Der Schreiber

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Wounded2001

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DER SCHREIBER

In der einen Seite jenes Zimmers
liegt eine Flasche Wein
ausgelebt und laut zerbrochen

Seine Sachen
ausgebreitet, wild verstreut
Wie ein wilder Dschungel
seiner Innereien

Das Laken
das riecht bittersüss
nach Schweiß der letzten
dunklen Nacht

Und die Reste seines Frühstücks
erwecken das Interesse
einer dicken Fliege
hoch droben an der Zimmerdecke

Aufrecht gebäugt
dort am Fenster stehend
mit hängendem Kopf
versteht er einfach nicht
was denn nur gestern war

Dreht sich um
und suchend greifen seine Hände
in die Schublade, kalt und starr
ziehen sie ein
kaltes Blatt Papier heraus

Wartend liegt der Bleistift
auf dem Schreibtisch

..und abends verlässt ihn die Geduld
und er zerbricht
 
M

Maiglockje

Gast
Hallo Wounded,

Hallo Wounded,
hm, ich bin neu hier und eine Sparte mit Betroffenheitslyrik habe ich noch nirgend anderswo entdeckt. Ich denke aber, dass die Kategorie nur des Inhaltes wegen so genannt wurde, und es da keine besonderen Merkmale in Form und Stil gibt. Falls nicht, dann kannste mich gerne verbessern.

"DER SCHREIBER"
Mein erster Kritikpunkt bezieht sich auf die Art des Schreibens:

"In der einen Seite jenes Zimmers liegt eine Flasche Wein - ausgelebt und laut zerbrochen.
Seine Sachen ausgebreitet: wild verstreut, wie ein wilder Dschungel seiner Innereien.
Das Laken, das riecht bittersüss nach Schweiß der letzten dunklen Nacht und die Reste seines Frühstücks erwecken das Interesse einer dicken Fliege hoch droben an der Zimmerdecke. Aufrecht gebäugt - dort am Fenster stehend - mit hängendem Kopf, versteht er einfach nicht, was denn nur gestern war. Dreht sich um und suchend greifen seine Hände in die Schublade. Kalt und starr ziehen sie ein kaltes Blatt Papier heraus. Wartend liegt der Bleistift auf dem Schreibtisch und abends verlässt ihn die Geduld und er zerbricht."

Ohne die Zeilenumsprünge sind es normale Sätze, also wenn schon dann eher Prosalyrik... obwohl man es dann auch gleich als Kurzgeschichte umschreiben könnte.
Scheinbar willkürlich hast du die Entertaste betätigt, um deinen Zeilen die nötige Gedichtsform zu verleihen.

"In der einen Seite jenes Zimmers
liegt eine Flasche Wein
ausgelebt und laut zerbrochen"

Jenes Zimmers? Welches Zimmers? Du greifst auf Tatsachen zurück, die dem Leser nie gegeben wurden. Aufgrund des Titels bleibt dem Leser nur der magere Schluss, dass es sich wohl um das Zimmer des Schreibers handeln müsste.
Jedoch müsste es dann heißen:

"In der einen Seite seines Zimmers
liegt eine Flasche Wein
ausgelebt und laut zerbrochen"

Rechtschreibung :

Strophe 5, Z1
"Aufrecht gebäugt"
"Aufrecht gebeugt"

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Strophe 6
"Dreht sich um
und suchend greifen seine Hände
in die Schublade, kalt und starr
ziehen sie ein
kaltes Blatt Papier heraus"

Die Assoziation mit den kalten leblosen Händen und dem ebenso leblosem kalten Papier gefällt mir sehr. Es lässt das Zusammenspiel zwischen Schreiber und Papier in den Vordergrund treten! Wunderbar!

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Strophe 7

Wartend liegt der Bleistift
auf dem Schreibtisch

..und abends verlässt ihn die Geduld
und er zerbricht

Hier gefällt mir das "und" nicht. "Und" ist ein Bindewort, die Situationen jedoch sind zwei völlig verschiedene. In der ersten liegt der Bleistift noch "wartend" da, in der zweiten jedoch hat er die Geduld verloren.
Dafür gefällt mir hier das Bild mit dem Bleistift umso besser!


Fazit: Sehr schöne Ansätze bei Metaphern und Erzählung der Geschichte, gefällt mir sehr gut - auf jeden Fall nen dicken Daumen nach oben von mir. Nur an der Form sollte man noch was tun :).

Liebe Grüße
Mai
 



 
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