Der Preis der Freiheit

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helmut ganze

Mitglied
Der Preis der Freiheit

Die Marktwirtschaft hat wohl zu Zeiten
mitunter ihre Schattenseiten,
denn wenn elftausend Schleckerfrauen
urplötzlich in die Röhre schauen
und ihren Arbeitsplatz verlieren,
kann da noch Schlimmeres passieren?
Mich selbst, das sage ich ganz offen,
macht dieses Schauspiel sehr betroffen.
Die Politik in ihrer Not,
die ist gespalten, sieht gleich rot.
Die einen sagen, ach, wie schlecht,
wie kommt ihr ohne Job zurecht,
wir müssen jetzt, drauf kennt ihr wetten,
doch eure Arbeitsplätze retten
und dass ihr nicht, wie ihr jetzt seht,
unschuldig auf der Straße steht.
Die and`ren sagen, ei der Daus,
die Marktwirtschaft steht doch ins Haus,
da kann man schon, das kann passieren,
den Arbeitsplatz ganz schnell verlieren,
wir können doch, drauf könnt ihr wetten,
die Unternehmen nicht mehr retten,
die selber sich ins Abseits bringen,
zuwenig Marktanteil erringen.


Doch von sozialer Sicherheit,
da spricht man schon die ganze Zeit
und über Freiheit wird geschrieben,
dass wir sie über alles lieben
und dass sie, wie man es auch dreht,
hoch über allem andern steht.
Damit es aber jeder weiß,
die Freiheit hat auch ihren Preis,
soziale Sicherheit zuweilen
muss oft man sich mit Freiheit teilen.
Man kann von diesen Gottesgaben
zum Nulltarif nicht alles haben.
Bei uns, wo nur Erfolg noch zählt,
sich für den Kampf ums Leben stählt,
da ist dann auch so ab und an
kein Platz mehr für den Nebenmann.
Wir sind schon, sei es wie es sei,
doch letzten Endes vogelfrei.

Heidenau, den 31. o3. 2012
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Helmut Ganze,

ein aktuelles Thema. Aber es holpert ein bisschen. Die Schlecker-Insolvenz ist eben Kapitalismus pur. Oder hat jemand etwas anderes erwartet?

Gruß, Fettauge
 

helmut ganze

Mitglied
Der Preis der Freiheit

Die Marktwirtschaft hat wohl zu Zeiten
mitunter ihre Schattenseiten,
denn wenn elftausend Schleckerfrauen
urplötzlich in die Röhre schauen
und ihren Arbeitsplatz verlieren,
kann da noch Schlimmeres passieren?
Mich selbst, das sage ich ganz offen,
macht dieses Schauspiel sehr betroffen.
Die Politik in ihrer Not,
die ist gespalten, sieht gleich rot.
Die einen sagen, ach, wie schlecht,
wie kommt ihr ohne Job zurecht,
wir müssen jetzt, drauf könnt ihr wetten,
doch eure Arbeitsplätze retten
und dass ihr nicht, wie ihr jetzt seht,
unschuldig auf der Straße steht.
Die and`ren sagen, ei der Daus,
die Marktwirtschaft steht doch ins Haus,
da kann man schon, das kann passieren,
den Arbeitsplatz ganz schnell verlieren,
wir können doch, drauf könnt ihr wetten,
die Unternehmen nicht mehr retten,
die selber sich ins Abseits bringen,
zuwenig Marktanteil erringen.


Doch von sozialer Sicherheit,
da spricht man schon die ganze Zeit
und über Freiheit wird geschrieben,
dass wir sie über alles lieben
und dass sie, wie man es auch dreht,
hoch über allem andern steht.
Damit es aber jeder weiß,
die Freiheit hat auch ihren Preis,
soziale Sicherheit zuweilen
muss oft man sich mit Freiheit teilen.
Man kann von diesen Gottesgaben
zum Nulltarif nicht alles haben.
Bei uns, wo nur Erfolg noch zählt,
sich für den Kampf ums Leben stählt,
da ist dann auch so ab und an
kein Platz mehr für den Nebenmann.
Wir sind schon, sei es wie es sei,
doch letzten Endes vogelfrei.

Heidenau, den 31. o3. 2012
 
A

Architheutis

Gast
Zur politischen Aussage des Textes:

Wo ein politischer Wille ist, ist auch ein Weg. Siehe Kohlesubventionen, siehe EU-Agrar-Subventionen, siehe Opel...

Unternehmerische Fehler baden immer die aus, die am wenigsten dafür können, die auf Lohn verzichtet haben, die Überstunden noch und nöcher schieben: Die Arbeitnehmer.

Letztlich wird es eh vom Steuergeld bezahlt. Subvention hin, Arbeitslosengeld her. Gewinne werden jedoch privatisiert, Verluste dagegen sozialisiert.

Ich teile jedoch nicht den ganz so pessimistischen Grundtenor des Gedichtes:

Wir sind schon, sei es wie es sei,
doch letzten Endes vogelfrei.
Wir sind nicht vogelfrei. Wir leben in einer der verlässlichsten, stabilsten Demokratien, welche den Begriff "Rechtsstaat" auch ausführt. Zudem leben wir in einem Land, das in Sachen sozialer Sicherheit weltweit eine Führungsposition einnimmt.

Das soll nicht die Ängste und Sorgen der Schleckerfrauen klein reden. Das Schicksal ihrer Entlassung ist hart. Aber der Weg bis ganz nach unten ist noch weit. Ein "staatlich toleriertes Auf-der-Strecke-bleiben" kann ich daher nicht erkennen.

Zum Glück ist Verkäuferin ein gefragter Beruf. Ich denke (hoffe), viele von denen werden schon bald wieder eine Arbeit haben.

Zum lyrischen Inhalt:

Der Text ist mir ein paar Verse zu lang. Manche Aussagen werden wiederholt, wenngleich auch immer etwas anders verpackt. Dennoch bleiben unschöne Redundanzen.

Lieber Helmut,

wäre eine Variation des Reimschemata nicht förderlich? Man kann gerade mit Blockreimen diejenigen Aussgen besonders hervorheben, auf die es einem ankommt. Die stete Abfolge von Stabreimen, noch dazu in dieser Länge wirkt zum einen ermüdend, zum anderen gehen die wirklich zu betonenden Gedanken im allgmeinen Reimbrei unter.

Deine Gedanken sind zu wertvoll, als dass du unkenntlich machen solltest. Es gibt verschiedene Stilmittel der Hervorhebung. Ich schlage dir den Blockreim vor, aber da sollten besser die Stilexperten ihren Senf zu abgeben. ;-)

Gruß,
Archi
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Lieber Fettauge,

ich gebe dir Recht, die Schleckerinsölvenz ist Kapitalismus pur. Nur reagiert eine Reihe von Politikern völlig ungläubig auf die Ereignisse und ist überrascht von dem ansonsten von ihnen verteidigten Kapitalismus und will nicht wahrhaben, was zum A und O der Marktwirtschaft gehört.

Liebe Grüße

Helmut
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Lieber Architheutis,

vielen Dank für deinen umfangreichen Beitrag zu meinem Gedicht.
Mein pessimister Grundton, obwohl ich ein lebensbejahender Mensch bin, rührt aus meiner Erkenntnis, dass der Einzelne für die Kräfte des Marktes, die unser Leben vorwärtstreiben, völlig uninteressant ist, bis auf die Tatsache, dass er Konsument sein muss und solange er kann, für die Gläubiger gewinnbringende Arbeit leisten kann. Alle anderem werden dem Staat zur Fürsorge überlassen, sie sind vogelfrei und für das Kapital nicht praktikabel. Den Blick in die Zukunft finde ich eingetrübt, da der Staat infolge seines selbst gewählten Spardiktates immer weniger in der Lage sein wird, soziale Sicherheit zu generieren.

Was die Reime selbst betrifft, ist wohl noch kein Meister vom Himmel gefallen so wie ich, als vollkommener Quereinsteiger im Rentenalter. Ich werde aber an mir arbeiten.

Ganz liebe Grüße

Helmut
 
F

Fettauge

Gast
Helmut Ganze, ich sehe die Sache ganz ähnlich. Bin aber nicht der Ansicht, dass es Freiheit an sich gibt, also im luftleeren Raum existiert, sondern sie ist immer an gesellschaftliche Bedingungen gebunden. Und wenn ich mit meiner Hände Arbeit meine Kinder nicht mehr ernähren kann oder wenn man mir das Recht auf Arbeit verweigert, dann nützt das ganze Gesaftel unserer Freiheitsapostel mir einen Dreck, aber denen, die mir wirkliche Freiheit vorenthalten, nämlich vor allem die soziale Freiheit, sehr viel. Erst auf der sozialen Freiheit baut wirkliche Freiheit auf, folglich ist, wer nicht sozial frei ist, nicht wirklich frei, auch wenn ihm das vorgegaukelt wird. Und er es am Ende selbst glaubt.

Ja, man könnte ein bisschen was verbessern an deinem Gedicht. Ich halte das aber nicht für das Wesentliche, denn anderenorts habe ich schon ganz andere Sachen gelesen, was allgemeine Beifallsstürme erntete, allerdings von so ungeheurer Harmlosigkeit, dass sogar Ameisen, könnten sie Deutsch, "Klasse! Es leben die Ameisenbären!" gerufen hätten. Also sagen wir es mal so: Ein großer Dichter kannst du damit nicht werden, aber für den Hausgebrauch ist es ausgezeichnet.

Gruß, Fettauge
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Ja, lieber Fettauge, die süße Droge Freiheit, wird uns immer wieder zum Nulltarif angeboten und soll uns ruhig stellen.
Vielen Dank für deine umfangreichen Gedanken zu meinem Gedicht. Manchmal ist aber die Form zweitrangig, wenn es um die Aussage geht.

Liebe Grüße

Helmut
 



 
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