aus, und taxiert sie mit einem direkten Blick.
Laura fühlt sich bedrängt, beengt. Der Kontakt betrachtet sie nicht, er scannt sie. Sie stellt sich vor, dass dieses Gegenüber sie mit seinen Blicken in eine Röhre zwängt, in seinen persönlichen Tomographen. Laura spürt in sich ein Gefühl aufsteigen, als ob sie kurzatmig würde. Der Drohn hüllt sie in ihrer Vorstellung mit seinen Blicken gewaltsam ein.

Es löst sich ein Rinnsal von Speichel aus seinem rechten Mundwinkel. Das dünne, weißgelbliche Sekret fließt abwärts bis zu einer unnatürlich getunten Bartkante. Dort teilt sich der Gilb auf in einen waagerecht und einen links abwärts fließenden Arm. Der waagerechte Bach verliert sich rasch im Gestrüpp des rotgelben Kinnbarts. Der abwärts geneigte Seitenarm umkurvt noch eine Dreiecksbucht im Schnittfeld zwischen Schnäuzer und Kinnbart. Dann vermischt sich auch diese Absonderung unauffindbar im Gestrüpp des Restbartes.
Der Emissionär des Vorganges hat von diesem Geschehen nichts mitbekommen. Laura vermutet, dass die beschriebene Flüssigkeit nicht bis zur Gesichtshaut des Verursachers durchgedrungen ist. Folglich konnte bei diesem auch keine Aufmerksamkeit durch eine Hautreizung entstehen.

Hans bemustert sie ungeniert. Laura hat ein ärmelloses Top für das Date angezogen. Sie verwendet dieses Outfit immer dann, wenn sie den von ihr kreierten „milkcow blues“ einsetzen will. Wenn sie ihren Oberkörper bewegt, so schlenkern die Brüste dieser Bewegung leicht nach. Jeder Mann folgt dieser Brustbewegung. Lauras Rechnung ist bisher immer aufgegangen.
Doch diesmal mutiert der Trick in einen dämonischen Fluch. Laura stellt sich vor, dass Hans sie abtastet, umfasst und fest an sich drückt. Sie versucht, sich in ihrer Vorstellung mit einer ruckartigen Bewegung der Umklammerung zu erwehren. Doch es hilft ihr nicht viel. Der saugnapfige Blick des Monsters gegenüber umschlingt nun virtuell auch ihre Hüfte und tastet sich unaufhörlich weiter abwärts vor, in Richtung ihres Beckens.
Doch jetzt kann sein degoutanter Blick sie nicht mehr erfassen. Die Tischkante verbirgt Lauras Unterleib. Schon will sie aufatmen, ihre traumatische Verkrampfung aufgeben. Da spürt sie in ihren Gedanken, wie dieser röntgenäugigen Waran nun vom Boden ihre Beine hinauf kriechen will. Wie in einem plötzlichen Krampfanfall schnappt Laura ihre Oberschenkel zusammen. Nur seine Gedanken nicht in sich eindringen lassen, das ist ihr Bestreben.
In diesem Augenblick löst sich ein Seufzer tief aus ihrem Innern. Der Klagelaut fließt durch ihre Luftröhre in den Mundraum und entlädt sich in einem tiefen, lang gezogenen Stöhnen. Das Paar am Nebentisch schaut erschrocken zu Laura herüber. Jetzt hat der Schmerzton eine ätherische Brücke zum Gehörgang des Gegenüber gebildet. Hans fragt mit verdutztem Gesichtsausdruck: „Ist dir nicht gut?“.
„Ja, mir ist nicht gut.“, antwortet Laura bestimmt. „Und du bist der Grund. So wie du mich anschaust, das ist einfach schrecklich. Ich gehe.“

Laura steht ruhig auf und nimmt ihre Tasche. Sie setzt ihren Stuhl bewusst korrekt an den Tisch zurück, die Rückenlehne zeigt parallel zur Tischkante. Laura legt konzentriert die etwa 10 Meter vom Tisch zur Ausgangstür zurück. Mit voller Wachsamkeit setzt sie einen Fuß vor den anderen. Sie achtet darauf, dass sie sich nicht zu schnell bewegt, also eilend, und auch nicht zu langsam, also unschlüssig. Gekonnt meistert sie diese schwierige Aufgabe.
Draußen vor der Tür zieht sie tief die frische Luft ein. Sie wendet ihren Kopf zum Wäldchen hin. Hat da gerade einer schallend gelacht?
 

Val Sidal

Mitglied
Beim zweiten Lesen fand ich die Geschichte im Text:

Laura ist eine notorische Fremdgängerin. Sobald Paul für ein paar Tage auf Geschäftsreise ist, muss Laura ein Date machen.
hr Mann, Paul, weiß nichts von Lauras Eskapaden. Sie spielt ihr Spielchen schon seit Jahren. Doch dem Großen Spielmacher wird Lauras Spiel jetzt langweilig. Heute wird ein anderes Spiel gespielt.
Heute ist Paul auf Reisen.
Hans, 28, 1,86, schlank, Chemiker, liebt das Reisen, gute Filme,
Laura fühlt sich bedrängt, beengt. Der Kontakt betrachtet sie nicht, er scannt sie.
Der Drohn hüllt sie in ihrer Vorstellung mit seinen Blicken gewaltsam ein.
Der saugnapfige Blick des Monsters gegenüber umschlingt nun virtuell auch ihre Hüfte und tastet sich unaufhörlich weiter abwärts vor, in Richtung ihres Beckens.
Die Tischkante verbirgt Lauras Unterleib. Schon will sie aufatmen, ihre traumatische Verkrampfung aufgeben. Da spürt sie in ihren Gedanken, wie dieser röntgenäugigen Waran nun vom Boden ihre Beine hinauf kriechen will. Wie in einem plötzlichen Krampfanfall schnappt Laura ihre Oberschenkel zusammen.
Und jetzt der Höhepunkt:
Laura steht ruhig auf und nimmt ihre Tasche.
Happy-End:

Mit voller Wachsamkeit setzt sie einen Fuß vor den anderen. Sie achtet darauf, dass sie sich nicht zu schnell bewegt, also eilend, und auch nicht zu langsam, also unschlüssig. Gekonnt meistert sie diese schwierige Aufgabe.

Der Rest des Textes kann ohne Verlust entfernt werden.
 
U

USch

Gast
Hallo Rhondaly ,
Laura wiegt sich in ihrem [red]Fast[/red], das sie beinahe anhat, vor dem Spiegel im Bad im Rhythmus der Musik hin und her.
Ich finde, dass das [red]Fast [/red]zu sehr holpert.

Kult[red]-[/red]Restaurant
Mit Bindestrich oder zusammen!

Laura hat nicht nur ein Date. [strike]Laura hat auch einen Defekt. Sie kann nicht treu sein.[/strike] Laura ist eine notorische Fremdgänger
in.
[blue]Laura hat nicht nur ein Date, sie ist auch eine notorische Fremdgängerin. [/blue]

usw. Da sollltest du noch einmal gründlich rübergehen.

Das Ende würde ich auch, wie Val das vorschlägt, gestalten.
Von einer Bewertung sehe ich mal zu dieser Version ab.
LG USch
 



 
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