Der Nordmann

Lola

Mitglied
Nordmann:

Einst kam er vom Norden
wo Winde gefrieren
lebte mit Hunden
und wilden Tieren
hatte noch nie den Süden gesehen
und wollte deshalb südwärts gehen

Jenseits der Berge
sollte es liegen
das Land
wo Bäume im Winde sich wiegen
wo Blumen hoch in den Mondhimmel blühen
und Vögel über die Wälder ziehen

So zog er fort
aus dem kalten Land
hat seine Hunde vor Schlitten gespannt
Wochen gesucht
bis er es fand
das Land
das ihm als der Süden bekannt

Nun lebt er schon
seit Jahren dort
allein
an diesem einsamen Ort
zog einst fort
den Süden erkunden
doch hat nur den Süden
des Nordpols gefunden
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Eine sehr bemerkenswerte Idee, ihn bis zum Südpol gehen zu lassen.

Oder immer weiter, bis er wieder da ist, von wo er kam.

Die Erde ist halt eine Kugel.

Die letzte Strophe ist für mich noch nicht schlüssig.

Oder ist er nur bis an den Ozean gelangt, und dann war Schluß?

Viele Grüße von Bernd
 

mc poetry

Mitglied
hallo Lola und Bernd,

die letzte strophe finde ich schon
schluesseig, ich finde nur, dass die
pointe nicht richtig zieht, weil sich der
suedliche rand des nordpols optisch
wahrscheinlihc nicht vom rest unterscheidet.

vielleicht haette man das finden des
"suedens" an irgendwas festmachen sollen
wie den voegeln, die es meinetwegen nur
an der kueste gibt. dann waere es schluessig.

viele gruesse, michael
 

Lola

Mitglied
Gletscherspalte

Hallo Bernd und McPoetry,
Ihr habt natürlich recht, den Schluß finde ich in der Rückschau auch nicht mehr so ganz gelungen, zu dem "Aufhänger" stehe ich allerdings nach wie vor.
Mein Held kommt natürlich niemals im Süden an, zumindest nicht dort, wo er gerne hin möchte, das ist klar. In den endlosen Nächten des nordischen Winters habe ich ihm mindestens 1000mal erklärt, dass Norden und Süden durchaus relative Begriffe sind, und dass er sich eigentlich nicht im Süden des Nordens, sondern vielmehr im Norden des Südens befindet. Dort wird natürlich niemals auch nur ein mickriges Meisenpäärchen vorbei flattern, da kann er lange warten. Doch vielleicht kennt ihr dieses starrsinnige, für manche etwas tumb erscheinende Gemüt der Nordmänner. Sie sind sehr groß gewachsen, müßt ihr wissen. Im Verhältnis zu ihrer Körpergröße haben sie aber ein eher kleines Gehirn, mit unglaublich wenig Hirnwindungen. Bei uns im Westen sagt man das sei wegen der grausamen Kälte, aber ich weiß es auch nicht so genau, und die Menschen im Osten denken auch wieder ganz anders darüber. Jedenfalls hat er mich nur wortlos angesehen, mit diesen farblosen Augen eines hungrigen Schlittenhundes, die einem durch die Poren bis in die Gedärme blicken. Ihr wißt sicher wovon ich spreche. Die Nordmänner reden nämlich nicht viel, aber ihre Augen spiegeln den kalten Hochmut der Eisberge.
Was soll ich noch sagen, wir haben eine lange und wunderbare Nacht miteinander verbracht. Dabei habe ich ihm übrigens auch erzählt, dass die Erde eine Kugel ist, und er hat herzlich gelacht, denn die Erde ist natürlich eine riesige Gletscherspalte, das weiß im Norden jeder. Sie ist der weiblichen Vagina nachempfunden und nach unserer gemeinsamen Nacht bin ich fast versucht, ihm Glauben zu schenken. Zumindest habe ich ihm versprochen, diese Theorie hier zur Diskussion zu stellen, und er ist sehr gespannt, wie die Leute aus den anderen Himmelsrichtungen darüber denken.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich eure Fragen damit erschöpfend behandelt habe, aber ich frage auch gerne noch mal nach, falls sich Unklarheiten ergeben haben.
Liebe Grüße
Lola
 

mc poetry

Mitglied
hallo Lola,

haette gar nicht gedacht, dass so eine
interessante geschichte dahintersteckt,
finde sie jedenfalls interessanter als
das gedicht selber. vielleicht kann man noch
ein paar andeutungsvolle metaphern in das
gedicht einbinden.

jetzt hoere ich aber auf, da zuviel
hitze genau wie zuviel kaelte die
neuronen laehmt.

viele gruesse, michael
 

bientexter

Mitglied
Er ist nicht über den Süden des Nordpols hinausgelangt. Interessantes Ende. Er dachte sich ganz weit weg, und war immer noch da.Und das sein Leben lang. Wo werden wir ankommen, wenn wir fort gehen? Immer bei uns.
 

mc poetry

Mitglied
ganz genau, bientexter: im
besten fall kommen wir bei uns
an. darum geht es im grunde.
und am besten kommen wir bei
uns selbst an, wenn wir uns selbst
vergessen..

aber jetzt höre ich sofort wieder
auf, bevor ich mich zu seichte
philosophische untiefen begebe.

grüße an alle nordlichter,
michael
 



 
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